Nummer 19 Heimweh 11. September 1924 �.___ � ilnterhaltuntzsbeilatze öe» Vorwärts das Glanzstück öer Sammlung. Bon Hans Otto 5)«n«l. Wenige Menschen wird es geben, die so fanatisch an ihrem Be- rufe hängen, wie der Dr. Kochler. Aber besser spreche Ich in der Vergangenheit, denn wie er nur gestern selbst erzählte, hat er seinen Beruf aufgegeben. Kochler war Jurist in einer niederen Staatsstellung. Er pflegte häusig zu sagen: Zwei Ding« gibt es, die es wert sind, daß man sich den Kopf darüber zerbreche— die Juristerei und da» Schach- spiel. Und dann folgten meistens Bergleiche und Beweise, wie die beiden doch so viel Gemeinsames hätten. «Ob er Verteidiger eines Angeklagten ist oder anklagender Staatsanwalt, hat für den waschechten Juristen wenig zu bedeuten. Dos wesentliche ist, daß er die knifslich« Kunst der GesetzesausieguNg mit alle» Schikanen versteht und dadurch beweist, daß er ein Mann von Geist ist. Ueberhoupt sind für ihn der Angeklagt« und sein Schicksal nebensächlich. Die Anklage selbst ist es, die der Justiz erst den Boden gibt. Sie ist das Schachbrett, und auf ihr schieben Anklagevertreter und Verteidiger die Paragraphen als Figuren hin und her. Hier, bei diesem Spiel, kann der gewiegt« Jurist seine .Tüftelgabe und seinen Witz leuchten lassen." Gestern traf ich ihn nach längerer Zeit wieder im CafS. Schachpartie gefällig? Das Wunder geschieht. Dr. Kochler, der begeistert« Schachspieler, der sich sonst um die Ehre gerauft hat, mit mir, dem Meister, zu spielen, lehnt ab. Er werde überhaupt nie mehr Schach spielen, das erinner« ihn zu sehr an seinen früheren Beruf, den Justizdienst. Neue» Erstaunen meinerseits. Ja, sagt er, ich ver- tauf« jetzt Schreibmaschinen, und wenn Sie Bedarf haben sollten—? Er fände, daß dieses Geschäft bedeutend anständige, als das Joirglieren mit Gesctzesparagraphen. * Nun mußt« er natürlich erzählen. ' Sie werden wissen, begann er, daß der Siaat seinen Juristen, bevor er sie auf den Bürger losläßt. Gelegenheil gibt, alle Zweige der Justizpfleg« kennen zu lernen. Bitte, lächeln Sie ruhig über die Großsprecherei der letzten Worte. Sie hat den Vorzug, ein amtlicher Ausdruck zu sein. In Verfolg dieser Bestimmung kam ich vor vier Wochen mit noch einigen anderen 5)«rren nach M. Wir sollten uns dort das nach modernen Prinzipien neu eingerichtete Gefängnis ansehen. Da» Gefängnis untersteht einen: Staatsanwalt, der uns liebenswürdig und kollegial empfing. Selbstverständlich wurden, wie Immer unter Akademikern, erst die persönlichen Beziehungen erörtert: Wo haben Sie studiert, bei welcher Verbindung ivaren Sie aktiv und ähnliches. Das Ganze ist zwar dienstlich, aber dank dem Korpsgeist, von dem die weitaus größere Menge Juristen beseelt ist, erhält es einen verbindlichen und persönlichen Anstrich. Bevor wir die allgemeine Besichtigung begannen, machte un» der Staat»- anwalt mit«inigen besonders interessanten Akten bekannt und zeigt« uns dann«ine Sammlung, die er sich während seiner Amts- tällgkeit im Gefängnisse angelegt hatte. Diese Sammlung, etwa zivanzig Stücke enthaltend, bestand durchweg aus Werkzeugen, mit denen Gefangene sich das Leben zu nehmen versucht hatten. Da »raren Scherben von Eßgeschirr, Stricke, die au« den» Strohsack- gewebe gedreht ivaren. Löffelstiele, die man zu verschlucke» versucht datt«, und ähnlich« primitiv« und zum Selbstmord ungenügend geeignete Gegenstände. Der Staatsaiuvalt erklärt« auch lächelnd, daß mit diese» Instrumenten noch keiner gestorben sei, sondern daß die chäftling« nur bezweckten, in die Krantsnabteilung zu kommen. Nun,»vir lächelten mit dem Staatsaiuvalt und traten dann mit ihm den Rundgang an. In den Werkstätten und Waschküchen schauten wir bei der Arbeit zu und in der Küche kosteten»vir vom Essen. Dann durchschritten»vir die langen Korridore mit den Zellen, ließen»ms die eine oder ander: aufschließen und sprachen«in paar Wort« mit dem oder, jenen» Gefangenen, der uns interessant genug erschien. Manchmal schaute»»vir auch durch die Gucklöcher, durch die man die Zelle übersehen kann, ohne daß der Insasse es bemerkt.. Durch ein solches Türloch spähend, fiel mir ein Häftling beson- ders auf. Er trug nur Hemd und Hofe ohne Hosenträger und ging ruhelos auf und ob, nstt gleichmäßigen Schritten. Der auf den Boden geheftete Blick war finster und ohne jenes Sichergebenhaben, das ich an fast allen Gefangene» beobachtet hatte. Ich bat den Staatsanwalt, mir die Zelle aufschließen zu lassen. Er tat es, macht« inlch jedoch darauf aufmerksam, daß dieser Mensch nicht nur ein gefährliches Subjekt, ein Landfriedensbrecher mit einer hohen Strafzeit, sondern überdies Querulant und Simulierer aller»nög- lichen Beschwerden sei, die darauf hinausliefen, frei zu kommen oder eine» Strafaufschub zu erhalten. Als wir«intraten, schaute uns der Gefangen« lang« wild, aber schrveigend an und sagte dann:„Ist das endlich die Kommission, die meinen Fall gerecht untersuchen»md mich freilassen wird?" Der Staatsanwalt verwies ihm sein« Rede, die eine Beschimpfung seiner Richter enthalte, denn die hätten ihn gerecht auf Grund der Gesetzes- bestimmungen»vegen Landfriedensbruch verurteilt. Da fuhr der Gefangene auf: „Nennen Sie das gerecht? Wir hungerten mit unfern Frauen und Kindern, weil wir ohne Arbeit und Verdienst waren. Die Stadtverwaltung, an die wir uns»vandten, behauptete nichts für uns tun zu können. Da taten wir uns zusammen und zogen hinaus zu den Bauern. Die hatten in Fülle, aber sie verkauften es nur für fchlveres Geld an die reichen Fabritherren. Ais sie uns nichts geben wollten, nahmen wir, was wir brauchten." „Sehen Sie," antwortete der Staatsanivalt.