fähiger machen, daß sie ihnen einen weiteren Gefichtsfrei? verleihen, vielleicht sogar ein feineres sittliches Empfinden, daß sie sie somit zu Führerstellen, zu Herscherwürden qua- lifizieren. Das Christentum basiert aber geradezu auf der Auf- fassung, daß man nach menschlichem Ermessen das Heil der Well wohl hatte von den Mächtigen erwarten können, daß aber in Wirklichkeit„es Gott gefallen hat", die Welten- rettung durch das Medium der Niederen zu bewirken. Dem „Zimmermannssohn" ist es gegeben gewesen, die Mühseligen und Belade ren aufzurichten, nicht den Königen oder Hohen- Priestern. Geben unsere eigenen Erfahrungen dieser„Nivellie- rungstend!j" des Neuen Testaments etwa unrecht?— Wer hat denn in all den Jahrzehnten, die unsere Gegenwartsge- staltung h raufgeführt haben, die Führung gehabt? Wer hat Weitbl.ck bewiesen? Wer hat rechtzeitig die Ideale er- faßt, denen die Zukunft gehört? Wer hat der Menschheit Not begrisien? Wer hat Vorschläge zu ihrer Ueberwindung gljtoagt, die einem unbestechlichen Gerechtigkeitsgefühl ent- sprachen?— Etwa die Könige? etwa die Staatsmänner? etwa die Heerführer und Strategen? etwa die Universitätspro- fessoren?— Es ist eine Tatsache, stärksten Verwunderns wert. aber es ist eben doch Tatsache: der Mann in der Ihr- b e i t s b l u se, der Mann am Schraubstock und an der Hobelbank Hai mehr wahres Verständnis gehabt fürs große Weltgeschehen, als der von Amis wegen dazu Berufene. Der Mann inmitten der Masse hat größeren Fernblick bewiesen. als der auf hoher Warte stand. Ter einfache Proletarier i't hellsichtiger, er ist vor allem unbestechlicher gewesen, als die Koryphäen der Akademie. Die Notwendigkeit i n t e r- nationaler Verständigung hat sich dem Blick des Volkes eher erschlossen, als dem seiner Leiter. Die Uner- iräglichkeit überlieferter Besitzverhältnisse ist dem Heer, der Sozialisten klar gewesen, ehe die fachkundigen Na- tionalökonomen ein Wort der Anklage dazu zu sagen wagten. Die alte Lehre des Christentums ist neu bestätigt wor- den: das Wohl der Welt ist n i ch t am besten in d e n Händen aufgehoben, die sich der Weltleitung am leichtesten bemäch- tigen. Das Christentum ist nicht aristokratisch, sondern demo- kratisch? es kennt keinen Respekt vor den Autoritäten und Kapazitäten der Welt. Wer diesen Respekt neu einzuführen unternimmt, nachdem er neuerdings so gründlich Schiffbruch gelitten hat, der handelst zum mindesten wider das Evan- gelium. D ie Deutschnationale Partei weiß nicht, was sie tut, wenn sie sich für ihre nationalen, konservativen und autoritären Tendenzen aufs Christentum beruft. Sie kennt das Christentum nicht, wenig st ens nicht das der unentstellten, unverdunkelten und unmiß- bräuchlichen Neuen Testaments .
