allein die herrschenden Klassen zwingen könnte, sich unter allen Umständen zu verständigen. Sobald man in der Forderung der Schiedsgerichtshöfe nicht bloß eine juridische Form der in den sozialen Verhältnissen vor sich gegangenen Amberung sieht, sondern allein d i e Macht betrachtet, die den Frieden sichern könnte, jagt man Trugbildern nach, deren Unrealität Muir leicht beweisen konnte. Die Pläne der Pazifisten bleiben in der Tat in der Luft hängen, sofern sie nicht aus den wirklichen sozialen Verhältnissen ausgehen. Alle anderen Pläne sind Luftgebilde, die, insofern sie noch mit dem Siege einer Mächtegruppe verbunden werden, bloß dazu führen, dah der Krieg verlängert wird, und daß seine nega- tiven Folgen vergrößert werden.(r) ponsonbp über Friedenspolitik. In der an den Brief I. A. Hobsons anknüpfenden Diskussion in den»Daily News" hat jetzt auch der radikale Abgeordnete Artur Posonby das Wort ergriffen. Er schreibt: »In Ihrem Leitartikel anläßlich Herrn Hobsons Brief in Ihrer Nummer vom IS. Juni, worin er für die Zeichnung der Friedens- adrcsse eintritt, sagen Sie:»Lassen wir sie(d. h. die Deutschen ) ihr Unrecht gutmachen und ihren Zusammenbruch bekennen. Dann werden wir den Grund betreten haben, wo wir von der Milderung der Strafen sprechen können." Hat jemals eine Nation, selbst nach einer vernichtenden Nieder» läge, bekannt, im Unrecht gewesen zu sein? Ich kann mich keines solchen Falles entsinnen. Wir fahren fort, zu glauben, daß der militärische Sieg die unbedingte Voraussetzung zu jeder Friedens- Verhandlung sei, weil, sobald der Krieg einmal begonnen hat, der Wunsch obzusiegen alles übrige überschattet. Die Notwendigkeit einer dauernden europäischen Regelung ist aus dem Auge verloren worden, und doch ist diese der einzige reale Gewinn, der sich aus diesem Krieg ergeben kann. Ein Frieden, der diktiert wird, ist immer ein rachgieriger Frieden, und unter solchen Umständen ist eine befriedigende Regelung nicht möglich. Ein gerechter Frieden kann jetzt nur erlangt werden, wenn die Staatsmänner überredet werden könnten, die Nichtigkeit weiterer Opfer einzusehen. Ich kann sehr wohl die Haltung jener verstehen, die auf den Sieg andringen, weil sie die Oberherrschaft und die Verstümmelung aller Nebenbuhler, den Gewinn von mehr Landgebiet und die Aussicht auf eine sich ausbreitende Weltherrschast wollen. Sie glauben, daß die Größe einer Nation von der Macht ihrer Rüstungen und der Größe ihres Gebiets abhänge, und ihr Vertrauen auf die Ge- walt ist im Hinblick auf das Ziel, das sie im Auge haben, gerecht- fertigt. Immerhin sogar, sie mögen im Licht der modernen Krieg- führung Anlaß gehabt haben, ihre Meinungen zu ändern. Was ich aber nicht verstehen kann, ist die Anschauungsweise jener, dse nicht an die Gewalt glauben, die keine weitere nationale Vergrößerung wünschen, die wissen, daß in der Gemeinschaft der Nationen Selbstbescherdung notwendig ist, Friede herrschen soll und die erkennen, daß ohne Frieden kein Fortschritt und Gedeihen mög- lich ist. Denken sie so, wie können sie an die Bestrafung einer Nation durch die Schlachtung von Soldaten bei ungeheuren Kosten für uns selbst glauben? Warum nehmen sie an, daß, je länger man einen Krieg fortsetzt, man desto leichter die Differenzen zwischen den Nationen lösen kann? Was bringt sie zu dem Glauben, daß die Demütigung Deutschlands ein stiedliches Europa bedeutet? ... Verschiedene