„Sie haben sich also gegen die Gesetz« vergangen und sind mit Recht bestraft worden." „Ja, gibt mir denn das Gesetz nur das Recht, zu verhungern, nicht aber das, meinen Hunger zu stillen?" rief der Häftling. „Sie sind«in aufsässiger Querulant!" rief der Staatsanivalt, als wir uns schön zum Gehen»vandten. „Herr Staatsanivalt", rief uns der Gefangen« nach,„geben Si? mich rvenigstens acht Tag« frei. Mein« Frau muß I» diesen Tagen niederkommen, und ich fürchte, sie geht dabei zugrunde." Bei seinen letzten Worten hatte der Wärter schon die Tür wieder verschlossen. Wir gingen weiter, ließen uns noch die Bibliothek, das ärztliche Untersuchungszimmer, den Kirchensaal und einig« an- dere ziveckmäßig« Einrichtungen zeigen und gelangten schließlich wie- der zu den Diensträumen des Staatsanivaltes. Wir setzten uns um einen großen Tisch, der Staatsanivalt bot Zigarren an, wir tauschten unsere Meinungen über da» Gesehene aus und kamen in«in angeregtes Fachgespräch. In unser fast gemütliches Geplauder kam der Oberwärter, der dem Staatsanwalt dt« Meldung brachte. daß der Gefangene auf Zell« 107 soeben einen scheinbar ernsllichen Selbstmordversuch unternommen habe, indem er sich die Pulsadern durchschnitten habe. Der Staatsanivalt ordnete die sofortig« 5)erbei- rusung des Gefängnisarztes an und entschuldigte sich dann, da er den Fall untersuchen müsse. Nach einer Viertelstuiide kam er zurück. „Er ist tot und ich bin genötigt, ein Protokoll aufzunehmen. Es ist der Landfriedensbrecher, der Kerl, der sich vorhin so auffällig benahm. Tatsächlich hat er sich die Pulsader durchschnitten und ist verblutet. Da sehen Si«, auf»velch raffinierte Gedanken die Brüder kommen. Von der kleinen Blechschachtel, die jeder Gefangen« für sein« tägliche Fettration bekommt, hat er ein Stückchen losgebogen, hat es auf dem Zement des Fußbodens geschärft und es nun als Mesier benutzt." Der Staatsanivalt zeigt« das Stückchen Blech, an den, noch roles, flüssiges Blut klebte, herum, holt« dann au» dem Sckiranke die Kästen, in denen er seine Sammlung verrvahrt«, legte es behut- sam hinein und sagt«:„Das erste Stück, das Todeserfolg zu ver- zeichnen hat und sicherlich da, iiitsressantest«, ja das Glanzstück meiner Sammlung." Dann empfahl er sich»ins, un» das Protokoll aufzusetzen. Am folgenden Tag«, schloß der Dr. Kochler, habe ich um mein» Entlassung aus den» Justizdienst nachgesucht, und seitdem habe ich auch das Schachspiel aufgegeben. Aber»venu Si« eine Schreib- Maschine brauche,» sollten— mein« Adresse ist Ihnen ja bekannt. Utopien. Verwirklichte und unerfüllte Menschheitslräume.— von der Technik überholte Phantasiebilder. Die Hoffnung auf grundlegende Berbssscrurcg der bestehenden Welt und die phantasievolle Erfassung neuer Möglichkeiten hat von alters her zur Schaffung phantastischer Werke geführt. Unter dem Namen Utopien hat man solche literarischen Erzeugnisse zusammen- gefaßt, welch« erträumte Welloerbesserungen jeder Art dichterisch, wissenschaftlich oder philosophisch darstellen. Bei den Griechen stand «nisprechend ihrer geistigen Einstellung die philosophische und poetisch« Darstellungsweife solcher Zuklmftsträimie im Bordergrund. Platos Dialog vom Staat ist ein solches Beispiel einer kühnen und um- fassenden Neugestaltung einer sozialpolitischen Idee. In der helle- nistischen Spälzeit begegnen wir in L u k i a n s Lügenmärchen von der Reise zum Mond« schon einer mehr dem modernen Phantasie- roman angenäherten Schilderung. Mit den technischen Möglichkeiten einer solchen„Weltreise" gibt sich der griechische Dichter freilich nicht weiter ab, wie ja überhaupt die Denkrichtung der Zeit ein« mehr auf rein geistige als auf technische Ideen hinzielend« war. Eine wahre Blütezeit von utopischen Werken setzte erst mit dem Erwachen der Naturphilosophie in der Zeit der Renaissance ein. Das Zeitalter der großen Entdeckungsreisen und der Gründung gewaltiger überseeischer Reiche beflügelt« mächtig die Einbildungskraft der«uro- päisthen Menschen und ließ sie hinter der bereits entdeckten neuen Welt immer noch größere und seltsamer« Wunderreiche ahnen. Zuerst kleideten sich die phantastischen Werke dieser Epoche freilich noch überwiegend in