die monarchistischen Unruhen in Portugal . Lyon , 23. Ottober.(W. T. B.) Das„Journal" meldet auS Lissabon : In der Nacht vom 20. zum 21. fanden an verschiedenen Stellen Portugals monarchistische Un- ruhen statt. Lissabon war einige Stunden infolge zer- schnittener Telegraphendrähte und zerstörter Eisenbahnlinien von Nordportugal abgeschnitten. In Mafra beschlagnahmte ein wegen seiner monarchistischen Gesinnung bekannter Offizier mit etwa 100 Zivilisten die Waffenvorräte in der Militärschule und versuchte, die Soldaten der Militär- schule zum Ausstand zu bewegen. Von Lissabon wurden Truppen nach Mafra gesandt. In Santarem wurde eine Eisenbahnlinie zerstört, so daß ein Zug entgleiste. In Braga ist ein ähnlicher Versuch mißlungen. Mehrere Ver- Haftungen wurden vorgenommen., Lissabon . 23. Oktober. sW. T. B.) In Portugal find mehrere Fälle»du Lungcnpest festgestellt worden. Die Englänüer in Aegypten . Konstantinopel , 23. Oktober. (ZS. T. V.) Nach authentischen Nachrichten aus informierten Kreisen StambulS ließen die Eng» l ä n d e r in den letzten Tagen zahlreiche englische und k a n a» dische<?) Truppen nach Aegypten kommen. An beiden Ufern des Suezkanals find allein 14 000 Mann zusammengezogen. Von den indischen Truppen, die unlängst nach Aegypten be» fördert wurden, wurde der größere Teil als wenig zuver» lässig wieder zurückgezogen. Nur ungefähr 1000 Mann blieben dort. Die Zusammenziehung englischer Truppen in Aegypten wird als Verletzung der Neutralität angesehen und hier lebhast besprochen. Man verweist darauf, daß die Zustimmung der Pforte, die für den Abschluß jeder Anleihe einzuholen ist. bezüglich der An» leihe von fünf Millionen Pfund für landwirtschaftliche Zwecke in Aegypten nicht eingeholt wurde. Diese Unterlassung wird gleichfalls als Verletzung de» ägyptischen Statut» kritisiert. Freisprechung üer londoner Exzeüenten! Loudon, 23. Ottober.(W. T. B.) Der Londoner Polizeirichter sagte bei der Vorführung von Personen, die wegen deutschfeindlicher Ausschreitungen verhaftet worden waren, er wolle das Vorgefallene über- sehen, da die Art der deutschen Kriegführung die Menschen reize und errege. Er fügte dann hinzu: Wir dürfen aber nicht den Kopf verlieren und müssen uns stets als Engländer betragen. Die Gefangenenbehanülung. Paris , 23. Oktober. (W. T. B.)„Petit Parifien" meldet: Der Pariser Deputierte D e S p l a s hat die Ein- setzung einer internationalen Kommission zur Inspizierung der Gefangenen vorgeschlagen. Die Kommission, deren Vorsitz der amerikanische Botschafter führen soll, soll Delegierte in die deutschen und französischen Städte entsenden, in denen Kriegsgefangene untergebracht find. Das Seekriegsrecht. Di« deutsch « Regierung hat den neutralen Mäch. t e n nachstehende Denkschrift über die Stellung England» und Frankreich » zu der Londoner Seekriegsrecht». erklärung zugehen lassen. Nach einer Order in Council vom 20. August 1914 will die britische Regierung während des gegenwärtigen Krieges die Londoner SeekriegirechtSerklärung vom 26. Februar mit einigen Zusätzen und Abänderungen beobachten. Diese Zusätze und Abänderungen find aber derart, daß sie die Londoner Erklärung in wesentlichen Punkten aufheben und dadurch gleichzeitig in das geltende Völkerrecht ein- greifen. Weitere sehr erhebliche Abweichungen von der Lon- doner Erklärung sind in einer britischen Proklamation vom 2l. September 1914 enthalten. Die Denkschrift weist die» nun im einzelnen nach und kommt zu folgendem Schluß: »Die Kaiserlich Deutsche Regierung hat bisher die Bchtimmun- gen der Londoner Erklärung streng beachtet, auch deren Inhalt in der deutschen Prisenordnung vom 30. September 1909 finngetreu wiedergegeben; an dieser Haltung hat fie sich selbst durch die fla- granten Rechtsverletzungen ihrer Gegner nicht irre machen lassen. Sie muß sich