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Nr. 195-1918

Tee".

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Das liebe Gut auf der Straße.

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Von Dr. Johannes Aleinpaul.

Jeder weiß, was es mit der Nedensart auf sich hat: das liebe Gut liegt auf der Straße!" Darin handelt. es sich um etwas, das in erster Linie Mund und Mogen angeht. Wir vermeiden es jetzt im allgemeinen, Nahrungsmittel mit dem Erdboden in Berührung zu bringen; unsere Ahnen küßten die Brotfrume, die ihnen ver­fehentlich unter den Tisch fiel! Aber in der Urzeit lebte man bon der Erde bis in den Mund". Man saß auf der Erde! Erst im Mittelalter wurden bequemere Sitzgelegenheiten geschaffen, zuletzt, wie es scheint, in den Kirchen; in den russischen Kirchen kennt man fie heute noch nicht. Und man az von der Erde. Das war in der Zeit, als man, in Ermangelung fünstlicher Trinkgefäße, auch noch aus Schädeln trant. Und auch das tun, hier und da, die gebildet sten Leute heute noch. So nehmen die Ostfriesen ihr Lieblings­getränt, den Tee, aus Köpfen, fleinen, hentellosen Tassen:" Stopte Man az jedoch auch gelegentlich die Erde selbst. Die Leipziger Pflastersteine", eine ledere Art Kleiner Pulsniher Pfefferbuchen, er­wahne ich, zum Beweis dafür, nur nebenbei; denn dies gilt nicht bloß in übertragenem Sinne. Im Jahre 1617 erhielt Kurfürst Johann Georg I.   von Sachsen Kunde davon: es quelle zu liecken im Fürstentum Anhalt Mehl aus der Erde, und daß man dasselbe zum Baden gebrauchen solle". Um nähere Nachricht hierüber ein­zuziehen, schickte er seinen Boten an den Hauptmann zu Wittenberg  mit dem Befehl, er solle eine beglaubte Person dahin abordnen, von dem Mehl ein Mühlmaz voll übersenden, und da man auch Brot und Kuchen davon backen solle, einen Kuchen und Brot mit überschicken". Der Bote kam zwar ohne Kuchen, aber mit einem Stüd Brot und und einer Probe des angeblichen Mehls nebst einem längeren Berichte des Hauptmanns Daniel v. Koserib zurüd, in dem es u. a. heißt: daß anfänglich zwar ein groß Geschrey davon gemejen, das Volk auch haufenweise von vielen Orten dahin­gelaufen, iho aber befinden diejenigen, so etwas geholt, daß das Brot, so davon gebaden wird, zu essen gar untauglich, wenn sie es schon ziemlich mit anderm guten Mehl vermengen, daß es also fait nichts mehr geachtet wird". Giner späteren Mitteilung ist zu ent­nehmen, daß sich die Mehlerde nesterweise im lehmigen Sand­boden am Ufer eines Sees"( des alten Elbufers) fand; sie ist sehr Teicht, fein und weiß, und wenn sie ganz rein ist, im Ansehn kaum bom feinsten Weizenmehle zu unterscheiden". Der Versuch, Brot daraus mit Mehl vermischt zu backen, ist auch später in Zeiten der Not, so im Jahre 1772, noch wiederholt gemacht worden. Auch im Mittelalter spielte sich das Leben noch großenteils in voller Deffentlichkeit auf offener Straße und freien Plätzen ab. Erinnerungen daran haben sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Bei Gelegenheit von Jahrmärkten und Schützenfesten breiten viele Händler immer noch ihre Kramware auf ebener Erde" aus; früher schlachtete man allgemein außen, vor den Häusern, heutzutage wird bei großen Boltsfesten immer noch unter freiem Himmel gekocht, gebaden, gebraten und gegeffen. In der guten alten Zeit" wurden bei festlichen Anlässen ganze Ochsen im Freien gebraten und dann an die zusammengeströmte Menge ausgeteilt, auch ließ man dazu roten und blanken" Wein springen. Goethe   schildert uns in Wahr­ heit und Dichtung  " in seiner Beschreibung einer Kaiserfcönung mit anschaulicher Ausführlichkeit, wie es dabei zuging. Wie zuerst der Grbtruchseß mit einer silbernen Schüssel durch die Schranken bis zu der großen, auf dem Römerberge zu Frankfurt   a. M. errichteten " Bretterfüche" ritt und ein Stück von dem gebratenen Ochsen zu holen kam. Wie darauf der Erbschahmeister, ebenfalls hoch zu Roß, aus großen Beuteln Gold- und Silbermünzen rechts und links frei­gebig ausstreute, wie aber doch zuletzt das eigentliche Volk anschei­mend wenig von dem saftigen Braten abbekam, da sich die Metzger und die Weinschröter- alter Gewohnheit gemäß darum balgten. In andern Fällen, bei bürgerlichen Festschmäusen, zu denen man nicht Jan und alle Mann" zu Gaste laden konnte, sollte das Bolf doch wenigstens feine Augenweide" haben. Da wurden Schau­gerichte" herumgetragen und es war dafür gesorgt, daß jedermann fie sehen konnte. So trugen in Zittau   die Fleischerknechte" im Jahre 1726 eine 625 Ellen lange Wurst durch die ganze Stadt, hinterher einen rechten Freudenschmaus. Ausführlicheres über eine solche Veranstaltung erfahren wir aus Königsberg  , wo die Fleischer schon im Jahre 1558 eine 198, und im Jahre 1583 eine 596 Gllen lange Burst gemacht hatten, die sie ebenfalls in festlichem Aufzuge herumführten. Die lettere wog ganze 434 Pfund; nicht weniger als 36 Schinten waren in sie hineingehackt, und 91 Mann mußten sie

