Die Delegation hat von ihrer Besichtigung einen sehr günstigen Eindruck erhalten. Ein eingehender amtlicher Bericht wird demnächst vom Inte?» nationalen Vorstand gleichzeitig mit dem Bericht der Mission, die die Gefangenenlager in Oesterreich-Ungarn im vergangenen Monat besucht hat. veröffentlicht werden. Es wird dies die viert« Serie der anläßlich des europäischen Krieges veröffentlichten Dokumente sein. Die ersten Serien(Berichte über die französischen und deut- schen Gefangenenlager) sind in Genf bei der Internationalen Ge- fangcnenagentur im Rathmuseum und bei Georg u. die., Buchhandlung, zu 1,50 Frank erhältlich. ES steht jetzt fest, daß die österreichischen Familien über das Los ihrer gefangenen Angehörigen in Italien voll und ganz be- ruhigt sein können. Kriegsfragen im Unterhaus. London , 31. Oktober. (W. T. B.) Unterhaussitzung vom 30. Oktober. Auf eine Anfrage erwiderte Greh: Da die Londoner Deklaration nicht ratifiziert worden est. ist eS der eng» lifchen Regierung freigestellt, ob sie solche Bestimmungen davon annehmen will, die allgemein anerkannte Grundsätze des Völkerrechts befriedigend auszudrücken scheinen. Lord Charles BereSford fragte, ob England sich Deutschland gegenüber nach dessen zahl- reichen Verletzungen des Völkerrechts nicht mehr an Abkommen ge» bunden erachte, die England und Deutschland gemeinsam unter- zeichnet haben, wohl aber den Neutralen gegenüber daran fest- halte. Grey erwiderte: Ich stimme mit dem Redner darin über- ein, daß England gegenüber Deutschland hinsichtlich der genannten Erklärungen und Abkommen keine Verpflichtung mehr hat, hoffe aber, daß wir. gleichviel, was Deutschland getan hat, den Rück- sichten der Humanität Rechnung tragen, die von Abkommen und Erklärungen unabhängig sind. Die Rechte der Neutralen müssen natürlich geachtet werden. Aiii eine weitere Anfrage sagte Grey, es fei unrichtig, daß der deulsthe Reichskanzler im Juli 1014 der britischen Regierung mitgeteilt habe, er sei von einem Flotten- abkommen zwischen England und Rußland unterrichtet.(An- merkung des W. T. B.: Eine amtliche Erklärung hierzu von deutscher Seite wird nicht ausbleiben, sobald der Wortlaut vor- liegt. D. Red.) Kein militärisches oder Flottenabkommen habe vor dem Abkommen bestanden, das mehrere Wochen nach dem Aus- bruch des Krieges abgeschlossen worden sei. Grey führte weiter aus: Güter, die Deutschland erreichen oder verlassen sollen. müssen, gleichviel, ob sie einen neutralen Hafen passieren oder nicht, als Güter feindlicher Bestimmung oder feindlichen Ursprungs gelten und nach der soeben erlassenen Verordnung behandelt werden. Es ist gleichgültig, ob die Güter von einem neutralen Haken nach einem anderen gehen, wenn ihre End- bestimmung Feindesland ist. Bonar Law sagte auf eine Frage, es sei möglich, daß beträchtliche deutsche schwarze Schutz- truppen in der Nähe des Kilimandscharo die britische Grenze Wer. schritten hätten, aber der Feind fei nicht mit einer nennenswerten Streitmacht tiefer in das britisch« Gebiet eingedrung-n. Ein englisches Schiff habe ein deutsches Schiff in der Masabai versenkt, das vermutlich Waffen und Munition für die deutschen Truppen geführt habe. Balfour sagte auf eine Frage, daß die Verteidigung von London durch Geschütze und Flug- zeuge ein Gegenstand großer Sorge sei und beständig verbessert wevSe. Auf eine weitere Frage führte Balfour aus, die Regierung beabsichtige, London ebensogut gegen Luftangriffe zu verteidigen, wie Paris verteidigt werde; er glaube aber nicht, daß die Luftschiffe Paris leichter erreichen könnten als London . Healy fragte, ob die Mitglieder des Kabinetts dieselbe Gefahr laufen wie jedermann und daher ebenso darauf bedacht seien, sich zu schützen.