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machen, also unserem Bergarbeiterverband nicht angehören sollen. Das ist eine bittere Pille für die Bergleute, die selbst oder deren Söhne oder Verwandte jetzt im Felde stehen und sich trau und tapfer zeigen, wie eS anders kaum gewünscht werden kann. Wir wären Euer Exzellenz sehr dankbar, wenn, wie in dem oben genannten Falle, eine humanere Handhabung dieser Mah» nähme erzielt und diese verbitternd« Maßregelung der braven lippischen Bergleute zurückgenommen würde. Sie taten doch nur, was alle Bürger sonst für sich in Anspruch nehmen: sie organi- sierten sich, schloffen sich unserem Verbände an und machten, als ihnen ihr geringer Lohn nicht entsprechend den Löhnen anderer Bergreviere erhöht wurde, von ihrem gesetzlich gewährleisteten Streikrecht Gebrauch. Dafür sollten sie nicht geächtet werden, wenigstens solltap sie jetzt bei dieser ernsten Zeit durch Rück- nähme all der Maßregelungen wieder als gleichberechtigt an- erkannt werden, wie das Se. Majestät der Kaiser in seiner be- kannten Ansprache vom Schloß in Berlin   ausdrücklich ge- wünscht hat. Um eine geneigte Berücksichtigung dieser unserer Eingabe bittend, zeichnet Verband der Bergarbeiter Deutschlands  . H. Dachse, Vorsitzender, Mitglied des Reichstags. Darauf erhielt der Verband folgende Antwort: VlI. Armeekorps  . Stellvertr. Generalkommando. Abt. I. d. Nr. 5763. Münster  , den 16. September 1914. An den Verband der Bergarbeiter Deutschlands  , Bochum  . Unter Bezugnahme auf Ihre Eingabe vom 31. 8. 1914 teile ich Ihnen hierdurch ergcbenst mit, daß die Fürstlich Schaumburg. Lippische Hofkammer auf meine Veranlassung hin verfügt hat, daß sämtliche seinerzeit au» Anlaß des Streiks ausgesperrten Bergarbeiter, soweit sie sich zur Arbeit melden und Platz für sie vorhanden ist, wieder eingestellt werden. Der Kommandierende General  . gez. Frhr. v. B i s s i n g, General der Kavallerie. Verlln unS Umgegend. Die Lage der Hutmacher wurde in der am Donnerstag abge- haltenen Versammlung der Filiale Berlin   deS HutmacherverbandeS folgendermaßen dargestellt. Nach dem Ausbruch des Krieges trat eine so starke GeschästSswckung ein, daß die Zahl der Arbeits- losen in der ersten KriegSwoche 609 betrug und bis zur dritten Woche auf 817 stieg. Dann trat der Verband mit den Unter- nehmern in Verhandlung, um nach Möglichkeit Arbeitsgelegenheit zu schaffen. Die Betriebe nahmen ihre Tätigkeit wieder auf, in- folgedessen ging die Zahl der Arbeitslosen nach und nach zurück. Gegenwärtig sind noch 239 Arbeitslose(139 männliche und 199 weibliche) vorhanden. Die Arbeitslosen gehören meistens der Seidenhutbranch« an. Die Betriebe dieser Branche sind wegen Mangel an Arbeit gänzlich geschlossen. So wie in Berlin   ist die Lage in ganz Teutschland. Anfangs zahlte der Verband die statutenmäßigen Sätze der Arbeitslosenunterstützung. Später wurden dieselben herabgesetzt, um eine längere Dauer der Unter- stützung zu ermöglichen, so daß jedes Mitglied, wenn auch nach längerer als der im Statut vorgesehenen Zeit, die Gesamtsumme der statutenmäßigen Unterstützung erhalten kann. Dadurch wird also der Zeitpunkt der Aussteuerung hinausgeschoben. Im ganzen Reich« hat der Verband hereit» 199 999 M. Unterstützung aus- gezahlt. Die Miigliederzabl ist in Berlin   von 1196 auf 1943 zurückgegangen. 