der Deutschen Bo!???artei hält allen solchen sozialistischen Manävern gegenüber daran fest, daß die Entwicklung im Reich und in Preußen übereinstimmend vor sich gehen muß. Die Sozialdemokraten wer- den sich also sehr bald dafür entscheiden müssen, ob sie auf die Re- gierungogemcinschaft mit der Deutschen Volkspartci oder mit den Unabhäuzigen mehr Wert legen. Ihre Hoffnung, in Preußen unversehens die Regierungsbildung auf dasselbe Gleis zu schieben, auf dem s.e es im Reich jetzt versuchen, wird unbedingt scheitern, und nicht nur an dem Widerstand der Deutschen Dolkspartei, sondern, wie wir mit Sicherheit annehmen, auch an dem des Zentrums und der Demokraten. Während also das Zentrum fragt, ob die Unabhängigen bereit wären, auch die Deutsche Volkspartei in die Koalition mit auszunehmen� erklärt die Volkspartei, daß sie nicht daran denke, sich an einer gemeinsamen Regierung mit den Unab- hängigen zu beteiligen. Damit diktiert sie nicht nur den Un- abhängigen die.un selbstverständlich gewordene Antwort an das Zentrum, sondern sie brüskiert auch offenficht- lich und absichtlich die Sozialdemokratische Parte i. Wir fragen das Zentrum und die Demokraten, ob nach ihrer Ansicht der von der Volkspartei angeschlagene Ton derjenige ist, den man anschlägt, wenn man die Absicht hat, bestimmte Verhandlungen zum Ziele zu führen. Das ungeheure Selbstbewußtsein der Deutschen Volkspartei — um einen milden Ausdruck zu wählen— erklärt sich daraus, daß sie mit Recht oder Unrecht das Zentrum und die Demokraten vollständig in der Tasche zu haben glaubt. Sie spricht genau so, als ob Zentrum und Demokraten ihre Bundesgenossen gegen die Sozialdemokraten wären, so daß man fast glauben könnte, diese Parteien hätten einen geheimen Rückversichcrungsvertrag mit ihr abgefchlosien. Sie verläßt sich vollkommen darauf, daß Zentrum und Demokraten, die im Reich mit den Sozialdemokraten zusammengehen, weil sie sie brauchen, in Preußen ihre Aussperrungspolitik gegenüber den Sozialdemokraten so lange fortsetzen werden, bis diese bereit sein würden, alle gewünschten ZugestSndnisie zu machen. Wir wissen nicht, inwieweit die Deutsche Volkspartei Zen- trmn und Demokraten richtig beurteilt; wir können nur sagen, daß sie sich inderSozialdemokratietäuscht. Die Sozialdemokratie hat sich bereit erklärt, zu verhandeln; sie hat nie verhehlt, daß ihr dieser Entschluß außerordentlich schwer gefallen ist und daß sie nur mit starken Bedenken an diese Verhandlungen herangetreten ist. Es wäre illoyal� wenn von irgendeiner Seite bestritten würde, daß das bisherige Ver» halten der Deichen Volkspartei geeignet war, diese Bedenken nicht nur nicht zu zerstreuen, sondern sie vielmehr auf das äußerste zu verschärfen. Deutschlands innere Politik ist damit in eine Sackgasse geraten, aus der ein Ausweg gestmden werden muß. Daß die Parteien der Wirth-Koalition im Reich unter den schwierigsten Verhältnissen gemeinsame Arbeit leisten, wäh- rond sie in Preußen miteinander offen um die Macht kämpfen, das ist ein Zustand, der kaum wochenlang ertragen wer- den kann.