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Lodz.

Das gelobte Land.

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Roman von W. St. Reymont  . VIII.

Ich komme sofort. Auf Wiedersehen!" rief Borowiecki wütend ins Telephon. Luch bat ihn, er möchte sofort nach Milsch in den Wald kommen, sie hätte ein furchtbar wichtiges Anliegen.

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Donnerstag, 18. Juli

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tragen. Der Erste und Lehte schlangen sich die Enden ein paarmal müffen schon Mitte August- spätestens wieder abziehen. Man um den Hals, so daß noch ein Stück auf den Rücken herunterhing, hat in Rußland   seit einigen Jahrzehnten daran gearbeitet, die Aus­die übrigen trugen sie auf ihren Schultern; so ging es im Gleich- nügung des gewaltigen Fischreichtums auf einer gesünderen Basis tritt auf das Schloß des Markgrafen. Dort verzehrten die Fleischer zu organisieren und der Ausbeutung der Fischer durch die gewissen­die Wurst in Gesellschaft der Bäder. Denn die Königsberger   losen Faftoristen" möglichst au fieuern. Bäcker hatten gleichzeitig fünf große Striezel gebacken, die sich eben­falls sehen lassen konnten; in jeden buken sie drei Scheffel Weizen­mehl. Diese Striezel wurden nachmals so berühmt, daß heute noch die Leute in Ostpreußen   sagen, wenn es mit ihren Christstollen zu Ende geht: ja, jo groß wie der Königsberger   Striezel kann unser Striezel nicht sein! Die Memeler Stadtchronik erzählt aber auch eine launige Ge­schichte, daß man dort einmal einem feindlichen Heer trotte, indem man ihm einen großen litauischen Quarkkäse vor die Füße warf. Damals stand König Erik von Schweden vor der Stadt, und da er sie nicht erobern konnte, wollte er sie aushungern. Tatsächlich gingen der Besagung nach und nach alle ihre Lebensmittel aus; zuletzt hatten sie nur einen einzigen Glomsjack". Da warfen sie den furz entschlossen über die Mauer, woraus die Belagerer den Schluß zogen, daß sie immer noch in rechtem Ueberfluß lebten, und des halb rückten sie wieder ab. So war Memel   befreit. Zur bleibenden Erinnerung daran wurde später der Glomsjad" in Kanonengut gegossen und diente dann jahrhundertelang an derselben Stelle als Gegengewicht beim Oeffnen und Schließen der Zugbrücke zum Schloß. Was dem Norden recht ist, ist dem Süden billig. Vielleicht aus ähnlichem Anlaß hingen die Wiener an ihrem Noten Turme der im Jahre 1781 abgebrochen wurde, so daß jetzt nur noch der Name der Roteturmgaffe" an ihn erinnert einen Schinken auf. Der Volkswis hat sich später die Sache anders ausgelegt, wie der da­neben angeschriebene Reim bekundete:

