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Nr. 310 36. Jahrgang

Prozeß Ledebour  .

Beilage des Vorwärts

Rechtsanwalt Obuch setzte nach der Mittagspause seine Rede fort. Er beleuchtete die Angaben, die der Angeklagte selbst über fein Verhalten und seine Stellung in der revolutionären Bewegung gemacht hatte und führte aus, daß nach dem 9. Nevomber bis zur Nationalversammlung ein anderes Recht bestanden habe wie heute.

Es sei

ein Verfassungsvertrag zwischen den beiden sozialdemokratischen Parteien abgeschlossen worden, auf Grund dessen der Rat der Volksbeauftragten   zustande gekommen sei. Die Rechtssozialisten hätten durch ihr Verhalten am 6. und 24. Dezember den Vertrag verletzt. Das sei der Grund gewesen, daß die Revolution gegen die Rechtssozialisten habe weiter­getrieben werden müssen Dazu seien die Träger der Revolution, die seit dem Jahre 1916 bestehenden revolutionären Obleute be­rufen gewesen, nachdem die Unabhängigen aus der Regierung hin­ausgedrängt(!) und schließlich auch Gichhorn aus seinem Amt ent­fernt werden sollte. Diese Amtsentsetzung sei ein Buch des damals geltenden Rechts gewesen, den abzuwehren die Träger der Revo­tion berechtigt gewesen seien. Die Absetzung Eichhorns sei der von der Regierung absichtlich herbeigeführte äußere Anlaß zu den Zu­sammenstößen gewesen. Während sich der Angeklagte bemüht habe, einen Vergleich herbeizuführen, habe die Regierung darauf hinge­arbeitet, daß es zu blutigen Zusammenstößen mit den inzwischen berangeführten Truppen gefomn.en sei. Der Angeflagte berufe fich auf moralische Recht der Revolution,

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ein Recht, das zwar nicht geschrieben sei, aber zu der in Frage tommenden Zeit tatsächlich gegolten habe. Das würden die Ge fchworenen bei ihrem Wahrspruch zu berücksichtigen haben.

Staatsanwaltschaftsrat Gysa e wendet sich gegen verschiedene Ausführungen der Verteidiger, besonders gegen die Darlegung, daß die Regieung den Konflikt absichtlich herbeigeführt habe. Der Re­gierung hätten zu Anfang des Aufstandes nur sehr wenig Macht­mittel zur Verfügung gestanden, wie hätte sie also daran denken fönnen, einen Kampf zu provozieren. Erst nachdem die Kämpfe von der anderen Seite eröffnet waren, habe die Regierung Truppen zur Abwehr des Aufstandes herangezogen. Die Becufung auf das moralische Recht der Revolution fönne strafbare Handlungen nicht ftraflos machen. Auf dem haltlofen Boden eines ungeschriebenen techtss tönne kein Richterspruch entstehen, der Richter habe sich nur an das tatsächlich bestehende Recht zu halten. Die hier in Frage fommenden strafrechtlichen Gesichtspunkte seien durch die Revolution nicht aufgehoben worden. Wenn die Geschtvorenen eine Beteiligung des Angeklagten an den Vorgängen für eriviesen halten, dann könne er nur als Führer oder, wie es im Strafgesetzbuch heißt, als Räbels führer in Frage kommen. Dazu jei ja nicht nur eine phyfische Mit­wirfung notwendig, sondern es genüge auch die psychische Betätigung. Der Staatsanwalt geht auf das Ergebnis der Beweisaufnahme ein und tritt der von der Verteidigung daran geübten Kritik entgegen. Wenn nach seiner gestrigen Rede der Eindruck entstanden sei, daß er auf den Zeugen

Tiesenhausen  

habe zurückgreifen wollen, so sei das ein Mißverständnis. Diesen Reugen habe er gänzlich fallen lassen. In seinen weiteren Aus­führungen vertrat der Staatsanwalt den Standpunkt, daß die Schuldfragen nach der Rädelsführerschaft bei Aufruhr und Land­friedensbruch bejaht werden müßten.

Auf Wunsch des Angeklagten Ledebour  , der angab, gesundheit lich jo angegriffen zu sein, daß er troß der interessanten Verhand­lungen eingeschlafen fei, fällt die Sibung am Freitag aus. nächste Sibung ist am Sonnabend 9 Uhr.