Die preußische Regierungsfrage. Wie wir erfahren, gedenkt die sozialdemokratische Landtags- fraktion den übrigen Verhandlungsparteien eine formulierte Erklärung über die Gesichtspunkte vorzulegen, deren Aner» kennung durch die zu bildende Regierung für sie Vorbedingung an einer Regimmgsbeteiligung ist. Diese Erklärung steht einstweilen noch nicht fest, da die heute vormittag darüber beratende Fraktion?» sitzung abgebrochen werden mußte, doch dürfte die Formulierung noch im Laufe des heutigen Tages erfolgen. Schon jetzt kann ge- sagt werden, daß die Fraktion besonderes Gewicht legen wird auf die Anerkennung und Verteidigung der Republik durch die neu zu bildende Regierung, auf die Sicherung des d e m o- kratischen Selbstbesttmmungsrechts in Staat und Ge- meinde, auf die Demokratisierung der Verwaltung und Republikanisierung der Polizei, auf den Ausbau der Sozialgesetzgebung, auf die Förderung einer grundlegenden I u st i z r e f o r m, auf die Schaffung eines zeitgemäßen B e»
amtendisziplinarrechts und auf schärfste Heranziehung des Besitzes zu den Staatslasten.?n welcher Formulierung diese Gesichtspunkte in der Programmerklärung zum Ausdruck gelangen werden, steht ebenso dahin wie die weitere Frage, ob sie noch nach dieser oder jener Richtung hin eine Ergänzung oder Erweiterung erfahren werden. Krise in üer Haperischen Volkspartei. München , 5. Oktober. (Eigener Drahtbericht de»„Vorwärts".) Die innerpolitischc Entwicklung Bayerns ist gekennzeichnet durch eine nicht mehr abzuleugnende Linksentwicklung innerhalb der Bayerischen Volkspartei . Sie macht in den letzten Tagen trotz aller gegenteiligen Versicherungen der offiziellen Parteileitung weitere Fortschritte. Das führende Organ der Partei sieht sich veranlaßt, in spaltenlangen Artikeln den Kampf gegen die Tendenzen aufzu- nehmen, die im Sinne des Reichszentrums orientiert sind. Die Zentrumskreise innerhalb der Bayerischen Dolkspartei seien keineswegs mehr in der Minderheit. Die Eni» schließungen der Parteiversammlungen in Nordbayern verlangten mit aller Entschiedenheit eine Wiederaufnahme der Arbeitsge- m e i n f ch a f t mit dem Zentrum. Durch diese Beschlüsse sei eine Krise heraufbeschworen worden, deren Wirkung unabsehbar sei. Die sofortige Verwirklichung der Beschlüsse würde die Partei rettungslos und hoffnungslos zugrunde richten. Berücksichtigt man dazu die in Schwaben innerhalb der Vaye- rischen Volkspartei vorherrschende Neigung zur Zentrumspolitik, wie sie etwa die„Augsburger Postzeitung" vertritt, so erhöt sich der Ein- druck immer mehr, daß die Kreise innerhalb der Bayerischen Volks- partei, die nach links streben, stärker sind als man glaubt.
Cin neuer tzirfchfelö-Skanöa!? Wie eine Gerichtskorrespondenz meldet, wurde Oltwig v. H i r s ch- f e l d nach seiner Enllaffung aus dem Gefängnis in Plötzensee wegen angeblicher Haftunfähigkeit in das Gefängnis zu Offenburg in Baden überführt, um hier den Rest seiner Strafe für das von ihm an Erzberger verübte Attentat abzubüßen. Nun wird mitgeteilt, daß sich bei Hirschfeld eine schwere H a f t p s y ch o s e herausstellte, die seine Ueberführung in das Krankenhaus in Offenburg not- wendig machte. Dort befindet er sich noch jetzt. Man gewinnt aus dieser lakonischen Notiz den Eindruck, daß hier ein neuer Justizskandal vorliegt. Bekanntlich wurde Hirschfeld schon einmal wegen angeblicher Neroenerkran- k u n g vier Monate aus der Haft beurlaubt und geriet in den Ver- dacht, den Eriesbacher Anschlag auf Erzberger verübt zu haben. Wenn es ihm auch gelang, sich von diesem Verdacht zu reinigen, so entstand doch in der Oeffentlichkeit allgemeine Befremdung darüber, daß die Justizbehörden dem Gesundheitszustand eines so gefährlichen Burschen wie Hirschfeld ihre rührende Fürsorge zuwandten. Jetzt hören wir von einer erneuten Entlassung Hirschselds aus dem Ge- fängnls. Vielleicht findet sich auch diesmal wieder ein deutschnatio- naler Grundbesitzer, der Hirschfeld unentgeltlich sein Gut zum Sanatorienaufenthalt zur Verfügung stellt. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn die Justizbehörden und Gefängnisoerwaltungen in höchstem Maße den Gefangenen gegenüber humane Erwägungen gelten lassen. Es ist jedoch noch nicht bekannt geworden, daß Arbeiter, die wegen irgendwelcher De- likte mit Freiheitsstrafen belegt wurden, mit der gleichen Schonung behandelt werden wie die Angehörigen anderer Bevölterungs- schichten. Wenn auch auf diesem Gebiete nach und nach ein starke» Mißtrauen gegen die Justiz erwächst, so tragen die DeHörden, die auch hier mit zweierlei Maß messen, ihr gehöriges Quantum Schuld daran.
