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Nr. 261.- 32. Jahrg.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplak, Nr. 151 90-151 97.

Dienstag, den 21. September 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplak, Nr. 151 90-151 97.

Deutsch  - österreichische Uttion gegen serbische Stellungen.

Der russische Generalstabsbericht.

Petersburg, 20. September.  ( W. T. B.) Die Mitteilung des Großen Generalstabes von gestern abend besagt: In dem Seengebiet westlich von Dinaburg dauern die hartnäckigen Kämpfe an. Heftige Angriffe des Feindes in der Gegend von Illurt wurden zurückgewiesen und der Feind mit großen Verlusten in seine Schüßengräben zurückgeworfen. Nach sehr heftigem Geschüßfeuer griff der Feind an und be­fette das Dorf Siocikli in der Gegend der Eisenbahn westlich von Illurt. In der Gegend zwischen den Seen von Schi­tschiry und Orille machte der Feind Sturmangriffe gegen das Dorf Imbrody. Unsere Verschanzungen wurden zerstört und unsere Abteilungen daraus rückwärts getrieben. Feindliche Kavallerie, welche den Driswiatafluß in der Umgegend des Sees von Bogin  ( Lac Bogniskoie) zwischen Kupischki und Kosiany zu überschreiten versuchte, wurde zurückgeworfen. Eine feindliche Abteilung versuchte den Bahnhof Molodetschno  zu besetzen, wurde aber gleichfalls zurückgewiesen. In dem Kampfe um das Dorf Solz   an der Eisenbahn von Nowo­Wileist nach Molodetschno wurde der Feind aus dem Dorfe verdrängt. An verschiedenen Stellen der mittleren Wilija und in der Umgegend von WiIn a gehen deutsche   Abteilungen auf das linke Flußufer über. Eine Reihe von feindlichen An­griffen auf unsere Front westlich von dem Bahnabschnitt Binjakony- Lida wurden mit großen Verlusten für den Feind abgewiesen. Auf dem rechten Lebedaufer einige Gefechte von örtlichem Charakter. An der Szczara entspannen sich an bielen Stllen Kämpfe um einen Flußübergang. Bei Bo­retschije, nördlich von Slonim, zerstörte unsere Artillerie eine feindliche Schiffbrüde, von welcher ein großer Teil sank, Teile der feindlichen Truppen, welche übergesetzt waren, wur­den gefangen genommen. Der Feind, welcher südlich von Slonim   bei der Meierei Niszczicza überging, wurde ange­griffen. Wir nußten die Zwangslage des Feindes, seine Truppen abteilungsweise in den Stampf werfen zu müssen, mit Erfolg aus, und der Feind, welcher das auf dem rechten Flußufer besezte Gelände festhielt, erlitt empfindliche Ver­luste. An der Südstrecke des Oginskykanals wurden Angriffe der Deutschen   gegen das Dorf Scholowka zurückgewiesen. In den Bajonettkämpfen wurde ein Teil der Deutschen   erstochen. Das Dorf Logischin in derselben Gegend wurde vom Feinde besetzt. Verschanzte feindliche Stellungen bei Nowoselky, nordöstlich von Boffi( Kolfi?) wurde in der Front angegriffen und zugleich umgangen. Der Feind wurde daraus verdrängt. Auf der Verfolgung löschten unsere Truppen den Brand der Brücke über den Styr, welche der Feind angezündet hatte. Ein Teil unserer Streitkräfte umging den sich zurückziehenden Feind von neuem und zwang ihn, sich in einen Wald zu flüchteten. Wir besetzten das Dorf Kolfi.

Auf der Front westlich des Stubjelflusses und an der Linie Dubno- renenec griffen unsere Truppen den Feind an vielen Stellen an und machten feindliche Abteilungen But Gefangenen, indem sie sich bemühten, von der in den Reihen des Feindes häufig gewordenen Unordnung Nußen zu ziehen. An der Serethfront dauern Gefechte von örtlichem Cha­rafter in der unmittelbaren Nachbarschaft des Flusses fort.

