7 3G1 000 Dollar bekommen habe und daß üe weitere Aufträge nicht annehmen könne. Einen bedeutenden Einfluß auf den Kurs der Aktien dieses Konzerns hat die öffentliche Bekanntmachung nicht gehabt. Wenn solche derbe Lektionen nichts wirken, so bleiben die Warnungen angesehener Fachmänner auf dem Gebiete der Finanz erst recht angehört. Ein Pastor, der seine Schäflein vor der Spielwut warnen wollte, schrieb an den bekannten Herrn Untermyer, den„Beichtvater" der Trusts, und bat ihn um Aufklärung. Herr Untermyer schrieb zurück:„Nie in der Geschichte der Börse ist das Publikum durch eine so gefährliche Falle bedroht worden, wie die es ist. die jetzt weit offen steht, um ihre Opfer zu empfangen Die Aktien einiger guten Gesellschasien, die weit unter ihrem wirklichen Wert verkauft wurden, leiteten den Reigen ein und machten diese wilde Orgie des Glückspiels auf einem Markte möglich, der allen Sinn für die wirklichen Werte verloren hat. Die ganze Sache würde für denkende Menschen spaßhaft sein, wenn ihre Folgen nicht so tragisch wären." In dem Briefe fordert Herr Untermyer auch eine offen t liche Ueberwachuug der Börse, die Amerika mehr brauche, wie irgend ein anderes Land, wo diese Ueberwachung schon stattfinde Einige Blätter stoßen in dasselbe Horn, andere verlangen, daß die Direktoren der Börse selbst einschreiten, um da gefährliche Spiel einzudämmen. Aber von den Börsenmaklern zu verlangen, sie sollten den Eiter ihrer Kunden mäßigen, hieße so viel,� als von einem Charlatan auf dem Jahr markte zu fordern, er möge die pfiffigen Bauern abweisen, denen er eine Börse mit einem Goldstück darin für einen Groschen verkauft. Seit einigen Tagen scheinen die Börsenleute aber doch Angst vor dem unausbleiblichen Krach bekommen zu haben. Sie fingen an, so zu handeln, wie die Banken schon seit langen gehandelt haben. Die Banken beleihen nämlich die der Spekulation unterworfenen Papiers nur zu einem geringen Prozentsatz ihres Kur wertes. Run haben auch die Makler angefangen, die bei Aufträgen zu leistende Deckung zu erhöhen. Das Publikum und andere Spekulanten müssen jetzt beim Kauf der Favoriten -10—20 Proz. des Kurswertes hinterlegen; bei einigen Papieren mutz sogar der ganze Betrag sofort bezahlt werden. Die Börse wittert den Krach und die Makler wollen natürlich nicht die Leidtragenden sein und mit den Spielmarken sitzen bleiben. Bei früheren ähnlichen Ausbrüchen der Spielwut hat man in New Jork die Erfahrung gemacht, daß 80 Proz. der Spe- kulanten ihr Geld verlieren. Diese Ziffer gibt einem einen Anhalt in bezug auf die Schätzung der Eigentums- konzcntration, die zurzeit auf den amerikanischen Börsen vor sich geht. Wer schließlich an der Kampagne gewinnt, sind die"Eingeweihten, die Direktoren und Bankiers. Der erwähnte Präsident der American Car und Foundry Company, der dem Publikum den wahren Umfang der Geschäfte seiner Gesellschaft mitteilt, ist ein weißer Rabe unter seinesgleichen. Vielleicht machte die Lage dieser Gesellschaft die Erklärung notwendig. Aber die meisten seiner Standesgenossen handeln nach dem guten alten Prinzip der Kapitalisten, keinen Profit zu verschmähen. Sie haben überdies ihr Ehrenwort gegeben, die Höhe der Aufträge— ein Krtcgsgeheimnis— nicht zu verraten. Und wo die- Ehrenpflicht so schön zum Profitmachen paßt, wäre es eine doppelte Sünde, dem Publikum reinen Wein einzu- schenken. Amerika wird nach dem Kriege viele neue Krösusse sehen.____ Nelüung der italienischen Heeresleitung. Rom , 30. Oktober. (28. T. B.) Amtlicher Kriegs« bericht von gestern: Unsere unermüdlichen Truppen setzten ihre andauernden Anstrengungen gegen die Hindernisse fort, die das Gelände, der Feind und das Wetter entgegenstellen. Im Lagarina- tal eroberten wir die letzten Stellungen, die dem Feinde südlich der Straße Nago— Mori verblieben waren, nämlich den Monte Giovo und die Höhen Tierno Besagno und Talpina. Ich Hoch« cordevole machte unser Vorrücken auf dem rechten Ufer deS Baches, westlich des Kammes Soraruaz, der am 18. erobert worden war, Fortschritte. Auf dem linken Ufer nahmen
