Nr. 323. 35. Jahrg.
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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.
Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Berniureter: Amt Moriables, Str. 151 90-151 97.
Sonntag, den 24. November 1918.
Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Berufbrecher: Ami Morisving, Str. 151 90-15197.
Gegenrevolutionäre Umtriebe.
Achtung!
Militärische Gegenrevolution!?
Sirt v. Arnim der deutsche Alexejew? Hollandsch Nieuwsbureau berichtet aus dem Haag: Holländische Blätter melden aus Aachen : Der Oberkomman dierende der nach Aachen zurückgekehrten 4. Armee, General Sigt b. Arnim hat einen Befehl erlassen, daß alle rote Fahnen von den Dächern verschwinden müssen. Der Arbeiter- und Sol datenrat weigerte sich, dem Befehl Folge zu leisten. Ein deutfcher Offizier aus dem Gefolge des Generals erklärte in einer öffentlichen Rede, daß die deutsche Heimat die im Felde kämpfenden Armeen verraten habe. Er sehe es als die Aufgabe der bürgerlichen Parteien an, sich nicht mit den hiesigen Arbeiter- und Soldatenräten zu vereinigen, sondern danach zu streben,
die Revolution zu vernichten.
Die Arbeiter und Soldatenräte müßten davon gejagt werden,
um die Ordnung des alten Deutschen Reiches wiederherzustellen. Die fürchterliche Desorganisation set das Kennzeichen aller bisherigen Handlungen der Arbeiter- und SolDatenräte. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, die Beziehungen zwi fchen Soldaten und Offizieren wiederherzustellen, aber nicht Politif zu treiben. Terschiedene Bettreter der Bürgerlicher Barteien begrüßten die Rebe des Offisiers, der später noch hinzufügte, daß das deutsche Offizierforps fich nur unter dem Drud bringenber Umstände, nicht aber mit Herz und Seele sich den Dienst der Arbeiter- und Soldatenräte gestellt hätte. Dieser Geist werde erwachen, wenn
die deutschen Armeen wieber zurüdgefehrt seien. Der Offizier wurde von dem Arbeiter- und Soldatenrat verhaftet, später aber auf Intervention des Landtagsabgeordneten und Generalvilars der Domkirche Kauffmann wieder freigelassen. Auch in anderen Städten der Rheinlande sollen ähnliche Neben öffentlich und geheim gehalten worden sein. Die Arbeiter- und Soldatenräte bemühen sich, der Bewegung Herr zu werden.
Es scheint, daß alle Verrückten auf das arme deutsche Bolf losgelassen sind. Der General Sirt v. Arnim wird sich noch wundern, welche Wirkungen sein und seiner Offiziere telles Treiben im Reiche ausüben wird. Jedenfalls soll er heute schon wissen, daß jeder Versuch, das militaristische Raiserreich wieder aufzurichten, auf den einigen Wider stand aller Sozialisten stoßen wird, daß sie alle bereit sind, gegen die Wiederkehr des alten in Blut und Schmutz zusammengebrochenen Systems bis aufs legte zu kämpfen. Diesem Kampf fönnen wir in aller Ruhe entgegensehen, tenn uns dabei niemand in den Rücken fällt. Wer Uneinigkeit in die Reihen der Arbeiter und Soldaten jät, arbeitet für Sirt v. Arnim.
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Die Regierung für die Nationalversammlung] Für die Einheit des Reiches!
Erklärung Eberts.
Berlin . Ebert äußerte sich gestern gegenüber dem Berliner Vertreter der Weser- Beitung" über die Einberufung der Nationalversammlung folgendermaßen:
In ihrer ersten programmatischen Erklärung vom 12. Nobember hat sich die Regierung für die Berufung einer konstituieren den Versammlung erklärt, die auf Grund des gleichen, ge heimen, diretten, allgemeinen Wahlrechts und auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen ausammengesetzt werden soll. Ich kann Ihnen nur erklären, daß wir an dieser Auffassung auch heute noch entschlossen festhalten Es sind mir gerade in den letzten Tagen von Arbeiter und Sol datenräten aus dem ganzen Reiche und aus den besetzten Gebieten und von Gewerkschaften und Parteiorganisationen Kundgebungen in großer Anzahl zugegangen, die sich
alle entschieden gegen eine Dittatus
Die Gefahr, daß das Reich zerfällt, steigert sich von Tag zu Tag. Wir haben noch vor wenigen Jahren gelacht über die Meldungen fremder Diplomaten an ihre Regierungen, daß die süddeutschen Staaten sich von Preußen trennen und damit das Reich sprengen würden, falls Deutschland in einen Krieg verwickelt würde, der einen unglücklichen Ausgang nähme. Die Prophezeihungen des Herrn Jules Cam bo n werden fich aber berwirklichen, wenn wir nicht baldigst zu klaren Verhältnissen kommen.
