Nr.285.36.Jahrg.

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Donnerstag, den 5. Juni 1919.

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Verschärfte Zensur in Paris  .

Versailles  , 4. Juni. Den Pariser Morgenzei- Mangin stört die Friedensverhandlungen.]

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Note Brockdorff- Rautaus an die Allierten.

Berlin  , 5. Juni.

Die nachstehende Note betreffend die Loslösung der Rhein­om lande und der Pfalz  , wurde unter Beifügung der Note, die Reichsminister Erzberger   am 2. Juni an den General Rudant gerichtet hatte, dem Präsidenten Clemenceau   überreicht:

Herr Präsident!

Das Wetterleuchten in Frankreich  .

tungen zufolge erörterte der Viererrat gestern nach­mittag die deutschen   Gegenvorschläge. Abgesehen von dieser Tatsache darf die Presse feine Einzelheiten über den Verlauf der Erörterungen ver­öffentlichen. Ein ganzer Artikel im Der Charakter der französischen   Streitbewegung läßt sich me Libre" und der Bericht des„ Excelsior" in feinen Einzelheiten zurzeit noch nicht erkennen. So viel aber sind von der Zensur gestrichen. Nur einigen fann schon heute gesagt werden, daß die wirtschaftlichen wenigen Blättern ist es auch heute gelungen, in einer Zeile Forderungen, von denen sie ihren Ausgang nahm, in den Hin­anzudeuten, daß nach wie vor die Absicht bestehe, grund­tergrund getreten sind und politischen Forderungen Platz legende Richtlinien des Vertrages nicht zu ändern, daß es Die deutsche Delegation hat in den legten Tagen sowohl durch gemacht haben. Diese Tatsache ist aus zwei Gründen zu er­fich höchstens um Zugeständnisse handeln könne, welche die Presse als durch unmittelbare Nachrichten aus Deutschland   flären: Einmal liegt sie im Wesen der Massenstreits überhaupt man Deutschland   in unwesentlichen Einzelfragen machen kenntnis davon erhalten, daß in den Rheinlanden und der Pfalz   begründet, der als Erscheinungsform des proletarischen Klaj­werde. Chicago Tribune" darf ferner auch berichten, daß Bestrebungen im Gange find zu dem zweck, diese Gebiete vom senkampfes wohl einem einzelnen Zweck entspringen mag, Wilson von Veränderungen nichts wissen will, daß aber die Deutschen   Reiche loszulösen und zu selbständigen Re- in seinem Verlaufe aber das Endziel des Klaffenkampfes, die Be­amerikanischen Finanzfachverständigen ge- publiken zu machen. Die Bestrebungen werden von den miti. freiung des Proletariats, naturgemäß immer schärfer hervor. schlossen die Ansicht vertreten, man müsse den Gesamtbetrag, tärischen Behörden der Offupationsmächte nicht nur gebul- treten läßt; dann aber find es die augenblicklichen politischen welchen Deutschland   zu bezahlen habe, sofort festseßen und det, sondern segar offen unterstützt. Deutsche   Beamte, die Verhältnisse, die unwiderstehlich zur Bolitisierung jeder Massen­nicht bis 1921 warten. pflichtgemäß gegen die Anstifter einschreiten und sie nach den be- bewegung drängen. stehenden deutschen   Gesetzen wegen Hochverrats zur Verantwortung Das französische   Volf ist durch den Verlauf des Krieges ziehen, werden von den Befagungsbehörden ihrerseits verfolgt und schwer enttäuscht worden. Während man ihm von den ersten mit Ausweisung bedroht. Einzelheiten, die wegen der Absperrung Augusttagen des Jahres 1914 an vier Jahre und länger hindurch der rheinischen Gebiete vom übrigen Deutschland   nicht mit Genauig- borspiegelte, daß der Kampf um demokratische Ziele gehe, feit haben nachgeprüft werden können, find in der hier abschriftlich daß es gelte, die Welt vom Imperialismus und„ Kaiserismus“ beigefügten Note des Reichsministers Erzberger an den General fennen müssen, daß es das Blut seiner Klaffengenoffen nicht für zu befreien, hat das Proletariat Frankreichs   mehr und mehr er­Stulturintereffen, nicht für die Menschheit, sondern für die reich 3, für seine ärgften natürlichen Feinde, vergießen mußte. imperialistische Rapitalisten klasse. Frank­Das lieg im französischen   Proletariat eine Gärung entstehen, die seit Monaten bemerklich war und die jetzt zur Entladung ge­fommen ist.