ein poetisch-satirisches Gewand. Thomas M o o r ü s, von dessen Hauptwerk„Utopia" die Bezeichnung der ganzen Gattung stammt und der unvergleichliche Jonathan Swift behandeln wichtige, religiöse, sozialpolitisch« und allgemein wissenschaftliche Probleme in der freien Form des phantastischen Romans. Die technischen Mittel, deren sich die Autoren zur Dar- stellung ihrer Zwecke bedienen, sind entsprechend den noch sehr ge- ringen naturwissenschaftlichen Kenntnissen und Interessen der Eni- stehungszeit recht unbedeutend. Swift z. B. läßt seinen Gulliver nach dem Wunderreiche Lilliputs, Probdignags usw. einfach durch Schiffbruch an damals noch unbekannten Stellen der Erde gelangen. Erst die mächtige Entfaltung der Naturwissenschaften und der Technik im 19. Jahrhundert läßt«in« neue Gattung von utopischen Werken aufkommen, in denen neue große Ziele der Menschheit mit dem neuen Hilfsmittel der gesteigerten technischen Fähigteilen als erreicht dargestellt werden. Jules Verne, Flammarion, Wells und Kurd Laßwitz sind die Hauptschöpfer dieses neuen Typus. Als solch« erträumte Ziel« erscheinen den Autoren z. B. die Entdeckung des Nord- und Südpols der Erde, die Schiffahrt unter dem Wasser, eine enorm gesteigerte Geschwindigkeit der Fortbewe- gung auf der Erde und auf der See und dann natürlich auch(ein alter Traum der Menschen) das Fliegen. Bald macht die entfesselt« Phantasie nicht mehr bei den Objekten unseres Planeten halt, sondern strebt hinaus ins Weltall, zu der Verbindung mit anderen Welt- körper, dem Monde und dem Mars oder gar unbegrenzt in ihrem Fluge, mit den Sternen unendlich ferner Wellsysteme. Die technischen Mittel, mit welchen die Helden der(übrigens auch heute noch durch Stil und Darstellungsart vorbildlichen) Verne- schen Romane ihre kühnen Fahrten vollbringen, sind naturgemäß im wesentlichen dem damaligen Stande der technischen Kenntnisse entsprechende und nur als gesteigert vorgestellt Manchmal aller- dings finden sich schon überraschende Vorahnungen später verwirk- lichter Möglichkeiten, so z. B. der elektrische Antrieb bei den Ma- schinen des„Unterseeboots" des Kapitäns Nemo. Auch wird in sehr lustiger Weise ein Streit zwischen den Anhängern der Ballonlustfahrt und zwischen denen eines durch Motorkraft bewegten Flugzeuges geschildert. Das Fliegen, das von den Alten nur in Gestalt einer primitiven Nachahmung des Vogelfluges(Dädalus) geträumt wurde, gewinnt in den Darstellungen aus den siebziger und achtziger Iahren des vorigen Jahrhunderts schon eine vielmehr den modernen Aus- führungsformen. angenäherte Gestalt. Aber freilich in einer ganzen Reihe von Fällen hat die Wirklich- keit durch die Erweiterung unserer Kenntnisie von den Naturkräften auch ganz neue ungeahnte Möglichkeiten und Methoden er- schlössen, hinter denen auch die kühnste Einbildungskraft der Dichter oft weit zurück bleibt. Von einer Verständigung der Menschen otlf den entferntesten Stellen unseres Planeten ohne jede materielle Ver- bindung. wie sie jetzt durch die elektrischen Wellen der drahtlosen Tele- graphie und Telephon!« erreicht wird, hat kein Utopist je etwas geahnt. Ebenso wird man vergebens bei den sehr zahlreichen und oft geistreichen Darstellungen neuer künstlerischer Mittel nach einer Vorahnung des Kinematozraphrn suchen, der das Leben selbst und die Bewegung wiedergibt. Im allgemeinen aber kann man feststellen, daß die technische Ent- Wicklung sich in der Tat in den Richtungen bewegt hat, die durch die phantasicvollen Träume einer vorangegangenen Zeit vorgezeichnet worden sind. Es ist dies auch kein Zweifel, denn die in den Utopien niedergelegten Wünsche und Sehnsüchte haben viel Gehirne und Hände in Bewegung gesetzt, welche die Verwirklichung vieler kühnen Hoffnungen durchzuführen unternahmen. Es ist doch so, daß Ent- deckungen, welche auf der Linie solcher erstrebten Möglichkeiten liegen, von der Allgemeinheit begierig aufgenommen und rasch rneiterentwickclt werden, während andere, vielleicht ebenso wertvolle Rcuschöpfungen oft viele Jahre unbenutzt bleiben, weil die Zeit für sie noch nicht reif ist. Wenn a!st>rtft, großer Teil der von den Utopisten erhofften Ziele schon erreicht und oft sogar noch weit überholt worden ist, so bleibt doch«in sehr großer Rest von unerfüllten Menschhcits- wünschen übrig. Der kühne Plan, anders Weltkörper zu er- reichen oder, falls lebende Wesen ähnlicher Verstandesorganisation dort vorhanden sind, wenigstens mit diesen in geistige Verbindung zu treten, ist bis heute noch nicht ausgeführt, tro�der immer wieder von Zeit zu Zeit austauchenden Nachricht, daß geheimnisvolle elek- irische Zeichen(„Mitteilungen der Marsbewohner") zu uns gelangt sein sollen. Diese geheimnisvollen Töne von„außerhalb" dürften samt und sonders von atmosphärischen und elektrischen Störungen unseres Planeten herrühren. Da die neuere Wissenschaft ein ge- ringes Maß von Wahrscheinlichkeit für die