Wtfcn gegen Rußland eröffnet hat, hat die russische Regle- rung ifitt Konsuln angewiesen, die Türkei zu der- lassen und den Schuh der Russen den Vertreter» Italiens zu übertragen. Der russische Botschafter wurde angewiesen, Konstantinopel zu verlassen. Tie italienische Botschaft wurde ersucht, der Türkei mitzu- teilen, daß Rußland den in Rußland befindlichen türkischen Untertanen gegenüber genau dieselbe Haltung einnehmen werde, die die Türkei gegenüber den russischen Untertanen einnehme. Kriegsschiffe in italienijchen tzäfen. Konstantinopel , 81. Oktober. (W. T. B.) Der italienische M a r i n e m i n i st e r hat dem türkischen Marinemini st er mitgeteilt, daß fremde Kriegsschiffe in die Häfen Spezia , Tareut, Brindisi , Venedig und Maddalena nur am Tage einfahren dürfen, und daß sie die italienischen Behörden durch Funkspruch von dieser Absicht in Kenntnis setzen müssen, um sich einschleppen zu lassen. Italienische preßstimmen. Rom , 31. Oktober. (SB. T. SS.) Alle Blätter erörtern die Mög- lichkeit eine» Angriff» der Türken auf den Kaukasus , die Gchwarzmeerküste und Aegypten und berühren schließlich auch den für Italien wichtigsten Punkt de» Tin. flusses eines von der Türkei geführten Krieges auf die libyschen Stämme..„Giornale d'Jtali" schreibt: Die italienischen Jnter- essen können auf der Balkanhalbinsel oder in Rordafrika berührt werden;«s rät aber besonnen dazu, ruhig Blut zu bewahren.
Oer Seekrieg. Ein englisches yospitalschiff gescheitert. London , 30. Oktober. (W. T. B.) Da» Hospitalschifs„Chilla", da? sich auf der Fahrt von Queensferry aus befand, um Verwundete heim zu bringen, wurde bei Whitby während eine» Sturmes auf eine Klippe getrieben. Vier Leichen wurden ans Nfer gespült. Rettungsboote retteten unter den größten Schwierigkeiten zwei Boote voll Menschen von dem Wrack. Weitere Versuche mußten aufgegeben werden. Alle Frauen sind gerettet. Fünfzig bis achtzig Menschen halten sich noch an dem Schiff fest, das von Wellen überflutet wird. Das Hinter. teil ist abgebrochen. Zolgen ües Minenkriegs. London , 30. Oktober. (W. T. B.) Der M a r i n e m i t- arbeiter der„Ti m e S" erörtert das neue deutsche , M i n e n f« l d an der Nordwestküste Irlands und die Schwierig» leiten, die sich infolge der Privilegien der neutralen Schiffahrt für da» Patrouillieren in der Nordsee ergeben. Diese Privilegien be- stünden hauptsächlich dank der Rücksichtnahme, mit der die Neutralen zu behandeln zweckmäßig erscheine. ES müsse aber die Zeit � kommen, wo e» notwendig werde, zu erwägen, ob es nicht wesent- lich sei, dem neutralen Handel in jener Gegend drastischere Be- schränkungen aufzuerlegen. ES bestehe kein Zweifel, daß diese Pcstmaschinen von den Deutschen gelegt würden, um di« Be» wegungSfreiheit der englischen Flotte lahmzulegen. Damit werde eine doppe-kte Absicht verfolgt: Die Entfernungen, welche die englischen Schiffe zur Erreichung gewisser Punkte zurücklegen müßten, zu verlängern und die Routen gefährlich zu machen. Wenn daher nicht Gegen- � maßregeln ergriffen würden, würde England sich in einer u n- bequemen Lage befinden, wenn die Zeit komme, einem