78 von den Berliner   Mitgliedern stehen beim Militär. Eine Reihe von Unternehmern haben die Arbeitslosigkeit be- nutzt, um die Löhne zu kürzen. Eine Firma, die für ihre Ware nicht einen Pfennig weniger bekommt al« früher, hat den Wochen- 'lohn nach Ausbruch des Kriege» um 5 M. herabgesetzt. Später, «IS die Arbeiter dieser Firma wieder voll beschäftigt wurden. beantragten sie. ihnen wieder den vollen Lohn zu zahlen. Darauf antwortete die Firma, die Arbeiter sollten sick sckämen, in dieser Zeit den vollen Lohn zu verlangen. Die Arbeiter sind der ent- gegengesetzten Meinung. Eine kürzlich ahgehaltene Konferenz von Vertretern der größten Filialen de» Verbandes hat beschlossen, daß die Unter- stützungen in der bisherigen Weise weitergezahlt werden. Trotz der immer noch starken Arbeitslosigkeit können die Unterstützungen noch auf Monate hinaus gewährt werden, so daß jeder Arbeit»- lose die statutenmäßige Gesamtsumme der Unterstützung erhält. Die Kassenstunden in den Betrieben, die in der Zeit der größten Arbeitslosigkeit aufgehoben waren, sind jetzt wieder eingeführt. deutsche» Neich- Der Bauarbeiterverband ist kein politischer Berein. Al» der Zweigverein Deutsch-Rasselwitz de? Deutschen   Bau- arbeiterverbande» im Sommer ein Vergnügen veranstalten wollte, versagte die Polizeibehörde die Genehmigung, weil e» sich um ein öffentliches" Vergnügen handele. Al» darauf ein geschlossene» VereinSvergnügen angemeldet wurde, erhielt der Zweiaverein eine Verfügung des AmtSvorsteherS. wonach er gar kein Verein sein gllte, während derMaurcrverband"(gemeint war der Deutsche  auarbeiterverband. Sitz Hamburg  ) zweifellos ein politischer Ver- «in sei. �n der Verfügung hieß eS: Sie geben in Ihrer Zuschrift an, daßunser Verein kein politischer Verein, sondern ein gewerkschaftlicher Verband" sei. Daraus geht hervor, daß die von Ihnen vertretene Verbindung überhaupt kein Verein ist. Nach dem Inhalt de» neuen Reichs- Vereinsgesetzes glaubt mancher nichtpolitische Verein, der Polizei- behörde die Befugnis abstreiten zu können, die Einreichung der Satzung zu verlangen. Jedoch mit Unrecht. Wohl ver- pflichtet das neue Gesetz zur Einrcichung der Satzung nur solche Vereine, die eine Einwirkung auf politische Angelegenheiten bezwecken. Aber trotzdem kann heute die Polizeibehörde aus Grund landesrechtlicher Vorschriften immer noch die Einreichung der Satzung von nichtpolitischen Vereinen fordern, selbst von reinen Geselligkeit»- und Vergnügungsvereinen. Das von Ihnen überreichte Statut und Streikreglement ist für den Deutschen Bauarbeiterverband gültig. Als Satzung für einen Zweigverein Deutsch-Rasselwitz ist das Statut aber nicht anzusehen.' Diese» Statut gilt für den Zentralverband der deutschen   Maurer; dieser ist zweifellos eine Vereinigung zur Einwirkung auf staatliche Einrichtungen, also ein politischer Verein; denn da» Gegenteil ist aus dem Vcrbandsstatut nicht ersichtlich. Die in der nament- licken Liste verzeichneten Personen sind offenbar nur Mitglieder des Deutschen   Bauarbeiterverbandes; daß Sie unter sich noch einen selbständigen Verein in Deutsch-Rasselwitz bilden, ist weder behauptet noch bewiesen." Gegen diese Verfügung legte der Vorsitzende des Rasselwitzer Zweigverein» Beschwerde bei den höheren Instanzen ein. In« zwischen kam nun der Krieg, der auch eine andere Taktik in der Behandlung der Gewerkschaften durch die Behörden mit sich brachte. Schon am 12. August erhielt der Zweigvereinsvorsitzende auf dem Bureau der Ortsbehörde den von oben kommenden Bescheid, daß weder der Deutsche   Bouarbeiterverband noch sein Zweigvcrein Deutsch-Rasselwitz ein politischer Verein sei. Der Vorsitzende hat darauf seine Beschwerde zurückgezogen. Die Pariser Fiuauze». Pari», 8. Oktober.  (89. T. B.) Dem.TempS' zufolge find drei Pariser Stadträte in Bordeaux   eingetroffen zweck» Beratung mit den Ministern wegen de« riesigen Ausfall» in den Pariser Finanzen. Die Arbeitslosigkeit verursachte Ausgaben in Höhe von neunMillionen Frank monatlich, überdies wurden drei Millionen verausgabt für Frauen und Kinder Eingezogene», bevor der Staat eingriff. Seit August gingen zum Beispiel die Erträge au» Verbrauchssteuern und Ottroi um fast 69 Proz. zurück. Daher droht ein großes Defizit In der Sitzung der Pariser Handeiskammer mst Vertretern von acht großen Syndikaten wurden Transport- und Verkehr«- schwierigkeiten besprochen, besonder» im Postdienst, und ein- mutig scharf kritisiert. Man sprach sich dahin au», daß die ArbeitSmöglichkeiten vermehrt werden müßten, be- sonder» für Gebrauchsgegenstände, wie Schuhwerk, Winterkleidung, Hemden, Strumpswaren usw. Hinsichtlich der bisher größtenteils au» Deutschland   kommenden pharmazeutischen Präparate wurde empfohlen, das Publikum aus die gleichen französischen und belgischen Artikel hinzuweisen, jedoch nicht zu Mitteln zu greifen, wie England bei deutschen   Patenten. Die Steigerung der Fleischpreise. Wenn auch die Preishausse des Monats August im September sich nicht mehr in gleich stürmischer Weise fortsetzte wie im ersten KriegSmonat, so brachte der September doch noch erhebliche, den Konsum weiter belastende Preiserhöhungen für Fleisch. �Allerdings machen sich die Preissteigerungen örtlich und nach den Fleischarten sehr verschieden geltend. Das geht soweit, daß in größeren Plätzen die verschiedenen Gegenden oft ganz abweichende Bewegungen der Fleischpreise aufweisen. Ein typisches Beispiel hierfür ist Berlin  . Hier sind von Juli bis September die Fleischpreise im Osten und Zentrum der Stadt, dann aber auch noch im Norden am stärksten gestiegen, weniger stark im Süden, noch weniger im Nordwesten und Südwesten. Im Westen dagegen ergibt sich für die gleichen Notie- rungen sogar ein Minus gegenüber Juli. Wenn auch bei dieser Gelegenheit auf die Unzulänglichkeit aller PreiSnoticrungen, auch der amtlichen, auf denen unsere Vergleiche beruhen, hingewiesen werden muß, so ist doch aus ihnen soviel zu schließen, daß i n Gegenden mit starker A r b e i t e r b e v ö I ke r u ng die Preise für die vielbegehrten Fleischsorten weit stärker ge- stiegen sind als in Gegenden, wo die an sich teureren Fleisch- sorten mehr gekauft werden. Im allgemeinen gehört Berlin   zu den Städten, in denen die Fleischpreise seit Juli sehr erheblich ange- zogen haben. An der Spitze steht fretlich Königsberg  , wo die Verteuerung gegen Juli ganz außergewöhnlich ist. Selbst Kalb- fleisch, das meist billiger geworden ist, hat hier ein« scharfe Preis- steigerung erfahren. Sehr stark verteuert hat sich Fleisch auch in Posen. Ueberhaupt kann man beobachten, daß in den Städten des Osten» die Verteuerung am stärksten gewesen ist. während in Mitteldeutschland   und im Westen vielfach die Preissteigerung ge- ring, teilweise sogar eine Verbilligung gegenüber-Juli«ingetreten ist. Eine Verbilligung weisen z. B. die Plätze Hannover  , Dortmund   und Essen auf. Auch Aachen   zeigt geringer« Preise an, wobei freilich zu berücksichtigen ist. daß dort im Juli die Preise bereits sehr stark hinaufgegangen waren. Absolut standen auch im September die Preise noch immer sehr hoch. Was nun die Bewegung der Preise für die verschiedenen Fleischgaitungen betrifft, so tritt deutlich auf der einen Seite eine ziemlich allgemeine Verbilligung von Kalbfleisch  ; auf der anderen«ine Verteuerung von Rind- und Schweinefleisch zutage. Sehr stark und fast ohne Ausnahme sind die Preis« für Schweineschmalz und Schweine- s pe ck in die Höhe gegangen. Im Gegensatz zu der Bewegung der Fleischpreffe in Friedcnszeisen zeigt, sich gegenwärtig eine größere Selbständigkeit der einzelnen Markt- gebiete, in denen die Preisbewegung weit unabhängiger von der in benachbarten oder gar weiter entlegenen Gebieten erfolgt, al» e« früher der Fall gewesen ist. Die Belastung de» Konsum« durch die hohen Fleischpreis« ist' bereits jetzt so stark, daß breit« Schichten der ärmeren Bevölkerung ihren Verbrauch schon merklich « i n s ch r ä n k e n m ü s s e n. Soziales. /jus Industrie und Handel. Aufhebung der Getreidezölle i« Oesterreich-Uuguru. Wie«, 8. Oktober.  (89. T. ffl.) Die Amtsblätter werden morgen st, Wien   und Budapest   Verordnungen betteffend die zeitweise Außerkraftsetzung der Zölle für Getreide. Hülsen- früchte, Mehl und Mehlprodukt« veröffentlichen. Die ver- »rdnungen treten sofort in Kraft. Gehaltskürzungen eine» Militirlieferante«. Mit einer interessanten ZeugniSklage hatte sich gestern die 5. Kammer deS Berliner   Kaufmannsgenchts zu befassen. Vier weibliche Angestellte des Fabrikanten Fritz Wagner klagten gegen diesen auf Ausstellung eines anderen Zeugnisses. Sie nahmen sämtlich an einem bei allen gleichlautenden Passus im Zeugnis Anstoß, in dem es heißt:Ihre Kündigung ersolgte, weil sie sich weigerte, die Erklärung abzugeben, daß sie an einem an�ha» Geschäft gerichteten anonymen Schreiben unbeteiligt ge> Wesen sei." In der Verhandlung machte der Beklagte dazu folgende Ausführungen: Nach Ausbruch des Krieges hatte er die Absicht, da? ganze Personal durchzuhalten. Um das durchführen zu können, wollte er eine allzemeinc Gehaltskürzung von zehn Prozent vor- nehmen. Auf eine dahingehende Rundfrage stellte das Personal die Gegenfrage, in welcher Höhe die Abzüge gemocht werde«' sollten. Inzwischen lief auch da» den Anlaß zu den Prozessen gebende anonyme Schreiben ein, welches da» Vorhaben de» Fabrikanten in wenig schmeichelhafter Form charakterisierte. ES legte dem Be- klagten nahe, daß er als Militärlieserant besonder» Veranlassung Bütte, die vollen Gehälter zu zahlen. Dem ganzen Inhalt de» Schriftstücks nach mutzte der anonyme Briefschrciber unter den Angestellten zu suchen sein. Der Beklagte wandte sich nun nicht etwa an das Personal direkt, sondern er ließ ein Rundschreiben folgenden Inhalts an sämtliche Angestellten ergehen. Jeder An- gestellte solle ihm eine eidesstattliche Versicherung de» Inhalts ab- geben, daß er weder direkt noch indirekt an dem anonymen Brief beteiligt sei, noch daß er die Informationen dazu gegeben habe. Während die Mehrzahl der Gehilfinnen die gewünschte eidesstatt­liche Versicherung abgaben, weigerten sich die vier Klägerinnen. Sie wurden deshalb unter Auszahlung des vollen Gehaltes sofort entlassen. Zu dem wahrheitsgemäßen Vermerk im Zeugnis hielt sich der Beklagte für berechtigt. Die Klägerinnen, dagegen erklären übereinstimmend, daß sie an dem betreffenden Schreiben völlig unbeteiligt seien und sich gänzlich schuldlos fühlten. Sie wollten sich über mittag nur. erst erkundigen, ob sie zur Abgabe einer der- artigen Erklärung verpflichtet sind. Sie seien durch den Vermerk im Zeugnis über alle Maßen geschädigt, denn kein Chef wolle sie auf ein derartiges Zeugnis hin engagieren. Der Vorsitzende, Mazistratöassessir Dr. Henschel, machte den Beklagten darauf aufmerksam, daß der KündigungSgrund nicht ins Zeugnis gehöre, und daß auch andererseits der Prinzipal vom Angestellten keine eidesstattliche Versicherung verlangen könne. Ein derartige? Verlangen fei sogar im vorliegenden Falle eine kränkend« Zumutung. Denn der Angestellte werde dadurch indirekt einer un- ehrenhaften Handlung verdächtigt. Dies« Verdächtigung liege auch erneut in der betreffenden Wendung im Zeugnis, so daß den Klage- rinnen wohl zu glauben sei, sie bekämen aus die? Zeugnis hin keine neue Stellung. Die Parteien unterwarfen sich daraufhin folgendem Tchieds- fyruch: Die Klägerinnen