Nationen sind bankrott, alle Nationen find geschwächt und das Leiden der Völker ist über aller Beschreibung. Ist das nicht genug? Oder wollen wir den Grad all dieses Elends zu erhöhen fortfahren, auf die Möglichkeit eines militärischen SiegeS hin, der uns just instandsetzen würde, Fahnen aufzuziehen und über einen besiegten Feind zu triumphieren? Lassen Sie niemand glauben, daß wir für Freiheit und Ge- rechtigkeit gegen Militarismus und Unterdrückung kämpfen! In einen Krieg wie diesem sind«S die Unrechtsmächte, die«inander gegenüberstehen. Freihest und Gerechtigkeit sind bat Angebinde keiner der bestehenden Regierungen, Militarismus und Unter- drückung charakterisieren sie— in verschiedenen Graden— alle. Jener andere Krieg muß erst kommen. ES wird der Krieg der ver- «inigten Demokratie gegen die veralteten Traditionen diskreditierter Regierungen sein." st) Ein verein für internationale Annäherung in Petersburg . Wie Petersburger Blätter melden, hat am tL. d. M. im PeterS- burger Rathaus die konstituierende Versammlung des neugegrün- beten»Vereins für internationale Annäherung Ruhlands und des russischen Volkes an andere Länder und Völker" stattgefunden. In den Vorstand wurden u. a. gewählt der Akademiker Bechterew, Senator Iwanow, Rechtsanwalt K r e m l e w, Dumaabgeord- neter Adshemow, Rechtsanwalt Grusenberg— alles Leute, die vorwiegend dem linken Flügel der Kadettcnpartei an- gehören. Laut der»Voss. Ztg." hat in der ersten Versammlung einer der Gründer deS Vereins, Kremlew, eine Rede gehalten, in der er ausführte, der neue Verein stelle sich die Aufgabe, eine An- Näherung Rußlands und deö russischen Volkes an andere Länder und Völker auf allen Gebieten des geistigen und wirtschaftlichen Lebens herbeizuführen. Solange der gegenwärtig« Krieg noch an- dauere, werde man natürlicherweise diese Annäherung nur an jene Völker und Länder anzustreben haben, die sich nicht im Kriegs- zustande gegen Rußland und seine Verbündeten befänden. Man müsse aber versteihen und an dem Gedanken festhalten, daß un- mittelbar nach Beendigung des Krieges alle uns gegenwärtig feind- lichen Länder und Völker nicht mehr als unsere Feinde zu betrach- ten sein würden, und so erscheine schon jetzt, wo Europa am Vor- abcnde des AufhörcnS der allgemeinen Völkerschlächterei stehe, die Begründung eines derartigen Vereins als durchaus zweckmäßig. Diese Rede hat, bevor sie gehalten wurde, der Petersburger politischen und Militärzensur vorgelegen. st) Ein Jahr Kriegselenö in Lettlanö. Von einem estnischen Genossen wird unS geschrieben: Bereits ein volles Jahr wütet der Krieg in L e t t l a n d; nichts von den Schrecken und Verwüstungen des Krieges ist dem lettischen Volk erspart geblieben. Der größte Teil des kleinen Volkes hat die Not und das Elend unmittelbar über sich ergehen lassen müssen und nur ein kleiner Teil steht noch etwas abseits vom Schlachtfeld. Aber auch dieser ist bereits sehr hart von den Kriegsereignissen mit- genommen. Als die deutschen Truppen im Frühjahr ISIS in Kurland ein- drangen und daS Land nach und nach besetzten, wurde Kurland von den Letten größtenteils verlassen. Die russische Administration hat Kurland fast noch gründlicher als Polen und Litauen „ge- räumt". In Kurland konnte diese Räumung übrigens leichter durchgeführt werden, weil bei der Mehrzahl der lettischen Be- völkerung aus historischen Gründen eine starke Abneigung gegen die Deutschen und eine heftige Furcht vor der deutschen Eroberung bestand. Die Städte, die Dörfer, die bäuerlichen Einzelhöfe wurden eiligst verlassen, der Flüchtlingsstrom schwoll zu einer Art Völker-
