Nr. 296.
31. Jahrgang.
Donnerstag, 29 Oktober 1914.
Die Maßnahmen des Bundesrats
geworden.
fammen:
zur Versorgung des Volkes mit Nahrungsmitteln.
mit Rücksicht au In seiner Mittwoch Sizung ist sich der Bundesrat über| entschlossen hat, einzugreifen. Aber man wird auch nicht mit hohe Preise an sich mit Rücksicht auf die fparfame Wirtschaft" die Festsetzung von Höchstpreisen und die sonstigen Maß- seinem Bedauern zurückhalten dürfen, daß es erst jetzt für nötig hielten.: nahmen zur besseren Lebensmittelversorgung unseres Volkes geschieht, und daß die Maßnahmen doch in mancher Richtung Auch die Zuschläge zu den bereits so lohen Höchstpreisen, auf Grund des Gesetzes vom 4. August dieses Jahres schlüssig noch unvollständig und wenig befriedigend welche die Waren vom Januar 1915 art weiter erheblich sind. verteuern müssen, sind zu beträchtlich.( Es ist kaum anzuIn der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" wird das Es fehlt ein Höchstpreis für MehI. Zur nehmen, daß der Verbrauch dadurch irgendn sie beeinflußt wird, Ergebnis seiner Beratungen mitgeteilt. Wir stellen die tat- Begründung wird hingewiesen auf die sehr verschiedenen wohl aber werden mit den 3 M. monatlich denen, die das sächlichen Mitteilungen dieser Ausführungen zunächst zu- Produktionskosten, die Unterschiede in den Arbeitslöhnen, Getreide lagern haben, nicht unerhebliche neue Zuin den Kosten der Kraftanlagen und der Kohlen, auf die wendungen gemacht, da die Lagerkosten durchschnittlich Wirkungen der Syndikate usw. Es wird aber gleichzeitig zu- faum 2 M. ausmachen dürften. gegeben, daß wenigstens bezirksweise die Preisfestsetzung Wie die Vorschriften für die Enteignung" im eindurchführbar ist. Warum macht man sie dann nicht den zelnen aussehen, ist noch nicht bekannt. Shoffentlich fompliLandesbehörden zur Pflicht? Der Gefahr einer Bewuche- zieren sie den Verkaufszwang nicht. Die Möglichkeit schnellen ung der Mehlkäufer ist ohne diese Mindestmaßnahme nicht Eingreifens der Behörden ist notwendige Bedingung, wenn genügend vorgebeugt. die übrigen Maßnahmen nicht illusorisch nerden sollen. Erfreulich ist jedenfalls, daß durch die Festsezizng des Verkaufszwanges wieder einmal gezeigt wird, daß i zialistische" zum Besten Maßnahmen möglich sind und
Der Ernteertrag des Roggens reicht hin, um unser Bolt bis zur kommenden Ernte, unter Einrechnung der am 1. Juli vorhandenen Vorräte sogar bis Ende September 1915, zu versorgen. Auch Hafer und Kartoffeln sind in hinreichender Menge vorhanden. Die Weizenvorräte bleiben hinter dem normalen Bedarf um etwa 2 Millionen Tonnen zurück, sie würden ungefähr bis Anfang Auguſt nächsten Jahres ausreichen. An Gerste dürften bis zur
nächsten Ernte etwa 3 Millionen Tonnen fehlen.
Der Bundesrat hat sich bei seinen Maßnahmen aber nicht nur von dem Bestreben leiten lassen, bis zur Einbringung der Ernte von 1915 Vorsorge zu treffen; er will dafür sorgen, daß die vorhandenen Vorräte auch noch weiterhin reichen, da mit einer längeren Dauer des Krieges gerechnet Er hat danach folgende Beschlüsse gefaßt:
werden muß.
Der Weizen ist durch die Mühlen mindestens zu 75 Prozent für Mehl auszubeuten. Allem Weizenbrot sind mindestens 10 Prozent Roggen zuzusetzen. • Für Viehfütterung darf Roggen nicht benutzt werden; nur fleine Landleute sollen für ihr eigenes Vieh und ihren eigenen Roggen im Notfalle eine Ausnahme genießen.
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dienen.
In später Nachtstunde, nachdem der obenstehei rde Artikel bereits geschrieben war, übermittelt das Wolffsche Bure au auch noch den Wortlaut der Bundesratsverordnung, die folgend en Wortlaut hat:
§ 1.