まち

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Befind't sich irgend hier ein Mann, Der mit der Wahrheit sprechen kann, Daß ihn seine Heirat nicht gerauen, Und fürcht't sich nicht vor seiner Frauen, Der mag diesen Baden herunterhauen.

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Der Schinken blieb unangerührt hängen, bis er nicht mehr be­gehrenswert war. Dann wurde er aber gleichfalls durch eine natur­fetzt, und nun war außerdem dabei zu lesen: getreue Nachbildung in Holz mit verlockender Bemalung er­

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Welche Frau ihren Mann oft rauft und schlagt, Und ihn mit solchen kalten Baugen zwagt, Der soll den Baden lassen henken,

Ihm ist ein anderer Kirchtag zu schenken. Gute alte Zeit, in der man Wein und saftigen Braten, duftige Würste und Christstollen, Käse und Schinken oder das nötige Kleingeld, um sich alles zu kaufen, was das Herz sich wünscht und der Sinn begehrt".. von der Straße auflesen konnte, wo bist du geblieben!? Und du spätere, in der man sich vor mit Leckerbissen aller Art gefüllten Schaufenstern satt sehen" konnte, kehrst du uns wieder?

Die Murmanküste.

Neben dieser rein durch das Problem der Volksernährung ge­botenen Aufmerksamkeit auf die Murmanküste drängte sich aber mehr und mehr das politische Interesse in den Vordergrund. Die Möglichkeit, hier eisfreie Häfen zu gründen, lenkte schon vor zwei Jahrhunderten den Blick auf das öde Küstengebiet. Nowgoroder  Seefahrer hatten zu Anfang des 11. Jahrhunderts die kleine Stadt Kola   gegründet, die 1550 als Verbannungsort für Verbrecher be­stimmt wurde und aus der Peter I.   einen befestigten Kriegshafen machte. Die Bedeutung des Outes, der tief am inneren Ende der Kolabucht liegt, für die russische Weltmachtstellung wurde von jeher auch im Ausland erkannt, und es ist bezeichnend, daß die Engländer schon zweimal, 1809 und 1854, Kola   bombardierten, ohne sich aber dann dauernd festzusetzen. Katharinenhafen am Ausgang der Kola­bucht von Katharina 1780 begründet war ursprünglich als Mittelpunkt für die Besiedelung gedacht, gewann aber diese Be­deutung erst, als die russische   Regierung vor nunmehr 20 Jahren daranging, die Stadt und vor allem den Hafen zielbewußt auszu bauen. Freilich ist dort nun noch alles im Werden, aber gerade die gegenwärtige Lage Rußlands   ist ganz dazu angetan, der Murman­füfte eine erhöhte Bedeutung zu verleihen. Ihre besonders günstigen klimatischen Verhältnisse haben zur Folge, daß die Küste während des Winters zum Teil ganz eisfrei, teilweise aber doch nur so wenig vereist ist, daß die Schiffahrt das ganze Jahr hindurch aufrecht­erhalten werden kann.

Weibliche Titelsucht.

