Dieses alldeutsche Säbelgerassel gibt den Grundton der Salz- burger Tagung, die dem Anschlußgedanken und der Sache des Deutschtums zweisellos mehr geschadet als genützt bat. Wenn die Herren aus dem Reiche glauben, in breiten Schichten des Volkes nüt solchen Dingen in Oesterreich Ein- druck zu machen, so täuschen sie sich. Im übrigen werden dem deutschen Herrn Reichswehrminister wohl die Ohren geklungen haben, als der Landesverbands-Wanderred- ner von Bayern , ein Herr Hlawna, dem staunenden, klatschen- den und beifalltrampelnden Publikum in Salzburg erklärte, wie er in Bayern bei der Reichswehr Ortsgruppen gründete. Dort sei der Eintritt in den Verein für das Deutschtum im Ausland militärisch besohlen, seine Versammlungen würden im Tagesbefehl angekündigt, die Leute würden von ihren Unteroffizieren geschloffen in die Versammlungen geführt, dann halte er seine begeisternde Rede-„die Betreffenden er- heben die Hand zum Schwur, die Unteroffiziere nehmen das Gelöbnis entgegen, die Reichswehrortsgruppe ist fertig!" Und auch die grüne Polizei in Bayern , die Einwohnerwehr, das Ministerium des Innern, alle arbeiteten in ihren Tagesbefehlen und Verordnungen in dieser Weise vor und derge- stalt gewinne man in Bayern Tausende von Leuten für die gute Sache. Das find Methoden, die klarer als alles Gerede zeigen, wohin die Reise geht. Man kann den Anschlußgedanken aber nicht mehr gefährden als durch derartige nationalistische Kindereien, die sich eines schönen Tages doch rächen werden. Nachschrift der Redaktion: Wir haben dieser Zuschrift um so lieber Raum gewährt, als das nationalistische Treiben gewisser Grenz- und Auslandsdeutschenorganisatio- nen allmählich anfängt, gemeingefährlich zu werden. Schon vor einigen Wochen sind uns aus Kärnten geradezu haar- sträubende Dinge mitgeteilt worden, an denen unter anderem auch der in der Zuschrift erwähnte Deutsche Schutzbund mit- beteiligt ist. Daß diese Organisationen, in denen abgehalf- terte Offiziere und Admiräle die Hauptrolle spielen, vor de» blödsinnigsten politischen Extravaganzen nicht zurückschrecken. nimmt nicht wunder. Aber was sagt das Reichsministerium des Innern, was sagt das Auswärtige Amt dazu? In beiden Slemtern sitzen, wie wir wissen, Herren, die diesen Organisa- tionen, besonders dem urreaktionären Verein für das Deutsch- tum im Ausland, den Rücken stärken. Uns liegen ferner Mitteilungen vor, nach denen diese Organisationen, die hier in Deutschland als über den Parteien stehend auftreten und jenseits der Grenzen unverfälschte Schwarz-weiß-rot-Politik machen, bis in die letzte Zeit vom Reiche, von den Ländern und Gemeinden unterstützt worden sind. Wir halten das für ganz unmöglich, aber Aufklärung tut not. Wir richten an das Parlament das dringende Ersuchen, sich um.diese. Dinge und ihre Kontrolle zu kümmern, ehe es zu spät ist, und eine Eiterbeule aufgestochen wird, die, soweit wir sehen, jetzt erst im Entstehen begriffen ist.
