wirtschaftliche Lage tn Deutschland , über die Lage der Weltwirt- schaft überhaupt klafft da noch eine Lücke, die wir zu schließen be- mühr sein werden. Wir werden unsere finanzielln und wirischaft- lichen Berhältnisse, wie man uns aufgetragen hat, genau darlegen, obwohl wir hätten annehmen dürfen, daß schon durch unsere bis- Simgen Darlegungen wenigstens einige Irrtümer hätten aufgeklärt ein können. Der Erfolg wird davon abhängen, wie unsere Auf- klarungen wirken werden. Mehr aber noch wird es darauf an- kommcft, ob Frankreich sich überhaupt aufklären lassen will.(Sehr wahr!) Schwer wird es freilich fein, in Deutschland für eine in dieser Beziehung optimistische Auffassung einzutreten, wenn man die Stellung des französischen Ministerprüsi- denten in der Frage der sogenannten Kriegsschuldigen steht. Er stimmte dem Borschlage der Kammer zu, die deutsche Regierung aufzufordern, die Angeklagten den Alliierten zur Aburteilung aus- zuliefern.(Lebh. Pfuirufe.) Soweit damit. Wenn dem Spruch des Obersten deutschen Gerichtes der Borwurf der Parteilichkeit gemacht wird, muß er mit aller Schärfe zurückgewiesen wer- den.(Sehr richtig!) Ich kann nicht annehmen, daß der Oberste Rat dies Verlangen als berechtigt anerkennen wird. Es wird jedenfalls keine deutsche Regierung geben, die den Versuch machen wollte, die AttslieWung zwangsweise durchzuführen.(Stürmischer Beifall bei der Mehrheit.— Abg. Adolf.<) offmann(Komm.) Die Ver- brecher freuen sich immer!— Präsident Löhe ruft den Abg. choff- mann zur Ordnung. — Unruhe links.) Die französische Regierung will noch andere Fragen benutzen, um von neuem da System der Garantien und Sanktionen anzuwenden. Wir werden diesem negativen und unfruchtbaren Programm ein p o s i t i v es Programm entgegensetzen, das hoffentlich die öffentliche Meinung in Frankreich eines Besseren belehren und befriedigen wird. Das Wichtigste darin ist ein v- baldiger Aufbau der zerstörten Gebiete Nordfrankreichs� Das von Loucheur und Rathenau zustande ge- brachte Wiesbadener Zl b k o m m e n ist vor allein dazu be- stimmt gewesen, dem französischen Wunsche noch Wiederaufbau der zerstörten Gebiete in den allernächsten Iahren Rechnung zu tragen. Auf innerpolitischem Gebiete ist die Regierung bemüht, einerseits durch neue Steuern die Einkünfte dös Reiches zu vermehren, andererseits die Ausgaben zu verringern und die hauptsächlichsten und schwersten Defizite des Etats zu beseitigen. Die neuen Steuergesetze haben den langen und schwierigen Weg durch die Ausschüsse hinter sich und werden in aller. nächster Zeit dem Reichstage zur Beschlußfassung zugehen. Das Ge- samtaufkommen unserer Steuern überhaupt nach Annahme der Steuergesetze wird auf rund l0S Milliarden Mark geschäht, gegenüber dein Etat für 1321 mit 85 Milliarden Mark. Zur Cr- reichung dieses Zieles war ein Kompromiß nötig, das heute zu- stände gekommen ist.(Gelächter bei den Deutschnationalen.) Diesem Kompromiß habei. sich die Partelen der Mehrheitssozial. demokratie bis zur Deutschen Volkspartei ange» schlössen. Es ist wie folgt zustande gekommen: 1. Der Zuschlag zur Reichsvermögenssteuer soll 200 Proz. betragen. Dazu soll eine Zwangsanleihe in Höhe von 1 Mil- liarde Mark Goldmark aufgebracht werden. Diese ist in den ersten drei Iahren unverzinslich. 2. Die N a ch k r i e g s st e u e r n, die ein nicht genügendes Auf- kommen ergeben, sollen fallen gelassen werden. 3.. Bei der Umsatzsteuer soll ausnahmslos ein Satz von 2 Proz. zur Anwendung kommen. 