wir wieder eines der zahlreichen Vorwerke, die sich auf den Ab hängen des Col di Lana befinden. Im Gebiet des Monte Nero geht der allmähliche Aufstieg vorwärts gegen den Gipfel Vodil und Mrzli mitten unter beständigen Angriffen, die dazu bestimmt sind, die mächtigen uns entgegenstehenden Hinderniffe wegzuräumen. Gestern nahmen unsere Alpini auch starke feindliche Gräben und machten 27g Gefangene, darunter acht Offiziere. Gräben und Vorwerke wurden ebenfalls genommen auf dem Hügel Santa Maria, im Gebiet von Plava, wo auch 2t Mann gefangen genommen wurden, auf den Höhen von Pevma und Podgora und auf dem Karst, wo die Zahl der gestern gemachten Gefangenen auf 210 stieg, darunter drei Offiziere. Auch erbeuteten wir ein Maschinengewehr. Wir führten gestern Flüge über dem Hochplateau von Bainsizza und dem Karst aus und bombardierten an mehreren Punkten die Eisenbahn- linie im Bocatal(Jdrias und jene von Görz nach Trieft. Feindliche Lager sowie aus dem Marsch befindliche Kolonnen wurden getroffen. Trotz sehr lebhaften Feuer« zahlreicher Abwehrgeschütze kehrten die Flugzeuge unversehrt zurück. General C a d o r n a.
7$ 000 Mann in Saloniki gelandet. Frankfurt a. M., 30. Oktober. (28. T. B.) Die„Frankfurter Zeitung " meldet aus Konstantinopel : Bis gestern waren 78000 Mann der Ententetruppen gelandet. Davon entfallen SO 000 aus Frankreich . Während die Franzosen etwa 80000 Mann bei Gewgheli konzentrierten und 10 000 gegen Strumitza vorgeschoben haben, sind von den Engländern nur kleine Abteilungen zu Streitkräften in der Richtung Strumitza abgegeben worden. Ihre übrigen Truppen haben vom Hauplbahnhos Saloniki bis zu dem Höhen südwestlich von Ajoali ein große? Lager bezogen und bauten Räume für mehr als 100000 Mann. Die Engländer führen dort mehrfach Beton- bauten auf und englische Pioniere legen längs der Bahnlinie von Saloniki nach Gewgheli eine eigene Tclegraphenleiiung, um sich un- abhängig von dem griechischen Staatstele'graphen einzurichten. /tos öer englischen Arbeiterbewegung. Aus Amsterdam wird uns geschrieben: Ein Dreibund der Arbeit. Die Berahingen der JdhreZkonferenz des britischen Berg- arbeiterverbandes haben gezeigt, daß die mächtigste Arbeiterorganisation die Arbciierinteressen in keiner politischen Situation aus dem Auge verliert. Genosse Folm Robertson erinnerte dort daran, daß nirgendwo der industrielle Krieg mehr Opfer for- dere als im Bergbau. In den 15 Jahren seit dem Burenkricg sind im Grubenbetrieb 22 000 Bergleute getötet uns über 3 Millionen verletzt worden. Im letzten� Jahre waren von einer Gesamtzahl von 800 000 umer Tag Beschäftigten 165 000 infolge von Unfällen mindestens 7 Tage arbeitsunfähig. Die Konferenz nahm eine Reihe von Beschlüssen im Interesse der Unfallvcrminderung an. Der wichtigste Beschluß der Konferenz aber war die Annahme■ des Entwurfs einer gemeinsamen Aktion der Bergleute, Eisenbahner und Trans- Portarbeiter. Die Aktion soll für Gegenstände, die einen nationalen Charakter haben oder ein Prinzip