Unpolitifthe Justiz. Wir veröffentlichten heute den Protest der Halleschen Richter gegen die Nachprüfung ihrer Zuchthausurteile. Diese reaktionär-politische Stellungnahme ist durchaus keine Selten- heit. Bei einiger Aufmerksamkeit kann man täglich die Hahne- büchensten politischen Eskapaden deutscher Richter feststellen, die sämtlich unter der Firma:„Im Namen des Volkes" laufen. In L y ck ist jetzt der sogenannte Iohannisburger Prozeß zu Ende gegangen. Angehörige der Iohannisbur- ger Bevölkerung waren angeklagt, weil sie s. Zt. während des llebertrittes bolschewistischer Formationen über die oft- preußische Grenze eine in Johannisburg eintreffende Entente- kommission belästigt hatten. Den Herren der Kommission waren die Vorgänge in Oberschlesien vorgehalten worden, sie wurden ersucht, bis zu einer bestimmten Stunde die Stadt zu verlassen. Der Vertreter der Anklage ging bei der ersten Ver- Handlung davon aus, daß die Vorgänge sich nicht aus patriotischem Empfinden heraus entwickelt hätten. Es seien
Die Geißel öer Kulturvölker. Die im Gefolge des Krieges aufgetretene allgemeine Schädigung der Volksgesundheit hat auch die Erkrankungen und die Todesfälle an Tuberkulose aufs neue außerordentlich stark hinaufschnellen lassen. Das gilt nicht allein für die durch die Blockade besonders geschädigten Länder der Mittelmächte, sondern auch für die der Entente angehörenden Nationen. Ein großer Teil der vor dem Kriege im Kampf gegen die Tuberkulose erzielten Erfolge ist wieder verloren gegangen, und Mediziner wie Hygieniker müssen heute vielfach in diesem Kampf wieder von vorn beginnen. Don besonderer Bedeutung sind die Verhandlungen auf dem zurzeit in L o n d o n stattfindenden Internationalen Tuber. kulose-Kongreß. Der bekannte Forscher, Professor A. C a l- mette vom Institut Pasteur in Paris , hat hier dieser Tage einen Bortrag über die bedeutsame Frage gehalten, inwieweit eine Ver- breitung der Tuberkulose durch anscheinend gesunde Bazillenträger erfolgt. Der Redner ging von der Impfung mit Tuber- kulin aus, die man anwendet, um eine, wenn auch latente(ver- borgene), tuberkulöse Infektion im menschlichen Körper festzustellen. Zl�it ihrer Hilfe ist es möglilh, den Prozentsatz von bazillenfreien und infizierten Individuen in irgendeiner Familie, einer Stadt oder einem Dorf, einer größeren oder kleineren sozialen Schicht zu be- stimmen. Die Statistik der Tuberkulin-Impfungen weist nach, daß in großen Städten wie Paris , Wien oder Prag 20 Proz. der Kinder bereits im Alter von 2 Jahren angegriffen sind, S5 Proz. mit 5 Jahren, im Alter über 13 Jahre 90 Proz., und daß von allen Er- wachsenen 97 Proz. positiv auf die Impfung reagieren. Man kann daher als feststehend annehmen, daß in den großen, übervölkerten Zentren Europas , und das nämliche gilt von den Vereinigten Staaten , niemand einer tuberkulösen Infektion entgeht, mag auch di« Aussicht, an Tuberkulose zu sterben, nicht viel größer sein als 1: 8. Nun ist es eine anerkannte Tatsache, daß Menschen, die aus irgendeinem Grunde vom allgemeinen Weltverkehr abgeschnitten waren, sich als ganz besonders empfänglich erwiesen. Die Verbrei- tung der menschlichen Tuberkulose vollzieht sich aber durch Bakterien, und die Uebertragung dieser Bakterien geschieht in der Regel durch an Lungenschwindsucht leidende Personen. Neuerliche Unter- suchungen haben jedoch ergeben, daß als Krankheitsoerbreiter solche Personen nicht allein in Betracht kommen. E» gibt«ine große An- zahl anscheinend gesunder Individuen, die dennoch von einer allerdings nur durch Tuberkulinimpfung festgestellten In- fektion ergriffen werden, die bisweilen Bazillen ausscheiden und so ihre Umgebung anstecken können. Wenn sich daher Tuberkulose da zeigte, wo bisher kein Fall bekannt geworden war, so geht daraus hervor, daß die Krankheit sich durch einen sogenannten.Bazillen-
