Hartnäckigkeit verteidigt. Und dazu muß man seine Be- mühungen rechnen, m il i t ä r i s che Bündnisse abzu- schließen. So ist es ihm gelungen, mit B e l g i e n ein Bünd- nis zu schließen. Man kann sicher sein, daß er niemals den Kampf gegen Sowsetrußland aufgeben wird. Nicht deshalb, well die Sowjetregierung keine demokratische Regierung nach dem Muster der Westmächte ist. Millerand ist frei von solchen ideologischen Anwandlungen. Er bekämpft Sowjetrußland, weil er die Erneuerung des Bündnisses mit Rußland erstrebt. Und deshalb unterstützt ex jetzt wohl Polen , ohne jedoch ein Bündnis mit ihm abzuschließen. In dieser Sucht nach Bündnissen erinnert Millerand stark an die Politik Bismarcks nach 1871. Millerand, der kein Deut- schenhasser ist, würde, wenn es ginge, selbst mit Deutschland ein Bündnis schließen.—
�rnte irregeleitete Arbeiter! DaS Schicksal der etwa achtzig nach Rußland ausaewon- Herten deutschen Arbeiter hat in der deutschen sozialistischen Presse und Literatur eine eigentümliche Behandlung erfahren. Man sollte annehmen, daß jeder Sozialist, gleichgültig in welchem Lager er steht, vom rein menschlichen Gesichts- punkte aus tiefes Mitleid mit den durch falsche Lockungen verführten deutschen Proletariern empfunden hätte. Doch weit gefehlt! Gaben wir vor einiger Zeit schon aus der „Roten Fahne" Beispiele von Spott und Verachtung für die gutgläubigen Auswanderer, die doch nur ein Opfer jener demagogischen Phrasen geworden waren, so setzt Julian Borchardt in seinen kommunistischen„Lichtstrahlen" der unverhüllten Verhöhnung der Arbeiter die Krone auf. llÄer den Dittmannschen, seinerzeit von uns ausführ- lich behandelten Aufsatz„Mut zur Wahrheit" schreibt er: Was ist zu diesem Aufsatz zu sagen? Wir können nicht nachprüfen, ob sein JnhaW der Wahrheit entspricht. Aber wir nehmen das an(trotzdem also die folgenden Ausführungen! Red. d. vorwärts".), denn er enthält über die Zustchrde in Ruß land nichts, was sich nicht jeder HalbwsgS intelligente Mensch schon vorher an den fünf Fingern abzählen konnte. Daß die Russen noch unsäglich schwer zu leiden, zu kämpfen und zu arbeiten haben, das ist schlechthin s«>l!bstverständlich. Nur ein Narr oder ein bis zur Blindheit selbstsüchtiger Egoist konnte etwas anderes er- warten. Und wenn deutsche Arbeiter wirklich hinübergegangen sind zudem Zweck, sich dort in ein warmes Nest zu setzen, so sind sie schlturmer als Egoisten. Die Russen können noch aus lange Zeit hinaus vom AuÄande nur solche Arbeiter brauchen, die ihnen bestimmte Qualitäten bringen, an denen sie Mangel haben. Wer heute nach Nußland geht, darf das nur tun in der bestimmten Absicht, den dortigen Revolutionäre zu helfen, mit ihnen zu ar- beiten, zu kämpfen, zu leiden und zu hungern, mit einem Wort: teilzunehmen an dem hevoischen Werke, in dem sie begriffen sind. Wer das nicht will, der bleibe gefälligst fern. Die Idee aber, daß die Russe« ja«un ihre Revolution gemacht haben, und daß es an- genehm und bequem sei hinzugehen und die Borteile der Revolution perflulich einzuheimsen und sich auf diese Weise zugleich von der Revolution