Nr.22. 36. Jahrg.
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Vorwärts
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Montag, den 13. Januar 1919
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Das Ende der Spartalus- Herrschaft.
Die Erstürmung des Polizeipräsidiums.
Eichhorn geflüchtet.
Unter der Zeitung des Obersten Reinhardt und des Majors Stephani wurde in den ersten Morgenstunden des Sonntags die Teitere Umgebung des Polizeipräsidiums vom Militar, Botsdamer Sägern, Maifäfern und vier 10,5 Zentimeter- Feldhaubigen, abgesperrt. Man wußte, daß die Spartatiften im Bolizeipräsidium außer zahllofen schweren Maschinengewehren auch über zwei 7,5 Zentimeter- Feldgeichüße berfügten, die Eichborn bei den Kämpfen am 23. und 24. Dezember im Marstall beschlagnabmt" hatte. Die Geichüße und Maschinengewehre waren so aufgestellt, daß fie bie Alexanderstraße nach beiben Seiten, den Alexanderplay und die Münzstraße und ferner die Grunerstraße in beiden Richtungen bequem bestreichen fonnten. Aus diesem Grunde wurde Artillerie an der Ede der Brenzlauer und der Münzstraße aufgestellt. Von dort aus konnten die Geschüße awei Fronten des mächtigen Baues bequem bestreichen Ein weiteres Geschüt ftanb dirett am Bahnhof Alexanderplas mit der Mündung nach der Grunerstraße. Die front des Bolizeipräsidiums in der Grunerstraße war mit Maidhinengewebren reichlich beipidt, fo daß ein Anmarsch der Truppen von hier aus unmöglich war. Vom Amtsgericht I in der Neuen Friedrichstraße nahmen fünf jaere Maschinengewehre dae Polizeipräsidium unter Feuer. Auf de Alexanderplat ftand hinter der Berolina ein fameres Maschinengewehr, mebrere im Barenbaus Ties und ferner meb tere an ber Ede bet Rönigstraße und des Alexanderplates. Um 1,15 Uhr nachts begann das frener aus 15 Maschinengewehren. gegen das Bolizeipräsidium, aus dem das Feuer fräftig erwidert wurde. Bald fonnte man die leberiegenbeit der militärisch ge Schulten Angreifer erkennen. Im Bolizeipräsidium wurde bald hier balb bort bas feuer chwächer. Wo in den Fenstern des Polizeipräsidiums das tener der Maschinengewebre aufbligre, arbeiteten die Revolverfanonen und so wurden zahlreiche Waichinengewehre der Verteidiger vernichtet. Die Verteidiger och brachten immer neue Maschinengewehre in Stellung und ielten den Alexanderplat unter Feuer. So war der Morgen erangelommen und man mußte befürchten, daß die Spartafiften, ait ben zuiebends fich beffernden Sichtverhältnissen den Angreifern größeren Schaden zufügen würden. Es wurde beshalb um 5 Uhr morgens
die Artilleriebeschiehung
angeordnet. Aus vier Robren fenerte die Baubizenbatterie in rafcher Folge Schuß auf Schuk beraus. Vor allem wurde das Sauptportal in der Alerander Straße und der Richthof unter Feuer Raum eine Stunde währte die Beschießung. Tie Artillerie batte im ganzen 55 Echuß abgegeben, als das GegenFeuer im Bolizeipräsidium restlos verftimmte. Nun begann die Arbeit der mit Handgranaten vorgebenden
genommen.
Sturmtrupps.