kommunistische Arbeiter gewesen, die sich darüber erregt hätten, daß die bolschewistischen Brüder draußen im Schmutz liegen mußten, während Ententeoffiziere im weichen Bett lagen! Es wurde festgestellt, daß diese politischen Äe- hauptungen des öffentlichen Anklägers aus der Luft gegriffen waren. Die Angeklagten wurden überdies von ein§m Rechts- anwalt verteidigt, der es für notwendig hielt, einen Vergleich mit den Leipziger Prozessen zu ziehen. Sie wurden freige- sprochen. Die„Freiheit" veröffentlicht aus dem Schriftsatz eines Urteiles. das das Landgericht I zu Berlin gefällt hat. Aus- züge. Es handelt sich um einen Rechtsstreit zwischen einem Herausgeber kommunistischer Broschüren und seinem Druckereibesitzer. Das Urteil besagt dazu: „Aus den Aufträgen über die Drucklegung der beiden der bolschewistischen Propaganda dienenden Broschüren können beide Teile vertragliche Ansprüche nicht herleiten. Die hierüber ge- schlossenen Verträge verstoßen gegen das Staatsinteresse und hiermit gegen die gute Sitte und sind nichtig.... Es ist mehr als naiv von den Parteien, für Verträge, welche indirekt die Zerstörung des Staates fördern sollen, die Rechtsschutzmittel eben dieses Staates in Anspruch zu nehmen. Sie müssen im Interesse des bedrohten Staates versagt werden." Des weiteren führt die schriftliche Begründung aus, daß der Beklagte Vermögensvorteile gewonnen habe, da durch die ihm gelieferten Broschüren für ihn ein Gewinn entstanden sei. Dieser ergebe sich daraus, daß„die Lehren des Bolschewismus auch in Deutschland noch willige Gläubige finden und seine Propaganda-Broschüren gekauft werden". Lyck, Halle und Berlin , das ist die flüchtige Auswahl zweier Tage aus der Tätigkeit deutscher Richter. Jeder Ver- ständige wird mit uns einer Meinung darin fein, daß das Mißtrauen der großen Mehrheit des Volkes gegen die heutige „unpolitische" Rechtsprechung eher zu bescheiden als zu weit- gehend ist._
Reichsprugelwehr? Die„TU." meldet aus Münster einen blutigen Zufam- menstoß zwischen Reichswehr und Zivilisten. Er fei in einer Wirtschaft erfolgt. Mehrere der Zivilisten wurden durch Seitengewehrhiebe verletzt. Als städtische Polizeibeamte ein- griffen, wandten sich die Reichswehrsoldaten auch gegen diese. Ein Polizeibeamter machte von seiner Schußwaffe Gebrauch und verletzte einen Reichswehrsoldaten schwer. Es ist unerhört, daß schon wieder blutige Konflikte zwt- schen der Reichswehr und der Polizei möglich geworden find. Die Säuberung der Reichswehr von allen unzuverlässigen und sonstigen skandallustigen Elementen müßte doch möglich sein. Aber die Pflege des Kraftmeier- und Maulheldentums, wie sie gerade in der Reichswehr an verschiedenen Stellen noch ge- fördert wird, muß ja stets erneut zu blutigen Exzessen führen. Aahlabenö öer Eöelleute. Tieferschüttert lesen wir in der„Kreuz-Zeitung ", daß„der durch- lauchtigste Herrenmeister des Iohanniterordens, seine Königliche Ho- heit Prinz Eitel Friedrich von Preußen " zehn Dutzend Ehrenrittern des Iohanniterordens den Ritterschlag und die Investitur erteilt hat, und daß er zwanzig Dutzend Edelleute„auf ihr Ansuchen nach Prü- fung durch das Ordenskapitel als Ehrenriller des Iohanniterordens angenommen hat". Unter den neuen Mitgliedern des Iohanniterordens finden wir eine Menge gute, alte Bekannte, so den Generalleutnant o. Watter, den General zu Jena und eine ganze Anzahl andere adlige Herren der Reichswehr , des Auswärtigen Amtes und anderer öffentlicher Behörden. Die Schutzpolizei ist ebenso vertreten wie die Geschütz- firma Ehrhardt, der Nationaloerband deutscher Offiziere und der sehr bekannte Major v. Pabst. Selbstverständlich legt man auch auf gute Bantverbindungen Wert; sie reichen bis weit in das Ausland. Bankier Gruisier haben wir in der Liste aber nicht gefunden. Angeblich ist die Johanniter-Organisation eine protestantische mildtätige Stiftung. In Wirklichkeit handelt es sich um einen Adelsklub, der außerordenllich hohen Wert auf Brimborium legt. Di« Theaterschneider werden deswegen nach der diesjährigen Fülle