in Deutschland zu drücken— eS w i d o r st e h t uus> diese Idee so zu bezeichnen, wie sie es verdient. DaS Sprichwort:„Wsr den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen," sollte man gerade deutschen ArbeitSgenossen gegenüber nicht anwenden, wenn man nur eine Spur proletarischenGemeinschafts- empfinden s besitzt. So kann man nur zu jenen der- höhnten Arbeitern das in vollem Ernste sagen, was Borchardt mit beißendem Hohn äußert: Arme, irregeleitete deutsche Arbeiterl Verlegenheitsgestammel. Fn der„Freiheit" veröffentlicht Adolph H o f f m a n n in eigenem Namen, da seine Freunde Däumig, Stoecker und Koenen sich„seines Wissens sämtlich auf Agitation befinden". eine langatmige Erklärung, in der er zu begründen sucht, weshalb der bekannte SpaltungSaufruf nicht in der„Freiheit", fon- dern in der„Roten Fahne" zum Abdruck kam. Um die Versendung Herbftsonntag an öer Güer. Von A rt u r Z i ck l e r. Ein glasklarer Sonntag. Wohlgemut zischt die Breslauer Dvambahn durch die blanken Straßen, die heute kein Werkeltags- lärm erfüllt. Die Arbeiter, die mit ihren Frauen und Kindern die Bürgersteig« entlanggehen, haben einen anderen Schritt und friedlichere Augen als in der Wochentagsfrühe, haben weniger Hast, weniger Sorgen und sind ausgeruht. Der Wind, der durch den schlenkernden Anhänger streicht, ivird fühlbarer, je weiter wir ins Außen land kommer». Eine Oderbrücke. Still bangen Krcmketten über dem tändelnde,» Wasser. Laubenkolonien. Endstation. Bauernfrauen mit Obstkörben. Drehvrgelg«:ön: Luftschaukeln, Ka- russells, Wurstbuden, Mngelbuden, Würfelbuden und Ausschreier. „Die allein echte Wan-Eta-Schokolade."—„So ein Hosenträger kostet im Laden alleene seine 40 M. Bei mir... Ihr wullt nich? Schlacht eich een Nagel ins Kreize.I" Ich steige in die Gondel einer Schaukel. Das«Mädchen von flamschen Blut" quengelt aus dem Drehorchester. Alles hebt und senkt sich: Blonde Kinderköpfe, Mädchenschürzen, grüne Wiesen. waldiM Ferne und die müde, helle Herbstsonne auch... D-chinten bleibt der Trubel Eine Ahornallee. Weidenbüsche drüben am Stromufer. An der Wegkreuzung kniet ein Alter, den bloßen Kopf von dünnen, toeißen. letzten Haaren überweht, und dreht einen winzigen Leierkasten, so groß wie ein« Kaffeemühle. Ein alte» Menuett, das sich selbst schon halb vergessen ha,, quält sich in den Wind. Alter, welche Straßen der Welt bist du einmal, so jung wie ich, gegangen, und an welchem Kreuzweg verwimmcrt einmal mein Lebenslied?... Zwischen den Weiden. Ein Boot mit Fuwganenschcnfracht treibt langsam die Oder hinunter. Einer spielt ein alles Wanderlied auf der Trompete. Man hört die Klänge in die fernen Wälder gehen. vorbei... Es duftet Herbst. Aus dem Heu. der Erde, den Bäumen, der Luft. An so einem Tage hat Heine vor so einem Lichte gestanden: Sonne, du klagend« Flamme! Die Birken hängen tief wie die Weiden , in rotem leuchtenden Laub. Der Mond, blaß wie ein Traum, wartet auf die Dämmerung, ein Bogel schreit wo, ein Frösteln kommt von den Niederungen. Der Strom gleitet bleich dahin. Bald umfängt mich die abendliche Schönheit der fremden Stadt.