Bewohnbarkeit der uns nächst gelegenen Sterne des Sonnensystems übrig läßt. Ebenso dürft« auch«ine Reise nur zu unserem nächsten Nachbar und treuen Begleiter, dem Monde(abgesehen von der Ausreisebewilligung des Finanzamtes) noch für einige Zeit mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verknüpft sein. Auch in der allerjüngsten Zeit stnd noch«ine ganze Reihe von interesionten utopistischen Romanen erschienen, die aber natürlich bereits den ganzen Schatz der heutigen technischen Errungenschaften voraussetzen und infolgedessen keine Vergleichsmöglichkeiten mit den bereits verwirklichten Zielen bieten. Aber man kann aus ihnen wieder die Richtung erkennen, in denen sich der menschliche Geist bei seinem weiteren Durchdringen des Naturganzen und der Be- herrschung der Naturkräfte bewegt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Zukunft wieder in den Fußlapfen derer schreiten wird, welch« heute in ihren Phantasieerzeugnissen eine neue großartige Weiler- «ntwicklunq des menschlichen Könnens oorzeichmn. Die vielseitige Leber. „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not"— sagte di« Leber, fing den Zucker aus dem Blute ab, das ihr die große Pfort- ader vom Darm her zuführte; wandelte ihn in Stärke um und stapelte dies« für schlechte Zeiten aus; wenn etwa di« Muskeln ihre «igen« Stärke und ihren eigenen Zucker bei großer Arbeit ganz verbraucht haben, dann öffnet die vorsorgliche Leber ihre Stärke- speicher, oerwandelt die Stärke wieder in Zucker zurück, der mit dem Blut zu den Muskeln als Ersatz transportiert wird. Aehn- lich wie die Pflanze in den Knollen Stärke aufspeichert, um sie im Frühjahr in Zucker zu wandeln, wenn alles zu keimen beginnt. „Wer den Heller nicht ehrt, ist der Mark nimmer wert" denkt unsere sparsame Leber, sorgsam sammelt sie den Blutzucker— und wenn sehr viel vorhanden ist, so bildet die Vielseitige kostbare Brennstosf«, die wir„Fette" nennen und läßt sie je noch Bedarf verschieden lang bei sich lagern Natürlich kann sie auch überflüssige Fette, die gerade wie der Zucker im Blut zu ihr gelangt sind, bei sich aufspeichern. Aber nicht unbegrenzte Mengen fettbildende und zuckerhaltige Stoff« vermag sie zu bewält'gen. Wir kennen alle den Säufer mit seiner Fettleber Der aus den alkoholischen Ge- tränken stammend« gewaltig« Ueberschuß von fettbildendem Stoff und Zucker verbleibt in dem fleißigen Organ, das nun dem Ansturm nicht mehr gewachsen ist, liegen: die Leber erkrankt, sie verfettet. Oder wenn auch Zuckerstosfe nur allein im Uebermaß genossen wer« den, so kann die Leber schwer geschädigt werden; die Zuckerstosf« passieren unverwertet den Körper— der Mensch wird zuckerkrant» „Der Klügere gibt nach"— so weiß unser arbeitsames Schutz» organ—, läßt den körpergiftigen„Ammoniak", der aus dem ver, bauten Fleisch oder Pflanzeneiweiß stammt, mit dem Blut friedlich zu sich herein— schnell gibt sie Kohlensäure, die ihr gleichfalls das dunkle Adernblut zubringt, in genügender Menge hinzu— und sieh« da, es entsteht der harmlose„Harnstoff", der durch- den Körpe» unschädlich hindurchwandert und im Horn als wertloses Abfall, Produkt ausgeschieden wird. „Fest steht und treu"— so könnt« man wirtlich sogen— die wachsame Leber, sorgfältig übt sie Kontrolle aus, und wirksame Gegenmaßnahmen trifft sie gegen unliebsam« Eindringlinge. Gegen Arsen, gegen Blei, gegen Phosphor, gegen all« möglichen Gifte, dl« sich der törichte Mensch bewußt oder unbewußt zuführt, nimmt si« den Kampf auf; wird sie aber überrannt von den Eindringlingen, dann ist der Mensch verloren. So notwendig in jedem Staatswesen— so auch im Zellew- staat, wie ihn der Menschenkörper darstellt— für den Ablauf des gesamten Geschehens die großen Vorratshaus?r, di« geregelte Wirt- jchast sind— mindestens so hoch schätzen wir die direkten positive? Arbeitsleistungen, die Herstellung der Gebrauchsgegenstände. Auch hier marschiert die Leber mit an der Spitze der Produktionsstätten des Körpers. Sie liefert in nimmermüder Arbeit die„Galle", die beim Gesunden in den Dünndarm fließt, und die u. a. für die Fett- verdauung unentbehrlich ist. Wehe dem Menschen, bei dem sie einen falschen Weg— nämlich den ins Blut— nimmt. Wir all« kennen den mißvergnügten, galligen Typ, den uns die gelblich« Gesichtsfarbe schon oft von weitem kenntlich macht. Nicht immer sind leichte Fär- bungen der Haut und Schleimhäute stark bedrohlicher Natur; aber selbst die leichtesten fordern uns auf, schleunigst den Arzt zu rufen. Denn es ist selbstverständlich, daß bei einem derart vielgestalligen Organ, wie es die Leber darstellt, auch kleine Störungen weit- tragende Folgen haben können. Noch«ine Reihe wichtiger Funk« tionen der Leber würde» zu nennen sein. Aber schon die hier an- geführten genügen, um s?em Rufe Nachdruck zu verleihen:„Schont eure Leber, Indem ihr vernünftig und mäßig lebtl Bedenkt, der größte Feind der Leber ist der Alkohol!" Dr. E. M. hpmne