Wanderung an und ergoß sich ostwärts über die Düna , zuerst nach Riga , dann immer weiter nach Livland , Estland und in die östlich angrenzenden Gebiete Rußlands . Teile des Flüchtlingsstromes durchwanderten weite Gebiete deS Zarenreiches, zahlreiche Bauern mit ihren Familien ließen sich bis nach Sibirien drängen, um dort angesiedelt zu werden. Die wohlhabenderen Schichten, namentlich die Städter, nahmen in russischen Städten, besonders in PeterS- bürg und Moskau Aufenthalt. Der größte Teil der ärmeren Be- völkerung verblieb vorläufig in Südlivland— bei den livländischen Letten. Von der livländischen Bevölkerung waren ebenfalls viele von der Panik ergriffen worden und hatten ihre Heimstätten ver- lassen. Die leer oder halbleer vorgefundenen Gebäude wurden von den Flüchtlingen besetzt, und immer zahlreicher gesellten sich neue Flüchtlinge hinzu, bis all« einigermaßen bewohnbaren Behausungen in Süd- und Mittellivland überfüllt waren. Die meisten der Flüchtlinge, die nicht weiter konnten, sind von Mitteln vollständig entblößt und waren bereits bei der Ankunft auf Unterstützung angewiesen. Es handelt sich zum großen Teil um Kinder, Frauen und alte, arbeitsunfähige Leute. Arbeitsfähige Männer sind fast gar nicht anzutreffen. Die jüngeren Männer befinden sich bereits unter den Waffen; ältere arbeitsfähige Männer sind zu den verschiedensten Arbeiten der»Landesverteidigung" be- fohlen.— Mit der Ankunft der Flüchtling« trat auch sofort der fühlbare Mangel an allen Lebensmitteln auf. Die Vorräte waren längst durch die Militärbehörden beschlagnahmt, und für die ört- lichen Einwohner war nur wenig zurückgeblieben. Als die Massen der Flüchtlinge kamen, wurde alles, was noch zu finden war, in kurzer Zeit aufgebraucht, und bald herrschte überall Not und Hunger. Erst al» die Not bereits als.unerträglich" erkannt war, bildeten sich nationastlettische Hilfskomitees, denen e» übertragen wurde, die an sich sehr ungenügende Unterstützung der Regierung unter die Notleidenden zu verteilen. Diese Hilfe hat gerade hingereicht, den Hungertod der Massen aufzuhalten, übrigens aber auch nur in der ersten Zeit. Die Größe der Not tritt plastisch vor Augen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß diese Massen sich nur mit Hilfe von Kar- toffeln und etwas Roggenmehl am Leben erhalten I Dazu die kalten, ungeheizten, überfüllten und daher von Schmutz starrenden Lagerstätten, dunkel, weil au» Mangel an Petroleum an eine Be- leuchtung nicht zu denken war. Die wenigsten sind mit Winterklei« dung versehen.— Fleisch, Butter, Käse, Milch usw. haben die meisten seit Monaten nicht mehr genossen, selbst Kochsalz fehlt gänzlich. ebenso Mehl und alle anderen gewöhnlichen Lebensmittel. Brot ist nur selten anzutreffen, Zucker, Kaffee, Tee usw. zählen zu un- erschwinglichen Genußmitteln, die bei den Flüchtlingen gar nicht in Frage kommen. In dieser Not, in diesem Elend darben und sterben ganze Familien. Die Lungenkrankheiten verbreiten sich epidemisch. Frauen und Kinder liegen hilflos danierder, bis der Tod sie erlöst.... Zu Anfang dieses Jahres wußten die Zeitungen auf Grund einer statistischen Erhebung der Hilfskomitees zu