träger" verbreitet hat, der dem Anschein nach ganz gesund war. Es ist danach zu verstehen, daß die Krankheit durch Reisende, See- fahrer und Handelsleute allmählich auch nach denjenigen Teilen der Welt vordrang, die in ihrer Isolierung den wirksamsten Schutz gegen die Ansteckung besaßen, und die auch keine der Tuberkulose unter- worfenen Tiere beherbergten. So war es z. V. mit den malaischen und polynesischen Inseln, sowie mit Grönland und Lappland . In solchen noch nicht lange von der Tuberkulose ergriffenen Ländern sind aber die schweren und rasch verlaufenen Fälle die Regel, eine Erscheinung, die man in unseren Gegenden bei kleinen Kindern be- obachtet. Die neugewonnene Erkenntnis macht nun frellich den Kampf gegen die Tuberkulose schwieriger, als wenn er sich vor allem dar- auf einzurichten hätte, die Lebensweise und die nötige Absperrung der offensichtlich Erkrankten zu regeln. Die sich daraus ergebende Aufgabe besteht darin, das System des Nachweises der Krank- heit aufs genaueste auszubilden. Es ist klar, daß wir nicht haran denken können, verdächtige Personen davon abhalten zu wollen, ge- wisse Berufe zu ergreifen, und daß wir sie nicht hindern wollen, zu reisen oder in Gemeinschaft mit Gesunden zu leben. Aber wir müssen sie durch Beobachtung und Belehrung möglichst unschädlich machen. Danach müssen alle Organisationen, die sich den Kampf gegen diese Geißel der Menschheit zum Ziel gesetzt haben, und die Gesundheits- behörden aller Länder streben.
Zuhaut Aho. der auch in Deutschland bekannte finnische No- vellist, ist gestern in Helsingfors gestorben. Sein eigentlicher Name war Johann Brofeldt. Er wurde 1861 geboren, studierte in Helsingfors und war dann einige Zeit journalistisch tätig. Seine ersten Novellen erschienen 1883. Sie zeigen bereits das Gepräge jener Eigenart, die ihren Berfasser bald populär machte: den breiten, etwas drastischen und oft ironischen Humor, die liebevolle Vertiefung in das Volksleben und eine absonderliche Mischung von natura- liftischer Darstellung und stimmungsvoller Poesie. Ahes Patriotis- mus wandte sich gegen die Russifizierungstendenzen der Zaren- regierung, seine Prosa hat der finnischen Literatursprache neue Wege gewiesen. Diele seiner Arbeiten sind ins Deutsche übersetzt worden, unter anderem die meisterhafte Novelle„Geächtet", die in Reclams Unirerjalbibliothek erschien. Neues Thealer am Ivo. Wi« di« Direktion mitteilt, soll die Er- öffnung gegen Ende August erfolgen. Das Theater befindet sich im Landwehrkostno, dicht am Bahnhof Zoo . Es wird das moderne Lust» spiel, di« Komödie und das Schauspiel pflegen. Klassiker werden soweit aufgeführt, als d>e Größe der Bühne und der Charakter des Hauses es gestatten Oberregisseur Hans Fischer wird' zusammen mit Direktor Gustav Charte die Regie führen. Auch Dr. Fritz Ießner ist als Spielleiter verpflichtet. Bon Künstlern sind engagiert: die Damen Meta Lünger, Rita Burg, Ilka Grünina, Ida Roland und die Herren Alfred Abel , Hanns Fischer, Otto Treßler vom Burgtheater in Wien und Otto Wallburg . •
von Aufnahmen reichlich zu tun haben. Haben doch die Johanniter ihre eigene Ordenskleidung. Sie besteht nach einer„allerhöchsten" Kabinettsorder aus einem scharlachroten Waffenrock mit zwei Reihen Johanniterknöpfen, vorn mit weißem Passepoil, oben aufgeschlagen. Kragen, Aermelausschläge, Rabatten und Taschenbesatz weiß mit gol- dener Stickerei. Die Beinkleider sind weiß-, hohe Stulpenstiefel mit goldenen Anschnallsporen. Schwarzer Filzhut mit goldener Schnur, weißer und schwarzer Straußenfeder und schwarzer Schleife mit weißem Johanniterkreuz: goldener Schwertgut. Daneben gibt es noch sogenannte kleine Uniformen und besondere Uniformen für die höheren Ordensritter. Wir empfehlen den Herren Iohanniterrittern, bei dem Tragen ihrer Kostüme vorsichtig zu sein. Einmal könnte es ihnen sonst passieren, daß sie für die nächste Filmaufnahme weg- gefangen werden, es könnten sich aber auch vernünftige Leute finden, die meinen, daß die christliche Mildtätigkeit sich nicht in Theater- spielerei, sondern darin ausdrückt, daß die linke Hand nicht weiß. was die rechte tut.
