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Nr. 88+39. Jahrgang Ausgabe Nr. 44

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B

Telegramm- Abreffe: Sozialbemotrat Berlin  *

Abend- Ausgabe

Vorwärts

Berliner   Volksblaff

Groß- Berlin 40 Pt. auswärts 50 Pfeting

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

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Dienstag, den 21. Februar 1922

Loucheur über die Gesundung Europas  .

Der Dollar steigt und sinkt.

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag, Expedition und Juferaten Abteilung Moritplay 11753-54

Existenzkampf der Berufsmusiker

Bon Victor Noad.

Paris  , 21. Februar.  ( WTB.) Der ehemalige Wiederaufbau­minister Loucheur hielt gestern in Lyon   vor einer Vereinigung Bor dem Kriege hatten die Zivilberufsmufiter als Ge­von industriellen Kaufleuten und Landwirten eine Rede über die Infolge des scharfen Rückganges der Mart an der gestri- werbestand schwer zu leiden unter der Konkurrenz der Militär­wirtschaftliche Krifis. Er sagte, die Nationen, deren Wirtschaftsleben gen New Yorker Börse   wurden heute vormittag im Verkehr musiker. Die infolge der Auflösungen von Militärkapellen der Krieg beeinträchtigt habe, juchten nach einem Ausgleich. Eng zwischen den Banken Dollarnoten mit 230 bis 232 als Militärmusiker" vom Arbeitsmarkt der Berufsmusiker I and habe die Lage dadurch verschärft, daß es Frankreich   sehr lange gehandelt. Im Berlauf des offiziellen Marktes ging der verschwundenen Kräfte tauchten leider sehr bald als neben= teure Rohlen verkauft habe. Dadurch habe es nicht nur den Unter- Kurs ständig zurück. Im Verlauf der ersten Börsen gewerblich musizierende Beamte wieder auf. Die halt und die Löhne, sondern auch die Erzeugnisse der Industrie ver- stunden wurden 221% bezahlt. Man bringt die starken schon vor dem Kriege das Musikergewerbe schwer schädigende teuert. Da Rubel, Mark und Krone ihre Kauffraft verloren hätten, Schwankungen der ausländischen Zahlungsmittel in 3u- Konkurrenz dieser Kategorie wurde dadurch außerordentlich feien heute Rußland  , Desterreich und Deutschland   mit sammenhang mit der angeblichen Ankunft von Mit drückend. Bon den vielen Beispielen sei aus einer Statistik ihren 200 millionen Einwohnern von der Wirtschaftskarte gliedern der Reparationstommission in Berlin   zu infor- des Deutschen Musikerverbandes einiges wiedergegeben: In Europas   ausgestrichen. Das bedeute natürlich das Ver- matorischen Zweden. Am Effektenmarktss ging es noch der Hauptverwaltung der Staatsschulden und schwinden des Gleichgewichts in der Handelsbilanz. sehr flott aufwärts Das Geschäft trägt den stürmischen Cha- Reichsschuldenverwaltung zu Berlin   fizen etwa Das Mittel gegen diese Krise sieht Loucheur in der annähern- rafter, den er in der vorjährigen Hausseperiode zeigte. Aller- 500 nebengewerblich musizierende Beamte, einstige Militär­den Gleichheit der Produktions- und der Kondings macht sich bei der Berufsspekulation eine gewisse Geld- musiker, darunter 4 ehemalige Militär- Musikmeister. In den fumtionsziffern. In England habe man brutal die Produktion knappheit bemerkbar. Die Großbanken zeigen sich in der Ge- Bureaus dieser Behörde spielt sich eine Art Musikerbörse ab. herabsetzen wollen; dadurch habe man zwei Millionen Arbeitslose währung von Spekulationskrediten sehr zurückhaltend. Beson- Die Musilmeister a. D. treten als Zwischenarbeitgeber auf. geschaffen und den nationalen Reichtum herabgemindert. Alle diefe ders gesucht waren heute Schiffahrtswerte, Elektrizitätsaktien, Nicht nur der Musikerstand wird wirtschaftlich ruiniert, son­Probleme beschäftigten die Staatsmänner, die an der Konferenz chemische Werte und zahlreiche Papiere der Metall- und Ma- dern es wird eben dadurch das ganze öffentliche volkstümliche von Genua   teilnehmen würden. schinenindustrie. Musikleben geschädigt, wenn z. B. in Berlin   5000 im Deut­ schen   Musikerverband organisierte Musiker sich der Schleuder­Neuer Zwischenfall in Oberschlesien. fonkurrenz von annähernd 2000 musizierenden Beamten zu Breslau  , 21. Februar.  ( WTB.) Am 19. d. M., abends gegen erwehren haben. Wie in Berlin  , so liegen die Verhältnisse 9 Uhr, ereignete fich in Gleiwit folgender Zwischenfall: Aus auch in anderen großen Städten: In Breslau   sind bei einem Gasthause traten brei franzöfifche Soldaten, von rende Beamte gezählt worden. In Chemnitz  , wo es der 1200 organisierten Musikern 900 nebengewerblich musizie­denen einer einen Revolver in der Hand hielt, anscheinend in Verband durchgesetzt hat, daß die Behörden ihren Beamten angeheitertem Zustande auf die Straße. Die Franzosen riefen einer Gruppe von Zivilisten zu: Hände boch! und im nur mit Einverständnis der dortigen Geschäftsstelle des Deut­gleichen Augenblic feuerte der bewaffnete Franzose einen Schuß organisierten Musikern 200 nebengewerblich mufizierende schen Musikerverbandes die Spielerlaubnis geben, stehen 700 auf die Zivilisten. Der an der nächsten Straßenecke postierte dienſt Beamte gegenüber. In Erfurt   haben 150 Musiker die habende Bolizeimachtmeister Bauf Rüfenberg trat auf die Konkurrenz von 130 Beamten zu ertrogen. In Hannover  Gruppe zu und forderte die Leute in ruhigem. Tone 3 um weiterführen die 700 organisierten Mufiler einen zähen Kampf gegen gehen auf. Ohne ein Wort zu fagen, erhob der bewaffnete Fran- die 500 gewerbsmäßig musizierenden Beamten, die sich hier zose den Revolver gegen den Polizeibeamten und streckte ihn durch einen Kopfschuß nieder, worauf die Franzosen die Flucht erschlossen haben, der öffentliche Konzerte zu niedrigen Preisen