Zu bemerken ist, daß ein Zug von uns bei dem Dorfe Dakowitschi am Strumen, füdlich von Pinsk  , ein deutsches Bataillon bis auf fünfhundert Schritt herankommen ließ und dann ungefähr zwei Kompagnien des Feindes durch Ma­schinengewehrfeuer vernichtete. In der Umgegend von Kolki ereignete sich der Fall, daß unsere Kavallerie Verschanzungen des Feindes mit Drahtverhauen angriff, Maschinengewehre wegnahm und gegen hundert Gefangene machte, selbst aber nur unbedeutende Verluste erlitt. Bei dem Dorfe Kukli, nörd­lich von Kolfi, jagte eine russische Schwadron eine öfter­reichische Schwadron in einen Sumpf, machte fünfzig Ge­fangene, nahm die Feldküche und die Bagage fort und zog fünfzig Pferde aus dem Sumpfe, die übrigen kamen um. Nach Aussage österreichischer Gefangener ereigneten sich wäh­rend der letzten Operation Fälle, wo ganze Abteilungen mehrere Tage an einem Blaze bleiben mußten, um die Ar­tillerie aus dem Schmuß zu ziehen. Vom Stochow wird ein Fall gemeldet, daß Oesterreicher   sich als Bauern verkleideten, um so den Fluß zu überschreiten und Maschniengewehre in Stellung zu bringen.

Arbeiterversammlungen in Petersburg  .

Kopenhagen  , 20. September.  ( E. U.) Nach der Rietsch" wurden in Petersburg   in der Vorwoche große Arbeiter­versammlungen abgehalten, in denen die Bildung einer großen Arbeiterorganisation der Berufsverbände und Fachbereine be­raten wurde. Die Polizei schritt ein. Aber trotz der polizei­lichen Aufforderungen, die Versammlungen zu schließen, wurden diefelben fortgesetzt. Die Polizei unterließ die An­wendung von Gewalt.

Meldung des Großen Hauptquartiers. Keine Kartoffelhöchstpreise?

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 20. September 1915.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

Feindliche Schiffe, die Westende und Middelkerke  ( südwestlich von Oftende) erfolglos beschossen, zogen sich vor unserem Fener zurück; es wurden Treffer beobachtet. An der Front keine besonderen Ereignisse. Westlich von St. Quentin wurde ein englisches Flug­zeng durch einen deutschen   Kampfflieger abgeschossen: der Führer ist tot, der Beobachter gefangen genommen.

Deftlicher Kriegsschauplatz.

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Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg  . Im Brückenkopf von Dinaburg mußte der Feind vor unserem Augriff von Nowo- Aleksandrowsk in eine rüdwärtige Stellung weichen. Es wurden 550 Gefangene gemacht. Bei Smorgon versuchte der Gegner durchzu­brechen: er wurde abgeschlagen. Der Angriff gegen den ans der Gegend Wilna   abziehenden Gegner ist im Gange. Auch weiter südlich folgen unsere Truppen dem weichenden Feinde. Die Linie Mjedniki- Lida­Soljane( am Njemen) ist erreicht.

Heeresgruppe des Generalfeldmaridhalls Prinz Ceopold von Bayern  .

Der Gegner leistete nur vorübergehend an einzelnen Stellen Widerstand. Die Heeresgruppe erreichte den Molczadz- Abschnitt bei Dworzec und süd­östlich und nähert sich mit dem rechten Flügel dem Myschanka- Abschnitt.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackenfen. Der Feind ist überall weiter zurückgedrängt. Südöstlicher Kriegsschauplah.

Bei kleineren Gefechten machten die deutschen   Truppen über hundert Gefangene. Vom nördlichen Donau­ufer nahm deutsche Artillerie den Kampf gegen serbische Stellungen südlich des Stromes bei Semendria auf. Der Feind wurde vertrieben und seine Geschüße zum Schweigen gebracht.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 20. September.  ( W. T. B.) Amtlich wird ver­lautbart: Wien  , 20. September 1915.