Danach zu urteilen, scheint die Sorge um die Saltung des franzöſiſchen   Proletariats in der Friedensfrage recht begründet zu sein. Die französischen   Arbeiter planen eine große Kund­gebung zugunsten eines Rechtsfriedens. Um das zu verhindern, werden sie systematisch in Unkenntnis der wahren Dinge gehalten. um so tiefer wird die Empörung sein, wenn eines Tages das Gewaltverf in aller Fürchterlichkeit bekannt wird.

Nudant vom 2. d. M. enthalten.

Die deutsche Delegation macht die alliierten und assoziierten Regierungen darauf aufmerksam, daß die Duldung und Förderung von Bestrebungen, bie zur Ablösung der westlichen Gebiete vom Reiche führen sollen, in hohem Maße geeignet ist,

Versailles  , 4. Juni. Wie ,, Echo de Paris" mitteilt, ist der Biererrat durchaus einig über den Sinn der Antwort auf die deutschen   Gegenvorschläge, welche fern von jeder Schwäche sich durch Festigkeit auszeichnen werde; ihr Wortlaut werde in der morgigen Sibung festgestellt werden. Man erwartet, daß sie den die Verhandlungen über die Herstellung Deutschen   Delegierten Ende der Woche zugestellt werden kann. des Friedens Bersailles, 4. Juni. Die Stodungen in den Beratungen des und die Durchführung seiner Bedingungen zu stören. Ein solches Viererrats scheinen anzudauern. Intransigeant" weift, wie verhalten der Okkuvationsbehörden würde überdies in schroffem schon viele Morgenblätter, eine große Zunsurlücke auf. Nur die leber- widerspruch zu der Bestimmung des Artikels V Abs. 2 des Waffen­schrift Lloyd George   bereitet eine Note vor" und einige Beilen stillstandsabkommens stehen, die offenbar davon ausgeht, daß die von der Meldung sind stehen geblieben, aus welcher hervorgeht, daß zuständigkeit der bisherigen Verwaltungsbehörden dieser Gebiete Bonac Law im Flugzeug aus England nach Paris   gekommen ist, unangetaftet bleibt und daß die militärische Besetzung durch diz und daß Lloyd George   eine amtliche Note vorbereitet, die den Stand- Gegner die Zugehörigkeit der Gebiete zum Reich in keiner Weise punkt Englands bekanntgeben und morgen abend oder Freitag ver- berührt. öffentlicht werden soll. Englische Streise stellen nachdrücklich in Ab­rede, daß Lloyd George   wegen seiner Antwort schon irgend einen Entschluß gefaßt habe, Intransigant" will bestätigen können, daß noch nichts entschieden sei. Ferner glaubt das Blatt, daß die Ant wort der Alliierten vor Sonntag überreicht werde, aber man sei dessen noch nicht sicher.

Kennzeichnend ist gleichfalls der sehr erregt flingende Beit­artifel des" Temps", der erklärt, seit einer Woche habe die deutsche Delegation ihren Gegenvorschlag überreicht. Gewiß handle es sich darum, daß man, wenn man so wichtige Beschlüsse zu faffen habe, reiflich nachdenke. Das Publikum verstehe das alles und warte. Aber allzulanges Warten würde mehr schaden, als über mäßige Eile.

