Nr. 71. 37. Jahrg.
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Sonntag, den 8. Februar 1920.
Englischer Widerstand.
Die Reichsregierung hatte am Sonnabend eingehende Bes sprechungen mit den Fraktionsvorständen, der Nationalversamm. Baris, 7. Februar. Nach einem Privattelegramm des Jourlung. Es wurde festgestellt, daß die Frage der Auslieferung nur unter Mitwirkung des Parlaments gelöst werden solle, nal" aus London sagt ie Einberufung wird unverzüglich erfolgen, sobald die zus Kärung der Angelegenheit notwendigen Unterlagen boter wife nicht, ob die veröffentlichte Lifte zutreffend sei oder nicht, liege
Erhard Auer nicht auf der Liste. Wie wir zuverläffig erfahren, handelt es sich im Falle des von der Ententegeforderten Auer um einen Major Auer, also nicht um unseren sarteigenoffen Erhard Auer . Genoffe Auer wurde von diesem Sachvehalt, der gestern abend in Berlin bekannt wurde,
schon drahtlich erständigt.
So sehr wir bedauern, daß der erholungsbedürftige Genoffe Auer durch diese Berwechselung einer schweren Aufregang ausgefeßt wurde, so freuen vir uns doch der tapferèn Erklärung, die dieser serschossene und doc mutig gebliebene Kamerad vor der Aufklärung des Jrriums abgegben hat. Eie wird für alle Zeiten ein ehrenvolles Blatt in der Geschichte unserer Partei bleiben.
Franzifische Proteststimmen.
Baris, 7. Februr. Gumenité" erklärt: Biele Personen der alten und neuen 4t, felbft die außerhalb des Sozialismus stehen, berurteilen den Vertrag von Versailles und erflären ihr für unausführba
Bor wenigen Tagen hat Asquith in Baislen erflärt, bit Revifios des Bertrages sei unvermeidlich. Die öffentliche Meinung Deutschlands , richt nur der rechten, dern auch der anderen Fraktionen, stünde der Auslieferung feinhlich gegenüber.
„ Daily Chronicle",
aber er könne bestimmt sagen, daß, wenn die Liste stimme, fic niemals der britischen Regierung übermittelt und von ihr genehmigt worden sei. Sie sei schlechthin grotest, und wenn dies wirklich die
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Macht und Recht.
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In der folgenden Betrachtung wird der Versuch gemacht, die überaus verwickelte internationale Rechtslage darzustellen, die durch die Auslieferungsfrage. entstanden ist. Um Mißverständnisse zu vermeiden, sei im voraus bemerkt, daß es sich um einen redaktio nellen Meinungsausdruck handelt, und nicht um die Wiedergabe der uns zurzeit noch unbekannten - Rechtsauffassung der Reichsregierung. Redaktion des
Vorwärts".
Ueber die Schritte, die die Entente unternehmen wird, der deutschen Regierung vorgelegte Lifte sei, fo sei er überzeugt, daß um die Auslieferung zu erzwingen, herrscht überall, in den die interalliierte Diplomatie in Paris wieder einmal eine unent alliierten Ländern wie in Deutschland , die größte Ungewißschuldbare Torheit begangen habe. Man könne von keiner Regie- beit. Es lohnt sich daher zu untersuchen, was die Entente rung und feinem Voit verlangen, 15 Monate nach Einstellung der nach dem gegebenen Zustand des Völkerrechts tun kan in Feindseligkeiten, ohne ein Wort zu sagen, einen Mann auszuliefern, womit freilich nicht gesagt ist, daß sie nicht etwas ganz ander so seine Pflicht erfüllt habe wie Hindenburg. Wenn diejenigen, deres tun wird. die im Namen der Alliierten handelten, wirklich die in Rede stehende Die Nichtauslieferung der geforderten Personen ist Lifte oder eine ähnliche überreicht hätten, dann müßten sie glatt bezweifellos eine Verlegung des Friedensvertrages. Ob diese feitigt werden, che fich etwas Aehnliches wiederhole. Berlegung aus bösem Willen oder aus Unfähigkeit, sie zu