4. Die Kohlen st euer soll grundsätzlich �0 Proz. betragen, Mit der Möglichkeit der Anpassung an die Wirtschaftslage. 8. Die Z u ck e r st e u e r soll mit Rücksicht auf die starke Vor- belastung des Verbrauchs und die Umsatz- und Kohlensteucr und mit RülMicht? guf die Bedeutung des Zuckers für die Säuglingsernährung auf SO M. für den Doppelzenmer festgesetzt werden. d 6. Die Zölle auf Kaftee, Tee, Kakao sollen nach den Dorschlägen des Reichswirtschaftsrats bemessen werden. 7. Bei der B i erste u e r sollen die Beschlüsse erster Lesung aüfrechteryollen werden. 8. Die Einheit der Gesomtsteuervorlage soll durch ein Mantel- gesetz gewährleistet werden; in diesem sollen die Borschriften über die Zwangsanleihe Aufnahme finden. Im Anschluß an dieses große Gsfetzgcbungswerk(Gelächter bei den Deutschnationalen) und mit Rücksicht auf die riesige Geld- e n t w e r t u n g muß im Interesse einer möglichst schleunigen Durch-
Die Sache öer Gerechtigkeit. Personen: Der Patriot. D»? neutrale Gelehrte. Der Patri ot: Mein Besuch, Herr Professor, bezweckt, daß Sie sich mit der ganzen Autorität Ihres Namens für die Sache meines Landes einsetzen. Der Gelehrte: Wie käme ich dazu? Der Patriot: Weil die Sache meines Landes die Sache der Gerechtigkeit und damit der ganzen Menschheit ist. D e r G e l e h r t e: Es ist eine verzeihliche menschliche Schwäche, daß jeder die Sache seines Landes für gerecht hält. D e r P a t r i o t: Ich bin frei davon. Mein glühender Eifer wurzelt in der felsenfesten Gewißheit, daß die wahre, die wirk- l i ch e, die einzige Gerechtigkeit auf unserer Seite ist. Der Gelehrte Sehen Sie sich vor. Der Satz„Recht oder Unrecht— mein Vaterland' atmet gewiß barbarische Urwüchsigkeit ubd steht im Gegensatz zu jeder tieferen Ethik. Aber er gibt seinen Anhängern eine sicher? Grundlag«. Daß Ihr Land Sie geboren hat, daß Sie seine Sprache sprechen, ist unumstößliche Tatsache. Der Glaube an das Recht Ihres Landes aber könnte sich eines Todes als falsch erweisen, und dann ständen Sie vor dzr peinlichen Notwendigkeit, gegen Ihr eigenes Land Partei ergreifen zu müssen. Der Patriot: Das Recht und die Unschuld meines Landes stehen für mich so felsenfest, daß ich Ihnen ohne Zögern antworte: An dem Tage, wo dieses Recht sich als Unrecht erwiese, würde ich jede, auch die letzte Konsequenz aus der neuen Erkenntnis ziehen. Der Gelehrte: Ein kühnes Wort, ein tapferes Wort. Aber die Gegenseite sieht bekanntlich die Sache ganz anders an. Sie stellt Behauptungen auf. wonach gerade Ihr Land eine große Schuld an der Entstehung des Krieges trifft. Der Patriot: Verdrehungen, Schwindel!(Zieht eine Broschüre aus der Tasche.) In dieser Schrift sind alle Behauptungen der Gegenseite widerlegt. Der Gelehrte: Ich gebe zu, die Dokumente sind Zweifel- Haft. Es könnte jedoch ein Dokument existieren— Ihnen und der Welt heute noch unbekannt—, aus dem unzweifelhaft und unwider- leglich eine furchtbare Schuld Ihrer Regierung her- vorgeht. Der Patriot: Hypothese! Der Gelehrt e: Doch mehr als Hypothese. Ich habe von einem solchen Dokument reden hören. Der Patriot: Fälschung! Der Gelehrte: Seine Echtheit ist unerschütterlich. Der Patriot: Und aus ihm sollte hervorgehen... Der Gelehrte:... daß die Regierung Ihres Landes den Krieg absichtlich und frivol herbeigeführt hat. Der Patriot: Haben Sie dies Dokument gesehen? Der Gelehrte: Ich habe es gesehen. Der Patriot: Ich aber werde nicht daran glauben, als bis i ch es gesehen habe. Der Gelehrte: Das Vergnügen können Sie haben. Der Patriot: Was heißt das? Der Gelehrte: Das Dokument befindet sich in meinem Zvesitz.