(Heiterkeit.) Balfour sagte weiter, Admiral Scott sei für die artilleristische Ver- teidigung von London verantwortlich, die Admiralität und das Kriegsamt für den maritimen und den militärischen Flugzeugdienst. Die Admiralität sei für die ersten Nachrichten über das Herannahen von Zeppelinen auf Beobachtungen an der Küste oder auf See an- gewiesen. Balfour berief sich aus die vor einiger Heit von Sir John Simon vorgebrachten Grünoe gegen eine vorherige Warnung des Publikums. Auf eine Frage von Outhwaite lehnte es Sir John Simon ab, das Publikum vorher zu warnen. Outhwaite fragte, ob Simon nicht bekannt sei, daß sich gestern Abgeordnete aus dem Unterhause in wilder Flucht entfernt hätten, weil sie von einem Zeppelinangriff hörten.(Zwischenrufe: der Sprecher saMe. Outh- waite dürfe nicht von wilder Flucht sprechen; Outhwaite ZW wegen dieses Ausdruckes um Entschuldigung.) Lloyd George sagte, Pre- mierminister Asquich werde die groß« Zahl der an ihn gerichteten Fragen in seiner Rede am Dienstag beantworten; eine Debatte werde sich daran anschließen, da das HauS sie zu wünschen scheine. Japan und China . London , 31. Oktober. (W. A. B.) Das Reutersche Bureau meldet aus Peking : Japan gav der chinesischen Regie- r u n g den freundschaftlichen Rat, die Vorbereitungen zur Er- richtung der Monarchie zu verschieben, da sie fast sicher zu Unruhen fuhren würden, die den Frieden im Osten und die Jnter- essen der in den Krieg verwickelten europäischen Mächte gefährden würden.
Die Zukunft öer Zugenöwehr. Seit einigen Monaten wird in bürgerlichen Blättern immer dringlicher die Forderung nach gesetzlicher Einführung der mili. tärischen Jugendvovbeveitung erhoben. Nun hat noch der Verlag des«Deutschen Offiziersblattes" eine Schrift herausgegeben, deren ausgesprochener Zweck es ist, eine«gewaltige Bewegung" für die gesetzliche Jugendwehr zu entfachen.*) Mit Genehmigung der stell- vertretenden Generalkommandos sollen allerorts aufklärend« Vor» träge mit anschließender Aussprache gehalten und in den einzelnen Korps- und Kontingentsbezirken Erfahrungen und Anschauungen gesammelt werden, di«� in einer für Preußen und die Bundes- staaten zu berufenden Kommission zusammenfließen sollen zwecks Ausarbeitung einer Vorlage für die gesetzgebenden Körperschaften. Abgesehen davon, daß der Verfasser nicht hält, waS er in dem schwarz-weiß-rot eingesäumten Titel verspricht(über die zukünftige Organisation des Heeres findet sich kein Wort in der SchriftI), ver- dient sie die Beachtung der Arbeiterschaft deshalb, weil hier zum erstenmal die von den Wortführern bestimmter Richtungen der bürgerlichen Jugenderziehung erhobenen verschiedenartigsten Vor. schlage in ein System gebracht worden sind. Die Grundgedanken des vom Oberstleutnant von Hoff ent- wickelten Planes sind ungefähr die folgenden: Durch Gesetz wird jeder Deutsche verpflichtet, vom vollendeten 17. Lebensjahre ab sich der militärischen Vorbereitung für den Heeresdienst zu unter- ziehen. Die Ausbildung in einem früheren Lebensalter zu be- ginnen, würde manchen körperlich noch nicht genug Entwickelten treffen und Störungen des Betriebs der höheren Schule, der Fort- bildungsschule und der Berufstätigkeit oder Lehre herbeiführen. Außerdem' müsse die Jugend, wenn sie in die Jugendwehr eintritt, für«die richtige Auffassung militärischer Unterordnung reis sein". In einem späteren Lebensalter mit der Ausbildung zu beginnen, empfehle sich deshalb nicht, weil im allgemeinen die FortbildungS. schule die Jugendlichen bis zum 17. Lebensjahre umfaßt. Zwischen Fortbildungsschule und Jugendwehr dürfe aber kein« Lücke ent- stehen. Jeder Jugendlich« also, der daS 17. Lebensjahr vollendet hat, hat sich zur Stammrolle der Jugendwehr anzumelden. Von diesem Zeitpunkt an unterliegt er der Kontrolle und den Gesetzen der Militärbehörden wie jeder zurzeitMilitärpflichtige. Auch„Vorbildung und Heber-
*1..Jugendwehr und Zukunftsheer". Ein Rückblick und ein Ausblick von Oberstleutnant von Hoff. Verlag von Gerhard Stalling , Oldenburg . 52 S. Preis 60 Pf.
