Kapital und Arbeit in England. Nach dem„Financiel News" ist auf einer Konferenz englischer Gewerkschaften eine Kundgebung beschlossen worden, in der es heißt: „Der Krieg wird als Entschuldigung benutzt, um Rechte, die in langen Jahren harter und geduldiger Jndustriearbeit ge- Wonnen sind, zu unlergraben. Nach und nach stiehlt u n S der Staat mit seinem bekannten Nackigeben gegen die Be- sitzenden alles, was wir werthalten. Die Annahme des Munitionsgesetzes hat uns den letzten Fetzen von Verteidi- gnng genommen. Das Recht auf Ausstände, das Recht, höhere Löhne und bessere Bedingungen zu fordern, das Recht auf Schutz, ackes Rechte, die den Ausbeutern in der Vergangenheit abge- rungen wurden—, alles das ist fort auf Geheitz des Kapitals." Die Auffassung des Unternehmertums aber kommt in folgender Zuschrift an den„S c o t s m a n" vom 7. d. M. zum Ausdruck: „Die größten Feinds Englands sind die ausständigen Ar- beiter. Das Kriegsmunitionsgesetz wurde angenommen, um den Arbeiterausständen ein Ende zu bereiten. Was ist die Folge? Tag für Tag lesen wir von Arbeitern, die ihre Werkzeuge nieder- legen, um für die Sache der Gewerkschaften Partei zu ergreifen. Möge das Land, das Reich zugrunde gehen, wenn nur die Vor- rechte der Gewerkschaften bewahrt bleiben. Möge der deutsche Militarismus seine Fänge in den Hals des Reiches schlagen, möge das Reich weitere 6lZ 000 Mann unserer besten und tapfersten Soldaten verlieren,— oll dies ist für den Gewerk- schaftler mit seinen 3 Pfund Sterling in der Woche von keiner Bedeutung." Differenzen im schottischen Sergbau. London , 14. August. (W. T. B.)(Meldung des Reuterschcn Bureaus.) Ueber die Forderung der schottischen Berg- l e u t e nach einer Zulage von einem Schilling pro Tag ist eine Einigung nicht erzielt worden. Es wurde beschlossen, Sir George Askwith zum Obmann des Schiedsgerichts zu ernennen. Die drohende Nlinifterkrise in Frankreich . Paris , 15. August. (T. U.) Tie drohende Minister- krise steht bei allen Erörterungen sowohl in der Presse wie im Publikum an allererster Stelle. Die Republikaner sämtlicher Schattierungen entladen ihren nun schon seit langem hint- angehaltenen Groll mit vieler Kraft auf den bedauernswerten Millerand, der anscheinend zu dem in Frankreich stets not- wendigen Sündenbock des Krieges 1914/15 gestempelt werden soll. Auch die Radikalen gehen mit dem Kriegsminister und dem ganzen Kabinett scharf ins Gericht. Viviani und die tag- lich kleiner werdende Gruppe seiner parlamentarischen Freunde kämpfen schwer, jedoch völlig ergebnislos, um die„heilige Einigkeit" wieder zusammenzuschweißen. Der Rücktritt des Kabinetts erscheint ganz unvermeidlich. Die Frage der kommenden Männer bleibt vorläufig öffentlich noch uner- örtert, doch tauchen an verschiedenen Stellen verdächtig häufig zwei Namen auf: Clemenceau und Pichon. Es ist nicht un- möglich, daß die größte Stuirde des alten Politikers Clcmcn- ceaus, der schon so viele große Stunden erlebt hat, mit Riesen- ichritten herannaht: Aussöhnung mit Poincar6 unter dem Truck der Lage und Bildung eines nationalen Koalitions- kabinetts. Als einziger Hinderungsgrund kommt vielleicht nur das hohe Alter des„Tigers" in Betracht.