betreffen, das das gemeinsame Vorgehen notwendig macht, dann unter- noinmen werden, wenn eine gemeinsame Sitzung der drei E�e- kutiven ihr zustimmt. Die Bergleute von. Südwälcs- fordern eine solche � Aktion für ein gemeiusameZ, von der Exekutive -#il£unigst auszuarbeitendes Programm, das folgende Punkte.umfaßt: Aen- derung des MiniinallohngesetzeS, der Unfallversicherung, des:?lcht- tundengesetzes(Ausdehnung auf. die Tagarbeitec) und des Berg- werkgesetzcs. Die„Times" haben dem neuen Dreibund am Donnerstag einen langen Leitartikel gewidmet: Der Beschluß des Bergarbeiter- Verbandes habe wenig Aufmerksmnkeit erregt, werde aber hoffent- lieh nicht der Aufmerksamkeit der Regierung entgangen sein. Es "cheine, daß die Bergarbeiter den Krieg als bloße Episode bc- trachten, die bald befriedigend erledigt sein werde oder gar als gute Gelegenheit für ihre besonderen Zwecke. In. der Tat werde die Politik, miltels des Streiks Arbeiter zum Eintritt in den Ver- band zu zwingen, fortgesetzt und dies nicht nur in Südivalcs. Man bedrohe sogar die Nation wegen der Frage oes Gewerkschafts- zwanges mit dein Generalstreik. Das wichtigste aber sei der Be- 'chlutz über den Dreibund. Wohl bedeute der Antrag von Süd- Wales noch nickt die unmittelbare Slktion, sondern nur die Vor- bereitung zur Durchführung des„nationalen Programms". Das
öer Arbeiterbewegung wilnas. i. Pressequartier, den 5. Oktober 1015. Die verheerenden Stürme des Krieges rüttelten auch an den ohnehin unsichere:: Gruirdlagcn der Arbeiterorganisationen im Zarenreick. Wenn sie ihnen das Leben auch sauer machten, ihnen teilweise das steinige Geröll größerer Schwierigkeiten in den Weg türmten,., die bisher geschaffenen Formen konnten sie nicht zer- brechen; dagegen haben sie den Geist der Solidarität gestärkt, und die jetzigen Verhältnisse erschlossen die Quelle neuer Hoffnungen, die Zuversicht auf größere Bewegungsfreiheit. In der harten Schule der russischen Praxis sind die Organi« fationen wurzelstark und wetterfest geworden. Das gibt die Gewähr kräftiger Entfaltung und fruchtbaren Blühens unter günstigeren Lebensbedingungen. Der Pflug der Energie wird das noch vor- halrdene gewaltige Brachland kräftig aufwühlen; der Regen der Er- fahrung den Samen solidarischer Ideen keimen und sprießen, die Sonne der Begeisterung reiche Früchte reifen lassen. Wenn unter dem Wehen der Zeit nach bekanntem Muster die Zügel der russischen Unterdrückungspolitik anscheinend auch etwas weniger straff angezogen wurden, daß ein Sieg Rußlands die Reaktion stärken, die Arbeiterbewegung nicht aus den Klauen der Brutalität befreien würde, darüber gibt man sich keinem Zweifel hin. In wenigen Monaten vor dem Kriege wurden allein aus Wilna 27 Genossen wegen angeblich staatsverbrecherischer Reden in Versammlungen entweder durch Urteil ins Gefängnis gebracht oder einfach auf administrative Anordnung hin nach Sibirien geschleppt. Nur vier legale professionelle Bernne(Gewerkschaften) gab es bisher in der Llrbeiterstadt Wilna . Die übrigen Berufe mußten sich mit dem Hilfsmittel det losen(illegalen) Verbindung begnügen. Von� einer Registratur und regelmäßiger Beitragserhebung bei den Mitgliedern konnte dabei keine Rede fein. Die Zugehörigkeit kam durch den Be- such der Versammlungen, freiwillige Beiträge, Beteiligung an Wahlen zum'Ausdruck. Legale Organisationen bestehen für die Buchdrucker, Schneider, Metallarbeiter und Handlungsgehilfen. Die Zahl der registrierten und nichtregistrierten gewerkschaftlich Organi- sier.ten wird mir aus rund 10 000 