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Russischer Kriegsschauplatz.

Unsere Stellungen im Raume östlich von Luck wurden gestern wiederholt von starken russischen Kräften angegriffen. Unsere Truppen, unter ihnen Egerländer und westböhmische Landwehr schlugen den Feind überall an vielen Punkten im Kampf Mann gegen Mann zurück. Auch gegen unsere I kwa- front führten die Ruffen im Abschnitte bei Krzemieniec starke Kolonnen zum Angriff vor. An einzelnen Stellen gelang es den Feind, das Westufer der Jtwa zu gewinnen, aber unsere herbei­cilenden Reserven warfen ihn überall zurück. Der Feind erlitt besonders durch unser Artilleriefeuer große Verluste. Die bis gestern abend eingebrachten Gefangenen zählen über tausend. Das Infanterieregiment von Hindenburg   hat neuerlich Proben feiner Kampftüchtigkeit abgelegt.

In Ostgalizien   herrschte Ruhe. Die Lage ist dort un­verändert.

Die in Litauen   kämpfenden t. und t. Streitkräfte haben das Ostufer der Luchozwa gewonnen.

Italienischer Kriegsschauplay.

Im Tiroler Grenzgebiet versuchten sich die Italiener stellenweise in fruchtlosen Hochgebirgsunternehmungen namentlich im Adamello- und Dolomitengebiete. An der Kärtner Front ist die Lage unverändert. Im Flitscher Becken gingen die Reste der feindlichen Angriff struppen aus unserem näheren Schußbereiche in ihre alten Stellungen zurück. Einer unserer Flieger belegte den Bahnhaf und das Lager von Arfiero mit Bomben.

Südöstlicher Kriegsschauplay. Desterreichisch- ungarische und deutsche Batterien haben gestern bie serbischen Stellungen am Südufer der Save  und der Donau   beschossen, auch die Festung Belgrad  stand unter unserem Feuer. In der Nähe der Drinamündung wurden von unseren Truppen serbische vorgeschobene Abteilungen überfallen und aufgerieben.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der ,, Lokal- Anzeiger" meldet, daß in diesem Erntejahr das übel bekannte freie Spiel der Kräfte die Kartoffelpreise ohne Hemmung durch die Staatsgewalt treiben soll:

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Die Aussichten für die diesmalige Kartoffelernte sind bekannt lich durchaus befriedigend. Höchstens wäre noch etwas Sonne für den Rest der Ernte erwünscht. Die Regierung steht in der Kar­toffelfrage diesmal dauernd auf Wachtposten und hält enge Fühlung mit den Drganisationen der Nahrungsmittel­versorgung. Gutem Vernehmen nach dürfte die Sicherstellung der Städte durch rechtzeitige freiwillige Anfäufe unter Zugrundelegung einer für jeden Stadtbezirk bereit­zustellenden Menge das nächste Ziel der Regierungsmaßnahmen bilden. Dagegen werden die von verschiedenen Seiten gegebenen Anregungen, die Kartoffeln im Interesse einer billigen Preislage zu beschlagnahmen und Höchstpreise festzusehen, kaum Erfolg haben. Im zweiten Kriegsjahre sollen die Fehler der früheren Kampagne vermieden werden. Die Beschlagnahme der Kartoffelvorräte, die in Mieten liegen, ist praktisch nicht durchführbar. Die Festsetzung bon Höchstpreisen aber ist ein zweischneidiges Schwert. Bei allzu niedrigen Höchstpreisen halten die Landwirte die Kartoffeln zurück, um sie zu verfüttern. Das haben die Erfahrungen des Verjahres reichlich dargetan. In Würdigung dieser Gesichtspunkte ist die Regierung diesmal 8 wangsmaßregeln gänzlich ab­hold und wird es bei dem freien Spiel der Kräfte so­weit als möglich bewenden lassen."