Die Mirandolma von Goldoni. Im Theater an der König - «rätzer Straße ist ein liebenSwücdig-heitereS Lustspiel de? venezianischen BuhnenversorgerS, den man etwa« übertrieben den stalieischen Moliäre deS 18. Jahrhunderts genannt hat, wieder auf- gefrischt worden und hat nicftt immer den verdienten Beifall g«- stmdeil. Es ist ei« roilokomäßig tändelndes, nettes, gut gebaute»
habe er sich nicht gekümmert, so sagt er sorglos, während man doch annehmen sollte, daß bei der Versendung eines derartigen Schriftstückes allerhand Sorgfalt ausgewendet werden müßte. Dann schildert et den„einfachen Tatbestand", wozu die„Freiheit" la- konisch bemerkt, daß ebensowenig wie ihr selbst der„Leipziger Bolkszeiwng" der Aufruf zugegangen sei. Und das war wohl, trotz wohlstilisierter Gegenerklärungen, der Wille der Absender. Die „Parteigenossen" der U.S.P. handeln wirklich„parteigenössisch" gegeneinander! Tie Stellung der Organisationen. NuH zwei Versammlungen der Unabhängigen in Kassel wurde eine Resolution angenommen, die den Anschluß der U.S.P. an die Dritte International« fordert.— Aus Frankfurt a. M. ist nachzutragen, daß die Versammlung der Unabhängigen nach Re> feraten von Däumig und Crispien, in denen sich Däumig offen für eine Spaltung der Partei ausgesprochen hatte, mit 620 gegen 475 Stimmen den Anschluß an Moskau forderte; ebenso entschick» sich eine außerordentliche Kreisgeneralversammlung der Unabhängigen in Höch st— Homburg— Usingen.— Nach lebhafter Diskussion wurde von den Unabhängigen Sang er- Hausens nochmalige Verhandlung mit dem Moskauer Exekutiv- komriee gefordert.— Abgelehnt wurde der Anschluß an Moskau von der Mitgliederversammlung der U.S.P. in Schkeuditz bei Halle, während der siebente Berliner Distrikt von einer ent- scheidenden Resolution über die Frage der Internationale Abstand nahm. Die Spalwng vollzogen! Unter den Organisationsankündigungen der„Freiheit" finden wir eine kleine Notiz, die die Situation innerhalb der U.S.P. besser kennzeichnete als lange Leitartikel. Sie lautet: 8. Distrikt. Heute abend, Handzettelverbreitung zur Distrikts° Generalversammlung. — Sonntag, vormittags 10 Uhr, Distrikts- Generalversammlung in der Viehhofsbörse.— Sonnabend, abends 7 Uhr, zwei Fraktionsversamm- l u n g e n: für die Moskowiter in der Schulaula, Eckert- straße 16. Referent: Genossin Geyer. Für diejenigen Ge- nassen, die den Anschluß an Moskau glauben nicht vollziehen zu können, in der Schulaula, Riga er Straße 81. Referent: Genosse R« tisch lag. Der Zersetzungsprozeß in der U.S.P. ist also schon so weit ge- diehen, daß beide Fraktionen nicht mehr gemeinsame Versamm- langen abhalten. WaS wohl die„Moskowiter" zu dem leisen und nicht unberechtigten Spott der„Freiheit" sagen werden?
Wo bleibt Sie Verfassung� Vom Vorstande des Bundes entschiedener Schul- reformer wird uns geschrieben: Nach Artikel 148 Absatz III der Verfassung soll jedem abgehenden Schüler ein Exemplar der Verfassung mitgogef»en werden. Wo ist dos bisher ge- fchehen? Weshalb sorgen Reichsminister des Innern und Kultus- minister nicht dafür, daß wenigstens in dieser Weis« die Verfassung beachtet, bekannt und geachtet wird. weShafb drängen nicht allenthalben in Parlamenten und Gemeindevertretungen die verfassunggebenden Parteien darauf, daß auf diesem Wege staatsbürgerliche Aufklärung in die Massen, besonders der„G-bildeten", getragen wird? Unsere ganze Hoffnung ruht doch in der Jugend!
Konflikt in Oppeln . Oppeln , 24. September. (TÄunion.) DaS Gewerk söhqft S- kartell Oppeln wird sich heute in einer Sitzung mit der Er- schi-eßung deS Arbeiters Franz«! durch eine französische Militär- Person beschäftigen. In Oppeln herrscht starke Erregung. Seit gestern durchziehen französische Patrouillen die Straßen. Gegen die Führer der Gswerkschasten und der politischen Parteien, die die Protestkundgebung gegen die Neutralitätsverlctzung Qbcrschlesiens am 17. August in die Wege geleitet haben, u. a. auch gcgsn das Mitglied des Reichstags, Ehrhardt, ist«in Per- fahren vor einem interalliierten Sondergericht im Gange.