In der Frauenbeilage der Köln  . 3tg." lesen wir: Die weib­liche Titelsucht lebt nicht nur in Süddeutschland  , wo die Frau Land­franfenfassentontrolleur, die Frau Steuereinnehmer und Anna Baglhuber, Metgermeisterstochter wie Ueberbleibsel aus der Reif­rodzeit anmuten. Auch bei uns blüht und gedeiht die weibliche Titelsucht. Es ist z. B. heute gar nicht selten, daß Frauen sich den militärischen Rang ihres Gatten, beilegen, den jener, der nie aktiv war, sich im Felde erworben hat. Oder, wie es in einer Eingabe von Frauen städtischer Schuldiener an den Magistrat hieß, als jene in Anerkennung ihrer zwölfjährigen Dienstzeit mit in die Anwärter­schaft auf den Rang des Offizierstellvertreters einbezogen wurden, daß die Stadt ihnen, den Frauen Zulagen gewähren möge, damit fie dem Nang ihres Mannes.entsprechend standesgemäß auftreten" könnten. Vielleicht lag es nur an dem abschlägigen Bescheid, daß fie fich nicht auch Frau Offizierstellvertreter" zu nennen begannen. Sie hätten es mit demselben Recht tun können, wie es die Frau Oberpoftinspektor, die Frau Geheimer Oberregierungsrat, die Frau Professor, die Frau Aktuar, Frau Assessor und Frau Baurat, Frau Oberpostsekretär, Frau Rechnungsrat, Frau Studienrat und Frau Doktor für richtig erachten, sich mit dem Titel ihres Mannes zu schmücken, den er sich durch seine Einstellung in eine Berufskategorie oder gar in Verfolg persönlicher Leistungen erworben hat. Die Titulatur ist im Grunde als die Frau" des" Oberpostinspektors, Die Murmanküste ist unter den am Gismeer liegenden Gebieten die Frau des Professors, des Aktuars Soundso   gedacht. Das aber Rußlands   sicher das Wichtigste. Im Norden der Halbinsel Kola   widerspricht doch eigentlich sehr dem sonstigen Streben nach Recht gelegen, bildet fie, wie Stola überhaupt, geographisch eine Fort- auf Individualität", dem Streben, sich selber und nicht als Frau fegung Skandinaviens   und auch die Art ihrer Besiedelung läßt dies ihres Mannes" Geltung zu verschaffen. Unsere gesellschaftlichen erkennen. Die Nurman-", d. h. Normannentüste", hieß fie ur- Gepflogenheiten schäben den Menschen nicht nach seinen persönlichen fprünglich, und Norweger, Finnen und Russen bilden ihre Bevölke-| Eigenschaften ein. Der Kastengeist besteht hartnäckig auf dem Aus­Wen stimmte das Bild nicht rung. Was zuerst die Menschen veranlaßte, sich an dieser unwirt- hängeschild von Amt und Würden. lichen Küste niederzulassen und zugleich das, was ihr, von rein politischen heiter, das uns die Damen eines( großstädtischen!) Gymnasialfolle­Momenten abgesehen, auch jezt noch eine besondere Bedeutung ver- giums bieten, wie fie, nach Titel und Dienstalter des Gatten abge­leiht, ist der außerordentliche Fischreichtum des Eismeeres in diefem stuft, mit der Nadelarbeit beim Kaffeeklatsch siten? Gebiet. Neben Heringen, Dorschen, Schollen und anderen Fischen ist es in erster Linie der Kabeljau, den man hier fängt, und wenn die Murmantüste schon heute die Hauptquelle für die der russischen Bevölkerung unbedingt nötigen Klippfische und Stockfische   ist, so fann fie bei einem planmäßig organisierten gang in noch viel höherem Maße als bisher eine geradezu unermeßliche Ausbeute bringen. Im Frühjahr strömen die Fischer hier zusammen. Etwa 10 Millionen Stück allein des Kabeljau werden jährlich an der Murmantüste erbeutet. Leider ist alles in den Händen von Unter­nehmern, die nicht nur für Unterkunft, Nahrung usw. der über, den Sommer hier weilenden Fischer sargen, sondern denen ouch Boote, Nege und was sonst nötig ist, gehört. Sie verleihen alles und heimfen auch schließlich den Hauptsächlichsten Profit ein. Die vielen Taufende von Fischern stammen aus Norwegen   und Rußland   und

worden war.

Notizen.

- Die Rofegger Gedächtnisfeier des Schutzver­bandes Deutscher   Schriftsteller findet Sonnabend, abends 8 Uhr, im Meistersaal( Köthener Str. 38) statt. Auf eine Gedenkrede werden Vorlesungen charakteristischer Proben aus Roseggers Werken und Gesangsvorträge folgen. Bernhard Bötel  , Elsa Wagner   und Her= mann Kienzl   wirken mit.