führung der Gesetzgebung auf das Bedürfnis der Steuerverwaktung unter möglichster Vereinfachung der Gesetzgebung Rücksicht genommen werden. Lloyd George meinte in einer Rede, die Welt könne nicht gesunden, wenn nicht das Vertrauen von Volk zu Volk, von Regierunq zu Regierung, von Volkswirtschaft zu Volkswirtschaft wiederkehre. Ich nehme fein Wort vom internationaftn Vertrauen auf als ein großes politisches Be- kenntnis. Der Kriegsgcist soll mit dem Kriegsbeil begraben werden, das ist die Hoffnung der Völker. Durch die Politik der Macht, der Gewalt und der Drohungen, die 7 Kriegsjahre lang geherrscht hat, ist die europäische Staatenwelt, insbesondere wirtschaftlich, in Trümmer gegangen. Die wirtschaftliche Not in allen Ländern wächst; selbst bei den Siegern. Die wirtschafiliche Vernunft muh wiederkehren. Die jetzige Arbeitslosigkeit ist eine deutliche Warnung, Unter den unmöglichen Zahlungsverpflichtungen Deutschlands kann die Weltwirtschaft üüberhaupt nicht bestehen. Sie ist ein Organismus, bei dem die Schwächung eines Teiles auf die Dauer zur Schwächung des Gesamtorganismus führen muß. Die jetzigen Reparationsforderungen haben den Welthandel in die größte Verwirrung gebracht. Die Ueberspannung der Reparationsaufgaben muß unausbleiblich zu einer großen Not des arbeitenden Volkes in allen Teilen der Welt führen. Die Gewaltpolitik ist keine Politik der Dauer. Sie führt zur Katastrophe der Weltwirtschaft. Der Weg zur Rettung der Welt aus der harten Not der Zeit kann nur zu einem dauerhaften Frieden führen auf dem Wege der Ver- ständigung und der wirtschaftlichen Vernunft. Nachdem sich die Atmosphäre gereinigt hat, können die Männer der Wirtschaft zu- sammentreten, sie müssen die weltwirtschaftlichen Tatbe- stände ruhig durchstudieren, unter Zurückstellung aller nationalen Leidenschaften und das Ziel eines wahrhaften Wiederaufbaus ver- folgen. Wie die Weltwirtfchastskonferenz ausgehen wird, wissen wir nicht. Weitestgehende produktive Beseitigung des Erwerbslofenelcnds wird ein Hauptziel von Genua fein müssen. Mit den anderen Mächten sind wir, wie ich glaube, darin eins, daß der Wiederaufbau Rußlands nur im Einvernehmen mil Rußland durchgeführt werden kann. Wir hegen die größten Bedenken gegen eine Politik, di? Ruhland wie eine Kolonie betrachtet und be- handeln würde, Namens der Reichsregierung des deutschen Volkes beklage ich, daß in dem Papst Benedikt XV. der vornehmste Förderer des Friedens die Welt verlassen hat.(Redner verliest die Friedenskundgebung des verstorbenen Papstes am 1. August 1917 an die Oberhäupter der kriegführenden Völker.) Damals ist dieser Appell u n g e h ö r t verhallt. Er ist aber heute noch ebenso dring. lich wie damals. Ich richte ihn ebenso dringend an alle, von denen der Frieden der Welt abhängt: Macht das Wort wahr: Fried« auf Erden!(Unruhe und Zwischenrufe links.) Aber der Friede ist nur denen beschieden, di« guten Willens sind.(Sehr richtig! bei der Mehrheit. — Unruhe links) Diesen guten Willen haben wir gezeigt und werden ihn weiter zeigen.(Lebhafter Beifall bei der Mehrheit.) Das Haus trist sofort in die Besprechung der Regierungs- erklärung ein. Abg. Graf Westarp(Dnatl.): Ich möchte die Aufmerksamkeit von den allgemeinen Redensarten des Reichskanzlers zu ernsteren Fragen abkehren. (Große Unruhe und Zurufe bei der Mehrheit.) Wir protestieren aufs schärfste gegen die unparlamentarische Behand- l u n g der Antwort an die Rcpara'ionskommission. Mit der Uebcr- gehung des Reichstags hat sich das parlamentarische System selbst das schlimmste Urteil gesprochen. Die Konserenz von Genua ist für uns mehr eine Gefahr als ein Erfolg. Die neuen Garantien, die Sie dem Fcindbund anbieten, find eins objektive Un ehrlich- k e i t. Wir versagen dieser unmöglichen Politik unsere Zustimmung. (Während der Rede des Abg. Graf Westarp erlitt die Abgg. Frau Z i e tz(U. Soz.) einen Ohnmachtsanfall und mußte au« dem Saal getragen werden.) Nach der Rede Westarps vertagt sich das Hous auf Freitag t Uhr: Kleine Anfragen. Weiterberatung. Schluß%9 Uhr.