Stück Mirandolina , worin die tüchtige brave Wirtin dem um- schwärmenden Aristokraten eine Nase dreht, den bärbeißigen, rauhen Verächter irre macht und dann sitzen läßt, um zum Schluß den ebenso tüchtigen Kellner zu heiraten. Gesunder bürgerlicher Geist, gemäßigte Fronde gegen den Adel geben die historische Situation der EnlstehungSzeit an. Man spielt das Stückchen immer, wenn man für die Wirtin ein« gute Besetzung hat. Die Duse. die Sorma, hat ihr ihre Feinheit und Anmut geliehen, jetzt heißt sie Else Heims , die vom Deutschen Theater herüberkommt. Sie gibt der Wirtin einen Schuß Robustheit und einen Stich in das holländische, derbere Sittenbild. Sie zeigt ibre ganze lleberlegenheit im Spiel mit den Puppen undlsteckt mit ihrer immer munteren Laune da« Publikum an. Die verschiedenen Typen des Reichen, des Armen und die des weiberhassenden Aristokraten waren durch die Herren Riemann, Brandt, Salfner charaktcristilch vertreten. Der Kellner tvar Ernst Pröckel. Man unterhielt sich recht gut bei den Versen Goldonis.-r- Der Gemischte Chor Groß. Berlin leine erst in diesem Jahre zusammengetretene Sängerschar) gab am DicnSiag in der Neuen Welt sein erstes Konzert, das dank der aukmerksamen Hingabe der Sänger sowie der sicheren umiiibtigen Leitung de« CfjormeisterS Hermann S ch e r ch e n mit Recht als ein Erfolg gellen kann. Der ganze romantische Zauber, der zart und duslig den klangrcin vor- getragenen Schöpfungen Schubert?, Schumanns, Löwes und Hegars entströmte, kam voll zur Geltung: namentlich in Schuberts .Lindenbaum". Außerdem brachte das Programm zwei russische Revolutionskompositionen vom Jahre 1005, von denen der„Rot- gardiitenmarsch" wohl kaum Begeisterung zu erwecken vermag. Eine Ergänzung fand da« Programm durch die Mitwirkung de« Schüben- Quartetts. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auf eine häufig austretende Unsitte aufmerkiam machen: den störenden Beifall bei mehriätzigen Musikstücken. Die ganze Stimmung ging z. B. bei Beethovens Streichquartett verloren. Durch einen Hin- iveis auf Programmen ließe sich vielleicht allgemein dieier den Genuß beeinträchtigenden Unsitte steuern. E. Schiller-Theater: Bettins Verlobung, von Leo Lenz . Das Lenzsche Lustspiel, das in Berlin noch nicht gespielt ist, fand bei flotter Aufführung im Schiller-Theater eine sehr freundlich« Aufnahme. Ter Autor tonnte im Kreise der Tarsteller wieder und wieder erscheinen. DaS Stückchen, das im ersten Akt die Be- fürchtung erregte, es möchte ganz in der konventionellen Familien- blatiart stecken bleiben, gewann im weiteren Fortgang und nainent. lich in seinem hübsch erfundenen Schlußakt individuellere Züge. Tie alten Requisiten sind in so geschickter Weise umgestellt, daß man mit Anteilnahme verfolgt, wie der Verfasser die kleine Liebes- geschichte, deren Ausgang im Resultat jeder Zuschauer voraussieht, doch unterhaltsam über einen Abend ausspinnt. Sympathisch be- rührt die Einfachheit der Mittel, der Verzicht auf alles Heran- zerren errechneter Affekte, wie der Takt, mit welchem das Ver- hältnis des als verspäteten Werber? auftretenden SchwerennöterS zu dem bereits verlobten Mädchen und das Hinüberwechseln zu dem neuen Bund behandelt wird. Ein gedämpfter und auch warmer GesühlSton klingt da mit an; nach den Frivolitäten, mit denen man Komödi« heute aufzuschmiuleu pflegt, berührt er um s» Wohl»