tritt in den Heeresdienst sollen zeitlich durch keine Lüfte getrennt sein". Beim Eintritt in die Jugendwehr Hai sich der Jugendllch« einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, die in regelmäßigen Zwischenräumen zu wiederholen sei. Die Ausbildung der Jugend- uchen könne nach den bestehenden Richtlinien des preußischen Kultusministeriums erfolgen. Die Erfahrungen des Krieges müßten hierbei natürlich genügende Beachtung finden. Vor allem sei durch entsprechende Hebungen die Disziplin frühzeitig zu er- ziehen,„damit sie auch im Feuer durchhält". Die Ausbildung mit der Waffe sei wenigstens insoweit notwendig, als sie die Kenntnis der Waffe, Zielen und Schießen schulmätzig umfaßt. Dem ange- wandten Turnen müsse, besonders im ersten Jahre, erhöhte Aus- merksamkeit und genügende Zeit gewidmet werden. Die Hebungen der Jugendwehr dürften keinesfalls in die Frei- zeit der Woche gelegt werden. Auch der Sonntag, der der Familie, der Kirch? und den Jugendvereinigungen gehöre, � soll im allgemeinen verschont bleiben; er brauche aber für halbtägige Hebungen nicht gesetzlich ausgeschaltet werden. Der Kirche könne Entgegen- kommen gezeigt werden, indem zu Beginn und am Schluß der sonntäglichen Hebungen ein« kurze Feldandacht abgehalten wird. Auf dve sonntäglichen Veranstaltungen der Jugendvereinigungen sei weitestgehende Rücksicht zu nehmen. Der Gesamtzeitaufwand für die Hebungen in einem Monat müsse gesetzlich festgelegt werden. Die Leitung und Führung der Jugendwehr soll nach rein mili- tärischen Gesichtspunkten und Vorschriften erfolgen. DaS Ofsizier- korps komm« für die Leitung und Führung, das Unteroffizier- korpS für vie Unterführung in Betracht. Da bei dem Umfange des gesetzlichen Jugendnwhr-AufgebotS diese Führerschaft nicht ausreich-', auch„um den Ausgleich der sozialen Unterschiede, den wir bei dem Jungvolk der Jugendwchr anstreben, auch in ihrer Führerschaft zum Ausdruck zu bringen" seien die Offiziere und Unteroffiziere des Beurlaubten- und inaktiven Standes heran- zuziehen. Diese Tätigkeit müsse in Zukunft zur ge- setzlichen Dienstpflicht aller dieser Persönlich- keiten gehören. Es handle sich ja nur„um Hiujjab« einiger Berufsstunden eines Nachmittags jeder Woche und vielleicht um einen halben Sonntag Freizeit im Monat. Darüber wird unser Staatswesen, unsere Industrie und unser Handel nicht rückwärts gehen."_
Sevölkerungspolitik. Uns wird geschrieben: Mit der Deutschen Gesellschaft für Be- Völkerungspolitik fing eS an, dann folgten Zentralstelle für Volks- Wohlfahrt, Bund Deutscher Frauenvereine und Bund für Mutter- schütz. All« behandelten das Thema der Bevölkerungsvermehrung, und eS ist natürlich und begreiflich, daß gerade diese Zeit der Menschenverschwendung zum Nachdenken anregen muß, wie all- mählich daS Verlorene wieder ersetzt werden kann. Aber eS scheint unS zweifelhaft, ob einer gesunden Bevölkerungspolitik mit Ver- anstaltungen gedient wird, in denen Vortragende und Diskutierende gebunden sind, bei denen nur so viel oder so wenig gesagt werden darf, als die Zensur erlaubt. Unter solcher Beschränkung leiden naturgemäß nicht alle Or- ganisationen in gleicher Weise. Wer die Menschenproduktion um jeden Preis verlangt und bereit ist, sie zu fördern, unter der Voraus- setzung, daß an den Grundlagen des Bestehenden auch nicht ein Titelchen geändert werden darf, wem das Ziel aller BevölkerungS- Politik die Schaffung riesengroßer Reserven für künftige Kriege ist — der darf seinen Gedanken und Worten freien Spielraum lassen. Anders aber steht es mit denen, die in der friedlichen Entwickelung, in der Arbeit an der allgemeinen menschlichen Kultur, an