Frauen als Geschworene. Der Entwurf eines Gesetzes über die Heran- ziehung der Frauen zum Schöffen- und Ge- fchworenenamte ist seitens der Regierung dem Reichstage vor- gelegt worden, obwohl' der Reichsrat den Entwurf abgelehnt hatte. Nach der Regierungsvorlage können Frauen zu Schöffen und Ge- schworenen gewählt werden, doch wird ihnen das Recht gegeben, diese Berufung abzulehnen. Die Regierung will mit dem Entwurf ein gegebenes Versprechen einlösen.
Senatsüiktatur in Danzig . Aus Danzig wird uns geschrieben: Die politische Entwicklung des kleinen Danziger Freistaats hat in den letzten Wochen eine Richtung eingeschlagen» die den Eindruck erwecken muß, als beabsichtige die hiesige Regierung, das Vorbild von Kahr-Bayern noch zu übertrumpfen. Dabei haben die jüngsten Vorgänge, die in der Durchführung eines vierundzwanzig- stündigen Demonstrationsgeneralstreits durch die freien Gewerk- schaften und alle drei sozialistischen Parteien und in der Verhaftung zweier Abgeordneten aus dem Volkstage heraus gipfelten, durch Wolfis Bureau und andere Nachrichtenagenturen und durch die ge- samte bürgerliche Presse eine derart wahrheitswidrige Dar- stdllung erfahren, daß eine zuverlässige Schilderung der aufs äußerste zugespitzten politischen Krise im Freistaat Danzig wünschenswert erscheint. Die Wahlen zur„Verfassunggebenden Versammlung " am 16. Mai 1929 hatten unter dem Eindruck der Lostrennung Danzigs vom Deutschen Reiche eine stark rechts gerichtete natio- nalistische Mehrheit ergeben. Der Bürgerblock hat es An- fang Dezember, nachdem die neue Verfassung verabschiedet war. durchgesetzt, daß die Verfassunggebende Versammlung ohne Neu- wählen zum Volkstag erklärt und die Bildung des Senats, also der Regierung, nach dem Stärkeverhältnis der deufichen bürger- lichen Parteien vorgenommen wurde. Im Danziger Dolkstag, der 129 Abgeordnete umfaßt, besteht die Opposition aus 49 Vertretern der drei sozialistischen Parteien(darunter 19 Sozialdemokraten) und 7 Polen . Der Bürgerblock besteht aus Deutschnationalen, die an- dere Hälfte aus Zentrum und„Deutscher Partei für Forfichritt und Wirtschaft", die man etwa dem rechten Flügel, der Deutschen Volks- partei vergleichen kann. Eine bürgerlich demokratische Partei gibt es in Danzig überhaupt nicht. Bei dieser Zusammensetzung von Volkstag und Senat ist es selbstverständlich, daß von einer s o z i a.l e n Gesetzgebung über- Haupt keine Rede sein konnte, und daß die Danziger Wirtschafts- und Finanzpolitik mit einer Einseitigkeit von unerhörter Rücksichts- losigkeit ausschließlich den kapitalistischen Interessen dienstbar ge- macht wird. Aus der Verwaltung wurde sorgfältig jedes fort- 'schrittliche Element, beispielsweise der noch aus der Revolutions- -zeit her im Amte befindliche sozialdemokratische Polizeipräsident Früngel, entfernt und in„Schupo" und Einwohnerwehr eine S e- natsgarde geschaffen, deren Dienstauffassung viel B a l t i- k u m e r Geist verrät. Die Steuergesetzgebung vermied natürlich eine dem deufichen Reichsnotopfer analoge Vermögensabgabe