Geßler unü sein Gkehrl» Ein mißglücktes Ablenkungsmanöver. Heber den Anlaß des Rücktrittes von Bernhard Rausch aus dem Reichstvehrministerium veröffentlicht die Nachrichten- st e l l e des Reichswehrministeriums.— zuerst natürlich in einigen rechtsstehenden regierungsfeindlichen Blättern— eine Tarstellung, die den Anschein zu erwecken versucht, als ob lediglich die versagte Genehmigung zur Verbreitung einer von Rausch ver- faßten Broschüre„Soldat und Verfassungstreue" diesen zu seinem Schritt bewogen habe. Dazu wird uns vom Genossen Rausch geschrieben: Diese Darstellung hat offensichtlich den Zweck, von den allgemeinen politischen Gründen, die ich in meinem Schreiben an Staatssekretär Stock dargelegt habe, abzulenken. Allerdings war eine Unterredung mit dem Reichswehrminister am 30. Mai über jene Schrift der äußere Anlaßt ihm meinen Entschluß mitzuteilen, den ich jedoch bereits früher' in mehreren Gefprächen mit dem Staatssekretär ins Auge gefaßt hatte. Das Reichswehrministerium hat aber mit seinem AblenZungsverfuch
kein Glück, denn auch die Broschürenangelezenheil wirft ein grelles Licht auf jenen verhängnisvollen Kurs, den ich als für die Repu- blik verderblich nicht länger mitmachen kann. Die Broschüre ist auf Grund einer Anregung des Reichs- Ministers Dr. David unmittelbar nach dem Kapp-Putsch geschrieben worden. Sie sollte den Wert der neuen Reichsverfassung sowie die Pflicht des Soldaten zur unbedingten Ver- fassungstreüe darlegen und durch Vermittlung der Z. f. H. in der Reichswehr verbreitet tr-erden. Das Manuskript wurde von Minister Dr. David dem Bertrauensausfchutz der Nationalver sammlung vorgelegt und hat somit eine koalitionspoli- tische Sanktion erhalten. Gleichwohl erbat ich die Ge- nehmigung des Reichswebrministers zur Verbreitung der Schrift in der Reichswehr, weil ich weiß, daß gewisse Dienststellen Auf- klärungsliteratur von nicht sichtbar reaktionärem Gepräge abzu- lehnen belieben. Die Genehmigung selbst hielt ich nach den dem Reichswehrminister mitgeteilten Vorgängen nur noch für eine Formsache. Zunächst wurde die Angelegenheit unglaublich verschleppt. Am 26. April habe ich das Manuskript eingereicht, es aber erst am 30. Mai nach mehrmaligem Erinnern mit dem Bescheid zurück- erhalten, daß der Minister die Genehmigung zur Verbreitung in der Reichswehr ablehne. Er selbst hat sich— weil er nicht Offizier i st_ wie er mir sagte— eines eigenen Urteils begeben und dar Meinung feines Nachrichtenoffiziers, Major G i e h r l, gegenüber der Meinung der Koalitionsparteien den Borzug ge- geben. Zur Kennzeichnung des Geistes, aus dem heraus die Benr- teilung meiner Schrift erfolgte, genügt es, den gegen die klare Verurteilung des Kapp-Putsches als Verbrechen ge- richteten Satz Giehrls anzuführen:„Nur eine versöhnende Tendenz könne hier gum Ziele führen". Eine kaum glaubliche Ungeheuerlichkeit ist es ferner, daß von Giehrl„a u ch d i e Aus- führungen über die Verfassung beanstandet wurde n". Ganz besonderen Anstoß hat bei dem militärischen Zensor fol- gender Passus erregt, der„weil er im Heere mit Recht d i e allergrößte Entrüstung hervorrufen würde", hier im Wortlaut wiedergegeben sei: „Während noch das kaiserliche Heer der allgemeinen Wehr. Pflicht allein aus die Person des Monarchen vereidigt wurde, leistet jeder Angehörige der Reichswehr den Eid auf die Verfassung. In der Eidesleistung auf die Verfassung fin- det das höhere Prinzip, das der Reichswehr gegenüber den Heeresorganisationen früherer Zeiten zugrunde liegt, seinen ficht- barsten Ausdruck. Trotz der sorgfältigen Pflege soldatischer Tu» «genden im Heer des kaiserlichen Deutschlands konnte früher bei dem Gefühl persönlicher Abhängigkeit und Dienstbarkeit nicht jene charaktervolle Männlichkeit emporwachsen, die in einem demokratischen Heere von selbst entsteht, in dem sich jeder einzelne bei freiwilliger Unterordnung und strammer Disziplin als ein