deutschen Seeangriff zu begegnen. Einstweilen erleide der britische und der neutrale Handel durch die Seeminen fort- dauernd Verluste. Ein verstoß Englands gegen das Völkerrecht. England hat nach der Versenkung der vier deutschen Torpedo- boote an der holländischen Küste das deutsche Lazarettschiff „O p h e l i a", das zur Aufnahme noch Ueberlebender ausgeschickt war, beschlagnahmt und nach einem englischen Hafen gebracht. Zunächst unter dem Vorwand, daß da? Lazarettschiff Minen an Bord habe. Als sich die Fadenscheinigkeit dieses VorwandeS herausstellte, begründete man die Beschlagnahme des deutschen Lazarettschiffes mit der neuen Ausrede, daß„Ophelia" eine funkentelegraphische Ausrüstung an Bord führe, mit der zum Schaden der englischen Seekriegsführung Mißbrauch getrieben werden könne. . England war aber sehr Wohl bekannt, daß auf der Haager Friedenskonferenz 1007 ein Einverständnis unter den Vertretern aller Mächte darüber herrschte, daß das Vorhandensein einer funkentelegraphischen Einrichtung an Bord eines Lazarett- schiffcs kein Grund für die Entziehung des einem Lazarettschiff zu gewährenden Schutzes sei! Der britische Kreuzer, der«Ophelia" an dem Nachsuchen nach noch lebenden Mannschaften der gesunkenen deutschen Torpedo- boote hindert«, hat damit einen Slkt der Unmenschlichkeit begangen, der sich weder völkerrechtlich noch auch vom Standpunkt selbst der rücksichtslosesten Kriegsführung aus verteidigen läßt. Außerdem sollte England im eigensten Interesse auf die unbedingte Respektierung de? Schutzes von Lazarettschiffen achten, weil eine deutsche Widervergeltung ihm selbst Verhängnis- voll werden könnte. Und solch militärischen Gründen sollte England doch jedenfalls zugänglich fein, wenn denn leider schon während eines so erbitterten Krieges humanitäre und völkerrechtlich� Bedenken kaum das Gewicht einer Flaumfeder zu haben scheinen. War eS nicht gerade England, das bei der Vernichtung der drei englischen Kreuzer durch das deutsche Unterseeboot„hl. S" be- hauptet«, zwei dieser Kreuzer seien den Torpedo? des deutschen Unterseebootes nur deshalb zum Opfer gefallen, weil sie versucht hätten, die schwimmenden Ueberlebenden deS gesunkenen Schwester- schiffS zu retten? SSei diesen Rettungsversuchen, so erklärt« man auf englischer Seite, seien die beiden anderen Kreuzer gleichfalls torpe- diert und versenkt worden, so daß nunmehr der Befehl an die eng- lischen Kriegsschiffe ergangen sei, bei dem Angriff feindlicher Unterseeboote keinen Rettungsversuch mehr zu machen. Insofern diese Darstellung richtig sein sollte, läge erst recht aller Grund vor, nun wenigstens das Rettungswerk von L a z a» rett schiffen zu sichern. Und da doch unmöglich jede Flottille ihr Lazarettschiff stets mit sich führen kann, ist eine funkentelegraphische Einrichtung an Bord der Lazarettschiffe geradezu die erste Voraussetzung für die er- folgreiche Tätigkeit dieser schwimmenden Lazarette. Da England auch fernerhin ernstlichst mit der Tätigkeit deut- scher Unterseeboote rechnen mutz, verrät sein unentschuldbares Vorgehen gegen da? deutsche Lazarettschiff zugleich ein erstaunliches Verkennen seiner eigensten Interessen! die Kämpfe in Kamerun . Bordeaux , 80. Oktober. (W. T. B.) Meldung der..Agence HavaS". General D o b b e l l, Kommandant der Verbündeten in Kamerun , hat dem Gouverneur von Franzöfisch-Westafrika mit- geteilt, daß eine Kolonne französischer und englischer Marine- ioldaten am 26. September Edea am Sanagafluß, 90 Kilo- meter von der Küste entfernt, besetzt hat.