am �benö. Nun aber der Vögel spälcs Gezwitscher im Abend ertrinkt Und von den Bönnien langsam die Blätter sollen, Erloschen und müde, hebst du dich hoch, meine Seele, And prüfst deine Stimme. Eine Stunde an, Saume der Nacht, von Träumen erleuchtet, Schwebst du im Zwielicht der Zeiten, Dem Tage entflohen And müde der frestenden Arbeit. Wann aber, wann stehst du im Xag, flammend vor Wollust, Das Werk zu beseelen, den Hammer zu lenken, Tätig und kraftvoll Im Rhythmus der großen Maschinen? Wann aber. Herrliche, bläst du den Odem ein in die leblosen Dinge, Die dich seht im Tag Mit malmenden Rädern And erzenen Außen zertreten? Der Vogel verstummt. Schon leuchten die Sterne, Du aber stiegst, unruhiger Vogel der Seele, Klagend durch alle Räume der Menschheit And suchst die Erlösung. Max Barthel. Zeierabenö. Von Jens Lornsen. Die beiden Schafe tragen ihre Schellen heim, bim bim bim bim. Sanft, von jenseits aller Unruh läutet das herüber. Wenn die Trägen sich ihren Himmel vorstellen, müßte auf ollen Wegen solche Herde langsam vorbeiziehen. Ich selbst Hab' nur zwei, wohl- verstanden. Sie haben beide einen gu-tmütigen Kopf und feiste Wolle, wie geschaffen, sich darin herumzirräteln. Schauton nur die großen blöden Augen ohne Pupillen nicht immer so mutlos in die Welt, klänge der immer demütige Schrei nicht so ohne alle Hoff- nung und Hunger. Und doch tut ihr guter Trott wohl in der Mü- digkeit des Abends. Der treibende Junge ruft hu und hi, die Glöcf- lein schwingen ein wenig rascher, aber sie schlafen doch schon halb, bim bim bim bim! Da lobe ich mir die Meise im Apfelbaum. Krade zwei Minuten Andacht hat man noch zwischen Stall und Abendbrot ihr zuzusehen. Die letzte Sonne liegt auf den gekalkten Stämmen, alle Blätter leuchten noch einmal fröhlich und schmeicheln sich um die feisten Fruchtbacken. Da geht es husch und hängt kopfüber in den ge- kräuselten Zweigspitzen. Und noch einmal husch und der Nachbar tut, als wollt er auch drüber her. Aber es ihm gar nicht ernst. Weiß der Himmel, jetzt hängen die beiden nebeneinander, machen den Riesenschwung und zwitschern sich so viel Neuigkeiten zu, man kann kaum folgen. Ich Hab nicht verstanden, was Wichtiges dabei sein mag, husch ist der eine fort, husch, der andere hinterdrein. Ganz oben, kaum sichtbar, trillert's und wirbelt's, leuchtet wie zwei Feuerbälle auf, blitzt, schüttelt sich durch alle Aepfel hinaus und hinab und ist plötzlich blitzschnell im Unsichtbaren verschwunden, Zippdridelideli. Ja, und doch ist's«ine lange Weile bis der Mensch Feierabend ivagt. Das Licht ist schon fast verblaßt. Wilde, fremde Gestalten ziehen über den Himmel. Man wartet auf der Anderen Hand, da man vor der Hütt« sitzt, um die letzten Worte und Sorgen und Freuden auszutauschen. Die Pfeife glüht, das Weib sucht noch ein- mal die Wege entlang, prüft, ob alles sauber und frei und ohne Unkraut steht. Denn setzt es sich und zieht leise Hand in Hand und man folgt dem Spiel der Wolken, die immer wieder märchenhaft schaurig und lustig daherfahren. Zwei Riesen, die sich im rasenden Wirbel umfangen, dann ein stvchlichter Zwerg, der feine Schafe sucht. Endlich drei ungeheure Schwäne mit weißen Flügeln, die den weiten Erdkreis umbraufen. lieber allen aber wächst der un- endliche Baum aus unbekannter Saat, an dem alles Dunkel reift und der langsam, ungeheuer, alle Welt überzieht. Nicht bange werden, nein, gerade hinsehen! Und dann wollen wir hineingehen und uns aneinander schmiegen und auf die neu« Sonne warten. Komm!_ Völker, öie mit üen§üßen greifen. Obgleich wir gewohnt sind, die Fähigkeit, mit den Füßen zu greifen, nur bei„Fußkünstlern" ini Barietö zu bewundern, so gibt es doch überall auf der Erde Völker, die die Füße als Greiforgan benutzen, und zwar in den Ländern, in denen der Fuß noch nicht durch das beengende Schuhwerk feiner natürlichen Leistungsfähigkeit beraubt worden Ist. Das mar schon im Altertum so, denn wir sehen noch in altägyptischen Gräbern auf den Darstellungen der einzelnen Handwerke, z. B. Gerber, die einen Streifen Leder unten mit den Zehen, oben aber mit der Hand festhalten. Der verstorbene Echno- löge Richard Andre« hat einmal aus der reichen Reiseliteratur die wichtigsten Stellen gesammelt, in denen der Gebrauch der Füße zum Greifen geschildert wird. So schreibt z. B. der Reisende Seift: „Bewundernswert ist bei allen Handwerkern Beiruts die Geschicklich- keit, mit der sie sich der Fußzehen zum Halten des Arbeitsstückes oder Werkzeuges bedienen, und dasselbe sieht man bei den Holzschnitzern in Damaskus, die ein Brett mit den Fußzehen festklemmen, während sie mit der Hand Meißel und Schlegel führen. Der Chinese, der von Jugend auf nie eanen Tisch oder Stuhl benutzt und keine Schuhe trägt, weih sich seiner unteren Gliedmaßen in viel reicherem Maß« zu bedienen als der Europäer. Die Beine muffen häufig als Arm« cushelftn, ivobei die Füße die Stelle der Hände