(Anmerkung der Redaktion:„Tiger " ist der allgemein bekonnte parlamen- tarische Spitzname Clemenceaus.) Paris , 15. August. (W. T. B.) Der„Temps" berichtet: Nach dem gestrigen Ministerrate empfing Ministerpräsident Viviani die Delegierten der radikalsozialistische Gruppe, die mit Viviani zwei Tage zuvor im Namen der Gruppe über die politische Lage ge- sprachen hatten. Viviani teilt« ihnen mit, daß die Regierung nach Prüfung der Lage beschlossen habe, in ihrer Zusammensetzung keine Veränderung vorzunehmen. Er werde im Namen der Regierung am nächsten Freitag bei der Beratung über die Kredite für die Unterstaatssekretariate die Vertrauensfrage stellen. Die radikal- sozialistische Gruppe hat beschlossen, zu einer Sitzung zusammenzu- trten, um den Bericht der Delegierten anzuhören und die Haltung festzulegen, die die Gruppe einnehmen wird. Lyon , 15. August. (W. T. B.) Die„DePeche de Lyon" meldet aus Paris : Die radikal-sozialistische Gruppe trat gestern nach- mittag zusammen. Die Delegierten erstatteten ihren Bericht über die Verhandlungen mit Viviani. Die Gruppe beschlptz, sich mit der gecinigt-sozialistischen und der republikanisch-sozialistischen Gruppe zu besprechen, um gemeinsame Richtlinien festzulegen. Die radi- kale Gruppe wird täglich zusammenkommen, um die Lage zu be- spreche» und endgültige Beschlüsse zu fassen. Zusammenkunft englischer und ftanzösischer Gewerkschaftler. Lyon , 14. August.(2B. T. B.) Wie„ProgräS" aus Paris meldet, sind dort Delegierte der englischen Arbeitersyndikate ein- getroffen, welche mit einer besonderen Mission für die Confide. ration Generale du Travail betraut sind. kl gm. Genf , 15. August. Eine Abordnung der englischen So- zialisten, bestehend aus dem Generalsekretär der Trade Union , Appleton, dem Parlamentsmitglied Gradh , dem Generalsekretär des Textilarbeiter-Verbandes, Crission, erschien in Begleitung des Sekretärs des französischen Arbeiterbundes, Jouhaux , in der Sitzung der Kammergruppe der geeinigten Sozialisten. Die Ab- ort/nung, die mit einer Mission für den Arbeiterbund betraut ist» wurde während der Sitzung von Minister Sembat mit einer An- spräche begrüßt. Die Tätigkeit der Duma. Petersburg, 15. August. iW. T. 23.) Die Reichsduma nahm einen Gesetz an trag an, der gemischt beratende Aus- s ch ü s s e errichtete, die von Delegierten der Industrie, der Städte, der Semstwos, der Duma und des Reichsrates gebildet werden. Diese Ausschüsse sind dem Kriegsminister, dem Handelsminister, dem Verkehrsminister und dem Landwirtschaftsminister zur Seite gestellt und bezwecken die Verbesserung von Armeelieferungen, die Regulierung der Brennstoffversorgung, sowie den einheitlichen Zu- sammenschlutz der Maßnahmen, betreffend die Verproviantierung der Bevölkerung und das Verkehrswesen. Die Deklaration der sozialdemokratifthen Dumafraktion. Wie wir erfahren, enthielt die von dem Genossen T s ch e i d s e in der Dumastztzung vom 1. August verlesene Deklaration der sozialdemokratischen Fraktion, deren Veröffent- lichung von der Zensur verhindert worden ist, eine Formulie- rung des Standpunktes unserer russischen Genossen in der Friedensfrage und die Erklärung, daß ein neues freies Rußland nur nach einer radikalen Umgestaltung der politischen Bedingungen geschaffen werden könne.
Spanien bleibt neutral. Paris , 15. August.<W. T. B.) Der„Temps" meldet aus Madrid : Ministerpräsident Dato bat seine Erklärungen über seine Politik wiederholt und gesagt, er sei und bleibe ein Anhänger strengster Neutralität, und das Land teile seine Ansicht. Die Neutralität Spaniens werde von allen Krieg- führenden geachtet, und keiner habe es um Intervention gebeten. Trotzdem setze Spanien seine Rüstungen fort, um seine Integrität nötigenfalls verteidigen zu können.