dem Auf- stieg der gesamten Menschheit die wesentliche Aufgabe der Gene- rationen erblicken, und die deshalb weniger eine Massenproduktion von Menschen, sondern die Schaffung eines körperlich und geistig tüchtigen Menschengeschlechts wollen. Die müssen ihren Gedanken Zwang auferlegen, für sie ist eS schwieriger, ihre Reden, die ja erst vorgelegt werden müssen, so einzurichten, daß sie keinen Anstoß erregen. Sie müssen sich hüten, den Widerspruch zwischen Krieg und Bevölkerungspolitik klar herauszuarbeiten; kurz und gut, sie dürfen eben auch nicht viel mehr sagen, als die Schwärmer für einen ungehinderten GeburtenzuwachZ, nur daß sie in der Auswahl der Mittel, die zu dem gewünschten Ziele führen sollen, von ein- ander abweichen. Daran muß man immer denken, wenn man die Hnterschiede in der Arbeit etwa der Deutschen Gesellschaft für Bevölkerungs- Politik und des Deutschen Bundes für Mutterschutz suchen will- Die Versammlungen der beiden Organisationen, und das war wohl da» bezeichnendste, waren auf einen ganz verschiedenartigen Ton gestimmt. Bei der Gesellschaft für Bevölkerungspolitik war alles Männerarbeit, unter möglichster Ausschaltung der Frau, die nur als Objekt der Gesetzgebung zu betrachten ist. Bei dem Bund für Mutterschutz Heranziehung der Frau zur Arbeit, Untersuchung ihrer Lage, Versuche, sie in den Stand zu setzen, daß sie Mutter werden kann und will. Das Glück der Familie, vor allem der Frau und des Kindes, ist vornehmstes Ziel des Bundes; die Stär- kung de? Militärstaates ist das Streben der Gesellschaft für Be- völkerungSpolitik. Kern Zweifel, daß der Bund für Mutterschaft in der Ent- Wickelung seiner Ideen während des Krieges nicht ganz frei ist. Die Konjunktur zur Erreichung größerer staatlicher Hilfeleistung für Mutter- und Kinderschutz ist zwar gut, aber diese Tatsache birgt auch die Gefahr in sich, daß man, um die Konjunktur aus- zunutzen, sich etwas von den Geschäftspraktiken der andern zu eigen macht. Nirgends ist jedoch der Hinweis aus die militä- r i s ch e Schwäche der Länder mit niedrigen Geburtenziffern so wenig am Platze wie im Bund für Mutterschutz, und es beein- trächtige etwas den Gesamteindruck des Vortragsabends, daß auch hier vor einem der Referenten vor der Bevölkerungszunahme in Rußland als einer künstigen Bedrohung Deutschlands gewarnt wurde. Daß keine wesentlich neuen Gesichtspunkte für die Hebung der Bevölkerungszahl oorgeibracht werden konnten, liegt in der Tatsache begründet, daß die ganze vom Bund für Mutterschutz ge- leistete Arbeit, die bisher von feiten der Behörden sowie von den Kreisen, die sich jetzt mit BevölkerungZpolitik beschäftigen, sehr wenig Beachtung oder gar Hnterstützung fand. auf die Herabmindeuung der Sterbeziffer, die Erleichterung der Heiratsmöglichkeit und die Schaffung der anderen Vorbedingungen für eine günstige Geburtenziffer hinzielte. Es ist dem Bund ge» wiß sehr angenehm, daß er heute von den verschiedensten Seiten einen Teil seiner Ideen übernommen sieht. Vielleicht erlebt er sogar eines Tages, daß seine Bestrebungen nicht mehr«in Hindernis für den Anschluß an den Bund deutscher Frauenverein« sind, der ja ebenfall-, neuerdings die Bevölkcvungspolitik auf sein Panier geschrieben hat. Keinenfalls aber werden seine Ar- beiten überflüssig. Nach oem Kriege wird sich erst zeigen müssen, in welcher Richtung sich die verschiedenen Organisationen bewegen, und diejenige wird am besten einer wirklichen Bevölke- rungSpolitik dienen, die neben der Fürsorge für Mutter und Kind eine ausgedehnte und tiefgründige Arbeit für friedliche Kul- turaufgaben leistet und oaS Verständnis dafür in den Müttern er- weckt.