Die Mailäfer, die die zwei ersten Sturmtrupps stellten, en n den Untergrundbabnichacht in der Klosterstraße ein, nachdem vorber der elettrische Strom für die Echienen ausarichaltet war. Run arbeiteten sich die Mannschaften bis an den Untergrundbahnhof Alexander Blas heran. Vorsichtin Pre ben die Mannschaften die Stufen empor und sprangen ganz plötzlich unter Iautem Surragefrei aus dem Bahnhof heraus und stürmten in einem Anlauf über ben Alexander Blas bis vor das Hauptportal in der Alexander Straße vor. Mit wenigen Sandgranaten forensten fie Sen Eingang der niedergefämpften Seite und stürmten in den bof. Schon famen den Soldaten die ersten Spartafiften mit boch erhobenen Sanden entgegen. Sofort befetzten amei meitere Rom Baanien das Bolizeipräsidium und bolten alle in dem Bau Beindlichen beraus. 450 wurden vom Lichthof unter starker Beedung nach der Merander- Kaserne abaeführt. Den Truppen ist mitch der Hauptspartafist Braun in die Sände gefallen, der bei fast llen Belegungen" fremden Eigentums eine führende Rolle oeipicit baben soll. Das Hauptportal des Präsidiums in der lerander Straße ift böse erichoffen und im Glashof fieht man faum noch eine einzige heile Scheibe. Die Spartafisten haben bei dem Gefecht 12 Tote und über 30 Verlente gehabt, während die Berlufte der Regierungstruppen verhältnismäßig gering find.
Eichhorn geflüchtet.
Herr Eichhorn umb feine Beute find mit Sad und Bad a us der Böpom- Brauerei geflüchtet. Jbr getes Material und bie Waffen baben fie auf Laftantos und Mbelwanen mit fich geführt. Wobin die lenten Mannen Eichhorns sich begeben haben, ift bis zur Stunde noch nicht feftaeftelt.
Eichhorn felbft hat fich vor eininen Tenen einen Reisebak nach Tänemark ausgestellt und den dänischen Sichtvermeef eineeholt.
Mordbuben.
Am Sonnabend nachmittag wurbe an ber Böhow- Brauerei ein Sicherheitsmann von einem Boften der Svartafiften angerem. pelt, und als er versuchte, ihm die Waffe abzunehmen, nach furzer Gegenwebr von biefem niedergefchoffen. Er wurde von den Spartafiften gunächst in einen Gang ber Brauerei geileift, wo er zwei Etunden obne jebe Silfe lienen blieb. Erst nach Ablauf biefer Zeit wurde er in bas Krankenbaus am i bri. 3- bain eingeliefert, we hoffnungslos barniederliegt.-
Sämtliche Vorräte der der Brauerei gegenüberliegenden Sauptniederlassuna der. Firma Michinger murden beslaanabmt" und in die Bößow- Brauerei überführt. Am Sonnabend, gegen 7 Uhr abends, nachdem alles Diebesgut aus der i farteift mar, zoa die 100föpfine Beiatung in cefchloffenem Zuge nach dem Polizeipräsidium, wobei jedem, der sich etwa beimlich entfernen wollte, angedroht murde, daß man ibn erichiever Bum Abtransport der Vorräte wurden von der Bözow- Brauerei noch drei Gespanne ,, requiriert".
Adlershof und Marienfelde entfeßt.
Sonnabend wurde von den Regierungstruppen Adlers of befebt und am geftrioen Sonntag abend Marienfelde gleichfalls von den Spartalisten befreit.
Diebes- Laufbahn.
Der militärische Kommandant der Vorwärts"-Einbrecher, Ottermann, war vor einigen Jahren Rebaftionsbote im Borwärts" unb mußte wegen wiederholter Diebereien und Unterichlagungen entlassen werben. Erst stabler Briefmarken, aber es wächst der Menich mit seinen höheren Eichhornzweden und jetzt stahl er den Vorwärts".
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Spinel and Spartatist.
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Die Rote Fabne" behauptete, daß der wegen Oberkom manbo- Spigelei aus dem Vorwärts" hinausgefeuerte und von den Einbrechem als Geschäftsführer wieder bineingebolte Boeringt durch ein Schiedsgericht freigesprochen worden sei. Die Anfläger find niemals vor dies angebliche Schiedsgericht geladen worden. Damit ist der Wert dieses Gerichts" genügend dargetan. Uebrigens bat Frau Boening! erflärt, daß ihr Mann schon vor der Sache mit dem Oberkommando ein festes Gehalt vom Polizeipräsidium bezogen hat.
Sämtliche Zeitungen befreit.