Der Preis für die Tonne inländischen Rogge na darf im Groß
Viel schlimmer aber ist noch das Fehlen der Höchst preise für Kartoffeln. Die„ Nordd. Allg. 3tg." Sie sucht die hohen Preise damit zu entschuldigen, daß die gibt selber zu, daß für Startoffeln feine Knappheit bestehe. Transportmittel in der legten Zeit gering gewesen wären. Besser wäre allerdings noch gewesen, die Regierung hätte Allerdings muß sie wenigstens nebenber hinzufügen:„ ſoweit selbst gleich die gesamten Borräte übernommen fie, b. h. die hohen Breise, nicht ipefulativen Ur- und dann als alleinige Befizerin eine geeignete Beriprungs sind". Das an die Deffentlichkeit gekommene Soffen wir im Interesse der Volksernähri ing, daß die geteilung durchgeführt. Das ist leider nicht geschehen. Material der letzten Wochen läßt wohl feinen Zweifel, daß die enormen Breise fast durchweg fünstlich aus Profit- troffenen Maßnahmen sich nachher nicht als zu wenig weitgründen herbeigeführt wurden. Daß nicht Transport- greifend erweisen! Hoffen wir aber auch, daß, wenn sie sich bewähren, für schwierigkeiten schuld find, muß schon daraus hervorgehen, daß auch an Ort und Stelle auf dem Bande vielfach ein wahrer die Beit nach dem Kriege daraus gelernt wird, daß auch Wucherpreis verlangt oder der Verkauf von Kartoffeln ganz fehrungen getroffen werden, die eine Bewuc berung durch die unter normalen Zeiten im Interesse der Volf Bernährung Vorabgelehnt wurde. Es wird im Volke Misstimmung und Beunruhigung hervorrufen, daß der Bundesrat so viel gepriesene freie Konkurrenz" berhiiidern! hier eine der dringendsten Notwendigkeiten auf die lange Bank geschoben hat, obgleich Die Brennereien werden auf 60 Prozent des Stimmen von allen Seiten auf die Notwendigkeit sofortiger Normalbrandes beschränkt. durchgreifender Maßnahmen hingewiesen hatten. Man wird Roggen ist mit mindestens 72 Prozent aus- es nicht verstehen, daß hier der Bundesrat es zulassen will, zumahlen. daß sich noch einige Wochen lang eine kleine Gruppe von handel nicht übersteigen in: Allem Roggenbro.t sind zwangsweise mindestens Kartoffelproduzenten bereichert, während ärmere Leute, Gewichtsteile beiKartoffelpräparate während vielfach die Frauen und Kinder eben der Männer, zumengen. Es steht den Bäckern frei, auch einen größeren die jetzt draußen im Felde für die Gesamtheit ihr Blut verProzentsatz zu nehmen. Bis zu einer Beimengung von gießen, kaum wissen, womit sie ihr letztes, wichtigstes 20 Broz. braucht das Brot nur durch ein aufgedrucktes K Nahrungsmittel erstehen sollen. testad biviisid fenntlich gemacht zu werden; bei einer größeren Zumischung Daß eine hohe Aus nugung des Roggens und ist der Prozentsaz anzugeben. Unter technischer Führung des Weizen 3 borgeschrieben, daß die Verfütterung der Spirituszentrale find mit finanzieller Unterstübung des bon Roggen verboten wird, das ist von uns stets ge Bundesrats besondere Kartoffeltrocknereien hergerichtet worden, fordert worden und nur zu loben. Daß die Brennerei die geeignete Kartoffelflocken und Kartoffelwalzmehl herstellen eingeschränkt wird, ist ebenfalls eine vernünftige Maßnahme, bei der man nur bedauern muß, daß man nicht viel Der Höchstpreis für Roggen loto Berlin weiter gegangen ist. Den zwangsweisen Roggenzusag soll für eine Normalforte von 70 Kilogramm Hektoliterzum Weizenmehl wird man ebenfalls anerkennen gewicht 220 m. betragen. Jedes Kilogramm Mehr müssen; gegen die obligatorische Beimischung von einigen gewicht soll einen Zuschlag von 1,50 M. erfahren. Prozent Kartoffelpräparaten zum Roggenbrot wird Der Höchstpreis für Betzen soll den für Roggen man auch nach Lage der Sache kaum etwas einwenden können, um jeweils 40,50 m. die Durchschnittsdifferenz der wenn auch der fehlende Deklarationszwang für den Prozent legten 5 Jahre übersteigen. Als Normalweizen gilt fat bis zu 20 Prozent des Gewichts die Gefahr der Ueberein solcher von 75 Kilogramm Hektolitergewicht. Besserer vorteilung mit sich bringt und hier beffer eine andere RegeBeizen erhält wieder Preiszuschläge. lung Blaz gegriffen hätte. Daß eine gewisse Beimischung als
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sollen.