angegeben. Die Möglichkeit einer weiteren Vertretung sozialer Interessen brachte den Arbeitern das Fabrikkrankenkassengesetz. In knesen Kassen, deren sieben vorhanden sind, bilden Zlrbeiter und Unternehmer gesonderte Vertretungen, die den Lerwaltungstörper der Kassen darstellen. Die Arbeiter haben darin die Mehrheit. Eine Zentralisation der Kassen oder ihrer Ver- treiungen ist nicht erlaubt. Personalunionen und gemeinsamer sozialer Geist hebt diesen Mangel wenigstens zum Teil wieder auf. Träger der politischen Organisation und Agitation ist der j ü d i s ch e Arbeiterbund. Hier mag einschaltend bemerkt werden, daß bei den letzten Wahlen zur Reichsduma der Kandidat des Bundes rund
4000 Stimmen erhielt; der Kandidat der vereinigten bürgerlichen Parteien vereinigte auf sich rund 6000 Stimmen. Als politisch Ver- dächtigter wanderte der Kandidat des ArbeiterbundeS, ein Lehrer, kurz nach der Wahl in die Verbannung. Sibirien wurde ihm zum Llufenthalt angewiesen. Eine Zusammenfassung der Kräfte und gemeinsame Ver- tretung der Interessen aller, legalen und illegalen Organisationen schufen fich die'Arbeiter in' der Zentralkommission der profcssio- nellen Vereine. Sie entfaltete eine eifrige und erfolgreiche Tätig- keit. Der Krieg mit seinen verwüstenden Folgen unterband die Wirksamkeit nicht, erweiterte und erhöhte vielmehr das Matz der Arbeiten. Einen breiten Raum nehmen darin die an die Arbeiter- Vertretung herantretenden sozialen Ausgaben ein. Groß ist die durch Teuerung, Krankheiten und Arbeitslosigkeit hervorgerufene Not, täglich schwillt sie weiter an, wächst ins Unheimliche. Ein Heer Arbeitsloser klopft an die Pforten sozialer Hilfe. Eine reak- t'ionäre Stadtduma und ein unverschämter LebenSmittelwuchcr hält sie verschlossen. Wohl ist Mehl vorfanden, aber Händler und Bäcker halten es aus spekulativen Gründen zurück. Roggenbrot wird fast gar nicht gebacken. Man rechnet auf ein weiteres Hinauftreiben der jetzt schon fabelhaften Preise. In den letzten Tagen forderte man für ein Pfund russisches Roggenbrot bis 60 Pf., für Weizen- brot bis zu 1,50 M. Die kleine Menge hergestellten Brotes ist immer schnell vergriffen. Dagegen ist Kuchengebäck in fast unbe- grenzten Mengen zu haben, selbstverständlich zu noch viel höheren Preisen. Und diese Art von Wucher erstreckt sich auf alle wichtigen Lebensmittel! .Mit dieser wichtigen Angelegenheit des Wuchers beschäftigte sich eine Sitzung der Z e n t r a l k o m m i s s i o n der professionellen Vereine, der ich gestern beiwohnen konnte. Eine bereits vor einem Jahre geschaffene Einrichtung droht nun unter dem Druck der gegen sie herangewälzten Summe von Ansprüchen zusammenzubrechen. Es ist eine Speiseanstalt; man nennt sie h:er Schlichtküche. Sie ist geschaffen worden, um Arbeitslosen und Minderbemittelten eine billige oder kostenfreie gute Mittagsmahlzeit zu liefern. Die Mahl- zeiten bestehen aus zwei Speisen und � Pfund Brot für jede Per» son. Mittellose bekommen die Kost gratis, die Zahlungsfähigen sollen 6 resp. 12 Kopeken bezahlen. Die durch Arbeitslosigkeit und Lebensmittelwucher für einen Teil der Arbeiterschaft bereits akut gewordene Hungersnot hat die Zahl der zur Küche Strömenden schon weit über deren technische Leistungsfähigkeit hinaus an- schwellen lassen. In den letzten Tagen wurden bis zu 2000 Per- sonen männlichen und weiblichen Geschlechts registriert, die nach einem Mittagsmahl verlangten. Mit der Abgabe von 1300 Por- tionen hatte sich die Leistungsfähigkeit der Küche erschöpft. Immer sind mehr Menschen da, als befriedigt werden können. Um zu helfen, soviel wie nur möglich, hat man begonnen, auch morgens ein Frühstück, bestehend aus Tee und% Pfund Brot, sowie eine ebenso zusammengesetzte Abendkost zu verabreichen. So bescherden die Kost ist, finanziell bedeutet sie eine erhebliche Mehrbelastung. Und da stößt man auf ein Hindernis, das sich schwerer überwinden