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Am Sonnabend abend haben die Einbrecher auch die letzten von ihnen noch beießten Betriebe, das Moffebaus und Wolffs Tele graphisches Bureau fluchtartig geräumt. Die Regierungstruppen nahmen die Besazungen in Empfang und führten sie der Kommandantur zu. In beiden Häusern wurde gestohlen, was nicht niet- und nagelfelt war. Zum o.f men fie die retbriemen der Maschinen als Andenken mit. In einer nabe gelegenen Bäderei fuhr jeden Morgen ein Lastwagen dieser Gruppe vor, und lud regelmäßig 30 Brote auf. Ter Bäder erhielt natürlich weder Brotmarken noch Geld. Die Aufräumungsarbeiten in diesem Berlagshaus dürften mehrere Tage in Anspruch nehmen.
Ein Gang burch das Zeitungsviertel.
Während des geftrigen Waffenstillstandes, der bei den Abend berhandlungen zwischen der Regierung, Kommandantur und ben Befagungen der Spartaciben im Zeitungsviertel eintrat, verhielten sich beide Baririen rubig. Nur hin und wieder unterbrachen einge.ne eüffe die relative Nachtrube im Zeitungviertel. In der Kochstraße, Charlotten-, Bimmer, Krausen-, Leipziger-, Jerusalemerstraß., im südlichen Teil der Friedrichstraße, auf dem Bell- Alliance- und Tönhofs- Plaz brannte faum noch eine Lampe. Sie haben zum größten Teil durch die Beschießung gelitten. Tie zahlreichen Neugierigen, die fich im Laufe des Nachmittages in dem ganzen Viertel anfammelten, sind durch die Sperren von den Batrouillen abgeschoben worden, und ein strenger Wachdienst sorgt dafür, daß Zuschauer nicht mehr hinzu können. Alle diese Maßnahmen deuten darauf hin, daß nun endlich auch im Zeitungsviertel ernst ich daran gearbeitet wurde, dem gefeßlosen Treiben der Spartaciden ein Ende zu bereiten. Auch der geftrige Stampftag bai wieder eine Reibe unschuldiger Cpier gefordert. So wurben aus der Friedrichstroße sei zwölf bis vierzehnjährige Knaben durch abirrende Stugein getötet. In der Schüßenfstraße wurde ein junges Mädchen idomes verlegt, und in der Marfgrafenstraße erbielten amei Männer Kopfschüsse. Einer der Betroffenen war fofort tot, während der andere verwundet einem Krankenhause zugeführt wurde.
Nenordnung im Polizeipräsidium.
Der Dienst des Boltzeipräfidiums wurde nach seiner Befreiung fofort wieder aufgenommen. Bolizeipräfident Gen. Richter übernahm Vertretung des Ministers Ernst die Dienstgeichäfte und Cberregierungsrat hoppe machte fich gleich wieder an die Einrichtung der Kriminalpolizei. Eine Reibe von Beamten trat ibren Dienft an und mi der Instand egung des Fernsprechers, bes Telegrapben, der Berndruder und Morfeapparate wurde fofort begonnen Die Schußmannichaft toll in allernächster Zeit von der Regierung wieder bewaffnet werden, um mit den ihnen gugeteilten Sicherheitsmannschaften wie früber den Revierdienst zu verleben. Dieie werben zunächst als biltsschußleute eingestellt, ba viele im Bolizesbien bleiben wünschen,
Einigkeit.
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Bon Friedrich Stampfer.
Jedermann fennt aus erregten Versammlungen den Typ des hysterischen Jünglings, der solange mit freischender Et mme Rube! Ruhe" schreit, bis richtig alles wieder außer Rand und Band gerät. Ein Gegenstück zu solchen seltsamen Ruhestistern, die die Verzweiflung aller Versammlungsleiter find, bilden gewisse Einigkeitsapostel, die jest durch Berlin jehen. Die einen machen Lärm, indem sie nach Ruhe schreien, die anderen fördern die Uneinigkeit durch die Art, wie sie die Einigkeit fordern.
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Der Vorwärts" hat unter seiner gegenwärtigen- jetzt wieder gegenwärtigen- Redaktion stets für die Einigung der streitenden Richtungen zu wirken gesucht und sah sich auch am 10. November seinem Ziele nahe. Aber die Regierung der sozialistischen Einigkeit, die der Vorläufer der sozialistischen Einigkeitspartei werden konnte, ist ger storben an Spartakus. Mit Spartakus und allen, die ihm nabestehen und die ihn fördern, ist eine Einigung unmög lich. Sie war unmöglich, lange bevor Blut im Bruderfrieg gefloffen war, sie ist noch unmöglicher jetzt.