Polikik und Geschäft. Zu dieser Notiz ersucht uns der Moden- zeitungsverlag W. Bobach u. Co., Dessauer Str. 34, mitzuteilen, daß er mit dem Kunstverlag Willy Vobach, Dessauer Slr. 38, von dem das durch uns kritisterte Rundschreiben ausging, nichts zu tun hat. Der besagte Willy Vobach ist seit 1. Juli 1920 aus der Firma W. Bobach u. Co. ausgeschieden.
Der Patriot: Nicht möglich! Der Gelehrte: Dort in jener Schublade liegt es. Der Schlüssel steckt. Bedienen Sie sich. Der Patriot(springt wie ein Wahnsinniger zur Schublade): H e r d a m i t!(Er reißt ein Bündel Papiere heraus und wirft sie mit Blitzesschnelle in das Kaminfeuer, wo sie auslodern. Nachdem sie verbrannt sind, ausatmend.) Gottlob, diese Gefahr wäre beseitigt! Der Gelehrte(sehr ruhig):' Lieber Freund, was Sie eben verbrannt haben, ist ein Haufen alte Rechnungen. Das Dokument, von dem ich sprach, besitze ich natürlich nicht. Seine Erfindung entschuldigen Sie wohl, weil ich auf experimentellem Wege die Tiefe Ihres Gerechtigkeitsfanatismus erkunden wollte. Das Experiment ist geglückt. Sie haben offenbar keine weiteren Mitteilungen an mich. Der Patriot(verläßt ziemlich begossen das Zimmer). (Nachwort des Verfassers: Diese kleine Szene kann in jeder europäischen Sprache aufgeführt werden, ohne an welthistorischer Treue zu verlieren.) Atta Troll.
Nikischs Tolenfeler. Gestern nachmittag fand die E i n ä s ch e- r u n g der Leiche N i k i s ch s auf dem Leipziger Südfriedhof statt. Wie das„Leipziger Tageblatt " berichtet, widmete in der Kapelle, wo die Familie und die Mitglieder seines Orchesters waren, als ein- zigcr Sprecher Dr. Arthur Nikisch, des Meisters ältester Sohn, den der Vater am letzten Lebenstage darum gebeten halte, diesem einen Nachruf. Er sagte ihm Dank für die viele Liebe, die von ihm er- wiesen worden sei. Sein Leben sei nächst der Kunst seinen Freunden in immer großer Güte gewidmet gewesen. Am Dirigentenpult habe er sich nie schwach und krank gefühlt, er habe den Körper vergessen. Schon nach dem legten Konzert in Berlin hätten sich die Vorboten der tückischen Krankheit gezeigt, aber er habe noch nichts von Ruh» und Schonung wissen wollen und habe nochmals in Leipzig vor dem Orchester gestanden. Er habe stärker sein wollen als der Tod, aber der Tod fei stärker als wir alle. Dann erklang das Adagio für zwölf Celli von Julius Klengel , das Nikisch für diese Stunde bestimmt hatte. Nach dem Adagio setzte die Orgel ein, und der schwarzoerhüllte, mit weißen Blumen bedeckte Sarg sank in die Tiefe. Ein Wolkenkratzer in Kassel . Aus Kassel wird uns ge> schrieben: In der Hauptstadt der Provinz Hessen-Nassau har sich ein Konscrtium gebildet, das bezweckt, auf dem Platze der ehe- maligen Garde-du-Corps-Kascrne einen Wolkenkratzer zu er- richten. Es soll, um der Wohnungsnot zu steuern, ein Turmbau entstehen, der die Bureaus aufzunehmen bat. Die Baukosten sind mit 80 Millionen Mork veranschlagt. Die Stadt Kassel , der Be- zirksverband für den Regierungsbezirk Kassel und verschiedene Korporationen des Handels und des Handwerks bewilligten B-iträge zu den Entwürfen. Das Unternehmen ist, wie verlautet, gesichert. Eine„Deutsche Akademie des Städtebaues?" Der Ausschuß des Bundes deutscher Architekten beschäftigte sich dieser Tage in einer Sitzung, zu der Vertreter aus allen Bezirken des Reiches an- wesend waren, auch mit der Gründung einer Deutschen Akademie des Städtebaues. Bei der Gründung, die unter Leitung des hin-