Neue Denkmäler in Rußland  . Infolge Ver­ordnung des Kommissars des Unterrichtswesens werden in Petrograd  und Mostau, sowie in einer Reihe anderer Städte, den früheren großen Revolutionären und literarischen Berühmtheiten Rußlands  und Europas   Denkmäler errichtet werden.( Gibt es keine bessere Form der Ehrung als Denkmäler?)

dem Nebenkontor der Druckerei in sein Privatkontor versett ,, Ich empfange nicht!" schrie Buchholz. ,, Baron Oskar Meyer fann ein wichtiges Anliegen an meinen Hund, aber Ganz blaß, mit voz Müdigkeit und Schlaflosigkeit ge- nicht an mich haben, Pudel! Bauer!" brummte er, weiter röteten Augen, rechnete Horn mechanisch), irrte sich fort- diktierend. Die Ziffern­während und konnte sich nicht konzentrieren. reihen tanzten ihm vor den Augen, wie aufgewirbelter Kuß. Er gähnte fortwährend und schaute mit gelangweilten Blicken auf die Uhr; sehnsüchtig erwartete er die Mittagspause.

Dem Weib, das Sie protegieren, sollen zweihundert Rubel ausgezahlt werden, und sie soll sich totsaufen. Sie ist zusammen mit ihrer Brut nicht fünfzig wert!"

Jetzt noch da raus zu fahren! verrückt ist sie, weiß Gott  ," ,, Hat die juristische Abteilung also die Sache erledigt?" fagte er wütend. " Ja, sie soll das vor der Behörde quittieren. Bauer, Seit sechs Uhr faß er schon im Kontor, hatte keinen forge für die Erledigung, das foll mal ein Ende haben, Augenblick freie Zeit. In der Fabrit mußte er den Druck sonst wird noch jemand das Weib bereden, daß sie uns ver­von neuen Mustern überwachen, er mußte ins Zentralbureau tlagt."

fahren, wegen Mißbräuchen, die Buchholz im Hauptmagazin Horn senkte den Kopf tiefer, unt ein bösartiges, aufgedeckt hatte, er lief herum, schrieb, gab tausend Aufträge, triumphierendes Lächeln zu verdecken. tausend Sachen wirbelten ihm durchs Gehirn, tausend Leute" Haben der Herr Rat seinen Wagen zu Hause?" warteten auf seine Dispositionen, die Maschinen warteten auf Brauchen Sie ihn? Nehmen Sie ihn nur, nehmen Sie,

Meyer konnte er nämlich nicht ausstehen und spottete in Lodz   über seinen Barontitel, den er, fein früherer Weber und heute großer Wollwarenfabrikant und Millionär, sich irgendwo gekauft hatte.

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Beeilen Sie sich!" rief er wütend zu Horn.

Mit beiden Händen kann ich doch nicht schreiben." " Was heißt das?"

" Ich kann nicht rascher schreiben als ich schreibe." Buchholz diktierte weiter und etwas langsamer, weil Horn wie aus Troz furchtbar langsam schrieb und immer mehr die Brauen ärgerlich zusammenzog. Im Kontor wurde es still. Borowiecki stand im Ueberzieher schon am Fenster und wartete ungeduldig auf den Wagen.

Die Beamten arbeiteten fieberhaft, die Gesichter an die Bulte gefesselt. Sie wagten nicht laut zu atmen oder ein