gleichberecbtigtes Glied des Volksganzen fühlt. Je.schneller der Geist der Demokratie die gesamte Reichswehr durchdringt um so mehr wird jeder einzelne in ihr eine freie, rückgratfeste, charaktervolle Persönlichkeit und für seine Pflichten im Dienste der De- mokratte gefestigt werden." Diese Auffassung ist nach der Meinung des Majors Giehrl und— des demokratischen Reichswehrministers„unbedingt abzu- lehnen". Major Giehrl verkündet den Grundsatz:„Die Reichswehr über das Thema„Soldat und Verfassungstreue" zu belehren, könne nur eine Persönlichkeit aus dem Offizierkorps selbst gewählt werden." Hierinit ist eine prinzipielle Frage aus- gerollt, die, ganz abgesehen von dem vorliegenden Eingelfall, für die dringend notwendige Organisierung eines Aufklärungsdienstes in der Reichswehr von der größten. Bedeutung ist... Der Offizier steht mm einmal infolge feiner Vergangenheit, auch wenn er sich auf den Boden der Datsachen stellt, dem moidcrnen demokratischen Äaatsgedanken in der Regel verständnislos gegenüber. Es ist aber nicht ausreichend, in der Truppe nur ganz allgemein„Vaterlandsliebe und soldatische Trigerkden" zu pflegen, wie das Truppenamt es will. Das schafft eine unklare Bcwußtssin- lage, die den bedenklichsten Einflüssen Tür und Tor öffnet. Recht- fertigt doch Oberst Bauer sich und die Männer vom 13. März mit ihrer angeblich„heißen Vaterlandsliebe". Die„versöhnliche Ten-
denz" des Majors Giehrl führt hier zu einer geradezu verhängnisvollen Verschwommenheit der Begriffe. Vaterlandsliebe und soldalische Tugenden müssen erst einen p o- sitiven Inhalt bekommen in der Liebe und Treue zur Re- publik und ihrer Verfassung, über die der Berufsoffizier aber nicht aufklären kann, weil er meist noch selber der Aufklärung bedarf. Mit dem staatsbürgerlichen Unterricht in der Reichswehr werden in erster Linie politische Persönlichkeiten aller Koalitionsparteien betraut werden müssen, die hinter der Verfassung stehen. Die Nachrichtenstelle des Reichsmehrmtnisteriums hat sich immerhin das Verdienst erworben, durch ihre Veröffentlichungen diese dringend der Klärung bedürftige Frage aufgerollt zu haben.—
Strefemann, üer Tintenfisch. Wenn man in klarem Wasser Herrn Slresemanns wirkliche Ge- stalt erkennt, so spritzt er eine dunkle Fiüisigkeit aus. die das Wasser undurchsichtig mackl wie der Tintenfisch, wenn er verfolgt wird. So hat er es nachträglich mit seiner erfien Partei- erllärung unter Kapps Herrschaft getan, und die Bereit- Willigkeit, mit Kapp und L ü t I w i tz unter gewissen Voraus- setzungen mitzuarbeiten, mit Tinte so beipritzt, daß man sie nicht mehr erkennen soll. Aehulich mit seinem republikanischen Bekenntnis. Jetzt will er es niemals ausgesprochen haben. Es ist zweckmäßig, daran zu erinnern, daß Anfang Februar d. Js. Dr. Pachnicke festgestellt hat, daß in einer Besprechung im November 1918 zwischen Herren der fortschrittlichen Volkspartei und der nationalliberalen Partei zwecks Aufstellung eines Einigungsprogrammes unter Zustimmung auch von Herrn Slreiemann über die Frage„Monarchie oder Republik" fol- gende Einigung erzielt worden ist: „Die Monarchie hat den Weltkrieg nicht zu überstehen vermocht. Ein Versuch ihrer Wiedererrichtung würde schwerste inner e Kämpfe zur Folge haben müssen. So treten wir auf de» Bode» der republikanischen Staatsform". Gegenüber den Verdunkelungsversuchen Streiemanns hat der Demokral Freiherr v. R i ch t h o f e n ausdrücklich die Richtig- keit der Pachnickeschen Darstellung bestätigt. Der Tintenfisch Strefemann ist aber immer noch Führer der Deutschen Volks- Partei. Ein alteS Sprichwort sagt: Wie der Herr, so das Gescherrl