und belastete um so stärker die werktätige Bevölkerung. Die Ernäh- Schützt die Nahrungsmittel vor der hlhet Di« Hitze trägt oft zur raschen Verderbnis unserer Nahrungsmittel bei. Unterschiede von nur wenigen Temperaturgraden können hier von wesenllichem Ein- fluß sein; hängt doch die Entwicklung der Fäulnisbazillen wesentlich von der Temperatur ab. Niedrigere Temperatur wirkt entwicklungs- hemmend, ein Ansteigen bewirkt rasche Vermehrung. Während in dem einen Zimmer Nahrungsmittel noch gut bleiben, verderben sie— insbesondere Fische und auch Pilz� sowie Fleisch— in einem anderen, dessen Temperatur nur um einige Grade höher ist, innerhalb sehr kurzer Zeit, oft in nur ein bis zwei Stunden. Es bilden sich dann jene schweren, zur Klasse der Alkaloide gehörenden Gifte, die man als„Ptomaine" bezeichnet. Da sie vollkommen g e- ruch- und geschmacklos find, so kann ihre Anwesenheit durch keins unserer Sinnesorgane festgestellt werden. Darum auch ihre große Gefahr. Die Nahrungsmittel sehen noch vollkommen gut und unverdorben aus und enthalten doch bereits das durch eine geringe Erhöhung der Temperatur enfitandene Gift. Um sich zu schützen, kann man das Abkochen und sonstige Verfahren zur Verhütung des Verderbens nicht entbehren. Die Kühle der Aufbewahrungsräume wirkt hier nur als kräftige Unter- � stützung der übrigen uns zu Gebot« stehenden Hilfsmittel. Man vernachlässige auch in der kühleren Wohnung deshalb keine der sonst üblichen Vorsichtsmaßregeln. A. W. I. K. Zu Otto Lilienthals Gedächtnis. Am 9. August 1896 verun- glückte der Ingenieur Otto Lilienchal bei feinen Flugoersuchen in den Rhinomer Bergen im Westhavelland dadurch, daß er mit dem Flugzeuge aus beträchtlicher Höhe abstürzt«. Mit ihm ging einer der Wegebahner der heutigen Fliegerkunst dahin. Noch war sein Flugzeug nicht das, wozu es die Erfinderkunst in den 23 Jahren seit jenem Todessturz gemacht hat; aber Lilienthal hat doch die Grundgedanken erkannt, nach denen man die Luft mit den„Flügeln" meistern kann. Einfache Flügel waren sein« Maschine, nur Tracfilächen, die ihm den Gleifilug von der Spitze eines Hügels ermöglichten. Diese Gleitflüge wiederholte er unermüdliich, und ständig sann er aus die Verbesserung der Fittiche, stets"den Zweck des wirklichen Fluges im Auge behaltend. Der erste Fortschritt, den er erreichte, war der, zwei Segelflächen übereinander zu verwenden: der Doppeldecker ist seinem Geist« enfiprungen. Und w-iter ist die Verbindung des Propellers mit den Segelflächen sein Ge- danke gewesen. Er baute einen ganz leichten Kohlensäuremotor, durch den er Gruppen von„Schwungfedern" an den Flügeln in aus- und niedergehend« Bewegung setzte— es sollte dadurch der Vogel- flug nachgeahmt werden. Zum weiteren Ausbau der Erfindung kam der begabte und kühne Mann nicht. Seinen rastlosen Bemühungen setzt« der Tod ein plötzliches Ziel. Aber seine Gedanken lebten und fanden För- derer, die sie schnell zu ungeahnten Erfolgen führten. In Ehren sei heute des unerschrockenen Vorkämpfers in der Schar der„Eroberer der Luft" gedacht.