Ein Höchstpreis ist auch für Futtergerste an- 3wang vorgeschrieben wird, hat, worin man den Ausfühgefegt; er soll 13, bezw. 15 M. unter dem Roggen- rungen des amtlichen Blattes wird beipflichten können, den preis bleiben; als Futtergerste ist diejenige zu betrachten, Vorteil, daß nicht die besser gestellten Leute das reine Weizendie 68 Kilogramm oder weniger Hektolitergewicht besitzt. oder Roggenbrot erhalten, während die ärmeren Schichten Für Gerste hat ein höchstpreis von 130 Mart des Volkes allein das„ gemischte" Brot bekommen. Wie amtloko Berlin zu gelten. lich mitgeteilt wird, soll übrigens ein Zusatz von Kartoffel
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Auf die Höchstpreise soll wie wir aus anderer Quelle präparaten bis zu 20 Prozent des Roggenbrotes den Nährerfahren außerdem vom Januar 1915 an halbwert nicht merklich herabmindern. Zu wünschen und zu formonatlich ein Zuschlag von 1,50 Mart für die dern wäre nur, daß die mit finanzieller Unterstützung der Tonne gelegt werden, damit nicht ein allzu frühzeitiger Ver- Bundesstaaten arbeitenden Kartoffeltrocknereien ohne fauf der Vorräte angeregt wird.
Das Enteignungsverfahren für die hier genannten Produkte soll ,, erleichtert" werden. Für Hafer wurde die Festsetzung eines Höchstpreises nicht für nötig erachtet.
Für Kartoffeln foll, falls die hohen Preise anhalten, gegebenenfalls später eine Höchstpreisfestsetzung stattfinden.
Auch Mehl bleibt ohne Höchstpreise von Reichs wegen. Doch soll die bezirksweise Festsetzung von Höchst preisen hier den Landesbehörden anheimgegeben werden. Die Veröffentlichung der Nordd. Allg. 3tg." schließt mit den Sätzen:
-
-
m
Caffel Cöln Danzig
Dortmund Dresden Duisburg Emden Erfurt
Mart
237
220
227
231
212
209
1936
231
236
212
235
225
236
232
229
Frankfurt a. M.
235
Gleiwit
218
Hamburg
228
Hannover
228
Kiel.
226
209
Leipzig
225
Magdeburg
224
236
237
210
218
237
219
216
237
237
227
Mannheim
München
Posen
Rostock
Saarbrücken
Schwerin i. M.
§ 2.
§ 3.
Gewinn arbeiten, so daß die Kartoffelzusäße möglichst Beträgt das Gewicht des Hektoliters Roggen mehr als 70 Kilobillig zu stehen fämen. Wofür freilich noch dringender wäre, gramm, so steigt der Höchstpreis für jedes polle Kilogramm unt daß es läuft immer wieder darauf hinaus möglichst eine Mart fünfzig Pfennig. sofort niedrige Kartoffel Höchstpreise festge- In den im§ 1 nicht genannten Orten:( Nebenorte) ist der sezt werden.diffynnifer ( Hauptort).
§ 4.
müssen unbefriedigend genannt werden. Der für Berlin vorDie Höchstpreise für Getreide, die bereits festgefekt, find, öchstpreis gleich dem des nächstgelegenen im§ 1 genannten Ortes Die Landeszentralbehörden oder die ben ihnen bestimmten gesehene Roggenpreis überschreitet den vorjährigen, obgleich höheren Verwaltungsbehörden fönnen eine u niedrigeren Höchst die Ernte diesmal gewiß nicht schlecht ist, um 50 bis 60 M. für preis festiegen. Ist für die Preisbildung eines Nebenorts ein die Konne. Der vorgesehene Weizenpreis zeigt sogar eine noch anderer als der nächstgelegene Hauptort feftimmend, so können auch die Differenz zwischen Roggen- und Weizenpreis in den einem anderen Bundesstaate, so ist die Zustimmung des Reichs festgesetzten Höchstpreis hinauffeßen. Ziegt biefer Hauptort in legten 5 Jahren im Durchschnitt 40,50 M. ausmachte, so war tanglers erforderlich. „ Somit ergibt sich ein System verschiedener Maßnahmen sie doch in den letzten Jahren beträchtlich geringer. Es zu dem Ziele, die Brothersorgung der deutschen Bevölkerung über ist an dieser Stelle schon wiederholt betont worden: Bu Der Höchstpreis für die Tonne inländischen Weizens ist vierzig dieses Erntejahr hinaus auf absehbare Zeit aus eigener Kraft rechtfertigen find diese Preisauffchläge Mark höher als der Höchstpreis für die Tonne Roggen(§§ 1 und 3). zu sichern. Hierzu müssen freilich von jedem Stande Opfer ge- nicht. Die„ Norddeutsche Allgemeine Beitung" führt zu Beträgt das Gewicht des Hektoliters Weizen mehr als 75 Stilobracht werden, vom Landwirte, vom Händler, vom Müller, vom ihrer Begründung zwar einen Umstand an: Die hohen Preise gramm, so steigt der Höchstpreis für jedes volle Kilogramm um Väder und vom Verbraucher. Das Bestreben geht dabei dahin, sollten nach der Meinung ihrer Befürworter zu„ pareine Mart fünfzig Pfennig.