vertreten. Diese Fußgelchicklichkeit wird vielfach zu Diebstählen— Haupts fachlich in der Südsee— benutzt. Die Eingeborenen wissen sich kleinere, auf dem Deck der Schiffe liegende Sachen geschickt mit den Füßen anzueignen und einander zuzureichen. So wird z. B. von der Humboldt-Bai im nördlichen Neu-Guinea berichtet, daß die Frauen mit ihren Zehen mit Vorliebe eiserne und kupferne Gerät« vom Bord des Schrftes wegbringen. Die Neu-Kaledonier besitzen nach den Schilderungen des französischen Schiffsarztes de Rochas Füße, die große, weit voneinander entfernte Zehen und eine erstarm« liche Beweglichkit haben; sie können mit ungewöhnlicher Behendig« keit auf die Bäunre klettern, indem sie mit den Füßen den Baum». stamm umklammern und sich dann emporschieben. Sie verwenden Füße und Hände abwechselnd, wie es die Vierfüßer tun, so daß rechte Hand und linker Fuß gleichzeitig in Tätigkeit sind, während die linke Hand und der rechte Fuß folgen. Die Australier benutzen ihm Zehen, um ihre Speere fortzuschleppen, wenn sie diese ver» borgen halten wollen. Die Weiber gebrauchen die große Zehe des rechten Fußes, um die Binsen festzuhalten, rvenn sie Körbe flechten. Sie verstehria es vortrefflich, mit den Zehen die kleinsten Dinge zu stehlen, während sie sich mit jemand unterhalten. Der Reisend« Iessep sah, wie ein Schwarzer einen Sixpones mit der großen und ersten Zehe saßt« und aufhob, wie wir es mit Daumen und Zeige- finger tun. In Afrika erregte die Ausbildung der Füße bei den Somali dos Erstaunen o. d. Deckms. Sie können jede Zehe wie ein selbständig bewegliches Glied als Ersatz der Finger benutzen. Nach einem auf dem Boden liegenden Gegenstand sich zu bücken, fällt dem Somali nicht ein; er ergreist ihn mit der großm und der zweiten Zehe und bringt ihn so rasch in seine Hände; das geschieht aus dl« natürlichste Weise, so daß man sofort steht, jeder andere Weg würd« ihm viel Beschwerden machen. Bon den Hottentotten berichtete schon einer ihrer ersten Besucher. Sir Thomas Herbert:„An den Füßen tragen sie mit Riemen festgebundene Sandalen, aber diese nehmen sie in die Hand, damit sie mit den Füßen besser stehlen können, denn sie stehlen mit ihren Zehen sehr geschickt, während st« 'mit uns sprechen."_ Der Aufbau der Materie. Es ist eines der weisesten Worte des Naturforschers und Denkers Goethe, das er einmal zu seinem getreuen Eckermann sprach:„Wie weit wir auch im Erken ien der Natur voranschreiten. so werden wir doch immer wieder einsehen, daß da, wo wir gerade stehen, da» Problem erst beginnt." In der Tat, bei aller Fülle von Erkennt- nissen, die uns die Nalurssrschung beschert hat, bleiben nicht nur der Räisel unendlich viele, sondern es werden täglich mehr, ihre Zahl wächst weit schneller als die der Erkenntnisse, wir kommen eher zurück als vorwärts. Die Physik der letzten zwei Jahrzehnte hat uns ungeahnte Einsichten in den Aufbau der uns bildenden und umgebenden Materie gewährt, das Atom, ein Begriff, den schon vor 2V» Jahrtausenden die griechischen Naturphilosophen aufgestellt hatten� wurde zum ersten Male anschaulich vorgestellt, fern Bau erforscht, Welches aber sind die Kräfte, die dies« Atom«, über deren Bau wir nun schon so vieles wissen, zusammenhalten, daß sie die feste, flüssige oder gasförmige Materie bilden? Hier wissen wir nicht nur noch ar uichts, sonder» darüber hinaus lehrt uns unser sonstiges Wissen, aß das Gegenteil von dem eintreten müßte, was tatsächlich eintritt. Alle Materie zieht sich gegenseitig an. das ist das Newtonsch« Gesetz, das die Sterne aneiuanticr kettet, ebenso wohl die Sonne mit ihren Planeten wie die entferntesten Sternhausen mit unserem Milchstraßensystem. Aber im Innern der Materie scheint das gerade Gegenteil zu gelten. Wir kennen heute die wahre Größe vieler Atome, den Durchmesser des Kreises, in dem die äußersten Elektronen den Kern umlaufen. Wir kennen auch schon lange die Zahl der Atome in der Polumeneinheit, die sog. Loschmldtsche Zahl. So können wir also leicht die gegenseitig« Entfernung der Atome be» rechnen. Und das Ergebnis ist erstaunlich. Wir finden, daß in sebr großen Entsermingen voneinander sich Atome von sehr kleinen Ab« Messungen befinden, zwischen denen einfach nichts ist. Der Zustand ist ähnlich wie am gestirnten Himmel, in Riesenentfernungen von, einander sind die Sonnen, die im Verhältnis zu ihrem gegenseitigen Abstände, bei aller ungeheuren Größe, klein sind. Früher nechm man als Füllmittel zwischen den körperlichen Atomen den Aether an, nun hat uns aber die Relativitätslehre bewiesen, daß der Aether gar nicht existiere, es bleibt also das reine Nichts übrig. Und daß uns unsere Berechnung nicht lauscht, zeigt der Versuch. Wenn wir ein« dünne Metallsolie mit den Alphastrahlen de» Radiums beschießen— diese sog. Strahlen sind in Wirklichkeit mate» rielle Atomkerne, nämlich die des Heliums— so gehen sie glatt hindurch, als ob sie überhaupt kein Hindernis