polltische Uebersicht. Tie unverzügliche Einberufung des Reichstages hat der Vorstand der sozialdemokratischen Fraktion beim Reichskanzler beantragt, weil die Lebensmittelfrage und der Belagerungszustand eine schleunige Er- örterung erheischen.
Der Zusammentritt deS preustifchen Landtags. Die Bemühungen von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses um eine Einberufung deS Landtages im November haben, wie der „Deutsche Kurier" mitteilen kann, beim Reichskanzler keinen Erfolg gehabt. DSr Landtag wird erst nach Neujahr einberufen werden. Nach der preußischen Verfassung wäre der 15. Januar der letzte Termin gewesen.
Zur Erörterung von Friedcnsbedingungeu. Die„Kreuz- Zeitung " schreibt: „Wir haben unS früher wiederholt darüber beschweren müssen, daß polnisch« Publizisten sich an daS Gebot des Burg- friedenS nicht für gebunden erachteten. Neuen Anlaß zur Be- schwerde geben uns Veröffentlichungen, die der Pol« W. Feldman im Verlage von Karl Curtius in Berlin erscheinen läßt. ES handelt sich um die dreimal monatlich erscheinenden Polnischen Blätter und um eine Flugschrift:„Die Zukunft Polens und der deutfch-polnifche Ausgleich". In ihnen allen wird der Gedanke eines unabhängigen Polenstaates vertreten und gegen andere Lösungen der Polenfrage, wie z. B. eine Teilung Polens , in schärfster Weise Einspruch erhoben. Die Folge einer solchen wäre, so wird gesagt, Verzweiflung aller Nationalpolen, uno eS lasse sich nicht voraussehen, wohin Verzweiflung führen könnte. 90 v. H. der polnischen Nation würden ins russophile Lager über- gehen. Der Gedanke eines gewaltsamen Hmsturzes der kränken- den Neuordnung werde zu revolutionären Gärungen führen, in bedeutend größerer Ausdehnung als in den dreißiger, vierziger Jahren, oder um 1863.— Die Erörterung von FriedenSzielen ist bekanntlich verboten. Man wird verschiedener Meinung dar- über sein können, ob daS zweckmäßig ist, oder ob es nicht rich- tiger wäre, die mit unS im Kriege liegenden Völker nach- gerade an das zu gewöhnen, was ihrer harrt, und sie damit ein wenig auS der Selbsttäuschung auf- z u s ch e u ch e n, der sie sich noch immer hinsichtlich der allge- meinen Kriegs- und Machtlage hingeben. Solange aber jenes Verbot besteht, muß eS auch für alle gleichmäßig gelten und durchgeführt werden. Es geht nicht an, saß die Holen für die ihnen genehm« Regelung der Friedensverhältnisse Propaganda machen, während die deutsch « Oeffentlichkeit verhindert ist, fach- lich dazu Stellung zu nehmen." Wir geben diese Aeußerung wieder; nicht um uns die Klagen darüber zu eigen zu machen, daß einzelne Gruppen die FrievenSziele bereits erörtern können; sondern weil die ange- deuteten Anschauungen deS konservativen Blattes über die Friedensbedingungen so charakteristisch sind, nicht nur für die pol- nisch« Bevölkerung, sondern auch für unsere Partei.