Milleranüs Programm. B e r s a i l l e s, 24. September. Nach der Sitzung der National- Versammlung übergab Justizminister l'Hopiteau Milleraud die Urkunde seiner Ernennung zum Präsidenten der Republik und brachte ihm im Namen der Regierung feine Glückwünsche dar. Millerand antwortete u. a.: Das siegreiche Frankreich muß seine Ruinen wieder aufbauen. es muß seine Wunde« verbinden, und um dies zu erreichen, muß es die vollständige Durchführung aller auf der Grund- läge des Bersailler Friedensvertrages ihm gegenüber eingegangenen Berpflichtungen erlangen. Eine neue Parole ist ins Leben gerufrn worden, die französische Demokratie muß im Einvernehmen mit ihren Alliierte» über den Fortbestand und ihre weitere Entwicklung wachen. Der Präsident der Republik hat die besondere Aufgabe, unter Mitwirkung der Minister und der Präsidenten der Kammern die Fortsetzung einer Außenpolitik zu sichern, dir unseres Sieges und unserer Toten würdig ist. Die Rede Millerands wurde mit lang anhaltendem Beifall auf- genommen. Tarauf begab sich der neue Präsident inS Ellstee, wo ihm der Justizminister das RücktrittSschreiben des Ka- binetts überreichte. In einigen bewegten Worten dankte l'Hopiteau dem gewesenen Ministerpräsidcntrn für das große Per- trauen, das er seit der Bildnng des Kabinetts dessen Mitgliedern entgegengebracht habe. Hierauf stattete Millerand den Präsidenten der Kammer und des Senats einen Besuch ab und empfing die Vorsitzcndcn der verschiedenen Parlamentsgruppen. Er erklärte ihnen, daß er zur Fortsetzung des unternommene« Werke? darauf zähle, mit den Mitgliedern dcS Parlaments in enger Fühlung zu bleiben.
f)iie über Kohlenversorgung und Preisabbau Zürich , 24. September. (TU.) Reichstag Sobgeordncter Otto H u e aus Essen hielt gestern hier aus Einladung der deutschen Handelskammer in der Schweiz vor einer sehr großen, teils schwer- zerischen, teils deutschen Hörerschaft einen eindrucksvollen V o r- trag über die Kohlenversorgung mit besonderer Be- rücksichtigaing der Schweiz . Hue warnte u. a. davor, auf die Kohlenausfuhr aus Amerika , mit der die Schweiz gegenwärtig rechnen müsse, zu große Hoffnungen zu setzen. ES müsse im Interesse der europäischen Kohlenförderung auf alle Fälle vermieden werden, militärische Beunruhigung in da? Ruhrrevier und nach Obz-schlescen hincinzülragen. Deutschland wird sich ehrlich bemühen, seine Verpflichtungen zu er- füllen, um auch die neutralen Staaten entsprechend den abge- schlossenen Verträgen zu versorgen. Aber Deutschland sei nicht Herr seiner Kohle, da jede Tonne von der Entente kontrolliert wird. Die Entente müsse im eigenen Interesse Ver- nunft und Menschlichkeit walten lassen. Unter dem Druck von Versailles und Spo kann der deutsche Bergarbeiter unmöglich arbeiten. Es müsse Gewißheit dafür geschaffen werden, daß nichts Menschenunmögliches von den deutschen Ar- beitern verlangt wird. Tann werden sie es an ihrer Bereitwillig- keit nicht fehlen lassen. Hue vertrat den Standpunkt, daß der Abbau der Preise bei den Kohlen beginnen müsse. An den Vortrag schloß sich ein von der deutschen Handelskammer gegebenes Essen, auf dem Syndikus W i r t h besonder» die Schweizer Gäste begrüßte. Er betonie, daß die Schtveiz und Deutschland sich gegenseitig ergänzen und aufeinander augewiesen seien. De r kse n- Basel betonte, daß für eine gesunde Entw.ck» lung da» Verschwinden der retardierenden Elemente in den amt- lichen Vertretungen Teutschland» besonders wünschenswert, wäre.