demWon öes italienischen Kabinetts! Rom , 31. Oktober. (T. U.) Der heutige Ministerrat be� schloß auf Grund der Demission des Schatzministers R u b i n i, dem König die Demission des gesamten Kabi< n e t t s anznbieten. Mit der Neubildung dürfte dem„Corrierre della Sera� zufolge wahrscheinlich S a l a n d r a betraut werden. Telegraphisch wird ferner aus Mailand berichtet, Rubini habe tatsächlich als Finanzminister seine Entlassung erbeten. Es heißt, der neue Kriegsminister habe insgesamt 700 Millionen für außerordentliche Kriegszwecke ver- langt, die der Finanzminister Rubini nicht bewilligen konnte. Die italienische Presse stellt sich in dem Konflikt fast aus- nahmslos auf den Standpunkt, der Finanzminister Rubini habe im gegenwärtigen Augenblick die Grundsätze einer gc< ordneten Finanzverwaltung der militärischen Bereitschaft des Landes unterzuordnen. Nach einer Meldung der Agenzia Stefani hat sich der König die Entscheidung über die Neubildung des Kabinetts vorbehalten. Die Italiener an üer albanischen Küste. Rom , 30. Oktober. (W.T.B.) Die„Agenzia Stefani" meldet: teute vormittag fand die Besetzung der Insel a s e n o statt. Admiral Patris telegraphierte, daß er in B a j a uud San Nicola eine Batterie und die dritte Kompagnie eines Landungsbataillons ausgeschifft habe. Anarchie in Skutari. Rom , 30. Oktober. (T. U.) Der«Corriere d'Jtalia' erfährt aus Skutari: Die Lage verschlimmert sich zusehends. Die Eifer- sucht und Uneinigkeit zwischen der christlichen und mohammedani- schen Polizei verschärft sich wegen mangelhafter Soldzahlung. Gruppen von Malissoren besetzten das Telegraphenamt und die Ottomanbank, um die Gehaltszahlung an die mohammedanische Gendarmerie gelegentlich deS BeiramfesteS zu verhindern. Weitere Gruppen besetzten daS Rathaus. Man befürchtet den Ausbruch einer Revolution. Nach der gestrigen Landung der italienischen GanitätSkolonne in V a l o n a begrüßte Admiral Patrizi die versammelten Behörden im Namen Italiens und erläuterte den Zweck der Sendung. Ruhige Haltung der Bevölkerung werde keine militärischen Matznahmen erfordern. Bei Bedrohung der Sicherheit ValonaS würde Italien jedoch einschreiten. Die englischen /lrbelter für üie hinter- bliebenen. Der englische Bergarbeiterverband beschloß auf seiner Kon- ferenz einstimmig, eine Unterstützung der Eampagne der Arbeiter- Partei, den hinterbleibenden Kriegerfamilien und Invalide« 1 Pfund wöchentliche Unterstützung zu sichern. » Die englische Presse konstatiert, daß di« während deS Januar- streikS unter den Buren verteilten 27 000 Gewehre den Aufständischen zugute kommen. veutsthenausweisungen aus yongtong. Peking , 80. Oktober. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Die Behörden von Hongkong und anderen britischen Be-
vom östlichen Kriegsschauplatz. XL. Auß den Kämpfen im Nordosten. Bakalarzewo, 27. Oktober 1914. Es wäre durchaus falsch, zu glauben, daß an der ostpreutzischen Grenze Gottesfrieden herrschte. Wenn auch nicht zwischen so ge- wältigen Massen und mit solchen technischen Mitteln wie in Gali- zien und im Westen, so wird doch mit nicht geringerer Erbitterung auch an der ostpreußffch-russischen Grenze gekämpft. Dabei darf man nicht vergessen, daß wir uns an Größenverhältnisse gewöhnt haben, die uns früher unbekannt waren. Stehen doch hier auf deutscher Seite allem mehr Kräfte, als einst ln den schlcsischen Kriegen gegeneinander rangen. Die Russen wissen hier, daß ein frontaler Angriff ihnen schlecht bekommen würde, sie versuchen es daher mit Ueberraschungen. Wenn sie glauben, einen schwachen Punkt gefunden