indes die Frage vorlegen, ob sie an diesem Standpunkt noch länger festhalten kann, wenn die feind- lichen Mächte da» von ihnen eingeschlagene Verfahren fortsetzen und die neutralen Mächte sich solche Neutralität»- Verletzungen zuungunsten deutscher Interessen gefallen lassen. Für die deutsche Regierung würde e» daher von Wert fein, zu erfahren, welche Stellung die neutralen Mächte. zu dem völkerrechtswidrigen Verhalten Großbritannien » und Frank» reich» einzunehmen gedenken, und ob sie insbesondere gegen die an Bord ihrer Schiffe vorgenommenen Gewaltakte an deutschen Personen und deutschem Gut einschreiten wollen." Kriegsbekanntmachungen. Verpflegung Kriegsgefangener. Da» neue.Armeeverordnungsblatt' enthält folgende Bekannt- machung: !. Verwundete Kriegsgefangene, die sich in Ge- fangeneniranSporien befinden, erhalten die gleiche Verpflegung wie die übrigen Kriegsgefangenen. 2. Verwundete Kriegsgefangen«, die sich in TranS- Porten deutscher Verwundeter befinden, werden, nachdem dies« ver« sorgt sind, soweit möglich wie deutsche Verwundete, sonst wie un- verwundete Kriegsgefangene verpflegt. 3. Liebesgaben dürfen an unverwundete Kriegsgefangene unter keinen Umständen ab- gegeben werden. ES ist überhaupt verboten, daß die freiwillige Krankenpflege Kriegsgefangene verpflegt, es fei denn, daß si» sich in Transporten deutscher Verwundeter ss. Ziff. 2) befinden, die gerode durch die freiwillige Kran kenpflege ver- pflegt werden. Briefe an Gefangene in Gibraltar. verlin, 24. Oktober. (W. T. B.) Wie wir von zuständiger Stelle rrfabre», dürfen von jetzt ab deutsche Kriegsgefangene in Gibraltar Briefe erhalten und schreiben. Diese Briefe gehen durch die englische Zensur. Brief« und Geldsendungen, welch letztere gleichfalls zugelassen sind, sind an die Adresse:„Xommaucker xrisoaers of war Gibraltar " zu richten.
politische Ueberficht. Gegen die Lebensmittelteuerung. Während die Teuerung vieler Lebensmittel einen immer schwereren Druck auf weite Kreise der Bevölkerung ausübt. sind Partei und Gewerkschaften nicht müßig, um für Maß-
nahmen zu wirken, die den Preistreibereien entgegenwirken können. So hat dieser Tage wieder eine Konferenz im ReichSamt de» Innern stattgefunden, an der Vertreter deS Parteivorstandes und der Generalkommission der Gewerkschaften teil- nahmen, und die auch von anderen Korporationen beschickt war. In dieser Konserenz wurde eingehend die Frage der behördlichen Preisfestsetzung für Getreide und Kartoffeln behandelt. Es darf wohl die Hoffnung ausgesprochen werden, daß es den Bemühungen gelingt, in kürzester Frist eine solche Preisfestsetzung zu erzielen, die den Bedürfnissen des Volkes gerecht wird.
Reglementierung der Znckerindustrie. Durch das Wölfische Bureau wird mitgeteilt: Nachdem gegen die Absicht der Regierung, in der Zuckerfrage nicht einzugreisen und den Zucker- e x p o r t im bisherigen Umgange freizugeben, von den ver- schiedensten Seiten, namentlich von bedeutenden Volkswirten mit Rücksicht auf die VolkSernährung und die Unterhaltung unserer Viehbestände Einspruch erhoben worden ist, hat sich die Regierung entschlossen, eine Reglementierung derart eintreten zu lassen, daß unsere Zuckerernte im wesent- lichen dem Jnlandkonsum erhalten bleibt. Nähere Mitteilungen über die Einzelheiten werden demnächst er- folgen. Man wird diesen Entschluß der Regierung mit Befriedi- gung zur Kenntnis nehmen._ Staatszuschüsse zur kommunalen Arbeitslosen» Unterstützung. Die„Post" weiß mitzuteilen, daß die Anregung schwäche- rer Gemeinden, für die Zwecke einer Arbeitslosen- Unterstützung in bar aus staatlichen Mitteln Z u s ch ü s s e zu zahlen, bei den in Frage kommenden preußi- schcn Ministern eine„so entgegenkommende Auf- nähme" gefunden habe,„daß ihreBerücksichtigung aus demKriegskredit bestimmt erhofft werden darf". Auch dem„notleidenden