Luöenüorff auf öem Kriegspfaü. Der äußerst beredsame General Ludendarff hatte kürzlich eine Unterredung mit dem Berliner Vertreter des„New Park Herald", dem er sein« genialen Schlachtpläne gegen Rußland auseinander- setzte. Rußland könne nur dadurch geholfen werden, daß man eine gemeinsame Expedition Deutschlands , Frankreichs und Englands unter Amerikas Mithilfe ausrüste, deren Aufgabe es fei, den Bolschewismus zu stürzen. Erst dann könne man dem Ge- danken einer Errettung der hungernden Teil« Rußlands näher- treten.
SchwarZ-Rot-GoZö. Von Alwin Rudolph. Der Parteimg hat sich freudig zu den Farben der Republik bekannt, ohne deshalb etwa das alte Rot der Freiheit hintenan stellen zu wollen. Das Banner des heutigen Deutschen Reiches dient anderen Idealen als Symbol als das 1871 gewählte Schwarz-Weiß- Rot. Darum Ist es auch nicht die Farbe, sondern die damit reprä- sentierte Idee, die allen Nationalisten und Gewaltpolitikern verhaßt ist. In weiten Kreisen glaubte man, mit der Wahl der schwarzrot- goldenen Farben die beste Lösung gefunden zu haben, besonders da sich Fürsprecher genug fanden, die sie als die eigentlichen Farben des alten deutschen Kaiserreichs verteidigten. Ob aber diese Ve- hauptung richtig ist, hat sich nicht mit Sicherheit feststellen lassen. Fest steht nur, daß da» alte Reichsbanner bis zum Ausgang des Mittelalters aus einem einköpfigen schwarzen Adler im goldenen Felde bestand, wa» allenfalls schwarz und gold als Reichsfarben ergeben würde. Dagegen bestand die Reichssturmfahne, wie sie Kaiser Ludwig von Bayern 1Z3S dem Heere gab, aus einer roten Stange mit einem goldenen Fahnentuch und dem schwarzen Adler darauf. Mit dem Aufkeimen der nationalen Einheitsbewegung kommen dann erst eigentlich die schwarzrotgoldenen Farben zur Geltung und werden fortan als Symbol des deutschen Nationalismus geführt. Als im Jahre 181S die deutschen Burschenschaften gegründet wurden, jene Studentcnvereinigung, die sich besonders für die deutsche Ein- heitsbewegung einsetzte und heute sich schmählich gegen ihre eigene Vergangenheit wehrt, nahm sie ebenfalls das Schwarz-Rot-Gold als die Farben ihrer Verbindung an. Auf ihrer Gründungsversammlung bildeten dann Einheit, Freiheit» Recht die Argumente ihres ent- schiedenen Auftretens, weshalb sie denn auch in den folgenden Jahren als verdächtig den ärgsten Verfolgungen ausgesetzt war. Im Jahre 1833 wurde Schwarz-Rot-Gold förmlich verboten. Nachdem dann aber 1848 durch Bundesbeschluß das Schwarz-Rot-Gold als Symbol deutscher Einheit in dem Reichsadler angenommen und bei den Truppen als Abzeichen eingeführt war, wurde diese rigorose Be- stimmung aus dem Jahre 1832 wieder aufgehoben. Die heute von den Nationalisten so gehaßten und geschmähten Farben waren da- mals schon als die offiziellen Reichsfarben anerkannt. Freilich, die bald darauf einsetzende Reaktion verfolgte und verbot sie wieder. Schwarz-Rot-Gold war bei Bismarck nicht beliebt, und so wurde es denn auch trotz vielseitiger Fürsprache 1871 als Reichsfarbe nicht Wiedel angenommen. Wenigstens nicht als Fahne, aber im Reichs- wappen, dem Reichsadler, blieb das alte Schwarz-Rot-Gold erhalten. Daß die alten Burschenschafter von 1815 aus anderem Holze geschnitzt waren lehren uns ihre Gesänge, die so ganz anders im Obre klingen ml ihre mehr als lächerlichen Proteste gegen das Banner der deutschen Republik. So heißt es in einem Burschen- schafterlied aus dem Lahre 181S: Was will das Vaterland? Despoten will es niederschlagen, Tyrannen aus den Grenzen jagen und frei die freien Söhne tragen.