zu haben, konzentrieren sie auf ihn ihre Kräfte und versuchen einen Durchbruch. Leider steht ihnen dabei ein an- scheinend gut funktionierender Kundfchaftervienst zur Verfügung Davon zeugt nicht nur die Wahl der Durchbruchsstellen und die manchmal ziemlich genaue Kenntnis deutscher Batteriestellungen, es liegen dafür auch ganz konkrete Tatsachen vor. Ein sehr charak- teristischeS Beispiel erfuhr ich von einem Beteiligten, einem ruhigen, in seiner Erzählung pemlich gewissenhaften Westfalen, der die Geschichte als Unteroffizier miterlebt hatte. Die betreffende Truppe bezog in der Nacht zum 18. Oktober das hinter Wielitzken un- mittelbar an der Grenze gelegene Gut Gudden. Man sah und hörte nichts vom Gegner. Scheune und Ställe waren nach ober- flächlicher Besichtigung menschenleer. Im Wohnhaus, in der be- leuchteten Küche, befanden sich die Gutsangehörigen. Auf Be- fragen erklärten sie ganz bestimmt, auf dem Hofe und in der Um- gebung seien keine Russen. Die deutschen Soldaten begannen trotzdem eine genaue Durchsuchung. Ein an die Küche stoßendes Zimmer war verschlossen. Da kam auch schon die Meldung, daß in der Scheune, oben im Stroh, Russen versteckt seien. Man stürmte hinauf und bemerkte noch, wie eine Anzahl Offiziere aus dem verschlossenen Zimmer die Flucht ergriffen.'Auch die Guts- bewohner waren nachher spurlos verschwunden. Die Russen in der Scheune versuchten keinen Widerstand: auf Kommando kamen sie mit hochgehobenen Händen heraus, die Waffen ließen sie liegen. Unsere Leute nahmen 200 Russen gefangen. Plötzlich fielen Schusse, da! Feuer wurde immer heftiger, das ganz« Dorf schien umzingelt. Im Grauen de? nächtlichen FeuerS wurden die Artilleriepferde wild und rissen aus. Unter dem Hagel der Geschosse schrumpfte die kleine Truppe in beängstigender Weise zusammen. Ein Kano- nicr rettete die Situation. Ohne Ziel und ohne Auswahl der Geschosse feuerte er bald nach dieser, bald nach jeneck Richtung. Vielleicht täuschte er dadurch die Slngreifer über die Kräfte der Deutschen . Nach einiger Zeit»verstummte da? Feuer, die Russen zogen sich zurück. Nachrückende deutsche Truppen nahmen die Verfolgung auf, ohne jedoch in die Wälder einzudringen. Auf dem Hofe lagen 13 tote deutsche Soldaten und noch mehr Ver- wundete. Die Geistesgegenwart des Kanoniers hatte die völlige Aufreibung der Deutschen und die Befreiung der gefangenen Russen verhindert. Den Russen haben ihre Durchbruchsversuche entscheidende Erfolge nicht gebracht. Meistens werden sie unter großeb Verlusten zurückgeschlagen oder, wenn sie wirklich Positionen gewonnen haben, müssen sie sie schnell wieder räumen. Die Schlußrechnung ergibt für sie gewöhnlich eine große Einbuße an Menschen und Material. In den letzten Tagen nahmen die Deutschen wieder mehrere tau- .send Russen gesangen, am 23. bei gilipowo allein 980, darunter
einige Offiziere. Ueber die Ursachen mancher Gefangennahme und der Erscheinung, daß verhältnismäßig wenig Offiziere in deutsche Gefangenschast geraten, erzählten mir gefangene Russen folgendes:„In den hinteren Schützengräben— die Russen bauen nur derer drei und vier hintereinander— liegen Kosaken und Offiziere und drohen, uns zu erschießen, wenn wir dem Feuer der Deutschen nicht standhalten. Geht eS doch zurück, dann flüchten sie, von uns gedeckt, zuerst; wir aber müssen von einem Graben in den anderen zurückspringen." Weiter hörte ich von Gefangenen, ihnen sei erzählt worden, in Sveutschland müßten die Gefangenen hungern, sie würden mißhandelt, schließlich erschossen. Auf meine Frage, ob die Soldaten da» glauben, wurde mir gesagt:«Ja, die meisten glauben es."