Kiöerlsn-Vaechter über öie jungtürkische Revolution. Dr. Ernst I ä ck h veröffentlicht in der imperialistischen Wochenschrift„Das größere Teutschland" Auszüge aus dem Tage- buch des verstorbenen Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes, v. Kiderlen-Wacchter, der zurzeit der jungtürkischen Revoluti»n im Juli 1908 den auf Urlaub befindlichen damaligen Botschafter Marschall v. Biberstein in Konstantinopel vertrat. Die veröffentlichten Aufzeichnungen geben leider kein vollständiges Bild von der Rolle, die der Vertreter Deutschlands damals in Konstantinopel spielte. Immerhin werfen sie einige interessante Schlaglichter auf die damalige politische Situation in Konstan- tinopel, wo der Sultan Abdul Hamid, nachdem die Jungtürken von ihm die Gewährung einer Verfassung erzwungen, sich mit der unbequemen Rolle eines konstitutionellen Monarchen abzufinden suchte. Besonderes Interesse gewinnen freilich dies« Schlaglichter, weil sie zugleich auch die Anschauungen und die Rolle Kiderlen- Waechters beleuchten. Nachstehend sei einiges ans diesen Auf- Zeichnungen wiedergegeben: 24. Juli:„Hier geht eS etwas wild zu, namentlich schwirren fortwährend die unsinnigsten Gerüchte umher, und ich kämpfe gegen die Leute, die mich fortwährend zum Telxgraphieren drängen wollen. Da heißt es, kalt Blut bewahren und nur das Notwendige und Sichere melden. Bisher hatte ich unberufen Glück: Schon 24 Stuirden vorher meldete ich die allen ganz überraschend ge- kommen«„Konstitution" wenigstens als möglich. Wie es gehen wird, weiß der Himmel! Hält man das Ber - sprechen der Verfassung ehrlich, geht es gut; aber schlecht, wenn man die in der Angst ge- gegebenen Versprechungen nachher zurückziehen will. Ich wurde heut« vom Sultan wegen der Frage einer Amnestie konsultiert, wegen Wirkung der Verfassung usw.: Ich beriet ihn im obigen Sinne." 25. Juli:„... Bei den Revolutionären herrscht Muster- hafte Ordnung. Nachdem einige Palastspione getötet waren, ist keinem Menschen mehr ein Haar gekrümmt worden, nament- lich keinem Christen. Da könnten sich Bulgaren , Serben und Griechen ein Beispiel daran nehmen!" 27. Juli:.... Nachdem die Konstitution verkündet war, ging niemand von den Boffchoftern aufs Selamik; da erschien am Samstag ein Vertrauter des Sultans bei mir(sonst bei keiner Mission), um sich Rats zu holen.... Ich gab mir nach bestem Wissen und Gewissen den Rat: absolute Ehrlich- keit in der Einhaltung des einmal Verspräche- neu. Ob er diesen Rat befolgen wird? In einem anderen Punkte(in welchem? R. d. V.) hat er schon nicht auf mich gehört. Wem nicht zu raten, ist auch nicht zu helfen...." 31. Juli:„Das Revolutionskomitec hat schon zwei- mal zu mir geschickt, um mich versichern zu lassen, daß eS nicht, wie in manchen Zeitungen stehe, antideutsch sei, daß sie im Gegenteil wüßten, wieviel sie Deutschland zu ver- danken haben." 3. August:„Der Sultan ist ein willenloses Werkzeug in den Händen der Revolutionäre... Aus Berlin läßt mir S. M. sagen, der Sultan solle diese und jene Bestimmung ans der preußi- schen Verfassung in die scinige übernehmen."(Welche Bestimmungen mögen das wohl gewesen sein? R. d. V.) 5. August:.... Ich habe Angst, wenn die heutigen ge- mäßigten Führer die Leitung au die agitatorischen Elemente ver- lieren... Bischer war jedes Bild vom Sultan verboten; Post» karten wurden von der türkischen Post nicht zugelassen. Von den anliegenden wenig künstlerischen Karten sind von einem deutschen Drucker in drei Tagen 50 Tausend Stück verkauft worden: er konnte nur nicht mehr anfertigen; die Nachfrage war noch größer. Der Sultan mit der Umschrift„labene, egalite, fraternite"(Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit): quae rnutatio rcruni! Wenn es nur ein gutes Ende nimmt!" 11. August:„Heute geht es wieder bunt zu. Der Sultan beim Selamnik mit der„FreihcitDschleife": Ludwig XVI . mit der phrygischen Mütze der Revolution! Auch absetzen wollten sie ihn schon in er vorigen Woche; doch hat die verständigere Rich- tung die Oberhand behalten. Aber regieren tut nur noch daS Komitee, von dem auch die Minister ihre Befehle empfangen. Bisher handelte es sich nur um eine politische Bewegung, die nach Verfassung und Gerechtigkeit verlangte und nach Beseitigung deS bisherigen Systems des„gaspillage et ezpionaxe". Seit ein paar Tagen ist aber dazu noch ejne soziale Bewegung getreten: überall beginnen Streiks und Bedrohungen der Arbeitswilligen. Gegen letztere ist das Komitee bis jetzt sehr energisch vorgegangen; es hat auch einen Teil der Streiks durch Zureden beseitigt." 17. August:„... Nachdem da?„Komitee " mit großer Energie die Streiks erledigt hat, glaube ich wirklich(! R. d. V.) au einen glücklichen Verlauf der ganzen Sache. Das wäre für uns ein großes Glück!" Kiderlen-Waechters Erwartungen haben sich freilich insofern nicht rechtfertigt, als der Sultan im nachfolgenden Jahre infojlge eines Versuches, die Verfassung rückgängig zu machen, von den Jungtürken gestürzt wurde. In sozialer Hinsicht jedoch haben die jungtürkischen Machthaber die schon von Kiderlen-ZLaechter vorgemerkte Linie nicht nur eingehalten, sondern noch um vieles verschärft. Ob das„für die ganze Sache" ein Glück ist, ist freilich eine andere Frag«.