Hausbcsitz" sollen diese Staatszuschüsse zugute kommen. Wir möchten wünschen, daß diese Mitteilung den Tat- fachen entspricht. ES ist hier wieder und wieder betont wor- den, daß uns derartige Zuschüsse nicht befriedigen können, daß wir vielmehr von Reichs- und Staatswesen eine geregelte Arbeitslosenunterstützung verlangen müssen. Aber immerhin wären staatliche Zuschüsse an die Gemeinden, nicht zu knapp bemessen, doch schon gut und segensreich. Man darf Wohl er- warten, bald Genaueres zu erfahren. Bergeltungspolitit. Eine Politik alttestamentarischer Rache empfiehlt die„Nationalzeitung"— auch„8-Uhr.Ab«ndbIatt"— in ihrem letzten Leitartikel. Anknüpfend an die Ausschreitungen, die im Au»land gegen Deutsche begangen wurden, schreibt da? Blatt: «Was wir heute schon verlangen, und mit Berechtigung ver- langen, ist, daß für alle Schandtaten, die gegen Angehörige des deutschen oder österreichischen StaatSverbandeS in England, Frank- reich und Rußland begangen wurden, Vergeltung geübt werde. Wir wollen Angehörigen der mit uns kriegführenden Staaten nicht auf unseren Straßen begegnen, wir wollen nicht, daß sie fernerhin Anteil haben an den Segnungenveutschen Kultur, deutscher Ordnung und deutscher Gesittung, wir wollen nicht, daß sie geschäftliche Vorteile hier ziehen, wir wollen auch nicht, daß ihnen die Mög- lichkeit gegeben ist, Landesverrat gegen uns zu üben. Wir müssen reinen Tisch machen. Die Ueberanständigkeit der deutschen Behörden und des deutschen Volkes, die hier lebenden Engländer, Russen und Franzosen zu s ch o n e n, ist nicht mehr am Platze. Sie ist unangebracht bei der Schamlosigkeit, mit der Deutsche und Oesterreicher im feindlichen Auslände behandelt werden. Und wenn wir für die Anwen- dunadeS alten RechtSsatzeS„A u g' um Auge, Zahn um Zahn" plädieren, so können sich alle, die unschuldig von der Härte dieses Gesetzes getroffen werden, beim perfiden Älbion hierfür bedanken." Wir verurteilen gewiß aufs schärfite alle Ausschreitungen, die im Auslande gegen Deutsche begangen werden. Aber wir glauben doch, daß wir unserer Kultur mehr Schaden zufügen würden als es irgendein Feind könnt«, wenn wir den Rat des nationalliberalen Blattes befolgen wollten. E» galt bis jetzt doch auch in den Kreisen, denen dieses Blatt nahe steht, für einen Beweis unserer Kulturhöhe, daß wir jenes„Auge um Auge, Zahn um Zahn" überwunden hatten. Wir müssen die deutschen Behörden und das deutsche Volk dagegen in Schutz nehmen, daß sie in einer sogenannten„Heber- anständigkeit" den Ausländern zu weit entgegengekommen wären. Keine Verschiebung der Gemeindewahlen. Obgleich— ähnlich wie der Magistrat in Nürnberg — so auch die städtischen Behörden in Augsburg und München beschlossen hatten, von der bayerischen Regierung die B e r s ch i e- bung der Gemeindewahlen und die dafür erforderlich: Einberufung deS Landtage» zu verlangen, hat die Regierung e» doch endgültig abgelehnt, auf diese Wünsche einzugehen. In der„Bahr. StaatSzeitung" wird nach einem Telegramm de» B. T. ausgeführt: Bei der gegebenen sachlichen und rechtlichen Lage könnte die Entschließung, die Wahlen abzuhalten, nicht aufgegeben werden. Von den beiden dazu notwendigen Gründen liege weder die zwingende Unmöglichkeit der Abhaltung, noch das einmütige Verlangen der Parteien vor. Zudem sollte man nicht von dem Beispiel Preußens in dieser Frage abweichen. Au» all diesen Gründen sehe sich die Regierung nicht in der Lage, ein Notgesetz dem Landtag zu empfehlen, zumal die Verhältniswahl auch kein stichhaltiger Gvund dagegen wäre. Mit besonderem Nach- druck weist die„StaatSzeitung " darauf hin, daß et nicht nötig sei, die Wahlen zu vermeiden, sondern nur nötig, einen erbitterten Wahlkampf zu vermeiden. Sie hoffe, daß bei der ein- mutigen Haltung des deutschen Volke» eine Einigung der Parteien vor den