in ihrem Wege ge« funden hätten. Rur ab und zu gerät«in solches Alphateilchen in umlyitteldars Nähe eines materiellen Atoms, dann wird es aus seinem Wege scharf abgelenkt, die Bahn— die man leicht photographieren kann— zeigt einen scharfen Knick und hört sogleich auf, das Teilchen ist zur Ruhe gekommen. Wenn sich nun aber alle Materie gegenseitig anzieht, was hindert dann die Atame sich einander zu nähern, aus einander zu fallen: welche Kraft hält die ungeheuren Entsernungen aufrecht? Wir müssen gestehen, daß wir darüber nichts wissen, denn auch elektrisch« Abstoßungskräste können es nicht sein, da das Atom elektrisch nemral ist. Dr. H. Wissen und Schauen Einige Zahlen von Rlesenkeren. Als Riesentier« bezeichnet P ii t t e r solch« Tiere, deren Gewicht«ine Tonn« übersteigt. Solche Tiere sind selten gewogen worden, und so wurde auf Grund vorhan- dener Alaße an der Hand eines verkleinerten Modells aus Plastilin das Gewicht errechnet. In welchen Tiergruppen werden nun Riesen- tiere gefunden? Zunächst wären die Riesentinlenfische oder Kraken zu nennen, jene sagenhaften, riesigen Seetier« mit den mit Saug- näpsen besetzten Fangarmen. Sie dürften ein Gewicht von 2 bis 5 Tonnen erreichen. Unter den Haifischen kommen verschiedene Riesenformen vor. Rhinodon, ein wahrscheinlich pflanzenfressender Hai, der 15 bis 20 Meter Läng« erreicht, soll ein« Schwere von Ivl) Tonnen besitzen. Unter den eigentlichen Fischen, den Lurchen und den Vögeln gibt es keine Tiere von so großer Ausdehnung. Die Kriechtiere jedoch haben in den ausgestorbenen Sauriern Ver- treter mit solchen Ausmaßen. Für den Fischsaurier(Ichtyosaurus), der als Meerestier in der Iurazeit eine Läng« von 12- Meter er- reichte, wird ein Gewicht von 13 Tonnen, und für den großen Diplo- docus, dessen Skelett als Gipsabguß im Lichthofe des Museums für Naturkunde in Berlin steht und eine Länge von 25 bis 30 Meter hat, tverden 132 Tonnen errechnet. Unter den Säugetieren übertreffen das Tsnnengewicht: Rinder Bison, Elch, Antilopen und Walroß. 2 bis 3 Tonnen erreichen Flußpferd. Nashorn und Elefantenrobbe. Die größten Elefanten wiegen 6 bis 8 Tonnen. Die bei weitem mächtigsten Riesentiere, die auch die ausgestorbenen Saurier um ein Bedeutendes übertreffen, finden sich aber bei den Walen. Die kleineren Arten(Schwertwal, Dögling, Finnwal) haben ein Gewicht um 1l) Tonnen herum. Für die Blauwale, die die Meeresteile be- wohnen, die die Nordküsten von Europa, Asien und Amerika be- spülen, werden mit ihrer Körperlänge von 31 bis 33 Meter 8vl) Tonnen in Rechnung gestellt, so daß sie als die größten Tiere anzusprechen sind. Ihr« Länge übertrifft die unseres kleinsten Säuge- tieres, der 4 Gramm schweren Zwergsledermaus, um das 50l)fache. Jedoch ist die sprichwörtliche Speckschicht der Wale aus ihren Körper berechnet im ollgemeinen nicht dicker als die eines fetren Menschen mit 3 Zentimeter. Gewaltig sind die Kräfte, die«in Wal in seiner Schwanzflosse entwickelt. P ü t t e r stützt sich auf eine Angabe, daß ein harpuniertes Tier imstande war, einen Dampfer, dessen Maschine mit 230 Pferdekräften mit 12 Knoten rückwärts lief, mit einer Geschwindigkeit von 12 Knoten stundenlang vorwärts zu ziehen. Daraus ergibt sich für ein Tier von 27 Meter Länge und 290 Tonnen Gewicht eine Leistung von 460 Pferdestärken. Um ein« solche Leistung Hervorbringen zu können, muß ein Verbrauch von 3330 Liter Sauer- stoff in der Minute angenommen werden. In der Ruh« würde sich diese Zahl auf 900 Li'er erniedrigen.(Der Mensch verbraucht in 24 Stunden 520 Liter.) Die großen Furchenwale können bis eltva 30 Minuten tauchen. Sie müssen dabei 27— 30 Kubikmeter Sauerstoff mit in die Tief« nehmen. Zu diesem Zweck« muß die Lunge 100 bis 115 Kubikmeter Luft speichern können. Das Herzgewicht eines großen Wales erreicht 1500 Kilogramm, die Blutmenge«tlva t18 bis 29 Tonnen(beim Menschen 6 bis 10 Kilogramm), jedoch beträgt d:r Blutdruck nur ein Drittel von dem des Menschen. A. P. illEllilfäl himmelskunüe Der veränderliche Stern Au Walfisch.„Mira Ceti" heißt in nicht ganz einwandfreiem Latein der wunderbare Stern, dessen .Helligkeit zwischen der zweiten und der neunten Größe schivankt. Innerhalb 330 Tagen wird er schwächer und schwächer und dann wieder stärker. Er ist der bekannteste der zieml-ich zahlreichen ver- önderlichen Stern« und war, seit ihn im Jahr« 1596 der holländisch«� Geistlich: Fabricius entdrckt«, stets Gegenstand eifriger Beobachtung. Sein Spektrum ist das eines roten Sternes, aber man hat daneben auch, abweichend von diesem Typus, Wasserstoffstrahlen gesunden. Bor ein paar Jahren glaubt« Dr. Joy auf der Steriuvart« des Mount Wilson in Amerika, zur Zeit des schwächsten Ansehens der Mira daneben noch ein ganz kleines blaues Sternchen zu entdecken, war aber seiner Sache nicht sicher. In der klaren Luft Kaliforniens hat nun Professor Aitken auf der Lick-Siernwarte die Beobachtung bestätigen