berichten, die Ge- samtzahl der lettischen Flüchtlinge oder solcher, die sich mit den Flüchtlingen in gleicher Lage befänden, erreiche bereits eine Million. Das macht etwa fünf Siebentel von der Ge- samtzahl des lettischen Volkes auS, die vor dem Kriege mit 1,4 Mil. lionen berechnet wurde. Die Zahl der verwüsteten und verlassenen Bauernhöfe wurde mit 80 000 angegeben. Die Zone der Entvölkerung reicht viel weiter als die Front- linie. Schon im Herbst wurde in Livland vom Dünaufer ein Landstrich von 20 Kilometer Breite von Dünaburg bis zur rigaischen Bucht geräumt. Diesem Gebiete parallel laufend wurde ein weiterer Strich von derselben Breite sehr gründlich auSrequiriert, weil eine Räumung als bevorstehend angenommen wurde. So befindet sich ein großer Teil von Südlivland gleichsam im Vorstadium der Kriegs- ereignisse. Die ganze Bevölkerung ist hier noch nicht geflüchtet. Aber sie lebt in steter Unruhe, die jede Tätigkeit lähmt. Auch Riga , die Metropole der baltischen Provinzen, verfiel schon im Sommer 1918 der Räumung. Zählte die Stadt vor dem Kriege etwa 600 000 Einwohner, so im Herbst 1918 200 000, unter denen sich zudem viele Flüchtlinge befanden, so daß nur etwa e i n Fünftel der früheren Einwohner am Orte geblieben ist. Diese stolze Großstadt mit den vielen Fabriken und Werk- stätten, mit dem großartigen Seehandelsverkehr und Geschäftsleben ist jetzt eine öde Stätte von leeren Häusern, ausgeräumten Fabriken und verschlossenen Geschäften aller Art. Die Fabriken mit Zehn- taufenden von Arbeitern wurden nach Jnnerrußland übergeführt. Selbst die städtische Straßenbahn und das Wasserwerk wurden demoliert und das rollende Material der ersteren nach Petersburg geschafft. Ungemein hart berührt daS Schicksal Rigas das Kulturwesen de» lettischen Volke». ES war mit Riga innig verwachsen. Die größeren Städte Kurlands waren in dieser Hinsicht nicht bedeu- tungSloS, aber Riga galt als daS Zentrum und war richjtung. gebend. Die lettisch-nationale Eigenkultur hatte sich— im harten Kampfe mit den deutschen Oberklassen deS Landes und nicht minder mit der russischen Regierungsgewalt— in der Form von Vereinen privaten Charakters eine Organisation zu schaffen gewußt, die für die Fortentwickelung des Volkes von höchster Bedeutung war. Ein Netz von Vereinen der verschiedensten Art umspannte ganz Lettland . Fast alle hatten Beziehungen zu den kulturellen Zentralvereinen in Riga . Daneben hatte Riga die größten lettischen Banken und Kreditinstitutionen aufzuweisen. Hier gab es auch zwei bis drei große lettische Theater, eine Oper, neun lettische Tageszeitungen, von denen einige bis zu 80000 Abonnenten zählten. Riga war das Zentrum der lettischen Arbeiterbewe- g u n g. Sowohl die legalen wie die illegalen Arbeiterorganisationen hatten in Riga ihre Basis. Die Kämpfe der Rigaer Arbeiter waren vorbildlich für die gesamte lettische Arbeiterschaft. Während der russischen Revolution wie auch während der Reaktion nach 1908 spielte die lettische Arbeiterschaft Rigas in der russischen Arbeiter. bewegung eine hervorragende Rolle. Mit der Räumung Riga ? ist nun dieses Zentrum deS lettischen Kulturlebens vorläufig zerstört, außer Funktion gesetzt. Fast alle obei erwähnten Institutionen hörten auf zu existieren, die mühsam aufgebaute große und wichtige Organisation wurde zerstört. Frei- lich nicht nur in Riga oder durch das Schicksal Rigas; dasselbe Schicksal