Wahlen möglich sein werde. Aehnlich wie die bayerische Regierung hat auch die w ü r t t e m- bergische allen Vorstellungen zum Trotz daran festgehalten, daß die„BürgerauSschußivahlen" grundsätzlich noch in diesem Jahre stattfinden müßten. Di« gibt amtlich bekannt, daß fie nicht einen allgemeinen Wunsch auf Berschub der Wahlen hätte feststellen können. ES solle aber nicht beanstandet werden, wenn in einzelnen Gemeinden, in denen infolge de» Krieges die Vornahme der Wohl im Monat Dezember nicht tunlich erscheine, auf Gruno eineS Beschlusses der Gemeindekollegien die Wahl ver- schoben werden sollte. Stadtverordnetenwahlen ohne Wahlkampf. Die Hauptversammlung de» Sozialdemokratischen Vereins Groß- Kiel hat am Donnerstagabend einem zwischen der Parteileitung und dem BürgervereinSauSichuß getroffenem Abkommen zugestimmt. Da- nach sollen die bevorstehenden Stadtverordnerenwahlen obne Wohl- kämpf vor sich gehen unter Wahrung de« biihengen Besitzstandes. so daß nach der wohl da« alt« Kräfteverhältni» zwischen Sozial»
demokratie und Bürgertum, nämlich 24:24, besteht.---- Auch fit Altona wurde ein ähnliche» Abkommen getroffen:_ wie e» heißt. sind überdies auf bürgerlicher Seite Bemühungen im Gange, für ganz SchleSwig-Holstein einen derartigen Vergleich zu schaffen.
Kartosselkrieg. Die Entrüstung der Bevölkerung über die hohen Kartofiel» preise hat nach Mitteilungen bürgerlicher Blätter bereits in Braun schweig dazu geführt, daß die Marktbesucher die Stände der Händler stürmten, als sie sich weigerten, ihre Ware für weniger als fünf bis sechs Mark für den Zentner abzugeben. Die Säcke wurden umgeworfen unib viele Knollen zertreten, ehe noch die Polizei einschreiten konnte. Unter dem Druck der Verhältniffe haben wiederum einige Gemeindeverwaltungen Höchstpreise für Kar» tofteln fe st gesetzt— freilich fast überall wahre Liebhaber- preise! In Stuttgart soll für den Zentner nicht mehr als 4,89 Mark, für das Pfund nicht mehr als 6 Pf. gefordert werden dürfen. In Mülhausen wurde gleichfalls ein Höchstpreis von 6 Pf. festgesetzt. In der Pfalz hat die Regierung eine Anweisung an die Gemeinden ergehen lassen, sie möchten für Höchstpreise sorgen. Immer wieder muß aber betont werden: Ein örtliches Vor- gehen allein lann nicht genügen. Das Reich mutz ein- greifen!
Höchstpreise in Hamburg . In Hamburg find neue Höchstpreise für eine Reihe wichtiger Bedarfsartikel festgesetzt worden, die fteilich keineswegs immer niedrig genannt werden können. Immerhin dürste es interessieren. diese Preisfestsetzungen kennen zu lernen. Sie lauten: für das Pfund Weizenmehl 26 Pf., Roggenfeinmehl 29 Pf., für das Kilo Schwarz- brot 33 Pf., Futtergerste 28 Pf., neuen Hafer 26 Pf., Kleie 19 Pf., Heu 10 Pf., Stroh' 6 Pf., Häcksel 6 Pf.: für 1 Doppelhektoliter Nußkohlen frei ins Haus 6 M., für 1909 Stück sechszölliger Braun» kohlenbrikettS 9,29 M., für 1 Doppelhektoliter groben Gaskoks 3 M., gebrochenen GaSkokS 3,29<sret ins HauS), für 1 Liter Petroleum 23 Pf. Wer diese Höchstpreise überschreitet, wird mit Geldstrafe bis zu 3999 M. oder im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.«__ Staatliche Arbeitslosenunterstützung i« Hamburg . Die Hamburger Bürgerschaft hatte sich am Mittwoch mit einem Antrag der Sozialdemokraten auf Einführung einer staatlichen Arbeitslosenunterstützung zu beschäftigen. De? Antrag geht dahin, daß der Senat Hamburgs zur Unterstützung der durch den Krieg arbeitslos gewordenen oder sonst in Not geratenen Einwohner staatliche Mittel bewilligen soll, die an Unorgamficrte durch Kriegshilfe, an Organisierte durch ihre Berufsorganisation ausgezahlt werden sollten. Genosse Winnig� begründete den Antrag, indem er besonder? den großen volkswirtschaftlichen Nutzen einer staatlich organisierten Arbeitslosenhilfe zur Wiederherstellung der durch den Krieg vernichteten