Die

Mitglieder wollte. Unerfüllbaren Forderungen muß er entgegen­treten, wenn er nicht seine Pflicht verlegen wollte. Der Vorstand habe den Verbandsangestellten unabhängiger Richtung kein Haar gekrümmt; diese Richtung im Verband wolle aber ihr migliebige Verbandsführer beseitigen, weil sie Mehrheitssozialisten seien. An seiner, Sachses Person, solle die Verständigung nicht scheitern. Auch Kassierer Stühmeyer verteidigt in seinem Schlußwort die Verbandstaktik.

Dann folgen eine Reihe persönlicher Bemerkungen, worauf die Abstimmung über eine Reihe Anträge erfolgt. Der Antrag Katern­berg Schonnebed II:

Die Generalversammlung möge beschließen, dem Vorstand des Verbandes für sein Verhalten während des Krieges und der Revolution ein Mißtrauensvotum auszusprechen,

wird in namentlicher Abstimmung mit 80 gegen 177 Stimmen

abgelehnt

6246265

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Borwärts: Berlag G.m.b.H., Berlin  

Die von Rauschenberg   und Genoffen eingebrachte Entschließung wich mit folgendem Stimmenverhältnis angenommen: Die 21. Generalversammlung des Verbandes der Bergarbeiter Deutschlands   kann sich der Einsicht nicht verschließen, daß die Verbandsleitung während des Krieges und nach der Revolution stets bestrebt war, dem Gedeihen des Verbandes und dem Wohle der Mitglieder zu dienen. Die Generalversammlung verbennt nicht die Schwierigkeiten und die große Verantwortung, unter der Vorstand, Angestellte und Verbandefunktionäre ihre Tätigkeit ausüben mußten. Die Verbandsleitung trifft feine Schuld, wenn nicht alle Wünsche aller Kameraden erfüllt werden konnten.( 164

gegen 79.)

Freitag, 20. Juni 1919

Organisationen auf Grund des Mehrheitsprinzips beschlossen und müssen von den Organisationsleitungen durchgeführt werden, wenn nicht eine die Bergarbeiter und das Arbeiterwohl schädi gende Anarchie eintreten soll.( Gegen 1 Stimme.)

Die Generalversammlung berurteilt auf das schärfste die Versuche einer verhältnismäßig kleinen Minderheit, die Berg­arbeiter durch Drohungen und Terror in Streifs hineinzutreiben.

Die Generalversammlung strebt die Einheitsorganisation der Bergarbeiter an, sieht aber in der Gründung neuer Organis fationen nur eine weitere arbeiterschädigende Zersplitterung, die nur der Reaktion dienen kann. Nur die Verständigung der be stehenden Organisationen, nicht aber der Terror kann das lang­erfehnte Ziel der Einheitsorganisation bringen.( Einstimmig.)

Der Antrag Hüls: Wenn zwei Drittel der Mitglieder im Be­zirk den Bezirksleiter ein Mißtrauensvotum aussprechen, so hat er von seinem Posten zurückzutreten, wird angenommen, ebenfalls der Antrag Langhorst: Die 21. Generalversammlung beschließt, daß in Zukunft von den Werksverwaltungen verlangt werden muß, nur folche Bergarbeiter zu beschäftigen, die einer der vier wirtschaft­lichen Bergarbeiterorganisationen, die zurzeit miteinander in der Arbeitsgemeinschaft stehen, angehören.

Ferner werden angenommen die Anträge auf Aufhebung des Belagerungszustandes im Industriegebiet; Entlassung der Arbeiter, die nach der Schicht noch andere gewinnbringende Beschäftigung ausführen und deren Ausschließung aus dem Verbande; Ausarbei­tung einer der Neuzeit entsprechenden Arbeitsordnung; Zubilligung aller Verbesserung in bergmännischen Fragen nur für Mitglieder der vertragschließenden Organisationen.

Ueber Knappschafts- und sozialpolitische Fragen" hielt darauf Wismann ein außerordentlich interessantes Referat, in dem er Die geschichtliche Entwicklung des Knappschaftswesens schilderbe und barlegte, welche Verbesserungen auf diesem Gebiete während des Krieges durch das Vorgehen des Vorstandes und der Knappschafts­ältesten des Verbandes erzielt worden seien. Daran sei zu ersehen, daß der Vorstand stets auf dem Posten war. Die sinnlosen Vor­würfe der Schreier, der Verband habe nichts getan für Invaliden, Witwen und Waisen, seien dadurch aufs glänzendste widerlegt. Der Vortrag fand starken Beifall.