Lord Robert Cecil fagic nach der gleichen Meldung des Jour- vermeiden, entspringt, ist gleichgültig, entscheidend ist das nal in einer öffentlichen Versammlung, diejenigen, die die Ausbleiben der Leistung, die vertragsmäßig zu erfüllen ist. Kriegsgefangenen in Deutschland mißhandelt Eine Verlegung des Vertrags bedeutet aber noch nicht hätten, müßten bestraft werden, aber das wolle nicht feine Aufhebirng. Wenn Deutschland seine Pflichten bejagen, daß es richtig sei zu verlangen, daß Generale, Staats- aus dem Vertrag nicht erfüllt, so haben deswegen die Alliier männer ober Bringen nun sozusagen massenweise ausgeten gegenüber Deutschland noch nicht alle Rechte, die sie fid liefert würden. nehmen wollen, sondern nur diejenigen, die ihnen der BerAuch in der übrigen englischen Bresse findet die Ausliefe Deutschland zubilligt. Aus dem Völkerrechtlichen ins Privat trag im Falle der Verlegung der Vertragspflichten durch rungsliste teine Zustimmung. Daily Expres" nemnt fis einen gewaltigen Rikgriff. Die Lage sei jetzt so, daß die rechtliche übersetzt: Wenn ich meine Bertragspflichten nicht fon- allerien entweder Deutschland gingen müssen und dabei einen erfülle, jo entspringt mir daraus der im Vertrag vorgesehene Sieg der Sparta ! iften ristieren oder den Standpunkt, Nachteil, 3. die Berpflichtung, eine Konventionalstrafe g den fie eingenommen haben, preisgeben müssen. Dadurch zahlen, nicht aber die Verpflichtung, mich meiner Freiheit würden sie gegenüber den Feinden ihr ganzes Prestige und ihre berauben oder mir den Schädel einschlagen zu lassen. Autorität verlieren. Das Blatt schlicht:„ Wenn wir den Frieden Ein Paragraph des Vertrages(§ 18 Anlage II zu Teii nicht benlieren wollen, so müssen die Altierten und der Hohe Rat VIII), der wegen seiner Ungeheuerlichfeit häufig zitiert wird, mit ihrer kurzfichtigen Bolitit aufhören. Daily Expreß " weist auf befagt, daß die alliierten und assoziierten Regierungen bedie Folgen hin, die ein Rüd tritt der beutschen Regierechtigt sind, wirtschaftliche und finanzielle Sperr- und Verung für die Affiierten haben würde. Das Blatt ist der Ansicht, geltungsmaßregeln, überhaupt solche Maßregeln zu ergreifen. daß die Liste auch Namen von Personen enthält, die teine welche die genannten Regierungen als durch die Umstände Kriegsmiffetäter find, und schreibt, die einzige Lösung jei Die, in einem neutralen Lande einen internationalen Gerichtshof zu errichten. Selbst die Tschechen.
Die Aliierten feien durch den Bertrag bewaffnet, aber ent waffnet vor dem menschlichen Gewiffen! Sie hätten für sich den Buchstaben eines Vertrages, den sie mit Sie hätten fik fich den Buchstaben eines Bertrages, den fie mit Gewalt diftiest hätten, aber sie hätten gegen fich die nicht geschrie. benen Gefeße von denen der große griechische Tragöde spreche. Der Populaire" wendet sich in schärffter Weise gegen das Auslieferungsverlangen und stellt feft,
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geboten erachten. Es fann jedoch kein Zweifel daran bedie Eklärung eines im Reichsrat fei eine, Runbgebung, bic stehen, daß sich dieser§ 18 mir auf die Verpflichtungen der man nicht als theatralisch bezeichnen dürfe, fie entspreche ficher Wiedergutmachung bezieht, also zur Erzivinigung der Auseitem tiefen, allgemeinen Gefühl, und die alliierten Regielieferungen rechtmäßig auf keinen Fall in Anwendung ungen würden einen schweren und unverzeihlichen Fehler gebracht werden kann. Außerdem ist später festgelegt wor begehen, wenn sie ihre Tragweite unterschätten. Brag, 7. Februar. Zu dem Konflikt zwischen Deutschland und den, daß die Maßnahmen, die die Alliierten ergreifen dürfen, Man dürfe nicht umsonst an die Gerechtigkeit der Belt appellieren. Der Entente in der Auslieferungsfrage schreibt das offiziöse Blatt um die Kriegsentschädigung zu erzwingen, nicht militäriWelche Verbrecher auch die Militär- und Zivilbehörden des" Cesko- Slowensta Republica": Es kann feinen Streit scher Natur sein sollen. taiserlichen Deutschland gewesen seien, welchen Anteil von Ber - die Schuldigen tatsächlich bestraft werden. darüber geben, daß es das Interesse der zivilisierten Welt ist, daß Es ergibt sich also, daß die Entente aus dem Vertrag antivorting fie auch mit vielen anderen an der Grdrosselung beutschen Gerichte gewähren nicht hinreichende Bürg- rung zu blodieren oder weitere Besetzungen vorzunehmen. Die nicht berechtigt ist, Deutschland wegen der Nichtausliefe der Böller trügen, sie hätten doch ein Aurecht auf diese Gerech- schaften. Auf der anderen Seite aber darf der Widerstand des Noch weniger hat die Entente aus dem Vertrag das Recht. tigkeit. Der Artikel 228 verlege Grundsäge, die man nicht deutschen Bolles nicht unterscäßt werden. Vielleicht gibt es einen die Kriegsgefangenen oder einen Teil von ihnen als Geiseln vergessen und mit Füßen treten dürfe, ohne daß das WeltAustveg, wenn neutrale Gerichte damit betraut werden, über die zurückzuhalten, wie das vielfach befürchtet wird. Militärische gewissen dadurch Schaden erleide. Anlagen su urteilen.