In einem andern wird als Gottes Gebot erklärt:„Schlagt eure Plager tot! Rettet das Land!" Als dann mit dem Jahre 1819 die Unterdrückung der Burschenschaften ausgesprochen wurde, Hub ein großes Klagen an: Das Band ist zerschnitten, war schwarz, rot und gold, und Gott hat es gelitten, wer weih, was er gewollt. Im Jahre 1848 bekannte dann derselbe Verfasier freudig:„Das Band, das uns einet, bleibt schwarz, rot und gold." Uno schon vorher kamen die Farben im Liede zu Ehren in dem berühmten Aufruf von Georg Herwegh : Schwarzer Tod ist unser Sold nur. unser Gold ein Abendgold nur, unser Rot ein blutend Herz. Berühmter aber wurde noch das Lied Freiligraths vom „Schwarzrotgold", das ihm das Danner der deutschen Republik war und dreifarbig noch jeden Galgenstrick besiegen muh: Pulver ist schwarz, Blut ist rot, golden flackert die Flamme. Als dann bei der Rcichsgründung das Schwarz-Wciß-Rot gewählt wurde, ließ ein Dichter den Heinrich Heine auserstehen und bekennen: Das ist nicht das alle Schwarzrotgold, das schwarz wie der Tod der Tyrannen, und rot wie Blut in der Faust sich entrollt, der gold'nen Freiheit Mannen! Legt sind mit der deutschen Republik auch die alten Farben Schwarz-Rot-Gold zu Ehren gekommen als ein deutliches Zeichen neuer Gesinnung. Sie sind uns Symbol, wie es c.ne Dichterin un- serer Tage uns aufrichtet: Die Herzen weit der neuen Zeit, mit ihr durch N a ch t und K a m p f zum Licht.
„Tosca " in" der Staalsoper. Eine glanzvolle, mit Stimmung und Hitze paradierende Aufführung von P u c c i n i s„Tosca ". Immer noch erträglich, weil sie erregt, Affekte hochpeitscht und well sie der an Tricks, Geist und Klang reichen itallenischen Parcitur nur die wirkungssicheren Einzelheiten liebevoll ablesen läßt. Eine mittlere Aufführung ist unerträglich und zeigt, wie überlebt das ganze veristifche Getue ist und wie recht der große Wagner behalten hat. Die Staatsoper lieh da« Scheinheilige der Tosca durch einen übertrieben hetzenden Artikel Belkers in ihren Heften verkünden und handelte danach. In Berlin gibt es zwei Frauen, die die Tosca fingen und wahrmachen können. Wenn es schon nötig war, das Werk neu einzustiederen, wo es in Charlottenbura eine' liebevolle Stätte gefunden hat, so durfte man die einzige weibliche Rolle nicht Vera Schwarz anvertrauen. Diese Frau kann sehr viel; aber über ihren Schatten zu springen, muß gesunder Menschenverstand und Kraftbegrenzung ihr oersagen. Schon ihr etwas rauhes Organ läßt jenen warmen Hauch vermissen, den die Ieritza, die Saloatini,
Weiter verkündete Ludendorfs die Weishell, daß Deutschland allein zu einem derartigen F-ldzug nicht stark genug sei. Wenn jedoch das deutsch « Dolk erführe, daß es gemeinsam mll Eng- la n d und Frankreich eine Erpeditton nach Rußland unter- nehmen solle, würden sich zahlreiche Offiziere und Soldaten frei- willig melden, um an diesem Unternehmen teilzunehmen. Auch die deutschen Arbeiter würden keinen Widerstand leisten, fondern einsehen, daß ein solches Unternehmen Rußland zur Freihell oer» Hessen würdel Ludendorff zeigt in diesen Worten die gleiche Unfähigkeit, die Empfindungen des deutschen Volkes zu verstehen, die er wählend seiner Feldherrntätigkell bewies, und die mll Notwendigkeit zum Zusammenbruch führte. Es dürste für Ludendorffs politische Schu- lung sehr