geben dem Beklagten nicht«ine eideS- stattliche Versicherung, sondern die einfache Erklärung ab, daß sie mit dem anonymen Schreiben in keiner Verbindung stehen. Der Beklagte stellt seinerseits den Klägerinnen neue Zeugniff«»ii»/i» denen der beanstandete Zusatz fortgelassen ist. Gerichtszeitung. Gewerkschaftsbeitritt und Erpressung. .. Seit Jahrzehnten ist von den Vertretern der Sozialdemo- kratie im Reichstag darauf hingewiesen, daß die Praxis des Reichsgerichts, in der Androhung einer Arbeitsnieder- legung für den Fall der Nichtgewährung bestimmter Arbeits- bedingungen eine Erpressung zu sehen, dem Rechts- gefühl und auch dem Gesetz widerspricht. Tatsächlich führt eine solche Praxis dazu, ohne Vergleichsver. Handlungen von dem Recht des Streiks Gebrauch zu machen. Die Vertreter bürgerlicher Parteien und schlleßuch die Regierung anerkannten das Berechtigte der gegen diese Praxis geltend gemachten Bedenken. In der Literatur geschah das gleiche. Auch im Ausland war mgn über die geschilderte Praxis erstaunt. Die Motive zum norwegischen Strafgesetz- buch erklärten die Praxis des Reichsgerichts für ungeheuer- lich. Tie Regierung legte dann dem Reichstag einen Gesetz- entwurf vor, der den erhobenen Klagen Rechnung tragen sollte. Der Entwurf gelangte nicht zur Verabschiedung, weil seine Fassung völlig unzulänglich war und die Regierung einer einwandfreien Fassung nicht zustimmte. Wie notwendig eine gesetzgeberische Aktion auf diesem Gebiete ist, zeigte eine am Donnerstag vor dem Ersten Strafsenat verhandelte Straf- fache. In dieser anerkannte zwar das Reichsgericht, daß dem Landgericht ein Verständnis für die Berechtigung geWerk- schoftlicher Organisationen zu fehlen scheine, verwarf aber dennoch die Revision aus dem formellen Grunde, daß die tatsächliche Feststellung" für das Reichsgericht unangreifbar sei. ES handelte sich um ein Urteil deS Landgerichts Traunstein vom 7. April, durch welches der Zimmermann Schmid, der Tagelöhner Huber und der Bauhilfsarbeiter Formann wegen versuchter Er- Pressung zu je 19 Tagen Gefängnis verurteilt worden sind. Im Sommer 1913 wurde in Traunstein   der Neubau eines Kranken- hauseS errichtet. Die Angeklagten waren hierbei tätig und suchten als treue Anhänger ihren gewerkschaftlichen Orgamsationen die Nichtorganisierten Kollegen zum Beitritt zu diesen Organisationen zu veranlassen. Da» Landgericht hat nun festgestellt, daß die An- geklagten bei ihren Werbeversuchen verschiedene Drohungen an- gewendet haben; z. B.:Wir lassen Dich nicht auf den Bau, Du kriegst sonst keine Ruhe." Das Landgericht hat ferne- ange- nomine«, daß der Vermögensvorteil, den die Angeklagten den be- treffenden Verbänden in Form von Mitgliedsbeiträgen verschaffer» wollten, ein rechtswidriger gewesen sein würde, da diesen Verbänden ein rechtlicher Anspruch auf solche Beiträge nicht zustehe. Deshalb wurde der Tatbestand der versuchten Erpressung für festgestellt erachtet. Die Revision der Angeklagte« wurde vom Reichsgericht mit folgender Begründung verworfen: Wenn das Landgericht ange- nommen hat, daß die Angeklagten den fraglichen Arbeiterorganifg- tionen die Beiträge des Arbeiters F. zuwenden wollten und hierin einen rechtswidrigen VcnnögenSvorteil erblickt, so ist dies formell nicht zu beanstanden, die Verurteilung wegen versuchter Erpressung also gerechtfertigt. Es ist aber nicht zu verhehlen, daß die Auf- fassung der Strafkammer überraschend ist. DaS Urteil verrät einen gewissen Mangel an sozialem Empfinden»der mangelnde Kenntnis der Arbeiterverhältnisse. Denn e» dürfte doch allgemein bekannt fein, daß dies« Organisationen den Zweck haben, durch feste» Zu- sammenhalten und Ausschluß der