Sie haben einanüer so lieb! Deutschnationale Volkspartei und Deutsche Volkspartei sind seelenverwandt. Um das festzustellen, bedurfte es nicht erst der Entdeckung des zwischen ihnen bestehenden Geheimvertrages. Die Deutsche Volkspartei selbst gesteht es in einem Aufruf ein, der in Nr. 120 des Liebenwerdaer Kreisblattes veröffentlicht war. Dort lesen wir: In seinem Wahlhandbuch für 1920, Seite 36, erklärt der Bund der Landwirte, daß ihm die Deutsche Bolkspartei so nahe steht wie die Dcutschnationale Bolkspartei. Der Bund der Landwirte schreib!: Abgeordnete des Bundes sind in beiden Parteien. Beide Parteien haben auch Interessen der Landwirtschaft im Parlamente wahrgenommen. Beide Parteien treten für schleu- nige Aushebung der Zwangswirtschaft und Auflösung der Kriegsgesellschaften ein, verlangen auch vernünftige Sien - lungspolitik und gesunde Mischung von Groß-, Mittel- una Kleinbesitz. Beide Parteien haben Betriebsräte- gesetz als schwere Schädigung des gesamten Wirt- schaftlichen LebenS abgelehnt. Bei Umsatzsteuer beide für Freilassung der kleinen Umsätze und des Eigenverbrauchs der Landwirte bis zu 3000 Mark eingetreten...... Wo vereinigte Landwirte nicht eigene Kandidaten für die Wahlen aufstellen, ist jedenfalls Unterstützung der beiden rechts stehen- den Parteien durch Landwirte zu eunp fehlen. Keine, landwirtschaftliche Stimme darf vor allem der Sozial- demokratie und der Demokratie zugeführt werden. Deutlicher und klarer kann es doch gar nicht ausgesprochen werden, wie innig die beiden„Volks"parteien miteinander stehen. Nicht einmal das Schicksal der beiden Königskinder teilen'ste, die nicht zueinander kommen konnten, denn sie sind längst sammengekommen!
Mapence. Von Alwin Rudolph. Aus den deutschen Landkarten steht allerdings noch Mainz und der deutsche Bürger nennt es mit Stolz: das goldene Mainz . Aber richtiger wäre heute schon: das goldene Mayence. ■ Nicht etwa bloß, weil es von französischen Truppen wimmelt, weißen, gelben und schwarzen. Jawohl: auch schwarzen. Denn trotz der französischen Erklärung sind auch schwarze Truppen in Mainz . An den Sonntagen und abends nach sechs Uhr kann man sie trupp- weise durch die Straßen ziehen sehn, besonders nach einem stillen, aber berüchtigten Winkel. Doch Mainz war ja immer ein großes Heerlager. Mayence aber ist die Stätte des Großhandels, der Brennpunkt des Loches im Westen- Wer von diesem Loch profitieren wollte, siedelte sich hier an, und immer mehr deutsche Bankhäuser errichteten hier eine Niederlassung. ES hat sich gelohnt. Die Volksbank hatte einen Umsatz von fast zwei Milliarden, gegen nur 587 Millionen im Vor- jähre. Kein Wunder, daß man sich in jeder Straße von einem früher bankrotten Krämer erzählt, der in einem Jahre zu einem im Auto fahrenden Millionär geworden ist. Bis vor kurzem wurden Märchen- hast» Reichtümer geboten für Häuser und Läden, und überall sieht man die Firmenschilder fvanzösischer Exporthäuser. Und die deutsche Geschäftswelt Paßt sich der Entwicklung an. In den Auslagen hängen Ankündigungen in französischer Sprache und man gibt bekannt, daß man französisch spricht. Warum auch nicht? Die Wiesbadener Kurverwaltung gibt ja das beste Beispiel. Ihre Plakate tragen— wenigstens in ihrem Hauptteil— neben dem deutschen auch den französischen Text. Der französtsche Franken mit seiner immer noch weit höheren Kauftraft bestimmt den Preis Was der Mark unerschwinglich, ist fiir den Franken kaum mehr als ein Bettel. In Mayence kostet elf Mark, was in Frankfurt für acht zu haben ist. Die französischen Kaufleute und die Angehörigen der Offiziere beherrschen den Markt und da? öffentlich» Leben. Eine laute Unterhaltung in der Straßen- bahn wird französisch geführt und so unbekümmert, als sei man ganz unter sich. Gassenbuben singen und pfeifen französische Märsche, und in Kvsfeehtuscrn hört man französische Musik. Unsere Modedamen aber äffen die französische Kleidung nach. Was die Franzosen können, das können sie auch. Und darum schneiden sie sich den Rock ab bis zum Knie. Es macht ihnen gar nicht» aus, daß die stramme altgermanische Wade oder dal rachitisch verkrümmte Bein ein wphres Schreckbild ist. Macht nichts!