Werte hervorhob. Seine Worte begegneten aber tauben Ohren, denn die sogenannten„alten Frak- tionen", die schon vor dem Krieg jeden sozialpolitischen Fortschritt hinderten, hatten sich auf eine Erklärung geeinigt, in der sie vor Anhörung de» Antragsteller» ihren ablehnenden Standpunkt gegen die über den Rahmen der KriegShilfe hinaus- gehende Arbeitslosenunterstützung kundgaben. Dieses Verfahren fand energische Verurteilung durch einen liberalen Redner und unseren Genossen Stolten. Man zog es dann vor, die Entscheidung über den Antrag aufzuschieben. Die Abstimmung wurde vertagt._ Was kostet der jetzige Krieg? Diese Frage hat Geheimrat Prof. JuliuS W o l f in eipsar Vortrag, den er am Donnerstag in der Technischen Hochschule zu Charlottenburg hielt, zu beantworten gesucht. Wolf be- rechnete die Kriegskosten für Deutschland unter Zu- grundelegung von 6 bis Millionen Soldaten auf 4 0 Millionen Mark täglich, für Oe st erreich- Ungarn auf die Hälfte. Insgesamt würden nach Prof. Wolf die täglichen unmittelbaren Kosten des Weltkrieges 140 bis 150 Millionen täglich ausmachen. Die Einbuße an Volkseinkommen infolge des Krieges schätzte Prof. Wolf auf etwa ein Drittel des gesamten Volkseinkommens, das sich bei uns normal auf 40 Milliarden im Jahr beläuft: der Verlust würde demnach auf der Seite des Zweibundes im Vierteljahr etwa öl/z-His 6 Milliarden betragen, bei unseren Kriegs- gegnern 10� bis 11 Milliarden. Die Opfer sind so unge- heuer wie niemals vorher in der Weltgeschichte.
Der Prozest Prineip. Sarajew», 24. Oktober.<W. T. B.) Im Hochverrats« prozetz hielt der Staatsanwalt nach Beendigung des Beweis» verfahren» sein Plädoyer, in dem er die Hauptergebnisse der Verhandlung zusammenfaßte. Diese hätte den unwiderleglichen Beweis erbracht, daß Serbien , da» feine selbständige Existenz und seine vielfachen Gebietserweiterungen hauptsächlich der öfter- reichisch-ungarischen Monarchie verdanke und dieses Entgegenkommen nur mit Haß vergolten habe, aufgestachelt durch das despotische Zarenreich, da« Serbien zu eigenen Zwecken gegen Oesterreich . Ungarn als Werkzeug benutzt habe, in den Größenwahn verfallen sei, im Süden unter den Slawen dieselbe Rolle zu spielen, wie Ruß- land im Norden, von diesem megalomanen Gedanken erfüllt, habe die serbische Regierung kein Mittel gescheut, um unter dem Deckmantel der südslawischen Einheit alle von den Südslowen bewohnten Gebiete der Monarchie, und zwar in erster Linie Bosnien und die Herzego- wina mit Serbien zu vereinen. Serbische M i n i st e r, ja selbst der Thronfolger seien erwiesenermaßen vielfach mit den gegen die leitenden Staatsmänner der Monarchie, ja sogar gegen den Erz- herzog gedungenen Mördern in persönliche Berührung getreten. Da« übrige habe al« Werkzeug der serbischen Regierung der Verein Narodna Odbrana getan, der alle Schichten der südslawischen Gesellschaft der Monarchie vergiftet und die kulturellen, wirtschaftlichen und finanziellen Vereine van Bosnien und der Herze- gowina gewonnen habe, die ihm als Werkzeuge und Mittel für die Wühlarbeit der großserbischen Propaganda gegen die Monarchie dienten. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Angeklagten selbst habe der ermordete Thronfolger den Tendenzen der serbischen RegierungStteise im Wege gestanden. Diese hätten daher beschlossen, diese» Bollwerk gegen da» Großserbentum um jeden Preis zu vernichten. Die serbische Regierung habe die gedungenen Mörder mit Geld und Waffen versehen. Der Mord von Sarajewo sei nur ein neue» Glied in der langen Kette der Verbrechen ge- wesen, die die serbische Regierung gegen die österreichisch-ungarische Monarchie im Interesse ihrer imperialistischen Zwecke teil» angezettelt, teil» vollbracht habe. Der Staatsanwalt beantragte schließlich die Bestrafung der An- geklagten im Sinne der Anklageschrift.