—„Trotzdem haben Sie sich ergeben?"— „Wir hatten Hunger, seit vier Tagen nichts gegessen."— Die Erzählungen von dem Erschießen der Gefangenen sollen der Kampfes- unlust der russischen Soldaten und ihrer Neigung, sich zu ergeben, vorbeugen. Sicherlich ist das Mittel nicht wirkungslos. Mit einem Infanteristen aus Odessa , der fließend Deutsch sprach, unterhielt ich mich:„Werden viele Deutsche gefangen genommen?"— „Deutsche nicht, aber Oesterreicher . Ein gefangener Deutscher, besonders wenn er einen Helm trägt, wird wie ein Wunder an- gestaunt."— Andere Gefangene, die übrigens gar keinen ängst- lichen Eindruck machten und das soeben erhaltene Brot mit Be- Hägen verzehrten oder Zigaretten rauchten, bemühten sich, ihr russisches Geld gegen deutsches einzuwechseln. Die Nachfrage nach den Einrubelscheinen deckte aber nicht das Angebot; nur Sammler hatten für die Papierchen Interesse. Aus dem Schlachtfelde von Bakalarzewo und Gembaldowka, wo wir uns heute befänden, bemerkte ich, daß unsere Soldaten im Bau von linterständen und Erdwohnungen erstaunliche Fortschritte machen. Nachdem sie sich an diese Art Kriegftihrung gewöhnt haben, werden sie durch Gründlichkeit und Planmäßigkeit auch in dieser Beziehung den Russen bald überlegen sein. Schon jetzt zeichnen sich die Feldbauwerke, die ich hier sah, durch Anlage, Sauberkeit und Komfort sehr vorteilhast vor den Löchern der Russen aus. Sogar Fenster waren eingebaut. Um die Position bei Baka- larzewo muh hartnäckig gekämpft worden sein. Nirgends sah ich so viel Geschoßsplitter herumliegen wie hier. Kilometerweit sind die Höhen damit besät. Auf dem Felde verstreut lagen noch tote Russen, auch ein Verletzter, der noch lebte, lag noch hier. Man hatte ihn wohl für tot gehalten und deshalb zurückgelassen. Regel- mäßige Atemzüge verrieten uns, daß er noch lebte; er schlief fest und tief. Wir benachrichtigten einen Posten; bald darauf sprengte ein Sanitätsoffizier heran. Seit dem frühen Morgen tobt der Kampf. Unablässig donnern die Kanonen. Bis auf ungefähr 100 Schritte von der Batterie verspürten wir den Luftdruck unserer lö-Zentimeter-Geschoff«. Gegen Mittag ermattete daS Feuer der russischen Artillerie, die sich bis dahin sehr fleißig hatte vernehmen lassen. Um Uhr setzte da» flatternde Geknatter von Maschinengewehren ein, bald folgten Gewehrsalven der Russen. Der russische Infanterist schießt un- diszipliniert. Er feuert ohne festes Ziel, immer drauf los. Um Munition zu sparen, lassen die Führer daher oft nur aus Kom- mando feuern. Der deutsche Infanterist dagegen schießt ohne eigene? Kommando, im allgemeinen nur dann, wenn er ein be- stimmte» Ziel vor Augen hat. Wir begeben un» weiter nach dem rechten Flügel dieser Kampf» front bei Kamionka. Die zurückgewichenen Russen verteidigten einen Wald. Die Deutschen versuchen, durch einen Waldausschnitt weiter vorzudringen. Tie Passage wird ununterbrochen von russi- schen Schrapnells bestrichen. Noch hat die deutsche Artillerie die anscheinend in vorzüglickier Deckung stehende gegnerische Batterie nicht aufgefunden. Es ist fast wie ein Kampf mit unsichtbaren Geistee«. Jugend woher kommen die mörderischen, Verderben