Groß- Berlin

Die Bankbeamten vor dem Schlichtungsansschuß. Antrag der Vertreter der Bankleitungen, die Oeffentlichkeit nur be Die Verhandlungen fanden Donnerstag nachmittag ihr Ende. dingt zuzulassen, von den Arbeitnehmern abgelehnt. Bankdirektor Mosler: Der von den Angestellten vorgelegte Tarifvertrag würde den Banken den Charakter eines faufmännischen Instituts nehmen und den von Behörden geben, die Leistungsfähigkeit des einzelnen, wenn er nicht die Hoffnung habe, durch Tüchtigkeit besseres Einkommen zu erlangen, herabgefeßt. Beispiel: die staat­lichen Werkstätten, wo man versuche, das bureaukratische System durch kaufmännisches zu ersehen, um Betriebe lebensfähig zu er Man dürfe auch die Banken nicht mit staatlichen Instituten ber­Mary: Von bureaukratischem Ginheitstarif keine Rede. gleichen, da beispielsweise die Bankdirektoren vielfaches Minister einkommen haben.

halten.

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Die Tatsache, daß der Berband in den atvei letzten Kriegs­jabren feine Mitgliederzahl mehr als verdreifachte, daß er weiter nach der Revolution zirka 300 000 neue Mitglieder gewann, ist die glänzendste Bestätigung für die Richtigkeit der Haltung des Verbandes. Nur eine Organisation, die Vertrauen in den breite fben Bergarbeitermassen genießt, tommte solche Fortschritte er­zielen.( 169 gegen 67.) Die Generalversammlung fieht in der unverbrüchlichen Di- breitung eines Flugblattes Proteft. Schließlich wurden die Ver­faiplin der Mitglieder das Fundament des Verbandes und die Borbedingung jeden Erfolges.

Bei der Diskontogesellschaft sollten die Beamten darüber abstimmen, ob für Streit Stimmung vorhanden oder nicht. Der Angestelltenausschuß protestierte gegen diese Maßnahme und wollte die Angestellten durch Mitteilung am schwarzen Brett darüber in­formieren. Die Direktion verbot dies und erhob auch gegen Ver­handlungen vertagt, da die Arbeitnehmerorganisationen mit Ab­bruch der Verhandlungen drohten, falls diese von der Direktion der Diskontogesellschaft vorgenommene Abstimmung nicht verhindert werde. Schlichtungsausschuß zog sich darauf zur Beratung zurück.

Generalversammlung der Bergarbeiter. und wirtschaftlichen Erfahrungen, welche unseren Mitgliedern Entscheidung erst in einigen Zagen zu erwarten.

Die Diskussion über den Vorstandsbericht wird, nachdem nocy 10 Redner gesprochen haben, mit 133 gegen 70 Stimmen geschlossen. Korreferent Rosemann erklärt in feinem Schlußwort, daß icine Freunde auf dem Boden der Zentralorganisationen ständen, jedoch eine andere Verbandstaftit verlangten.

Vorsitzender Sachse verteidigt im Schlußwort die Stellug­nahme des Vorstandes, der immer und überall das Beste für die

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Mottele.

Von Salamon Dembiker. ( Einzig berechtigte Ueberseßung von Stefania Goldenring.) Jm Städtchen fannte man Mottele als einen Sonderling. Aber wenn man ihn hinter dem Rücken auch auslachte, so sollte man ihm in seiner Anwesenheit stets die größte Achtung. Das hatte seine Gründe. Man konnte von ihm stets ein paar Gulden

leihen, ohne gemahnt zu werden, oder wenn irgendwo ein armer Mensch frank lag, brauchte man Mottele nur zu rufen; er fam fofort, wachte die ganze Nacht und ließ unter dem Kissen des Kranken, bevor er ging, einen Behnguldenschein in Papier   ein­gehüllt zurüd. Buzeiten aber, wenn die Einwohner kein Geld von ihm brauchten und im Städtchen niemand frank lag, wurde Mottele ganz vergessen, obgleich die Leute sich in der kleinen Stadt fortwährend jahen und umeinander fümmerten. Er war der Einzige, der niemals gefragt wurde, wenn im Städtchen irgendetwas unternommen werden sollte. Wenn man ihn im Vorübergehen an Sommerabenden vor seinem Geschäft auf der Siste sitzen sah, oder wenn man ihn in Winternächten beob­achtete, wie er in seinem alten, abgetragenen Raftan, einem Samthut auf dem Kopf, das blaffe Geficht von einem schwarzen Bart umrahmt, in seinem Laden die Hände am Feuertopf wärmte, so schien es, als fäße dort seit Hunderten von Jahren, seitdem das Städtchen existierte, ein menschliches Gespenst, ein Stiller, der von niemand etwas wollte, und dem es beschieden war, in ewiger Einsamkeit zu bleiben.-