Der Artikel sei tatsächlich und rechtlich unausführbar. Man fönne nicht Richter und Bartei in einer Angelegenheit sein.
3ft man bereit, felbft bis zur vollständigen Besekung Deutschlands au gehen, um die Hand auf die Angeklagten zu Tegen, die sich aber trobem entfernen fönnten? Glaube man die Blockade wieder aufrichten zu können, die keine andere gültige Entschuldigung babe, als das Recht legitimer und gebieterischer Verteidigung?
Maßnahmen oder Festhaltung von Geifeln kommen recht mäßig in feinem Fall in Betracht, wirtschaftliche und finan
Weber„ Temps", noch„ Journal des Débats " äußern sich, fie Die Berliner Parteifunktionäre zur Auslieferung. zielle oder ähnliche Vergeltungsmaßregeln nur dann, wenn Sine Konferenz der Abteilungsvorstände der Berliner Partei es sich im Pflichtverlegungen aus Teil VIII des Vertrages organisation, die am Freitag in den Sophienjälen tagte, beschäftigte( Wiederautmachungen) handelt. fich neben der Erörterung anderer Parteiangelegenheiten auch mit Vertragsmäßig hat die Entente infolge der Nichtausder Auslieferungsfrage. Allseitig wurde die Auffassung lieferung nur ein Recht, dieses aber ist unbestreitbar. Sie vertreten, daß das Verlangen der Gewalthaber der Entente nicht hat das Recht, die Beierung der jett bejezten Geerfüllt werden kann, weil es nicht erfüllbar ist. Die Partei- biete im Westen längere Zeit aufrecht zu er genossen lehnen es entschieden ab, tatsächlich vorgekommene Kriegs- halten, als dies der Fall wäre, wenn Deutschland alle Ber verbrechen verteidigen und die Verbrecher schüßen zu wollen. Sie tragspflichten erfüllte. Das geht aus Teil XIV des Berverlangen im Gegenteil eine gerichtliche Sühne ohne An- trages hervor, der von den Bürgschaften für die Durchfüh sehen der Person. Die Angeschuldigten müssen aber vor deutsche rung" handelt. Dieser teilt das Belegungsgebiet in drei Gerichte gestellt und dürfen nicht der niederen Nachsucht der selbst fchuldbeladenen Sieger ausgeliefert werden. Die Unterfdrift unter bas Versailler Dokument ist erpreßt;' die Durchführung der Friedensbedingungen unmöglich. Selbst wenn die Erfüllung dieser Verpflichtung möglich wäre, hätte es die Entente in der Hand, so wie sie es jetzt tun wird, mit Repreffalien zu drohen wegen der Nichterfüllung anderer unausführbarer Friedensbedin Der Vertrag enthält aber nichts, was die alliierten und guigen. Ginstimmig beschloß die Konferens, fich den Grassoziierten Regierungen berechtigt, der Besetzung einen anIazungen anzuschließen, welche am 5. Februar ban Genossen deren Charakter als einen zeitweiligen zu geben, insbeson Reinert in der Preußischen Bandesversammlung und vom Ge- dere nichts, was sie berechtigt, die Besetzung zu einer Los noffen eimann in ber Berliner Stadtverordnetenverfammlung reigung und Angliederung an einen anderen Staat zu ver abgegeben wurden. wandeln. Außerdem steht das Recht, die Besetzung zeitlich
In diesem Falle dürfe man nicht vergessen, bevor man sich auf ein solches Abenteuer einlaffe, baß nur wenige Staaten fich baran effektiv beteiligen würden, daß dies das beste Mittet sei, Frankreich selbst ins Glend zu stürzen. Die Entscheidungen, die man aber in der Annahme, daß Deutsch land nichts ausführen werbe, auf die eine oder die andere Weije treffe, würden schwere Konsequenzen nach sich ziehen. Die Deutschen behaupten heute, die laufel der Auslieferung fei nicht gültig, weil fie unter dem Drud der Gewalt erzielt wor ben fei.