Nichtorganisierten Arbeiter bessere Arbeitsbedingungen gegenüber den Unternehmern zu erlangen. Warum et hier anders gewesen und den Angeklagten nicht darum zu tun gewesen sein soll,' den F. zum Beitritt zu ihren Organisa- tionen zu veranlassen, ist allerdings nicht so leicht einzusehen. In­dessen dieS liegt auf tatsächlichem Gebiete, und das Reichsgericht ist außerstand«, in dieser Beziehung Abhilfe zu schaffen. So zutreffend die Darlegungen des Reichsgerichts über den Wert gewerkschaftlicher Organisationen sind, so wenig kann das Ergebnis befriedigen, daß die Verurteilung der drei Arbeiter aus formalen Gründen nicht ausgehoben wurde. kleine Nachrichten. In öen Toü gefolgt. Ein erschütternde» Familiendrama spielte sich dieser Tage in dem märtifiben Städtchen Dahme   ab. Wie derAnzeiger für Dahme' berichtet, war der Frau de» BanldirektorS Lrtur See- mann durch die Militärbehörde der Tod ihres Mannes, der als Reserveleutnant im Feld« stand, gemeldet worden. SuS Gram über den schweren Verlust beschloß die grau, mit ihren Angehörigen au« dem Leben zu scheiden. Im Einverständnis mit ihrer Mutter er- schoß Frau Seemann zuerst ihre Mutter, ihre zwei K i n d e r im Alter von 7 und 4 Jahren und dann sich selbst. Wie die Unglückselige. vor ihrer Tat selbst niederschrieb, ist sie in den Tod gegangen, weil sie ohne ihren Mann, den sie über alle» liebte, nicht länger leben zu können glaubte. Sriefkasten üer Redaktion. Di« juristische Sprechstunde findet Lindenstrahe 8, vierter Hos recht», parterre, am Montag bis Freitag von 8 di» 6 Ubr, am Sonnabend von 8 bis S Ubr statt. Jeder für den Briestasten be- stimmten Anfrage ist ein Buchstabe und eine Zahl al« Merkzeichen bei- »usügen. Bnrüchc Antwort wird nicht«tiilt. Anfragen, denen keine «boirneminlSquittung beigefügt ist, werben nicht beantwortet. Eilige Fragen trage man in der Sprechstunde vor. Verträge, Schriftstücke und vergleichen bringe«an in die SPrechft und« mit. Mülle» Julius, l. 6 Monate. 2. Für die Verhaftung find IS M. und ferner monatlich 24 M. BerpflegungSkoften zu zahlen. V. 87. Aithmalifche Beschwerden geringeren ÄradeS(Lungenerweiterung oder der« gleichen. LanMNii mpfli-htig. M. 81.64. Nach dem Gesetz new.». H. 199. Plaltsuk. Voraussichtlich werden Sie nur für landsturmpflichtig erachtet werde». Sch. 89. Untere» Erachten» würde eine Beschwerde beim Versicherung»- amt. Klosterstratze, Erfolg haben. Der Invalidenversicherung gegenüber würden Sie erst dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn Sie mindesten» 23 Woche» hintereinander erwerbSunfädig waren. Dann erhalten Sie die Krankenrcnte. I-U. Z. Wir haben JhreSinfcndurig erhalten und teilen Ihr« Meinung. Sine öffentliche Erörterung dieser Fragin ist zurzeit nicht miglich. FreireltgtSs««»«einde. Sonntag, den ll. Oktober, vor«.»Uhr" Pappel-Allee lS 17; NeuUlln,.Jd-alpassage"; Tegel  . Bahnhofstr. 15 und Ober-Schönrweide, Klaraftr. 2: Fretreligiöfe Vorlesung. Vormittag» 11 Uhr, Kleine Frankfurter   Str. 6: Vortrag von Herrn Dr. M. Brie: .Fichte, ein deutscher   Philosoph." Damen und Herren al» Gäste will- kommen.' «llgrmelne Kranke«, und Sterbekasie der Metallardeiter. (v. Hamburg  . Filiale vaumschulenweg. Den in Treptow   wohnenden Mitgliedern zur Kenntnis, daß am Gonnadend, den lv. Oktober, abend» von S'/, 10 Uhr, im Lokal von Wolfram, SlfenstrlOl, Ecke Kietholzstraße, kassiert wird. «llgemetne FamUtrufterdekasse. Sonntag, den 11. Oktober, von g bis e Uhr, im Restaurant, Gerichtstraß« 12/13: Zahltag. «etteranSfichteu fit da» mittlere Rarddeutschland dt» Sonutogmittag: Ziemlich mild. Zeitweife aufklarend, ader noch über- wiegend bewölkt»der nedelig. Im Südost«« an de» meiste» Orte« noch