Der Verband kann sich seine Taktik nicht vorschreiben laffen bon berufsfremden Berfonen ohne alle gewerkschaftlichen nicht verantwortlich sind. Der Verband und seine Leitung darf nicht der Hörige außenstehender Kreise werben, die die Berg­arbeiter mißbrauchen, um ihre oft recht gewerkschaftsfeindlichen Bwede zu erreichen.

Der Vorstand war und ist verpflichtet, einem solchen Miß­brauch des Verbandes mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten, rm die Mitglieder vor Schaden zu bewahren.( Einstimmig.) Streits dürfen nur unter Zustimmung der zuständigen

Zum Tempelhofer   Schlächterstreik.

Bon dem Tempelhofer   Gemeindevorsteher Wiesener geht uns folgende Erklärung zu: Die Gemeinde schlachtet das ihr über­wiesene Vieh in eigenem Betriebe. Das Fleisch wird durch eine Kommission, die aus einem Schlächtermeister, einem früheren Ge­meindeberordneten und einem nicht berufstätigen Schlächtermeister besteht, verteilt. Die Schlächtermeister streben seit langem an, die erschien ein hochgewachsener, schlanker Magistratssekretär, von In dieser Nacht gab es große Aufregung im Städtchen. dem man wußte, daß er Bestechungsgeldern nicht abhold war, Einer lief zum anderen, um Neues zu erfahren und Neues zu und der fich gern wichtig machte. Einen Federhalter hinter dem erzählen. Da gab es so manche Neuigkeit, die völlig aus der Ohr begann er laut zu schreien, die Leute möchten auseinander- Luft gegriffen war. Erst zu später Nachtstunde begab man sich aehen, weil ja hier feine Schenka sei. zu Bett.

Auch Mottele hatte vom Krieg erfahren. Anfangs wollte er

Die Einwohner zerstreuten sich nach allen vier Seiten. Ein Flüstern ging durch die Stadt. Mit bligartiger Schnelligkeit erfuhr jeder, daß es Krieg in der Welt geben wird. Bald darauf begannen die Kirchenglocken zu läuten. Die nicht daran glauben und wollte nicht begreifen, das Menschen Töne hallten anders wie sonst, so schwer und bange, und wedten einander töten wollten, Menschen, die einander nie gesehen und Angst im Herzen des Städtchens. Viele im Städtchen wußten einander nie etwas Böses zugetan hatten. Und selbst wenn sie gar nicht, was eigentlich Krieg bedeutete... doch jeder Gloden- einander gekannt und Böses getan hätten, mußten sie sich dann ton fagte ihnen, Strieg fei Blut und Tränen... Töten fremder gegenseitig niederschießen? Das wollte ihm durchaus nicht in Menschen und ein tiefes Grab für die ganze blühende Jugend. den Kopf. Ein Landauer, in dem ein vornehmer Herr saß, fuhr über den Markt. Die Einwohner zogen hastig die Hüte von den Köpfen, verneigten sich und fragten einander flüsternd, wer das wohl sein könne.

Am Abend, als der Himmel dunkler wurde, da ein leiser Wind die heißen Stirnen umwehte, die Zweige sich an den Bäumen wiegten, und der Lampenanzünder mit seiner großen Stange umberging, standen die Menschen auf dem Markt und in den Gaffen in Gruppen umher und redeten über das, was draußen in der Welt vorging.

An einer Stelle sah man eine Gruppe in Hemdsärmeln, mit Käppchen auf den Köpfen, die darüber stritt, ob es Krieg geben würde oder nicht. Da fam Mordchale Bitter mit einer Zeitung in der Hand. Die Menge rannte ihm entgegen und bestürmte ihn mit Fragen.