Dafür geht der Lederschaft deS Stiefels bis in die Kniekehle und der Witwenschleier bis zur Ferse. Ticke Stempel sind auch was wert., Jetzt ist endlich das Loch im Westen verstopft. Was wir recht deutlich, wenn auch volkstümlich, als„schieben" bezeichnen, das fft unehrerbietig gegen die französischen Kauflente von Mayence . Unter dem Schutze ihrer Afrikaner machen sie ihr Schieberrecht geltend und protestieren in flammenden Ausrufen an den Straßenecken gegen die„drakonischen Maßnahmen der Regierung", die„von der Bevölkerung auf das schärfste mißbilligt werden", und reden von den Machenschaften der Berliner Staatsleiter, welche, nm einen unbegreiflichen Haß gegen die Franzosen und Belgier zu befrie- digen, sich nicht scheuen, das Rheinland zu ruinieren". Sie„ver- langen" die Aushebung der„willkürlichen" Maßnahmen und einen ständigen bevollmächtigten Vertreter der Reichsregierung in Mayence , der alle strittigen Fragen mit den französischen Kaufleuten schnellstens löse. So geschehen in Mayence , das offiziell Mainz heißt.
Sommertheater. „Bunbury " in der„T r i b ü n e". Am Schluß dieser trivalen Komödie für ernsthafte Leute(von Oskar Wilde ) sagt Jobn Worthing, daß es furchtbar für einen Mann sei, wenn sich vlötzlich herausstellt, daß er sein gtrnzcs Leben lang nichts als die Wahrheit gesagt hat. Durch Zufall wird ofsenhellig, daß ein Scheinbruder, durch dessen fingierte Existenz John sich ausleben und herausreden konnte, wirklich lebt und kein anderer als sein Freund Montford ist. Auch der lebt in der Philosophie des„als ob" und erfindet seinen Bunbury ; und beide, durchs Wirkungen immer mehr auf einander eingespielt, finden ihre ernsthaften und planvoll verliebten Frauen. Dieses Stück ist� sprühendste Konversation, auf Flaschen gezogene Lebensweisheit in kleinen und klein- sten dialektischen Einfällen, ist ein. Kompendium des W'.ffens über Mann und Frau, ist geifkvoll-witzigstcs Spiel schillernder Seifen- blasen. Starke Farben, zarte Linien und dünner Gebalt aber unterhaltend und pointenreich bis zur Weisheit. In der Kürzung des Originals perschärst sich das Amüsement, und das Behagen des zustimmenden Hörers wächst. Um so mehr als Curt G o e tz und Paul Otto ganz charmante Typen englischer Weltmänner hin- stellten, denen weder die Ehrhastigkeit der Lady Brancaiter(Sand- rock) noch die reizende Zungenheftigkeit der idealen Naturkinder Anger st ein und Staub lange widerstehen konnten. IC 8. I in Deutschen Künstler-Theater wurde unter der Sommerdirektion Max Adalbert ein Schwank von Franz Arnold und Ernst Bach ..D i e b e s s e r e H ä l f t e" zum erstenmal aufge- führt. Es ist eine sebr sommerliche Episode, die sich Um eine r-mal geschiedene Frau— die in dem Stück selbst nur eine Gott sei Dank passive Rolle spielt— herumranrt. Die Sache kommt so, daß drei Freunde, die geschiedenen Gatten derselben Frau, sich mit drei