Damit ist deineswegs gefagt, daß alles, was zu Spartatus gehört, für uns auf ewig verdammt und vermaledeit sein muß. Wir Sozialdemokraten fönnen die spartakistische Bewegung nicht mit den Augen des Spießbürgers betrachten, fönnen in ihr nicht nur Terror, Raub, Totschlag und Plünderung erbliden, zu denen sie leider ausgeartet ist und ausarten mußte. Den reinen Kern, der in dieser schmuzigen Schale steckt, verkennen wir nicht: den leidenschaftlichen Willen zum Sozialismus, den Geist der Revolte, den Rebellentrop, den Hang zum fühnen Abenteuer. Unter den überzeugten Spartatisten gibt es vereinzelt mensch lich sympathischere Erscheinungen als unter den taktisch schielenden und hinkenden Links- Unabhängigen, die sich ins Geschäft drängen, wenn es günstig scheint, und die es nicht gewesen sein wollen, wenn die Sache schief geht.
Wir. die wir uns ehrlich für Karl Moor begeisterten, der die Gesetze der Menschheit unter seine Füße tritt, und für Gös von Berlichingen her coor die personds fürerliche Welt den Krieg der Persönlichkeit führt, die den Parijer Juni- und Märzkämpfern den Zoll unserer Bewunderung entrichteten. wir, die wir ehrliche einde des Kapitalismus find und zu bleiben gedenken, stehen Spartafus auch in seiner rasenden- Verirrung anders gegenüber als der preußisch- polizeiliche Ordnungsmann, der besorgte Kapitalist, der ratlofe Bhilister. und wenn wir ihn im Bewußtsein unserer Pflicht mit allen Mitteln bekämpfen, so tun wir es mit anderen Gefühlen und aus anderen Gründen, als jene Ordnungselemente des alten Regimes.
Wir bekämpfen Spartatus, weil er in seinem tollen Eifer die Geseze der Demokratie, des Volfsrechts, die uns will, weil er die Republik gefährdet, den ruhigen Aufbau des in Fleisch und Blut gegangen sind, über den Haufen werfen Sozialismus hindert, den Frieden untergräbt, alle Errungenschaften der Revolution wieder in Frage stellt. Wir bekämpfen ihn, weil er in abenteuerlicher Begriffsverwechsefung Gewaltanwendung für Revolution hält, weil er mir ein eingebildeter Revolutionär und Volksbeglücker, in Wirklichkeit aber ein unbewußter Reaktionär und Arbeiterverderber ist, wir bekänwyfen ihn nicht zulett aus sittlichen Gründen, weil sein Fanatismus die wahnsinnigste Lüge als Kampfmittel berne. Det und das gemeine Verbrechen mit seiner Flagge deckt. Wir vertrauen darauf, daß mancher, der heute im Lager von Spartakus steht, später einmal einsehen wird, daß wir Recht gehabt haben, daß wir handelten, wie wir mußten, wis es uns unsere Pflicht an der Republit, am Sozialismus und an der Arbeiterflaffe gebot. Diese Einsicht wird später, vie: später einmal den Boden der Einigung bilden.
Jest sind wir nicht nur Geaner, sondern einde, und fönnen gar nichts anderes sein. Die Einigung aller drei sozialistischen Richtungen" ist in diesem Augenblid nichts anderes als eine holde Utopie, soweit die Ausgabe dieses Schlagworts nicht nur ein taftisches Manöver ist. Es ist eine Kinderei, zu glauben, diese Einigung fönne herbeigeführt werden durch Entfernung der„, kompro mittierten Führer" aller Richtungen. Wer ist führer" und wer ift ,, fompromittiert"? Reine Gruppe, am allerwenigsten die fleinen zur Linken, verfügt über einen solchen Ueberfluß an schriftstellerischen und rednerischen Führern, daß sie Dußende von ihnen zum alten Eisen werfen fönnte. Und würden sich beispielsweise Loebe und Lewiné besser miteinander vertragen, als Ebert und Liebknecht! Der Per