Der König von Bayern soll der erste gewesen sein, der bereit war, einen Separatfrieden mit der Entente zu machen. Kaiser, Könige und Großherzöge können nun die Einheit des Reiches nicht mehr gefährden, nachdem das deutsche Volk sich radikal und für alle Zeiten von den n strumenten des Himmels" freigemacht hat. Die Gefahr kommt iegt bon ganz anderer Seite!
und für die Berufung der Nationalverfamung auf Grund des allgemeinen Wahlrechts aussprechen. Wir Sozialdemo Aus Straßburg wird mitgeteilt, daß dort am fraten haben ja immer für das gleiche Wahlrecht gekämpft, geftrigen Lage Besprechungen mit der obersten getreu der Lassalleschen Devise:„ Das gleiche Wahlrecht ist das Heeresleitung der Franzosen stattgefunden haben Beichen, in dem wir fiegen." Die Berbereitungen für die sollen, deren Gegenstand die Schaffung einer Republik nonalversai aug sind vedet iglesideriüdich aus den Staaten und des Rheinlan Wege geleitet, bas Meichsamt bes Innern hat einen Ent- es gewesen ist. Die wunding for all wurf zum Wahlrecht der Regierung unterbreitet, der in ben falls nicht schnellstens die Sicherheit der gegenwärtigen Nenächsten Tagen im Nat der Boltsbeauftragten zur Verhand gierung gewährleistet werden könne.
lung fommen wird.
Allerdings darf man die Berufung der Nationalversammlung nicht über stürzen. Zur Zeit fluten unsere Truppen von allen Fronten zurück. Gleichzeitig vollzieht sich eine gewisse Verschiebung der in der Rüstungsindustrie beschäftigten Arbeiter: Hier muß erst wieder eine gewisse Festigkeit eintreten, damit auch wirklich alle Goldaten und Arbeiter in der Lage sind, ihr Wahl recht aur Nationalversammlung ausüben zu können. Die Regierung ist aber nach wie vor der Meinung, daß die National versammlung fobald wie möglich berufen werden soll, um die staatsrechliche Grundlage für die sozialistische Republik zu schaffen. Für meine Bartei handelt es sich hier um eine grund fägliche Frage, in der wir unter allen Umständen unerschütterlich feststehen werden. Ich bin sest überzeugt: für Deutschland ist die gefeggebende Versammlung eine Lebensnotwendigkeit.
Weitgehende Amnestie.
Auch für nicht- politische Bergehen geringerer Art. Der Justizminister hat folgende allgemeine Verfügung erlassen:
Allgemeine Verfügung vom 23. November 1918 über Gewährung von Straffreiheit.
Die Unsicherheit der Regierung folgert man aus der ungestörten Tätigkeit der Spartafus- Gruppe, die durch ihre Presse, durch Flugschriften und Reden besonders die Soldaten für den Bolschewismus mobil zu machen bestrebt ist.
Mit großem Bedauern muß festgestellt werden, daß viele ungenügend informierte Männer und Frauen die Gefahr des Bolschewismus nicht erkennen und ihm bewußt oder unbewußt Vorschub leisten.
Der Bolschewismus hat das unglüdliche Rußland vollends zu Grunde gerichtet. Der russische Bolscherismus arbeitet in der rücksichtslosesten Weise gegen alles und jedes, was nicht mit ihm ist. Die bei uns während der Kriegszeit ausgeübte 3ensur war eine findliche Spielerei im Vergleich zu der Presseknebelung in Rußland . In dem boliche wistischen Experimentierland der Herren Lenin und Nadel hungert, friert und leidet das arme Volk viel mehr, als unter der schlimmsten Schreckensherrschaft irgend eines der Blut
Baren.
Rußlands Handel und Industrie sind ruiniert- was aber bedeutet der Industriealismus in Rußland , wenn man ihn vergleicht mit Deutschlands hochentwidelter Wirtschaft? Eine Kleinigkeit!