Die politischen Ereignisse, die sich außerhalb der Schlacht­felder Belgiens   und Nordfrankreichs abspielten, konnten an dem heißblütigen französischen   Volke gleichfalls nicht spurlos vorüber­gehen. Es sah, daß die östlich von ihm gelegene Welt in eine era der rebolutionären Strömungen hinein­geriet, die als erste Frucht die russische Revolution vom Jahre 1917, sodann mit dem Ende des Krieges die deutsche Erhebung vom November 1918 zeitigte.

Während das deutsche Proletariat in der Novemberrevolu­Dazu kommt, daß Deutschland   die Lasten, die es im Friedens- tion die politische Unterdrückung von sich abschüttelte und sich vertrag auf sich nehmen will, nur tragen kann, wenn die territori  - seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit durch systematischen Ausbau alen und wirtschaftlichen Unterlagen seiner finanziellen Leistungs- feiner Erfolge zu entledigen sucht, lasten auf dem französischen  fähigkeit unangetastet bleiben. Es bedarf keiner Ausführung, daß Proletariat alle Fesseln, die einer von einer Minderheit be­die Abtrennung von Gebieten mit so großer Bevölkerungszahl und herrschten Volksklasse in einem imperialistischen Staatswajen so hoch entwickelter Industrie wie die Rheinlande, überhaupt nur auferlegt zu werden vermögen. Es zeigt sich. die Grundlagen des deutschen   Friedenangebots daß es nichts als eine Phrase ist, wenn man ein Land, das von einer Sandvoll Imperialisten beherrscht wird, als das freieste" Staatsform, obgleich Voraussetzung jedes geordneten sozialen oder überhaupt nur als frei" bezeichnet. Auch die demokratisch Fortschritts, bedeutet nicht Freiheit, solange sie nur zum Deck­mantel imperialistischer Staatsziele dient.

erschüttern

müffen. Wenn also die Behörden der Offupationsmächte, die den Abfall der Rheinlande befördern, der Meinung sind, daß fie dadurch den Intereffen der alliierten und assoziierten Regierungen dienen, so vergessen sie, daß sie, zwar vielleicht den tatsächlichen Machtberetch dieser Regierungen für den Augenblick vergrößern, zugleich aber die rechtlichen Sicherheiten verringern, die ihnen für die Durchführung der Friedensbedingungen haften sollen.

Die Streiflage in Paris  . Siernach richtet die deutsche Friedensdelegation an die ali­Borbereitung eines interalliierten Generalstreiks. ierten und assoziierten Regierungen das nachbrüdliche Ersuchen, terten und assoziierten Regierungen das nachdrückliche Ersuchen, Versailles  , 4. Juni. Nach den Abendblättern scheint die bie im vorstehenden gekennzeichneten Vorgänge alsbald aufzu Ausstandsbewegung in Paris   und Frankreich   unverändert zu sein. Hären und dafür Sorge tragen zu wollen, daß die militärischen Der Betrieb einiger Bariser Untergrundbahnlinien wurde teilweise Behörden der Okkupationsmächte im Rheingebiet unverzüglich und von Streifbrechern wieber aufgenommen. Bei zahlreichen Gewert mit allem Ernste auf das Gefährlich eihres mißleiteten po schaften scheint die Gärung zuzunehmen, beispielsweise bei den litischen Eifers hingewiesen und angehalten werden, einerseits Gisenbahnern, welche am Freitag über die Frage General- iebe Förderung der Loslösungsbestrebungen zu unterlassen, ander. streit oder nicht!" Beschluß fassen werden. Die Elektriler in erseits den deutschen   Behörden bei der pflichtmäßigen Bekämpfung den Pariser   Werkstätten haben teilweise die Arbeit niedergelegt. Dieser Bestrebungen keinerlei Hindernisse in den Weg zu legen. In den großen Staufhäusern scheinen die Angestellten gleichfalls Genehmigen Sie Herr Präsident den Ausdruck meiner ausge

morgen oder übermorgen in den Ausstand treten zu wollen. Der zeichneten Hochachtung. Ausstand der Angestellten des Printemps" dürfte wohl morgen auf Grund der eingeleiteten Verhandlungen zum Ende gelangen. Baut „ Populaire" haben mehrere Gewerkschaften in den Provinzstädten,

namentlich in Marseille   und Limoges  , den Ausstand erklärt. Auch Die österreichischen

heute ist die Ruhe in Frankreich   nicht gestört worden. In Ver­failles haben die Straßenbahnangestellten am Vormittag die Arbeit wieder aufgenommen.