erlebte ja das ganze Land. Die Flucht des größten Teiles der Bevölkerung war gleichbedeutend mit der Niederreißung dieser für die nationale Eigenkultur der Letten so außerordentlich wich- tigen Organisation. Der Schaden, den das lettische Volk als eine nationale Kultur- gemeinschaft erlitten hat, ist einfach unberechenbar, und es ist durchaus nicht unbegründet, wenn besorgte Stimmen betonen, daß die Zukunft des lettische n Volkes in Frage ge. stellt sei. Ueber diese Frage läßt ein lettischer Schriftsteller einen erfahrenen Mann aus dem Volkes folgendes sagen: „Es mag sein, daß der größte Teil der Flüchtlinge über kurz oder lang zurückkehren und den heimatlichen Boden wieder be- arbeiten wird. Aber die Zurückkehrenden werden nicht die früheren Menschen sein, obgleich sie doch dieselben sind. Körperlich und geistig
gebrochen und wirtschaftlich bettelarm werden sie wiederkehren. Was kann man von solchen Menschen für die Zukunft erwarten? Das Land ist verwüstet, bis tief unter die Ackererde aufgewühlt, alle bisherige Kulturarbeit fast spurlos vernichtet. Tiefe Gräben durchfurchen das Land bis weit ins Erdinnere, Felder und Wiesen sind aufgerissen, wie von Riesenmaulwürsen durchwühlt, die Wälder auf Jahrzehnte ruiniert, die Obstgärten nur noch eine schöne Er- innerung. Es sind Jahrzehnte erforderlich, um die durchwühlte Erdoberfläche zum fruchtbaren Ackerboden umzugestalten. Jahr- zehnte voll Arbeit tüchtiger, starker Männer. Die abgehärmten und heruntergekommenen Kriegsflüchtlinge werden sich kaum zu dieser Arbeit eignen. Diese Arbeit wird schwerer sein als die Rodung eines Urwaldes.... Und wenn die Zurückkehrenden wunder- barerweise den großen Mut und die unbedingt erforderliche mora- lische Kraft aufzubringen vermögen; mit bloßen Händen, ist doch nichts auszurichten, ohne große materielle Mittel ist dieser Wieder- aufbau unserer früheren Kultur unmöglich. Wo sollen aber ma- terielle Mittel herkommen?— Wir sind ruiniert, unserer Gegen- wart bedeutet Not und Elend, die Zukunft— Trostlosigkeit Die? ist der jetzige Stand der Dinge in Lettland . Je länger aber der Krieg dauert, desto trostloser gestalten sich Gegenwart und Zukunft des so hart geprüften lettischen Volkes. Die?ren für öen vorläusigen Ausgleich. London , 27. Juni. (W. T. B.) Reutermeldung. Eine Versammlung der irischen Partei in Dublin hat mit allen gegen zwei Stimmen beschlossen, die Vorschläge von Lloyd George , die auf einen vorläufigen Ausgleich in der irischen Frage hinzielen, anzunehmen. Englisch -sthweöische verftänöigung. Stockholm , 27. Juni. (W. T. B.) Nach langwierigen Ver- Handlungen der schwedischen Negierung mit der englischen ist eine Einigung dahin erzielt worden, daß die Frage der Rechtmäßigkeit der englischen Maßnahmen be« treffend die Paketpost, welche seinerzeit die Zurück- Haltung der Transitpostpakete zwischen England und Rußland hervorrief, bis zur Entscheidung durch ein internationales, unmittelbar nach dem Ende des Krieges zu er- wartendes Schiedsgericht verschoben wird, vorausgesetzt, daß die englischen Maßnahmen in ordentlicher Weise von einem englischen Prisengericht geprüft worden sind. Ebenso drückte die englische Regierung ihre Geneigtheit aus, über gewisse andere Fragen, bezüglich derer eine neutrale Regierung mit der Entscheidung des Prisengerichts sich nicht zufrieden geben kann, weiter zu ver- handeln oder sie gegebenenfalls