Die Republik wird aber gegen monarchistische Anschläge erst dann gesichert sein, wenn sich die Mehrheit des In Deutschland gibt es hundertmal mehr zu zerstören als deutschen Volkes in geregelter Abstimmung für sie in dem unglücklichen östlichen Nachbarlande. In unserem 1. Nach Ziffer 6 des Reichsgefeges vom 12. November Reiche also würden Elend und Not dementsprechend ausgesprochen haben wird. Bedenken wir, daß jeder Angriff 1918( Reichsgefebbl. S. 1303) ist für alle politischen größer werden als in Rußland , wenn der Bolschewismus von links auf das demokratische Prinzip, ieder einzelne Mig- Straftaten Amnestie gewährt; die wegen solcher größer werden als in Rußland , wenn der Bolschewismus die Oberhand gewänne. griff den Boden unter unseren Füßen untergräbt und der Straftaten anhängigen Verfahren sind niedergesch I a- Unsinn zu behaupten: Bolschewismus ist Sozialismus." Gegenrevolution zugute fommt. Wollen wir die Gegenrevo- gen. Nähere Ausführungsanordnungen der lution befämpfen, fo müssen wir Dummheiten vermeiden und Reichsleitung sind noch zu erwarten. Schon jetzt werden die Sozialismus ist planmäßig zur höchsten Produktivität gesteigerte Sympathien für unsere Sache in den weitesten Kreisen des Strafvollstreckungsbehörden angewiesen, die Strafvoll- Arbeit und, weil nur die Arbeit Werte schafft, Verelendung. Arbeit, Bolschewismus ist Desorganisierung der werftätigen Volkes weden. Dann können wir der Zukunft stredung wegen Straftaten, deren politischer Chain Interesse des Sozialismus, für den wir arbeiten und getrost entgegenjehen aber auch nur dann! rafter unbedenklich erscheint, alsbald zu unterbrechen und neue Vollstreckungsmaßnahmen wegen solcher fämpfen, fönnen wir gar nicht deutlich genug sagen, daß er auch der Niederrhein erreicht. Nachdem in den letzten gungsbehörden haben Verfahren wegen Beschuldigungen der die Tendenz einer Trennung von Preußen durchbricht; wir Duffeldorf, 23. November. Die Fronttruppen haben jest Taben nicht mehr einzuleiten. Die Strafverfol- etwas ganz anderes ist als Bolschewismus. Wir fönnen es verstehen, wenn in den süddeutschen Staaten werke, Bferbetransporte und Kleinere Abteilungen Fußtruppen von in Rede stehenden Art nicht mehr zu bestreiten und Anträge halten es aber für unsere Pflicht, dieser Trennung auf das entder Etappe den Rhein überschritten haben, traf heute die Spite der auf Aufhebung anstehender gerichtlicher schiedenste entgegen zu wirken. Frankreich wünscht den Zerfall 4. Armee( Sigt von Arnim) geschlossen und in guter Ordnung hier Termine zu stellen. ein. Die Rheinbrüde und zahlreiche Häufer der Stadt trugen Be- 2. Auch wegen nichtpolitischer Straftaten ist des Reichs. Das ist begreiflich. Die wertvollste Errungenschaft grüßungsinschriften und Blumenschmud. Auf allen Straßen find ein Reichsgesetz über Gewährung von Straffreiheit zu des Deutsch- Franzöfifchen Krieges von 70/71 war die GründungFlaggen gehikt. Den Heimkehrenden wird ein herzliches Will erwarten. Schon jetzt werden die Strafvollitredungsbehörden des Reichs. Damit hörte die politische und wirtschaftliche Kräh kommen von der Bürgerschaft bereitet. Dank den getroffenen Maß angewiesen, die Vollstreckung von Strafen, die nicht regeln vollzieht sich der gewaltige Verkehr. der meist um die innere schwerer sind als drei Monate Gefängnis nicht Stadt herumgeleitet wird, ohne Störung. Nur der Betrieb der elck- mehreinzuleiten und bereits angetretene Strafen von trischen Borortbahnen über die Rheinbrücke ist seitweilig eingestellt. nicht mehr als drei Monaten alsbald zu unterbrechen. Berlin, den 23. November 1918. Die Franzosen in Budapest. Der Justizminister: Dr. Spahn.
trafen die Berbindungsoffiziere der franzöfifchen Die Arbeitervertretung auf der Friedens
fonferenz.
Nach anderer Meldung fommen drei Divisionen für Paris, 23. November.( Havas.) Ministerpräsident Clemenceau Budapest in Betracht. Jebe Division besteht aus acht bis neun hat einer sozialistischen Aberdnung, die ihn aufsuchte, um ihn au taufenb Mann. Eie umfaffen außer dem Stabe je drei Infanterie bitten, die Bertretung der Arbeiterklasse auf der Friedensvegementer, groei Detachements Artillerie, eine Estabron Stavallerie fonferenz zu sichern und die Ermächtigung zu einem und eine Stompagnie technischer Truppen. Von der italienischen internationalen Kongreg zu erteilen, geantwortet, daß Front werden je eine italienische und eine englische Division in diese Fragen den Ministerrat und ben alliierten Regierungen unter Ingarn eintreffen.
breitet werden würden.
winkelei in den deutschen Landen auf. Die Bahn wurde frei wenn wir politisch nicht Schritt hielten, so deshalb, weil in erster für einen wirtschaftlichen Aufstieg, der geradezu beispiellos war. Wenn wir politisch nicht Schritt hielten, so deshalb, weil in erster Linie das Bürgertum berfagte. So bildete sich eine Herrenkaste heraus, die das Reich in den Abgrund führte.
Nun heißt es retten, was zu retten ist, nicht aber davonzulaufen in der irrigen Annahme, daß damit irgend etwas gewonnen werden könnte.
Es wäre geradezu unerträglich, daß Deutschland sich nach nahezu 50jährigem Bestande in fleine Staaten auflöst, während alle übrigen Völker der Welt die letzte Kraft aufbieten, um alle ihre Volksgenossen einheitlich zusammenzuführen.
Und warum schließlich die Trennung? Weil die neue Negierung, die eine fürchterliche Erbschaft bat antreten müssen, in zwei Wochen nicht hat schaffen können, was vielfach von ihr verlangt wird? Weil die neue Regierung den Bolschewisten gegenüber die Mittel nicht anwendet, die von den Bolschewisten