�uriftenreform. Wie die PPN. hören, hat der preußische Kultusminister im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern und dem Justizministerium ein Reformprogramm über die Vor- bildung der preußischen Beamten der Justiz und der inneren Verwaltung ausgearbeitet. Als wesentlichste Gesichtspunkte dieses Reformprogramms könen folgende Ge- danken bezeichnet werden: Die wachsende Verknüpfung von Recht und Wirtschaft verlangt die stärkere Betonung wichtiger Rechtsgebiete im Studiengang: ins- besondere muß die wirtschaftliche und öffentlich-recht« liche Vorbildung der Juristen und Verwallungsbeamtcn ver- tieft werden: finanzwissenschaftliche Probleme und wichtige oer- waltungsrecblliche Materien(Arbeitsrecht, Sozialversicherung, Ge- werberecht, Steuerrecht usw.) brauchen Raum. Andererseits brauchen unbeschadet des anzuerkennenden Wertes der rechtsgeschichtlichen Darbietungen die Prozeßrechte nur in den Grundlagen ge- lehrt zu werden. Durch Vorlesungen und auf das Wesentlichste be- schränkte Ergänzungsvorlesungen kann weiter Raum für die nach Neigung, Anlagen und Arbeitsziel zu wählenden Sonderstudien ge- schaffen werden. Eine straffe Durchführung der konservatorischen Methoden wird diesem Ziel zustreben. Das für Justiz- und Ver- waltungsjuristen gemeinsame Studium soll eine gemeinsame Prüfung abschließen. Als wesentliche Neuerung ist hier die Ab- legung des mündlichen Teils der Prüfung in zwei zeitlich dicht folgenden Terminen vorgesehen, deren erster im wesentlichen im engeren Sinn« des Wortes juridische Fächer umfassen soll, während im zweiten das öffentliche Recht und die wirtschaftlichen Staats» Wissenschaften geprüft werden sollen. Der großen Schwicriokeit, in der knappen Zeit von sechs Semestern die theoretische Schulung für die besonders verantwortungsvolle gerichtliche Tätigkeit zu vollenden, will die Regierung dadurch gerecht werden, daß die Re- ferendare nach etwa 2 Jahren der praktischen Borbereitung zu einem auf 6—3 Monats bemessenen zweiten akademischen Studium gebracht werden. Man geht kaum fehl, wenn man in dieser Iuristenreform einen Erfolg des Vereins für Sozialpolitik erblickt, der auf seiner letzten Tagung gute Anregungen für eine Stu- dienreform der Juristen und höheren Verwaltungsbeamten gab. Bei geeigneter Durchführung kann die von der Regierung eingeleitete Reform des juristischen Studiums grundlegende Bedeutung erlangen. Auch in bürgerlichen Kreisen wuchs in letzter Zeit die Erkenntnis, daß zwischen unserer Justiz und dem Volk eine Kluft besteht, die dazu beiträgt, die Autorität des Staates und das Ansehen der Gerichte zu untergraben. Es ist nicht lediglich eine Phrase, wenn man von der Welt» fremdheit der Richter spricht. Eine Erweiterung des Gesichtskreises der Rechtsbeflisienen nach der Volkswirt- schaftlichen Seite hin wird zweifelsohne dazu beitragen, gewisse Gegensätze und Starrheiten zu mildert), wenn es auch Haupt- bedingung bleibt, daß sich der Geist von einer überlebten Tradition loslöst. Auch für die Verwaltung, die bislzer von 9<1 Proz. Nurjuristen und 10 Proz. Volkswirtschaftlern betreut wurde, ist es eine Genugtuung, wenn Volkswirtschaft und Rechtslehre enger aufeinander eingestellt werden. Vom Standpunkt der Studierenden aller- dingz läßt sich nicht verkennen, daß die Neuordnung manche Härten in sich birgt. Die Nurvolkswirtschaftler konnten bislang nach dreijähriger Studienzeit in das praktische Leben treten; wenn dem auch westerhin nichts im Wege steht, so läßt stch doch nicht verkennen, daß ihnen in Zukunft in dem volkswirtschaftlich durchgebildeten Juristen ein wahrscheinlich nicht ganz bequemer Konkurrent erwächst. Für die I u r i st e n bedeutet: der Entwurf eine neue Verlängerung ihrer an sich bereits sehr ausgedehnten Studien- und Lehrzeit und den Minderbemittelten schrecken weitere materielle An- spräche vor dem Studium der Rechtswissenschaften zurück. Demgegenüber muß allen Ernstes die Frage erhoben werden. ob es nicht an der Zeit ist, mit dem System des Refe- rendars als unbesoldeten Volontär zu brechen.