bringenden Geschosse. Aus einer Entfernung von 7. 8, 9, 10 und mehr Kilometern sausen, heulen, zischen sie heran. Aber wo il> der Schlund, der sie ausspeit? Das hügelige, von Wäldern durch- zogene Gelände verwehrt den Ausblick. Klebt die Batterie hinter dem zweiten, dritten oder vierten Hügel oder hat sie sich vielleicht hinter einem nicht sichtbaren Höhenzug verkrochen, deckt sie ein Gehölz, ein Gehöft, steht sie im Zentrum, ist sie mehr nach rechts oder links zu suchen? Man mutz den Raum füllen, ihn auf ver- schiedene Entfernungen bestreichen, um vielleicht dann Äntlvort z« bekommen und den Gegner zum Rückzug aus der nunmehr ent- deckten Stellung zu zwingen. So vollzieht sich der Kampf, wen« nicht Patrouillen nahe genug an den Gegner heran können, wen« eS nicht möglich ist, den Telegraphen bis in Sichtweite der gegnerl- schen Batterien vorzuschieben. Anscheinend weichen die Russen nun langsam zurück. Kolonnen schieben sich vorwärts; Infanterie marschiert an uns vorbei, nimmt Aufstellung hinter einer Höhe, des Kommandos zum Eingreifen gewärtig. Das sind die einzigen aktiven Truppen, die wir sehen- Wir hören das Kampfgetöse, sehen aber nur Schrapnellwölkchen. auch einige Geschosse einschlage». Nicht einmal die Schützengräben können wir erkunden, das Gelände ist zu ungünstig. Die Technik hat die moderne Schlacht ganz gewaltig mechanisiert. Die Entschei- dung bringt fast immer die aus der Ferne wirkende Artillerie. Erst wenn sie den Gegner aus den Verschanzungen treibt und seine Artillerie zum Schweigen gebracht ist, kann die Infanterie vorstoßen, wenn sie nicht große Einsätze an Menschen wagen will» Die Mechanisierung der Schlacht hat aber nicht etwa die Ansprüche an den einzelnen Soldaten herabgesetzt; im Gegenteil, er muß nun besondere Fähigkeiten an ltmstcht, Selbständigkeit und Energie entwickeln, schon allein darum, um die psychischen Wirkungen auf- zuwiegen, die daS Bewußtsein im Gefolge hat, einem unsichtbaren Feind gegenüberzustehen, einem Feind, dessen man sich im all- gemeinen nicht erwehren kann. Ein verstecktes Maschinengewehr reißt ganz unversehens Lücken in die Reihen, heransausende Ge- schösse werfen Kompagnien zu Boden. Den seelischen Wirkungen eines solchen Kampfes ist der Russe nicht gewachsen. Mit seiner Kampffähigkeit ist es gewöhnlich vorbei, sobald er die Erdlöcher oder sonstige sichere Deckungen verlassen muß; da wendet er sich zur�FIucht oder gibt sich gefangen. Bor der Artillerie haben die Russen eine höllische Angst, und das wahrlich nicht ohne Grund- Die Gräben auf der Höhe von Kamionka lagen voll toter Russe». deren Leichen von Schrapnellschüssen zum Teil furchtbar ver« stümmelt waren. In allen möglichen Stellungen hatte der furcht- bare Tod sie überrascht. In einem Graben hinter einem nieder- gebrannten Hause sah ich eine Anzahl halb und ganz verbrannter Russenleichen. Niederstürzendes brennendes Gebälk hatte die Er- schoffenen mit Flammen umhüllt; nur noch Knochenrest«, blieben übrig. Und vor diesen Gräbern lagen Wäsche- und Kleidung»- stücke, die nicht zur militärischen Ausrüstung gehören und sicher nicht aus einem russischen Bauernhaus stammten. Es war wohl Beute au» Deutschland ...., Al» wir im sckineidenden Herbstwind nach Hause fuhren, das Bild des Schlachtfeldes vor Augen, dachte ich: wie mögen sich die Kämpfe gestalten, wenn eine blendend weiß« Schneedecke die Felder überzogen hat. Ob sich dann noch mit demselben Erfolg wie jetzt das Unsichtbarmachen durchführen läßt? Wenn nicht, dann werden sich nach den ersten ergiebigen Schneefällen die Russen wohl weiter in das Innere ihres Landes zurückziehen. Von Bewohnern Ost- Preußens hörte ich' übrigens die Ansicht vertreten, daß die Deut- schen. wenigstens die Norddeutschen, im Winter ganz bestimmt aktionZfähiger seien als die Russen. Danach würde sich init öeM Eintreten niedriger Temperatur die Situation der Russen aus jeden Fall verschlechtern. D ü w e k l, Kriegsberichterstatter.