einem internationalen SchiedS« geeicht zur Entscheidung vorzulegen. Infolgedessen hat die schwedische Negierung beschlossen, die Beschlagnahme der Transitpakete nicht weiter aufrecht zu erhalten- Dagegen wird künftig von feiten Schweden ? der Transitverkehr solcher Pakete nicht zugelassen, bevor eine zufriedenstellende Ord« nung deS Po st Verkehrs von Schweden nach dem Westen tatsächlich durchgeführt ist. Die italienische Zensur. Im italienischon Parlament nahm Genosse Marangoni da? Wort, um das Verhalten der Zensur anzunageln. Obwohl Salandra gesagt hat, die Zensur dürfe nicht politischen oder Person- lichen Verfolgungen dienen, sondern solle die Sicherheit deS Landes und der militärischen Operation überwachen, würden doch immer wieder Leute durch die Zensur mundtot gemacht, die ohne Einspruch deS Zensors öffentlich in der Presse angegriffen worden sind. Sogar ein Artikel der»Gazetta Ufficiale" ist von der Zensur aus- gemerzt worden, als er im.Avanti" abgedruckt werden sollte. Viele Veröffentlichungen, die lediglich die Berufsinteressen der Arbeiter im Auge haben, werden unterdrückt. Gegen die sozia- listischen Organisationen und Stadtverwaltungen wird von der Polizei vorgegangen, wobei e» schon vielfach zu Auflösungen ge- kommen ist, ohne daß die Zensur eine Verteidigung der Verfolgten zuläßt. In seiner Antwort begnügte sich Salandra, zu sagen, daß die Zensur ein notwendiges Uebel sei und daß er ihr in allen nicht die Sicherheit des Landes betreffenden Fragen die größte Weit- Herzigkeit empfohlen hat. Wilson bezeichnet üen Konflikt mit Mexiko als sehr ernst. Amsterdam , 27. Juni. (W. T. B.)„Time»* erfährt aus New%)oxt, daß Präsident Wilson die Korn- Missionen für aus ivärtige Angelegenheiten der beiden Häuser desKongresses zu sich ent- bot und ihnen mitteilte, daß die Lage außerordent- lich ernst sei. Er sprach die Befürchtung auS, daß Carranza nur durch Gewalt zum Nachgeben gebracht werden könne; eS müßten mehr Truppen abgeschickt und dieBlockade energischer durchgeführt werden. Wie verlautet, wird die Stimmung in Mexiko gegen die Ver- einigten Staaten immer feindseliger. politische Zorüerungen üer chinestschen Marine. Schanghai , 27. Juni. (SB. T. B.) Meldung deS R-uters-ben Bureau». Der Obcrkommandlerende der chinesischen Marine Litingshin, tele- graphierte im eigenen Namen und in dem deS ganzen Stabes ai� den Präsidenten und verlangte die Wiederheistellung der provisorischen Verfassung, die Einberufung des allen Parlaments und die Bildung eines neuen Kabinetts, widrigenfalls die Marine sich unabhängig erklären würde. Im hiesigen Hafen liegen vier Kreuzer und vier andere Schiffe unter dem Befehl Litingshin. in anderen Häsen sind noch 18 andere Schiffe, deren Haltung ungewiß ist.
Letzte Nachrichten. Vom U-Bootkrieg. Madrid , 27. Juni. (W. T. B.)(Meldung der Agence HavaS.) Aus M e l i l l a(Spanisch-Marokko) wird gemeldet, daß der Dampfer»Emanuel" dort mit 41 Mann von der Besatzung deS japanischen Dampfers„Daixetsu Maru" ange- kommen ist, welcher auf der Höhe von Barcelona durch«in Unterseeboot versenkt worden ist.
Militärdienstbcfreiungru in Italien . Bern , 27. Juni. (W. T. B.) Wegen betrügerischer Befreiung vom Heeresdienst wurden in Rom zwei Stabsärzte verhaftet, die gegen ein Entgelt von 800 bis 2000 Lire falsche UntauglichkeitS- Zeugnisse ausstellten. In den Prozeß sind bereits über 20 Personen verwickelt.