Da die Beschlagnahme nicht riskiert wird und Höchst­preise ohne Beschlagnahme nicht voll wirksam sind, so sollen Höchstpreise überhaupt nicht festgesetzt werden. Die Regierung will nicht die Fehler des Vorjahres wiederholen. Ein guter Vorsatz, aus tiefstem Herzensgrund zu loben und zu preisen! Aber um diese Fehler nicht zu wiederholen, läßt die Regierung dem freien Spiel der Kräfte weiten Raum, obwohl sich im Vorjahr die Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffes und die Gefährlichkeit des freien Spiels der Kräfte mit so überzeugender Klarheit geoffenbart haben.

Die Beschlagnahme läßt sich durchführen. Die Kar toffeln mögen bei den Landwirten gegen niedrige Preis­aufschläge für Lagerung liegen bleiben, aber die Verkaufs­freiheit sei beschränkt.

Der Staatssekretär Dr. De I brück hat diese Möglichkeit selbst im Reichstage zugegeben, indem er mit ihr für den Fall drohte, daß alle anderen Mittel versagten. Warum soll sie nicht sofort angewendet werden, so lange noch Zeit ist und die Preise niedrig sind? Will die Regierung warten, bis die unerhörte Teuerung der wich­tigsten Lebensmittel, verschärft noch durch die Teuerung der Feuerungsmittel den zweiten Kriegswinter zu einer großen Salamität für breite Volksschichten macht?

Auch die Notwendigkeit Kartoffeln zu verfüttern, ist kein Hindernis. Diese Schwierigkeit ist bei der staatlich organi­sierten Getreideversorgung durch Aussonderung des Hinterkorns überwunden worden. Ebenso ist dies bei der Kartoffelversorgung möglich; die Beschlagnahme kann sich vielleicht auf die Be­triebe beschränken, die, sei es nach ihrer Größe, sei es nach ihren zu überprüfenden Angaben des Ertrages und des Eigen­verbrauches vorwiegend für den Markt produzieren.

Die Städte sollen einspringen, die viel geplagten! Ihnen soll das sonst Unmögliche möglich sein, Kartoffeln zu lagern. Sie sollen die finanziellen Lasten dieser neuen Aufgabe tragen. Gewiß: sie sollen es, sie müssen es und sie werden es. Aber die Regierung verlangt zu viel, wenn sie die Gemeinden mit neuen Aufgaben belastet und selbst dem freien Spiel der Kräfte gemächlich zusieht.

Wenn die Städte sich mit Startoffeln eindecken sollen, so müssen sie Kartoffeln haben. Die Bundesratsverordnung gegen Wucherpreise bietet teine Handhabe. Sie ermöglicht nicht, die im Reich vorhandenen Kartoffelvorräte festzustellen und nach dem Gesamtbedarf systematisch zu verteilen.

Das freie Spiel der Sträfte zwingt die Gemeinden, unter der Hand zu kaufen, d. h., wie der Berliner   Oberbürger­meister richtig gesagt hat, unter der Hand die Preise zu treiben! Denn die Auffäufer der einzelnen Gemeinden lizitieren im Wettbewerb miteinander die Preise in die Höhe.

Dann hilft die Verordnung gegen Wucherpreise erst recht nichts. Bestraft wird, wer Preiſe fordert, die nach den ge­samten Verhältnissen, besonders der Marktlage, übermäßig sind. Das ist die dehnbarste Kautschutbestimmung, die eine einheitliche Rechtsprechung höchst erschwert. Aber selbst der strengste Richter ist gegen den Einwand des Wucherers wehr­los, der sich auf die Marktlage" beruft. Denn auf dem Markt werden die Preise getrieben, wenn die Regierung dem freien Spiel der Kräfte ungehemmten Lauf läßt und die Gemeinden zugleich zu Massenkäufen ver­pflichtet. Was sich auf dem Schweinemarkt abgespielt hat, soll sich auf dem Startoffelmarkt wiederholen!

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