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Befehle; er stritt mit Buchholz, war nervös, weil er seit so oft Sie ihn brauchen. Ich werde gleich den Stall anrufen, Wort miteinander zu wechseln, weil Buchholz anwesend war, mehreren Tagen das Telegramm von Moritz erwartete, wie Budel, rück mich an," rief er zum Lakai, der den Stuhl ans der allen Schrecken einjagte, außer Bauer, seinem alten es mit der Baumwolle stehe, war ermüdet von der Arbeit, Fabrikstelephon schob. Freund und Vertrauten, demselben, der wie Karl an­bon dem täglichen furchtbaren Joch, das er als Vertreter Den Stall!" schrie er, heftig läutend. ,, Gleich vor­nahm, jenes Telegramm Zucker heimlich verkauft haben Senolls sich aufgeladen hatte, betäubt von dem Umfang und fahren. So oft Herr Borowiecki den Wagen verlangt vor- mußte. der Menge der Geschäfte, die er durchführen mußte,- und fahren! Buchholz spricht. Pudel!" schrie er der Telephonistin Endlich fuhr der Wagen vor. Buchholz rief Borowiecki da verlangte diese verrückte Frau, er solle sich mit ihr hinter zu, die fragte, wer spreche. der Stadt treffen.

Er regte sich immer mehr auf.

Heute hatte er nicht einmal Zeit, seinen Tee auszutrinken, weil Buchholz sich trotz seiner Krankheit, ins Kontor hatte herübertragen lassen und sich in alles hineinmischte, alle an­schrie und nur Schrecken um sich verbreitete und Verwirrung unter den Beamten hervorrief.

Herr Borowiecki," rief er, mit den umwickelten Beinen im Fauteuil sigend, eine ausgewekte Pelzmüze auf dem Kopfe und den Stock über den Knien. Telephonieren Sie zu Mary, man solle Millner in Warschau   nicht für einen Rubel Ware liefern. Er hatte Kredit bei uns und ist schon zu viel schuldig, und da hab' ich grad' ein Auskunft über ihn, daß er sich der Pleite rapid nähert."

Borowieciti telephonierte hin und prüfte dann einige riefige Ziffernreihen.

Herr Horn! Lassen Sie die Fracht kommen, da ist ein Versehen, die Bahn hat zu viel berechnet, Sie müssen da nach einem anderen Tarif gerechnet haben," rief er zu Horn, der schon seit einigen Tagen, auf Buchholz' Wunsch, aus

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Der Latai schob ihn wieder an den Schreibtisch und stellte sich nehmen ihn.

,, Horn, setzen Sie sich neben mich, ich werde diktieren. Rascher, bitte, wenn ich zu Ihnen spreche," schrie er wütend.

nach:

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Kommen Sie mittags noch mal vorbei!"

Jener antwortete nichts, fluchte bloß leise. Er ließ sich nach Milsch fahren.

Vor einer alten Brauerei, einem riesigen, halb einge­stürzten Gebäude, ließ er halten und befahl zu warten.

Er schritt um die verlassenen Mauern mit den einge­schlagenen Fenstern, ohne Türen, ohne Tore und mit ein­gestürzten Dächern und gelangte in den Wald.

Horn big die Lippen zusammen, setzte sich hin und schrieb nach dem Dittat, das ihm Buchholz rasch hinwarf; nebenher erledigte er noch andere Sachen und ab und zu schrie er: ,, Schlafen Sie nicht! Fürs Schlafen zahle ich Ihnen nicht;" er flopfte mit dem Stock auf den Boden. Er fluchte Der Teufel hole die hysterischen Weiber!" Horn regte das so auf, und übrigens war er heute so nervös, daß er sich nur mit Mühe beherrschen konnte; es immer energischer, weil die lehmige, aufgeweichte Erde so an kochte in ihm. den Sohlen flebte, daß er nur mit Mühe weitergehen konnte. Jerusalemer Romantik!" fügte er wütend hinzu. Er fühlte sich lächerlich in der Rolle eines Liebhabers, der im März zu einem Rendezvous bis ans andere Ende der Stadt, bis zum Wald, durch den Schmutz waten muß!

Das Telephon flingelte.

,, Baron Dstar Meyer frägt an, ob er den Herrn Rat in einer halben Stunde antrifft." Herr Borowiecki, sagen Sie ihm, daß ich niemand empfange. Ich liege zu Bett."

Karl richtete es sofort aus und hörte weiter zu. ,, Was will er denn noch?"

,, Er hätte ein wichtiges, persönliches Anliegen.

Der Tag war düster, die Wolken zogen ganz niedrig über der Erde dahin und sickerten langsam als feiner, durch­dringlicher Regen herab.

( Forts. folgt.)