politische Uebersicht. Herr v. Zedlitz und die preuftische Wahlrcchtsfrage. Mit geradezu rührender Beharrlichkeit müht sich der Führer der Freikonservativen im preußischen Landtag, Freiherr v. Z e d- litz, ob, nachzuweisen, daß für Preußen nur ein nach Besitz und Bildung abgestuftes Wahlsystem in Anwendung gebracht werden dürfe. In der letzten Nummer des Scherlschcn„Tag" (15. August) sucht er nachzuweisen, daß die Schwierigkeiten, die der Abstufung des Wahlrechts nach Bildungsgraden entgegenstehen, leicht zu überwinden seien. Er polemisiert gegen einige Einwände und bemerkt insbesondere im Hinblick aus den„Einwand der Un- gerechtigkeit gegenüber denjenigen, deren Betätigung im Leben einen hohen Bildungsstand erkennen läßt, während ihnen die for-
male Bescheinigung darüber fehlt", man habe dabei vergessen, daß nicht nur die Bildung, sondern auch andere Momente das Maß des Wahlrechts beeinflussen sollten. In den letzteren Fällen werde der Ausgleich schon durch die Berücksichtigung von Besitz und Einkommen gegeben sein: „Soweit dies nicht der Fall ist, wird sich durch entsprechende Ausgestaltung des Erfahrungsmomentes sicher Abhilfe schassen lassen. Auch hierin liegt bei unbefangener Würdigung daher kein entscheidender Gegengrund gegen die Berücksichtigung der Bil- dung bei der Abstufung des Wahlrechts, es erwächst vielmehr daraus nur die Aufgabe für den Gesetzgeber, bei der Gestaltung des Wahlrechts im ganzen auf die Beseitigung der davon zu be- fürchtenden Unstimmigkeiten Bedacht zu nehmen." Damit aber diese konservative Wahlreform nach dem Herzen des Freiherrn v. Zedlitz nicht überstürzt werde, verlangt er zu- nächst eine„zeitgemäße Reform des höheren Schulwesens", um bei dieser Reform die Grundlage für die Wahlberechtigung zu schassen. Diese Art der Sachbehandlung werde freilich einige Zeit bean- spruchen, aber es sei besser, wenn eine sachgemäße Ausgestaltung der Wahlvorlage mit einer etwas späteren Einbringung erkauft werde, als umgekehrt. Wir können heute nur feststellen, daß diese mitten im Burg» frieden ausgesprochenen konservativen Wahlrechtswünsche ein Hohn auf die Wahlrechtsforderungen des Volkes sind. Immerhin trägt die rücksichtslose Offenheit des Herrn v. Zedlitz dazu bei, Klarheit zu verbreiten über das, was wir nach dem Kriege von ihm und den ihm nahestehenden Kreisen zu erwarten haben.