vortellhaft fein, wenn er sich einmal der Müh« unterzöge. mll ernstem Willen die Stimmung der Arbeiterschaft zu erforschen. Dann würde er ein etwas anderes Bild gewinnen, als es ihm aus den Kreisen einer offenbar nur allzu willfährigen Offiziers- kamarilla präsentiert wird. Ludendorffs Feldherrntaktik mußte auf die Dauer versagen, weil er von der Volksspychologi« nicht da» mindeste verstand. Seine politischen Ausführungen werden langst — nicht nur in sozialistischen Kreisen— belächelt. Wenn Luden« dorff glaubt, ein deutsch -französisches Bündnis durch einen gemem- samen Raubzug gegen Rußland herbeizuführen, so be- weist er nur aufs neue die gleiche Naivität, die politisierenden Ge- nerälen zu eigen zu sein pflegt. Der gefeiert« Held der Deutsch - Monarchisten war zu bescheiden, schon jetzt bei dem von ihm ge- planten Unternehmen gegen Rußland die Führerrolle zu beai!» spruchen. Man gewinnt jedoch mehr und mehr den Eindruck, daß er sich in seiner gegenwärtigen Arbeitslosigkeit nicht wohl fühlt und sich deshalb nach einem neuen Tätigkeitsfeld umsieht.
Ein bedauerlicher Rückzug. Der Hamburger Generalstaaisanwall Dr. Schön wur' kanntlich vor kurzem seines Amtes enthoben, weil er, wie es in dem Gutachten des Hamburger Iustizfenators Dr. N ö l d e k e hieß, aus politischen Gründen dem Gericht Beweismaterial vorenthalten habe. Der Sturm, den diese Amtsenthebung in den Reihen der Reakci' i auslöste, ist leider nicht ohne Erfolg geblieben. Der Senat erkuirt nämlich soeben, er könne den gegen Schön erhobenen Vorwurf nicht aufrechterhalten und fügt die Erklärung hinzu, er habe sich„im Ausdruck vergriffen". Dr. Schön habe kein Belastungsmatcrial zurückgehalten, fondern es nur gemäß seiner politi- schen Grundanschauung anders gewertet als Justizoerwal» tung und Senat. Die Rechtspresse sucht diesen bedauerlichen Rückzug des Ham- burger Senats für ihre Zwecke auszunutzen und unternimmt einen weiteren Vorstoß, indem sie darauf hinweist, daß durch die Amts- enthebung Schöns„so ziemlich die gesamte I u r i st e n w e l t lex Hansestädte auf den Plan gerufen" sei. Sollte dies der Fall fein, so wäre die Tatsache nur ein erneuter Beweis für die tiefe Kluft, die zwischen den Anschauungen der Juristenwelt und dem natürlichen und gesunden Rechtsempfinden des Volkes besteht. Gerade die- jenigen Kreise, die sich bei jedem Anlaß— und so auch hier— auf suristische Formalismen berufen, müßten es auf das ensschiedenste verurteilen, wenn ein Richter seine Werturteile unter Zugrunde- � legung seiner politischen Anschauung fällt. Wir sprechen ' die Erwartung aus, daß im Falle Schön das letzte Wort ge- sprachen ist._ Erlaß über öas Tragen von Uniformen. WTL- verbreitet folgenden Erlaß: In Ausführung des§ 2 der auf Grund des Artikels 48 der Reichsoerfaffung zur Wieder- Herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erlassenen Ver- ordnung des Reichspräsidenten vom 30. August 1921 wird bestimmt: Die zum Tragen der Millläruniform berechtigten Angehörigen der bewaffneten Macht dürfen dieses Recht in folgenden Fällen aus- üben: s) bei Kirchgängen an den hohen kirchlichen und gesetzlichen Feiertagen, F) bei wichtigen Familienseierlichkeiten und Dienstjubiläen, c) bei Leichenbegängnissen von Kameraden, 6) bei der Teilnahme an Festlichkeiten und tamerad- schaftlichen Zusammenkünsten der Reichswehrangehörigen, e) bei solchen feierlichen Veranstaltungen unpolitischer Ver-