Programm.sei eine Frucht der Streiks von 1011 bis 1012, deren Erfolge vervollständigt werden sollen. Es sei bezeichnend, daß es jetzt im Krieg zutagegctreten sei. Die Regierung müsse dieser Of- fensive gegen die Gesellschaft ihr Augenmerk schenken. Wenn die Regierung die Gelegenheit ergreife zu sprechen und die Nation ins Vertrauen zu ziehen, werde die neue Kombination zu einer Quelle der Kraft werden können. Diese letzte Wendung des Artikels läßt an Klarheit zu wün- scheu übrig. Um so deutlicher ist die Gehässigkeit gegen die Llr- bciter, die das Ganze durchziebt und man versteht, daß die Bc- sorgniS, die Regierung werde künftige Streikbewegungen mittels Militarisierung der Streikenden niederschlagen wollen, die Qppo- sition gegen die Wehrpflicht in den mehr von Klassengedanken, als vom Nationalismus beherrschten Teilen der Arbeiterschaft vor- stärkt. Ein Mieterstreik. Eine riesige Mieterbewegung ist in G l a s g o w im Gange. 5000 Mieter haben wegen der von den Hauseigentümern vorge- nommcncn Steigerungen die Zahlung der Wohnnngsmiete ein- gestellt, Die Anfänge der Bewegung reichen 5 Monate zurück. Da- mals beschloß eine Zlnzahl von Arbeitern der Schuhfabrik des schot- tischen Genossenschaftsverbandes die B e i t r a g s l e i st u n g zum nationalen Hilfsfonds zum Zeichen des Protestes ein- z u si e l l e n. Diese Schuharbeiter, die auf demselben Grundstück n: Govan wohnen, beschlossen weiter die Verweigerung des Mietzinses und führten den Beschluß aus. Das Frauen- HauSkomitee verbreitete die Nachrichr in ganz Glasgow und 5 0 0 0 Mieter aus allen Schichten der Arbeiterschaft schlössen sich d e m S t r e i k a n.?lm 7. Oktober zogen 2000 Frauen mit ihren Kindern durch die Hauptstraßen zum Stadthaus und forderten durch eine Deputation den Gemeinderat auf, bei der Regierung für das Verbot der Mietsteigerung und der gerichtlichen Entsetzung von Soloatenfannlien während des Krieges einzutreten. Auch for- dcrten die Demonstrantinnen, daß die Gemeinde der Wohnungs- teucrung durch Errichtung und prositlose Vermietung von kom- munalen Häusern entgegenwirke. Tie Streikenden werden von verschiedenen Arbeiterorganisationen, besonders auch von den Munitionsarbeitern, unterstützt. Der„Labor Leader" schreibt, daß ohne Uebertreibung von einer drohenoen Rebellion gesprochen werden dürfe, falls die Regierung nicht energisch gegen die Eigentümer einschreite. Die Steigerung, gegen die sich die Mieter- wehren, ist schon die zweite seit Ausbruch des Krieges. Auch in Birmingham entwickelt sich ein gewaltiger Massen- streik. Die Mieter haben sich geweigert, die Kündigungsbriefe von der Post anzunehmen. Die Stimmung der Streikenden wiro durch die Inschrift charakterisiert, die auf einem Fenster einer„streiken- den" Familie zu lesen ist:„In derselben Zeit, wo meine zwei Söhne für unsere Existenz und Freiheit gegen die deutsche Unter- drückemg kämpfen, trachtet unser Landlord uns mir Erpressung von erhöhtem Wohnungszins zu verfolgen." Aus Letchworth wird gleichfalls ein Streik der Mieter der dortigen Gartenstadtgesellschaft gemeldet. Die Bewegung wird vom Trade«- and Labor Council(GelverkschaftSkartell) geleitet.