Das fei bas grobe Argument: Richtigkeit wegen Anwendung bsn Gewalt. Das sei indeffen die Geschichte fast aller Berträge, bie bie Ginger ben Besiegten, aufgesungen. a Franfpeidy 1870 fes- Both zingen abgetreten habe, habe es sich in einem ähnlichen Salt befunden."
Het Bolt" gegen die Entente.
Bonen: die erste soll nady fünf, die zweite nach zehn, die dritte nach fünfzehn Jahren geräumt werden, wenn Deutschland , den ihm für den betreffenden Zeitabschnitt auferlegten vertragsmäßigen Pflichten nachgekommen ist. Andernfalls sind die alliierten and assoziierten Regierungen berechtigt, die Belegung länger auszudehnen.
Die Mitteilung der behorstehenden Aufhebung der auf auszudehnen, nicht einer einzelnen Macht zu, die sich in den Grund des Belagerungszustandes ergangenen zebberbote ihr aus dem Vertrag erwachsenden Ansprüchen geschmäleri nahan die Konferang mit großer Befriedigung entgegen. fiebt, fondern nur der Gesamtheit der alliierten und Sie bebauerte, daß die Breßfreiheit nicht schon längst wiederherges affoziierten Regierungen. Andernfalls wäre es z. B. fuftellt wurde. Dagegen tar fie der Meinung, daß der Belage- ristisch möglich, daß der Freistaat Sedichas wegen NichtausAmperbam, 7. Februar. Das Organ der niederländischen rungszustand im gegenwärtigen Augenblid um jo weniger lieferung des ihm durch Artikel 246 zugesprochenen Schädels fozialdemokratischen Arbeiterpartei et Bolt" schreibt in einem aufgehoben werden könne, als die reaktionären Parteien die des Sultans Mataua das linksrheinische Gebiet zur arabiLeitartikel, die Spannung, bie das Auslieferungsbegehren in Auslieferungsfrage für ihre Parteiinteressen auszuschen Provinz erklärte! Deutschland , in den neutralen ändern und in der ganzen müngen bestrebt find und mit der Möglichkeit gerechnet werden muß, Mit diesem Beispiel ist auch schon gesagt, daß die zeitliche Belt erzeugt, laffe deutlicher als je den daß Bersuche, den Bürgerkrieg zu entfesseln, von jener Seite Ausdehnung der Befeßung eine Folge ist, die im Falle einer Vertragsverlegung erfolgen kann, aber nicht erfolgen muß.
weltgefährlichen Charakter der Ententepolitik
ertennen, es sei eine Politik auf Biegen oder Brechen, ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen, politischen und vor allem psychologischen Fulgen.
unternommen werden.
Sehr scharf sprach sich schließlich die Konferenz gegen den der Man kann nicht die Besetzung.länger ausdehnen, weit Preußischen Landesversammlung vorgelegten Gefeßentwurf über Deutschland fünf Mark schuldig geblieben ist, das wäre eine die Abfindung des ehemaligen wönigshauses aus.unjinnige und schikanöje Auslegung der Vertragsbürgschaf