länglich bekannten wilhelminischen Burgenbauerz Bodo Ebhardt steht, wird die Absicht verfolgt, 18 Architekten als Aus- lese über die deutsche Fachwelt hinauszuheben. Dies Vorhaben erregt um so mehr die Verwunderung weiter Kreise der deutschen Architektenschaft, als es lediglich der privaten Initiative einiger Berliner Architekten entspringt. Auch der Name„Deutsche Akademie des Städtebaues" könnte irre führen. Der Ausschuß des Bundes beschloh, vorläufig eine abwartende Stellung einzunehmen und behäst sich endgültige Schritte vor. Der englische Astronom William Ehristie ist im Alter von 77 Iahren gestorben. 1881 wurde er zum Direktor des wclt- berühmten Observatoriums in Greenwich berufen. Diese Stätte der astronomischen Wissenschaft, deren Leitung Ehristie mehr als 40 Jahre innehatte, verdankt ihm im wesentlichen den Ausbau der Stern- warte zu einem Institut, das an Gebäudeumfana und Ausstattung mit modernen wisienschaftlicben Instrumenten kaum von einem anderen Observatorium der Welt erreicht wird. Besonders große Erfolge erzielte der verstorbene Astronom auf dem Gebiete der Sternphotographie und der Beobachtung von Sonnen- f i n st e r n i s s e n. Geheimnisvolle Abreise des„Btuc Roy". Das bedeutendste Werk der englischen Bildnismalerei, Eoinsboroughs„Blue Boy" l Blauer Knabe) verläßt England Ende dieser Woche, um seinem neuen amerikanischen Besitzer zugeführt zu werden. Die Ueberfobrt des Gemäldes vollzieht sich unter den geheimnisvollsten Sichcrheits- mahstahmen. Der Name des Schiffes, mit dem der„Blue Boy" reist, wird völlig geheim gehalten. Ebenso kennt niemand das Datum der Abfahrt, und auch an Bord des betreffenden Dampfers wird niemand wissen, daß der blaue Knabe zu den Passagieren zählt. Während der Ueberfahrt ist das Bild einem Angestellten der Kunst- firma Gebr. Duveen anvertraut, der Befehl hat, weder bei Tage noch bei Nacht das Bild zu verlassen. Geaen die Gefahren der Ueberfahrt wurde der„Blue Boy" mit etwa 130 000 Pfund Sterling versichert. Geburtenabnahme in England. Nach den neuesten Mitteilungen des Britischen Statistischen Amtes haben die Gsburtsziffern für 1321 in England und Wales einen starken Rückgang aufzuweisen. Es wurden etwa 830 000 Geburten verzeichnet, also rund 100 000 weniger als im Jahre 1320. Es ist dies die niedrigste Geburten- Ziffer feit dem Jahre 1878 mit alleiniger Ausnahme der Kriegs- jähre von 1313— 1918. Andererseits ist aber die Zahl der Todes- fälle mit 460 000 die niedriasts, die seit dem Jahre 1862 festgestellt wurde. Der Ueberschuß der Geburten über die Todesfälle betrug im Iohre 1321 nur 400 000 gegen fast 500 000 im Jahre 1320. Die Steigerung der Geburten nach dem Kriege Hot also wieder aus» gehört, und die Geburtenziffer fällt unter den Borkriegsstand.
Tie Galerie Vdnard?chiilte bnogf in lSrer neum AnSNevung oufecr einer Sammlung der Berliner 51 ü n st l e r g r» v v« Jag» und Sport noch umlangreiche Kolleitionen von Pi ofeffor SI u g u st von Brandis. Aachen , Prof. Otto H. Engel . Berlin , Profeflor Philipp Franck- Wannsee , Katl He st m e r t- Berlin, Otto Thiele - Berlin und Pros. Robert Weise- Starnberg.