Das neue französische Kabinett. Das neue französische Ministerium ist wie folgt zusammen- gesetzt: Vorsitz und Auswärtiges : B r i a n d, Staatsminister ohncPortefeuille: Frey einet, Bourgeois, Com des, G ue s d e, Denis, Gochin, Justiz und Vizepräsident-, schaft: V i v i a n i, Krieg: General G a l l i e n i, Marine: Konteradmiral L a c a z e, Inneres: M a l V y, Finanzen: R i b o't. Ackerbau: M e lin e, öffentliche Arbeiten: S e m- bat,. Handel: C l e m c n t e l, Kolonien: Doumerguc, Unterricht und.Erfuihunaen, die' die Landesverteidigung be- treffen.: P a i n l e v ö, Arbeiten: Met in. Die vier Kriegs- Unterstaatssekretäre behalten ihre Portefeuilles. Nail wird Nnterstaat ffekretär der Marine, Dalimier behält die schönen Künste, die Unterstaatssekretariate des Innern unddes Aeußcrn kommen in Wegfall. Der bisherige französische Botschafter in Berlin Julius Gambon wurde zum Generalsekretär im Ministerium des Acußem ernannt. Meinungsverschieöenheiten in öer italienischen Sozialdemokratie! Mailand , 30. Oktober.<W. T. B.)„ S e c o l o" meldet aus Rom , daß gestern nachmittag die sozialistischen Abgcord- neten auf Montecitorio eine vierstündige Sitzung abgehalten haben, in der z w e i S t r ö m u n g e n hervorgetreten seien. Die eine Strömung sei die derjenigen Sozialisten, die sich läßt, als die technische Schwierigkeiten. Tie Zahl der„Gratis-Kost- gänger" ist enorm gestiegen. Von 1300 Beköstigten zahlt noch nicht der zehnte Teil. Dazu blieb ein monatlicher Zuschuß im Betrage von 300 Rubeln, den die Stadt leistete, feit Juli vollständig aus. Die Verivakwng der Küche ist nun auf die Beiträge der profcssio- nellen Vereine und einiger anderer Vereine angewiesen. Von den Einnahme:, verschlingt die Lokalmiete allein 1600 Rubel. Besoldet werden lediglich eine Köchin und ein Verwalter; alle �übrigen ?lrbeiten in der Küchp» im VertcilungSraum, im Speisesaal, im Bureau usw. werden ohne Bezahlung ehrenamtlich geleistet. Die Erschließung von Hilfsquellen steht nun im Mittelpunkt der Beratungen und Beschlüsse. Die Arbeiter heischen weiter eine Vertretung in der Stadt» duma, um von hier auS in sozialem Smne tätig sein zu können. DaS Hausbssitzer-Parlament fft noch nicht einmal mit dem kleinsten Tropfen Oeles gesalbt. DaS kann man bei seiner Zusammensetzung auch kaum erwarten. Die annähernd die Hälfte der Bevölkerung ausmachenden Juden sind vom passiven Wahlrecht vollständig ausgeschlossen. Gewählt werden können nur uichtjudische Haus- besttzer. Der russische Gouverneur ernannte auS der bürgerlichen Judenschaft sieben Personen, die mit 60 gewählten Dumamit- gliedern und dem aus sieben Personen bestehenden Magistrat das Plenum des stätischen VerwaltungökörperS bildeten. Die Er- nannten waren keine Vertreter proletarischer Interessen, sondern Großbourgeois, von deren Seit« di« gewählten antisozialen Stadl- väter keine Schwierigkeiten zu erwarten hatten. Die Vertrauens- männer des russischen Gouverneur» sind auch mit de» Zaren Sol- baten vor den Deuffchen geflohen. Die Ernannten wurden trotz des Vertrauens, da« sie genossen, nicht in den Ausschuß gewählt, der alle Vorlagen begutachtete und über ihre Annahme entschied, ehe sie an das Plenum gelangten. Ueberdies hatte kein Beschluß der Stadtverordneten Gültigkeit, wenn der Gouverneur seine Zu- stimmung verweigerte. Die Zlrbeiter erwarten, daß eine Neuord- nung der Verhältnisse ihnen die gebührend« Vertretung im Stadt- Parlament einräumt. Eine weitere dringliche Angelegenheit, mit der sich das Zentral- komitce beschäftigt, ist die Gründung einer Produktivgenossenschaft (Bäckerei) und eines Konsumvereins, um auch auf diese Weise den Minderbemittelten hilfreich unter die Arme zu greifen, sie den Fängen der gewerbsmäßigen Lebensmittelwucherer wenig- stens zum Teil zu entziehen. In einer Besprechung mit dem deutschen Bürger- meister, den ich mit einem Vertreter der professionellen Vereine auffuchte, wurde finanzielle Förderung des Unternehmens sowie Bewegungsfreiheit bei der Herbeischaffung von Lebensmitteln zu- gesagt. Bäckereien und Verkaufsläden, ebenso reichlich Arbeitskräfte stehen zur Verfügung. Unter diesen Umständen wird die Bäckerei schon bald in Betrieb genommen werden können. Ucber die weitere Tätigkeit dep Zentralkommission und das Gewerkschaftsleben werde ich im nächsten Artikel berichten. D ü w e l l, Kriegsberichterstatter,