Die Antwort der Konservative«. Auf die Beschlüsse des sozialdemokratischen Parteivorst an- des und des Pa r tei a u s fch u ff e s zur LebenSmittelteuevung antwortet die„Kreuzzeitung " mit folgender Drohung: „ES ist das alte Schema: Nicht innere Gründe, sondern die Spekulation ist schuld an der Teuerung, die durch undurchführbare Maßnahmen(Beschlagnahme der Viehbestände!) beseitigt werden soll. Werden solche Auffassungen von der Presse vertreten, so kann das allerdings nur aufpeitschend wirken. Und dieser ver- giftenden Agitation wird man schließlich doch ein Ende machen gezwungen sein, wenn die nationalen Interessen nicht schwer geschädigt werden sollen." DaS konservative Rezept lautet also: Gewaltsame Unterdrückung de? Kampfes gegen die Teuerung.
Eine Aufgabe für Herrn von Loebell. Die„K r e u z z e i t u n g" bespricht in ihrer Sonntagnummer noch einmal den Kampf gegen die Lebensmittelteuerung. Das Blatt fordert von der Regierung die Aufklärung des Volkes darüber, daß nur— England die Schuld an der Teuerung trage. Wie das gemacht werden kann, das denkt sich die„Kreuz. zeitung" so: „Die Presse hat sich in der letzten Zeit vielfach mit dem Erlaß de» Minister» des Innern beschäftigt, in dem der Abdruck einer Reglerungskorrespondenz in den Zeitungen der Provinzen und der Kreise empfohlen wurde. Unseres ErachtenZ wäre ei sehr verdienstvoll gewesen, wenn die Regierung auf diesem Weg« Klarheit über die Fragen der Volksernährung bis in die kleinsten Provinzblätter hinein zu verbreiten gesucht hätte."_
Die polnischen Druckereien unter Aufficht. DaS Verordnungsblatt für da» Generalgouvernement Warschau enthält eine Verordnung de» TeneralgouverneurS v. Beseler betreffend die Druckereien. Darin wird bestimmt: „Wer eine Druckerei besitzt ober betreibt, hat diese beim KreiSchcf (Polizeipräsident) anzumelden. Die gleiche Pflicht hat der- jenige. in dessen HauS eine Druckerei betrieben wird. Der Betrieb von Druckereien kann Personen, die der erforderlichen Zuverlässig- keit entbehren, vom KreiSchef(Polizeipräsidenten ) untersagt werden. Zur Einrichtung neuer Druckereien ist die Ge- n e h m i g u n g de» KreiSchefS(Polizeipräsidenten ) erforderlich. Zuwiderhandlungen gegen vorstehenve Bestimmungen werden mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bi» zu 10 000 M. bestraft. Auch kann die Einziehung der Pressen und Typen au- geordnet werden."
Herabsetzung deS BrotpreifeS in Hamburg . Der Ausschuß für Brotverforgung im Hamburger Stadtgebiet hat beschlossen, die wöchentliche Bezugsmenge Mehl, die zurzeit nur 150 Gramm für jede Brotkarte beträgt, auf 250 Gramm zu er- höhen. Ferner werden die Preise für Roggenfeinbrot von 50 auf 44 und für Roggenschwarzbrot von 35 auf 32 Pf. ermäßigt.
Eine Ergänzung der Butterpreis-Berordnung. Abschnitt II der Bekanntmachung über die Festsetzung der Grundpreise für Butter und die Preisstellung für den Weiterver- kauf vom 24. Oktober 1015 erhält folgenden Zusatz: .Liefer! der Großhändler dem Kleinhändler die Butter in kleinen Packungen, in denen sie unmittelbar an den Verbraucher abgegeben werden kann(insbesondere in Halbpsundpaketen), so darf der Zuschlag für den Grohhandel um 3 Mk. erhöht werden; um den gleichen Betrag vermindert sich der zulässige Zuschlag für den Kleinhandel." Diese Bestimmung tritt mit dem 1. November 1915 in Kraft.
Kriegsbekanntmachungen. Der Vriefverkehr mit Deutfch-Südwestafrika. Genf » 30. Oktober. (W. T. B.) Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Genf (Schweiz ) über- nimmt die Beförderung von Briefen und Geldspenden sowie Tele- grammen von deutschen Familien an ihre Angehörigen in Deutfch-Südwestafrika. Die Briefe, denen ein Ant- wortschein beigefügt sein muß, dürfen nur persönliche Nach- richten enthalten.