Da fam der große Krieg. Es waren heiße Tage, die Sonne brannte vom Himmel herab. Den Einwohnern des Städtchens Mordchale Ritter stammte aus einer Rutscherfamilie; der rann der Schweiz   herunter, wenn sie schweratmend in den Vater hatte es bis zum Winkelfonfulenten gebracht; er selbst war Gassen umbergingen, um ein wenig abzufühlen. Die Bäume früher Schreiber in einem Bureau, dann heiratete er und machte standen regungslos vor den Häusern, die Erde war ausgetrock fich einen Laden mit Nähmaschinen auf. Er ging stets gut ge­net. Es schien, als ob das ganze Städtchen, die umherstehenden kleidet, trug einen Schnurrbart mit hochgedrehten Spizen und Säufer, das Rathaus mitten im Markt und der hohe Brunnen war mit Hirsch Westlein intim befreundet. Aus diesem Grunde jo müde wären, als wollten sie einschlafen. Vor dem Brunnen hatte man für ihn eine gewisse Achtung und verzieh ihm seine standen ein paar elende, abgemagerte Gäule und tranfen aus Abstammung von Kutschern.... Mordchale war sehr stolz mehreren Eimern Wasser. Immer wieder hoben sie die Köpfe darauf, daß er die Zeitung lesen fonnte, und daß er mit den empor, um die Fliegen abzuwehren, die auf ihren abgezehrten Bostbeamten und anderen angesehenen christlichen Leuten im Leibern umherschwirrten und die Luft mit eintönigem Gefurre Städtchen in Freundschaft lebte. erfüllten. Mordchale erzählte der Menge, daß in der Zeitung stand, Blößlich trat ein Polizist in Hemdsärmeln aus dem Rat- es würde Krieg geben, und daß der Bürgermeister ihm ver­baus rief zwei vorübergehende Juden herbei und flüsterte ihnen sprochen hatte. Dafür zu sorgen, daß er vor seiner Einberufung etwas zu. Als die Einwohner sahen, daß der Polizist mit zwei zum Militär an die Spize der Bürgerpolizei käme, die gebildet Männern tuschelte, näherten sie sich ebenfalls, um zuzuhören. werden sollte. Seine fleinen Augen funfelten, als er dabon er Bald bildete fich ein großer Areis um das Rathaus. Schließlich zählte. Es war vielleicht der schönste Augenblic seines Lebens.

Als er später als sonst nach Hause ging, war der Markt leer und verlassen, und die Gassen sahen verträumt und nachdenklich aus. Die erleuchteten Fenster bekundeten, daß noch viele Leute wachten und von dem großen Ereignis sprachen. Von irgendwo bernahm man Menschenschritte. Ein kühler Wind liebkost: seinen müden Kopf. Am Himmel stand unbeweglich der große Mond. Mottele erhob sein Haupt zum Himmel, wo der allmächtige Schöpfer wohnte und stammelte: Herr der Welten, wirst du das zulassen?...

Mottele mußte ebenso wie die anderen flüchten und nahm fein Weib und ſein Stind mit. fein Weib und ſein Kind mit.

Im Städtchen erhob sich ein lautes Klagen und Schreien: Der Russe kommt! Der Ruffe kommt! Erichrodene Weiber liefen händeringend über die Gassen, als wäre der Zorn Gottes Bundesladen, schloß die Läden und packte die Bündel zusammen. über das Städtchen hereingebrochen. Man verbara die heiligen Rinder liefen den Müttern nach, voll Anaft, daß der Feind jeden Augenblick eindringen fönnte. Fromme Juden faßen im Bet­Augenblick eindringen fönnte. Fromme Juden saßen im Bet­haus, meinten ihr bitteres Herz vor dem Herrn aus und er­innerten ihn daran, daß er ihnen allein durch Moses die Tora gegeben hatte. Hatte er denn vergessen, daß sie die Kinder Abrahams  , saaks und Jakobs waren, und hatte er sie nicht schon genug neprüft?.

Aus dem Bethaus gingen fie nach Hause und fingen auch an, ihre Sachen zu paden. Alle verließen das Städtchen mit wehmüticem, beklommenem Herzen, jenes Städtchen, in dem ihre Eltern und Großeltern ihr ganzes Leben verbracht, in dem sie ihre Jugendträume geträumt hatten und mit dem sie mit heiligsten Banden verknüpft waren. ( Schluß folgt.)