die Labia mitbringen. Aber spielt sie ihre Rolle glaubhaft? Sie bleibt kultivierteste Soubrette, sie wird lebendig und bewegt, aber nicht Glut und Flamme, sie trotzt ihrer Klugheit viele guten Wir- kungen ab, bleibt ober befangen in der Bewegung, in der Erotik, im Haß. Eine kleinbürgerliche, sehr blonde Liebhaberin, keine mensch- gewordene Leidenschaft, keine Italienerin, keine Weltdame. Im letzten Akt wächst sie über sich hinaus und gibt elementare Aus- brllche des Leides. Hütt als Eavaradoffi hotte feine schönen Mo- mente, setzte aber ohne Größe Stein an Stein und war in der Eni- faltung der Stimme mehr als einmal gehemmt. Am schönsten sanz A r m st e r den Scarpia, bedacht und klar, allerdings ohne dämonische Schärfe. Das Dekorative fiel angenehm erst Im dritten Akt auf. Blech leitete das Ganze mit starkem Interesse und italienischem Schwung. Ä. S. Ein neues Rakurfchuhgebiet. Das Reandertal, das bei Mellmann im rechisrheinifch-n Teil des Regierungsbezirkes Düsse:- darf liegt, war durch den Betrieb der Rheinisch-Westsälischen Kalk- werke bedroht, andererseits war die Waldverwüstung bereit» bis zu seinen schönen Buchenbeständen vorgedrungen. Nunmehr ist es zum Naturschutzgebiet erklärt worden. Damit bleibt ein« Stätte ganz unberührter Natur in deutschen Landen erhalten; es ist aber damit zugleich auch Gewahr gegeben, daß«in für die Erforschung der frühesten Menschheitsgeschichte überaus wichtiger Ort. die kleine Neanderhöhle bei Metttncmn, bewahrt bleibt. Hier wurde im Jahre 1856 der berühmt«„Reanderfchädel" gesunden, nach dem die vor- geschichtlich« Rasse des Reantertalmenfchen benannt ist. Die Volksbühne„Norden" hat am Montag ihr zweites Spiel- jähr begonnen, und dieser Anfang war glückverheißend. Das Schäfer- spiel des jungen Goethe,„Die Laune des Verliebten ", das eigentlich gar nicht mehr in unsere wogende und aufgeregte Zeit hineinpaßt, war mit vielem Takt und großer Jimi�eit durchgearbeitet, so daß die Zwiegespräche niemals lähmend wirkten. Helene Kon- s ch e w s k a gab eine robust-liebenswürdige Egle, während Maja Hart die Amins rezend verkörpert. Hans Ströhm und Max Valentin vom Deutschen Theater lösten ihre Ausgabe zur Zu- friedenhell. Auf diese zarte Darbietung folgte dann Kleists Lustspiel „Der zerbrochene Krug ". Julius Hermann vom Lessing- theater gab einen famosen Dorfrichter, und der Schreiber von Franz V. E h r 1 ch war eine Meistcrleistung. Den Gerichtsrat gab Karl E ck h o f mit vielem Anstand, während Frida Brock als Frau Rull ein« sehr energische Anklägerin war, so daß man Evchens (Maja Hart) Angst sehr wohl begreifen konnte. Di« klein« Bühne im Norden Berlins oerdient wegen ihrer künstlerisch ernsthasten Leistungen rege Beachtung. re.m.
Im Leffing-Museum spricht Donnerstag Uhr Georg Richard Kruse über.Franz Schubert und seinen Dichierfreund Franz ». Schober- Schubertfche Gesänge schließen sich an. Im Tcutichen LPernhauS findet Donnerstag der zweit« Vakla- n o f f- A b e n d statt. Der russische Gast singt in PucciniZ Oper„ToSla" den Scarpia. Ein Denkmal für Paleitrina. In Palestrin», seiner Vaterstadt, wurde ein Denkmal für den großen Musiker Gtovamü Plerluigt da Pale- slrina feierlich enthüllt.