Freiherr von Zedlitz und die Wirtschaftsverbände. Freiherr v. Zedlitz erörtert in der„Post" die Möglich- keit der Bildung einer Arbeitsgemeinschaft, die auf dem Boden dcr Frtedensforderungen der großen Wirtschaftsverbände st cht. Die Tatsache, daß die bisher zum Teil stark verfeindeten großen Wirtschastsvcrbände sich auf ein g e m e i n sa m c s F r i e d e n s zi el geeinigt hätten, sei an sich von erheblicher politischer Bedeutung. Dieses Zusammengehen sei, zumal es Hand in Hand gehe mit den Vertretern der großen Mehrzahl der bürgerlichen Parteien im Reichstage, keineswegs nur äußerlicher Natur und beschränke sich nicht auf das eine vorliegende Ziel. Es habe sich eine starke innere Annäherung zwischen den de- teiligten wirtschaftlichen und politischen Gruppen vollzogen und es bahne sich so eine Arbeitsgemeinschaft an. in der die Keime für die Bildung einer festen positiven Mehrheit im Reichstage läge. An der Reichsregierung sei es, jener sich anbahnenden Arbeitsgemeinschaft mit vollem Vertrauen ent- gegenzukommen und dieses Vertrauen in eine für die Reichs- Politik förderliche Tat umzusetzen. Zedlitz kommt zu dem Schluß: „Die Aufgabe des TageS ist, wie es scheint, danach die, die Arbeitsgemeinschaft zwischen den wirtschaftlichen Verbänden und Politikern positiver Richtung zu erweitern zu einer Arbeitsgemein- schaft zwischen diesen und der Reichsregierung. Der Weg hierzu würde voraussichtlich der sein, die leitenden Männer jener Vereinigung zu positiver Mitarbeit bei der Vorbereitung für den künftigen Frieden heranzuziehen... Angesichts der bevorstehenden Tagung deS Reichstages ist daher die Mahnung am Platze, daß, wie die Reichsregierung mit Reckt Vertrauen in bezug auf ihre Behandlung der Friedensfraqcn erheischt, sie auch volles Vertrauen den auf vaterländischem Boden stehenden wirtschaftlichen Verbänden und den Führern der posinvcn politischen Parteien im Reichstage entgegenbringen und eine fruchlbare Arbeilsgemeinschaft mit ihnen anbahnen möge."
Zur neuen Kriegsanleihe. Der Reichstagsabgeordnete Arendt tritt in der„Post" leb- hast für eine Begebung der neuen Kriegsanleihe zu 414 Proz., statt wie bisher zu 5 Proz., ein. Er erwartet von dieser Herab- setzung de? Zinsfußes einen Aufschwung des gesamten Wirtschafte- lebens. Der Kurs aller älteren Reichs-, Staats- und Gemeinde- anleihen, aller Pfandbriese und Schuldverschreibungen werde sich heben, die Reicksbank werde nicht länger bei einem Diskontsatz von 5 Proz. bleiben können und diese Diskontherabsetzung erleichtere dem Erwerbsleben, namentlich dem gewerblichen Mittelstand, die Daseinsberechtigung.— Als AusgabckurS schlägt Arendt, im Hin- blick auf den minderen Zinssatz, 95 Proz. vor.
Verhinderter Protest gegen den Lebensmittelwucher. In Lünen bei Dortmund sollte eine Versammlung statt- finden, in der die Preistreiberei auf dem LebenSmittelmarkt be- sprachen werden sollte. Diese Versammlung ist vereitelt worden, denn der Einberufer derselben erhielt von der Polizei- Verwaltung in Lünen folgenden Bescheid: „Bevor Ihrem Antrage vom 4. d. M.«ruf Genehmigung einer öffentlichen Volksversammlung nähergetreten werden kann, mutz der Wortlaut des zu haltenden Bortrages vorgelegt werden." Wie mündlich dann noch mitgeteilt wurde, sollte das Manuskript erst dem Landrat und wahrscheinlich dann auch noch dem Generalkommando vorgelegt werden. Der Referent hat dies Verlangen abgelehnt, also kann die Versammlung nicht stattfinden.
Keine Erhöhung der Unterstötznng der Kriegerfranen. Der badische Minister deS Innern hat auf das bekannte Gesuch des GelverkschaftskartellS Freiburg i. B„ für Erhöhung der Unterstützung für die Familien der Krieger einzutreten, da sich allenthalben bereits eine Unterernährung bei den Angehörigen der in den Dienst getretenen Mannschaften bemerkbar mache, dahin geantwortet, es sei Sache der Lieferungsverbände, eine entsprechende Erhöhung eintreten zu lassen, sie seien nach dieser Richtung hin in eingehendster Weise belehrt worden. Im übrigen könne eine allgemeine Erhöhung der Mindestunterstützung nur durch das Reich erfolgen. Solange aber die Lieferungsver- bände ihre gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen in der Lage seien, erkenne das badische Ministerium des Innern das Bedürfnis für eine solche Erhöhung nicht an. Hoffentlich macht sich der Reichstag bei feinem bevorstehen- den ZuiamWentritt diese Ansicht nicht zu eigen, denn der Weg zum Lieferungsverband ist für die einzelne Kriegerfrau oft ein recht dornenvoller, da man ihr den Nachweis, daß sie wirklich über die Reichs- und Gemeindeunterstützung hinaus unterstützungsbedürftig sei, nicht gerade erleichtert.