Broddorff- Rantau.

für das russische Volk, das mit einem einzigen Rud seine So enstanden im französischen   Proletariat tiefe Sympathien politischen Unterdrücker zum Teufel gejagt hatte und seine wirt­schaftlichen Feffeln gesprengt zu haben schien. Es erregt heute in deutschen   Sozialistenkreisen Verwunderung und wird von den Unabhängigen und Kommunisten zu lebhaften Angriffen gegen die deutschen   Mehrheitssozialisten bemutzt, daß die deutsche sozial­demokratische Partei den russischen Ereignissen gegenüber eine kritische Saltung eingenommen hat, die sich sogar bis zur Ab. lehnung steigerte; gerade in diesen Tagen dürfte gegen die Antibolichemisten" von linksradifaler Seite unter Hinweis auf Die Sympathien, welche die russischen Revolutionäre in Frank­ reich   genießen, Sturm gelaufen werden. Und doch liegt hierin eine völlige Verkennung der verschiedenartigen Verhältnisse, unter denen das deutsche und das französische   Volk lebt. Eine Klasse, die jeder Unterdrückung ihrer Machthaber ausgesetzt ist, muß sich naturgemäß einer erfolgreichen Revolution gegenüber zunächst vollkommen unfritisch verhalten und alles, was ihr vor­teilhaft und neu erscheint, mit Begeisterung aufnehmen. In glüdlicherweise nicht mehr; es hat seine eigene Revolution und fann im Vergleich mit ihr fremde Bewegungen prüfen und auf ihren Wert untersuchen.

Friedensbedingungen dieser Situation befindet sich das deutsche Proletariat aber

und die Neutralen.

Baut Bon Soir" werden die Führer der englischen, Genf  , 5. Juni.  ( T.K.) Die Härde der Friedensbedingungen Aus dieser Tatsache erklärt sich die zunächst noch unkritische italienischen und französischen   fosialistischen hat in der Schweiz   einen niederschmetternden Eindruck herborge Begeisterung, die ein anscheinend großer Teil des französischen  Partei, die bereits fürzlich in Mailand   zusammengekommen find, rufen. Ins: esondere hat die gewaltsame Form Anstoß erregt, mit Proletariats den Vorgängen in Rußland   entgegenbringt. Hinzu in etwa acht Tagen in Paris   wieder zusammentreten, um den der sich die Alliierten über das Selbstbestimmungsrecht der Völker aber kommt die Erwägung, daß feine Klasse, mag sie noch so Arbeiters werkschaften der drei Länder einen allgemeinen europäi- hinweggefest haben. Auch die Presse der franzöfifchen imperialistenfeindlich gesinnt sein, sich gänzlich imperialistischen schen Ausstand von ein oder zwei Tagen vorzuschlagen. Die so- Schweiz   zeigt sich über diese Verlegung der von den Allierten Einflüssen zu entziehen imstande ist. Die Dinge liegen doch nun zialistischen Führer beabsichtigen, durch diese Niesenfundgebung die als ihr Kampfgiel proflamierten Grundsäge sehr verstimmt und hat einmal se, daß Frankreich   und Rußland Bundesgenossen Kraft der Arbeiterklasse und den Willen der Arbeiterschaft, sich jedem die Abneigung, die feit langem in Schweizer   Kreisen gegen die waren, während sich Frankreich   mit Deutschland   im Kriegszu­Einschreiten in Rußland   zu widersetzen, zu beweisen. augenblickliche Form des Bölkerbundes besteht, noch weiter erhöht. I stande befand. Wenn nun das französische   Bolt jahraus jahrein