können. In einer Bogensckunt« Entfernung stand neben dem Stern Mira«in Sternchen, das etiva halb so groß sein mochte, mit blauem Licht. Sein« Entfernung wird auf 8000 Lichijahre ge- schätzt. Man vermutet also, daß der veränderliche Stern eigentlich ein Doppelster» ist, und daß die Schwankungen in der Helligkeit, die ja sehr stark sind, auf«in gemeinsames Kreisen der beiden Sterne um einen Schwerpunkt zurückzuführen wären. m. Kulturgeschichte Iber schöne Teufel vom Wedding. Im Jahr« 1728 wurde dem hohen Criminalcollegium zu Berlin ein Mädchen von 22 Jahren vor- geführt, gegen das Vordacht oufgetommcn war, daß sie mit dem Teufel e nen Pakt abgeschlossen habe. Das Mädchen pnirde vom hohe» Criminalcol'egium gehörig ausgeforscht und gestand schließlich auch ein, daß sie sich dem Teufel verschrieben habe, daß sie also«ine Hejf: sei. Vor finioer Zeit, so ungefähr sagte das Mädchen aus. lKibe sie auf dein Wedding einen hübschen Kerl mit blauem Rock und gestickter Weste kennen gelernt, der mit ihr spaz'eren gegangen sei und mit ihr schön getan Hobe. Er gab ihr auch Geld und stellte sich schließlich als der lcibhafii.ge Teufel vor. Nun mußt« sie ihren Leib und ihre Seele dem Teufel verkaufen. Dieser drück!« aus den Fingern des Mädch-ens Blut heraus und mit diesen, Blut wurde der Pakt mit dem Mädchen und dem Teufel unterschrieben. Dafür er- hielt das Mädchen einen Zettel mit drei roten Buchstaben. Diesen Zettel sollte das Mädchen stets auf dem Leib tragen und war damit, nach den Angaben des Teufels, gegen jede polizeiliche und gerichtliche Nachstellung gesichert. Später habe sie den schönen Teufel vom Weddinz nur noch einmal gesehen und zwar an der langen Brück«. Man konnte eigentlich dem Mädchen nichts nachweisen. Da sie aber mit dem Teufel ein unzüchtiges Verhältnis begonnen, von ihm Geld genommen und sich ihm verschrieben hatte, so hielt hohes Criminalcollegium dafür, daß das Mädchen mit Schwert oder Feuer zu bestrafen sei. Da aber die peinlich Angeklagte zum Teil aus Not gehandelt habe, nur geringen Verstand besitz« und augenschein- lich auch von„Melancholie" befallen sei, wolle es hohes Crlminal- eollegium dabei bewenden lassen, die Verbrecherin lebenslänglich in dos Spinnhaus nach Spandau zu setzen, wo sie bei„leidlicher weih- licher Arbeit und geistlichem Zuspruch" das Leben beschließen könne. Das Urteil wurde am 10. Dezember 1728 gefällt und vom preußischen König bestätigt. So mußt« die einstig« Freundin des schönen Teufels vom Wedding in das Spinnhaus nach Spandau. Der Teufel mit dem blauen Rock und mit der seinen gestickten Weste ist nie ermittelt worden. Es scheint ein ganz durchtriebener Teufel gewesen zu sein. A. M. völkerkunöe Die Entdeckung eines Amazonensiaates in Ehina. Ein Staat von Amazonen, die über die Männer ihres Stammes unumschränkt herrschen, ist in China von dem Leiter der Expedition, die die anreri- konische Geographische Gesellschaft ausgesandt hat, Frederick R. Wul- sin, entdeckt worden. Die Bewohner dieses Staates sind mongo- lischer Abstammung, heißen To-Runs und haben sich seit uralten Zeiten in dem wenig bekannten Teil Westchinas angesiedelt, in dem die Quellwasser des Gelben Flusses liegen. Aus ihren Rassenmerk- malen schließt man darauf, daß das Quellgebiet des Gelben Flusses einer der wichtigsten Mittelpunkte der frühen asiatischen Völker- Wanderungen war. Die Frauen sind in diesem Staat die eigent- lichen Herrscher, und zwar halten sie die Männer nicht etwa durch Jugend und besondere Schönheit in ihrer Macht, sondern auf Grund eines urallen Mutterschaftsrechts, das den alten Frauen die höchste Würde verleiht. Da der anbaufähige Boden spärlich ist, so können nur wenige Familien ihren Unterhalt finden. Di« Frauen haben daher das Recht, niehr als einen Mann zu ehelichen, und sie schließen Heiraten aus Zeit ab. die sechs Monat«, sechs Wochen oder auch sechs Tage währen. Di« Nachkommenschaft au» diesen Ehen sieht in dem Mann ihren Vater, den ihr die Mutter als solchen vorstellt. Die anderen Männer der Frau gelten als„Onkel" der Kinder. Familiennamen sind unbekannt und von den Kindern wird als dem Sohn oder der Tochler der oder jener Frau ge- sprachen. Kaufen und Verkaufen ist nur den Frauen gestattet oder darf jedenfalls nur mit ihrer Einwilligung erfolgen. Sie führen den ganzen Haushalt. In einigen Teilen des Landes gilt die „H u t w a h l", dt« auch bei manchen anderen Mongolenstämmen vorkommt. Ein Mann darf den Hut einer Frau, die er auf dem Tempelgebiet antrifft, fortnehmen, und sie wird dann ohne weilere Zeremonie seine zeitweilige Frau. Männer und Frauen rauchen ein Kraut, das dem Tabak ähnlich ist. Als Geld werden zusammen- gepreßte Teemengen in Ziegelform verwendet, und mit ihnen läßs sich jedes Verbrechen wieder gutmachen. So kostet z. B. die Er- mordung eines Priesters 200 Teeziegel, während für das Leben eines Fremden nur 2 bis 3 Teeziegel gezahlt werden. fl1lD>