Ausweisung. Der Redakteur des kommunistischen „SZolkSrecht" in Aussig a. d. E., ein Reichsdeutscher nainenS Franke, wurde von Beamten der Prager Staatspolizei um 2 Uhr morgen« aus seiner Wohnung geholt und in einem Auto über die nahe Grenz« nach Sachsen geschafft, wo er freigelassen wurde. Derartige Verfolgungen sind natürlich nicht geeignet, die kom- mun-istische Agitation in Deutschiböhmen zu schwächen.
tuender. Die Hauptfigur, die Alfred Braun vorzüglich heraus- brachte, sticht, wenn auch auf Mädckenschwärmereien zugeschnitten, von dem sonst in diesem Rollenfache hergebrachten Typus doch recht erheblich ab. Die selbstgefällige Eiteltcitsmanier des Salonlöwen liegt diesem im Grunde frischen und liebenswürdigen Burschen durchaus fern. Auch der entthronte Bräutigam und die Düpecie, mit der er von dem überlegenen Rivalen, den er für seinen besten Freund bält. heimgeschickt wird, sind s» gewendet, daß sich nichts Peinliches in das Gefühl der heiteren Schadenfreude mischt. Dieser korrekt diplomatisch« Streber erhielt durch Herrn Dietrich von Oppen eine charakteristische Verkörperung. Anneliese Würz qab eine muntere und lustige Bettina. Auch die Nebenrollen waren durchgehend gut besetzt. ät. Der Roman einer Frau. Das Trianontheater hat jetzt Lothar Schmidts so betitelten Schwank tder früher anders hieß) ist den Spielplan gesetzt. Eins von den Stücken, die alles, was sie sind und geben, aus dem Revier der ebelichen Seitensprünge holen. Eine Frau, die dies Revier liebt, schreibt einen Roman, bat Erfolg, bält ihre Autorsckmft gebeim, und all das führt eines Tage? in ihrem Kreise zu der Annahme, das Bankguthaben, das ihr aus den Romanhonoraren erwachsen ist, sei auf den absonderlichen Wegen jenes Reviers erworben. Mit allerlei in manchem sehr heiter dargestellter Komik wird dieser Irrtum erzeugt und wieder erledigt. Ohne tüchtige Spieler aber bliebe das Stück ein Nichts. DaS Trianontbeater konnte mebrere solche Kräfte einsetzen. Vor allem Ida Wüst und Rosa Valetti . Vollblut lebensvoller Komik die beiden: ihre Rollen federten vor Lustigkeit. Für den ohnungs- losen Gatten der Romanschreiberin fand Julius F a l k e n st e i n eine in etlichen Situationen spaßig wirkende Form. An Beifall fehlte es nicht. Es gibt eben ein Publikum, dem all da«, was ein Stück wie dieses bietet, ausnehmend gefällt. DaS neue Drama Ern!t Doller». Mass« Menich', welches bisher von der Zensur verboten war. ist, wie uns der Verlag Gustav Kiepenbeuer mittellt. nunmehr sreigegeben worden. Es wird noch in dieier Spielzeit an mehreren großen Bühnrn zur gleichzeitigen Urauf- sührung kommen. Hilda Weqnrr. durch die Rezitation der„Perlet' des Aiichvlo« im Bechsteiniaal bekannt, wird am 0. Oktober im Meistersaal das Mysterium . D er T o d Sl d a m S' des österreichischen Poeten Franz Spunds srei aus dem Gedächtnis sprechen. Walter von Dtolo bat sein neuestes Schauspiel»Die belle Nacht' zu» Berliner Erstaufführung dem neu gegründeten Theater in der Hardenbergstraße überlassen. Tie nengegrüdcte Hallesche ZZolkSbiihne zählt bereits 4000 Mitglieder. Friedrich Gundolf über Stefan George . Friedrich Gundolf von der Heidelberger Universität, der kürzlich eine Berufung an die Berliner Universität als Nachfolger Erich Schmidts ablebnte. veröstensticht demnächst bei Georg Bondi eine erste zusammenlaffende Gesamtdarstellung vom Wert und Wollen Stefan Georges . Gundolf gehört zum Kreise dieses Dichter». Rest Langer eröffnet Ihre dlesjzbrigen Vortragsabende mit zwei Heine-Abenden in der Berliner Sezession am 4. und 7. Ottober. Einstein in Leydeu. Die holländische Regierung genehmigte die Er- nennung von Pros. Dr. Einstein zum außerordentlichen Professor der Rawr- Wissenschaften an der U«iverfität in Lehden.