Schwestern verheiraten wollen, deren Stiefmutter diese eben zum viertenmal wiederverheiratete unbesiegliche Geschiedene ist. Die Witze, die dabei gemacht, und die Unterhaltungen, die zur Kompli- kation dieser Katastrophe führen, sind weder sehr geistreich, noch be- sonders unterhaltend. Die ganze Geschichte hängt lediglich an dem Lpiritus rector: einem für A d alb e r t geschriebenen und von ihm vorzüglich dargestellten Berliner Justizrat. Zu nennen wäre noch in der Roll« eines Botschaftsattaches voll wienerisch übertriebener Lebendigkeit und Galanterie Fritz Spiva. Was sonst noch herum- wirbelt, ist ohne Gnade verurteilt, Lustspielkonversation von gerade- zu klassischer Harmlosigkeit zu führen. Das Publikum amüsierte sich sehr. K. I m„Kleinen Schauspielhaus" eröffnete die Di- rektion Eysoldt-Sladek mit Molnars Komödie„Der Leib- g ardist". Molnar gibt als Dranrenversorger eines litsrarffch jungen Volkes— des ungarischen— einen Auszug aus älteren Literaturen. In diesem bereits vor Jahren in Berlin gespielten Stück mischt er Strindbergs Frouenpsychologie mit Sardous oder Sudermanns Effekten. Die Vorbereitung des gewaltsamen Themas, daß ein Schauspieler, um die Liebe seiner Frau wiederzugewinnen, ihr in der Gestakt ihres Lieblingstypus— eines Soldaten— den Hos macht, ist gar zu breit geraten. Hier müßte noch resolut gc- kürzt werden, dann würde das von Ironie und Spott durchsetzte spannende Spiel noch erheMch gewinnen. Um so mehr, da die Darstellung kein Sommerersatz ist. Käthe Dorsch ist entzückend anmutig in ihrer sich frei gebenden Liebessehnsncht und ein echtes Strindbergweibchen in ihrem Ehekampf. Alfred Abel spielt mit Ueberlegenheit die Doppelrolle des witzig karikierten Schauspielers und des unerkannten Eroberers. Als Theatormutter schuf Paula E b- r t y einen brillanten Typ. DaS Publikum unterhielt sich vortrefflich— r. Für das literarische Erbrecht des Staates sprach sich der Mihi- cheuer Journalisten- und Schriftstellerverein in seiner letzten Sitzung �aus. Er forderte, daß nach Ablauf der dreißigjährigen Schubfrist für die Werke verstorbener Autoren das Urbeberrecht an den Staat übergehen und von diesem zur Förderung des deutschen Schrifttums verwertet werden soll.
Ein„Deutscher pazifistischer Studentenbund-' hat sich an der Berliner Universität gebildet, der den Zweck hat, auch die finden- tische Engend für- die Ideale der VölkerverföHnunz und des Völkerfriedens zu begeiflein und alle äbnlicheli itudentifcheii Organisationen zu einem ein- heitlichen deutschen pazifistischen Studentcnbund zufammenzufchliezen. Aus- fünft erteilt Alfred Schneider, Friedenau , Cranachfir. 36. Tie Wiener Akademie der Wissenschaften wählte zu Ehrenmit- gliedern Pros. Röntgen in München und F. E. Schulze in Berlin , zu lor. reipondicrcnden Mitgliedern in Deutschland Willstätter und Berneker in München , Liebifch-Berlin und HoopS-Heidctberg. K0. Deutsches Donkünfilerfest in Weimar . Das diesjährige Ton. künsllerscst des von List gegründeten Allgemeinen Deutschen MusikvereinS findet nach mehrjähriger Pause vom 8. bis 12. Juni 1920 in Weimar im Deutschen Rntionaltbealer statt. Es sind drei Orchesterkonzerte und zwei Kammerkonzerte oorgesehe».
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