§ 5. einen gerechten Ausgleich zwischen den verschiedenen, einander famer Wirtschaft" anregen. Dabei muß sie sich aber oft entgegenstehenden Interessen durch Einordnung der vitalen gleich selbst forrigieren, indem sie sagt: Diese Sparfamfeit Seftolitergewicht nicht mehr als 68 Kilogramm beträgt, ist in den Der Höchstpreis für die Tonne inländischer Gerfte, beren vor den minder wichtigen herbeizuführen. Härten bleiben troß- ist unbedingt nötig, muß aber und kann mit Erfolg preußischen Provinzen Schleswig- Holstein , Hannover und Westdem. Nötigenfalls wird der Bundesrat hier mildernd eingreifen nur auf andren Wegen erreicht werden." Sie falen sowie in Oldenburg , Braunschweig , Balded, Schaumburgläßt also diesen Grund wieder völlig fallen. Um so Lippe, Lippe, Lübeck , Bremen und Hamburg ; zehn Mark, in dem Um die Eachlage richtig zu beurteilen, muß man sich fol- erstaunter ist man, trotzdem zu lesen, man habe im Bundes- rechtsrheinischen Bayern dreizehn Mark, and erorts fünfzehn Mark gendes gegenwärtig halten. Wir haben Brotkorn genug, um rat insofern auf ihn Rücksicht genommen, als man zwischen den niedriger als der Höchstpreis für die Tonne Moggen(§§ 1 und 3). Heer und Volt bis zur rächsten Ernte zu ernähren. Wir müssen darauf fußenden Vorschlägen von 240 bis 250 M. für die aber mit unseren Beständen sparsam umgehen, um mit den Tonne Roggen und dem im Interesse einer billigen VolksEin nach den§§ 1 bis 5 in einem Orte bestehender Höchst nötigen Reserven in das nächste Erntejahr hinübergehen zu ernährung geforderten Höchstpreise von 200 m. die Mitte preis gilt für die Ware, die an diesem Orte, abzunehmen ist. fönnen. Wir sind es unseren draußen kämpfenden Brüdern gewählt und 220 m. festgesezt habe. Das ist eine Logik, die § 7. schuldig, Vorsorge zu treffen, daß die von ihnen auf den Schlacht in weiteren Streifen nicht verstanden werden wird. Wenn der Verkehr zwischen dem Erzeuger, dem Verarbeiter und dem Als Großhändler im Sinne der§§ 1 bis 6 gilt insbesondere feldern erfochtenen Erfolge militärisch und politisch ausgenust man den Grund, den die Befürworter der hohen Preise an- Händler. werden können ohne Rücksicht auf die Brotversorgung in der Hei- führen, nicht für richtig hält, wie kann man dann auf mat. Wir wollen den Krieg unter allen Umständen durchhalten ihn Rücksicht nehmen. Kann das Volk heute diese Der Preis für den Doppelzentner Roggest- oder Weizentleie fönnen, bis wir uns die Sicherheit eines dauernden Friedens anormalen Höchstpreise nicht mehr beseitigen, so wird in ihm darf beim Verkaufe durch den Hersteller dreizehn Mart nicht übererkämpft haben. Die Reihsregierung weiß sich in diesem Wollen aber um so lebendiger der Wunsch werden, daß nun wenig steigen. Diese Vorschrift gilt nicht für Futtermehl( Bollmehl, einig mit der gesamten Bevölkerung und ist davon überzeugt, ftens eine Kriegs- Vermögenszuwachs sft euer Rand, Grießtleie und dergleichen). daß diese alle Maßnahmen verstehen und zu fördern bereit sein jeden Sondergewinn wegsteuert, damit er für § 9.
fönnen.
wird, die dieses Ziel erheischt.
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§ 6.
§ 8.
foziale 3mede verwandt werden könne. Gegen diese Die Höchstpreise bleiben bis zum 31. Dezember 1914 unver Man darf sich freuen, daß nun endlich der Bundesrat sich wegsteuerung bermögen ja sogar diejenigen nichts haben, die ändert, von da ab erhöhen sie sich am 1. und 15. jeden Monats bei