Es sei ganz gut, mit dem Gegner zu verhandeln. Man lerne seine Absichten und auch seine Ziele kennen. Aus diesem Grunde habe er im vorigen Jahre mit den Delegierten Deutschlands  verhandelt. Aus diesem Grunde fönne man auch mit Rußland   ver­handeln. Man könne allerdings feine zu plötzliche Rückkehr zu der

Borkriegszeit wünschen.

Loucheur sprach alsdann von der Reparationsfrage. Er fet ein Mann ber Realisierungen. Deutschland  , bas fein God babe, fönne nur dann bezahlen, wenn es die Produfte feiner Industrie ausführen könne. Deshalb habe er geglaubt, daß Deutschland Roh materialien und fabrizierte Produkte liefern könne, um am Bieder­aufbau mitzuarbeiten. Er habe eines Tages. Lloyd George   vorge schlagen, auf einen Teil der Forderung an Deutschland   zu verzichten, wenn England auf seine Forderung an Frankreich   verzichte. Lloyd George   schien geneigt zu sein, auf diesen Vorschlag einzugehen, aber

unter der Bedingung, daß fich die

Bereinigten Staaten von Nordamerika  

auch so gegenüber England verhielten. Das Parlament der Ber­einigten Staaten habe diese Kombination abgelehnt. Er dante den Amerikanern, daß sie gekommen seien, um den Krieg mitzumachen, aber etwas weniger danke er ihnen für den Frieden, den sie Europa  beschert hätten. Frankreich   könne nicht bankrott machen. Die Lösung der finanziellen Schwierigkeiten in Frankreich   sieht Loucheur   in der Herabminderung des Binsfuß e s. Der Diskont müsse auf 3 Broz. zurückgeführt werden: vom Jahre 1931 ab müffe als dann auch der Zinsfuß der französischen   Rente herabgefeßt werden.

Sitzung des

griffen.

Die Helfer der Mörder.

In Budapest   find Ertlärungen hoher Polizeibeamter erschienen, die natürlich entschieden in Abrede stellen, daß den von den Münchener   Behörden der Ermordung Erzbergers beschuldigten zwei Reichsdeutschen in Budapest   falsche Bäffe ausgestellt worden feien. Tatsache sei, daß die des Mordes verdächtigten Schulze und Lillessen in Budapest   weilten, von hier jedoch auf unbefannte Weise wieder verschwanden.

zu einem Boltssnmphonie- Orchesterverein" zusammenge­

veranstaltet. Die Berufsmusiker haben bei den verschiedenen Behörden wegen der Teilnahme ihrer Beamten an diesen Konzerten Beschwerde geführt. Die Behörden nehmen jedoch in diesem Falle den volkswirtschaftlich wie sozialpolitisch be­denklichen Standpunkt ein, es könne den Beamten nur unter­fagt werden, gegen Entgelt öffentlich zu musizieren. Die Einnahmen aus den Konzerten des Boltssymphonie- Dr­cheftervereins" hätten aber noch nicht einmal die Unkosten voll gedeckt.

Die katholische Sächsische Volkszeitung" teilt mit, auf welche Bekanntmachung der sämtlichen Staatsministerien im Frei­Diese Auffassung unterscheidet sich grundsätzlich von der Weise die Entdeckung der beiden Mörder gelang. Ein Berliner  Blatt brachte vor längeren Wochen die Mitteilung, daß der eine der staat Bayern   vom Juni 1921 über die gewerbsmäßige Aus­beiden Helden den anderen aus der Welt geräumt habe. übung der Musik durch Beamte( Ges. u. Verordnungsbl. f. d. Sie faßen zusammen in einem Kaffee und lafen das Blatt, wobei sie Freistaat Bayern   für 1921, Nr. 29), in der unter anderem ge­sagt ist: sich über diefe Nachricht lustig machten. Das haben gewisse Leute beobachtet. Wer das war, spielt feine erhebliche Rolle. Gie merften fich die Stelle, lafen nach und schöpften Berdacht. Eine Beobachtung der beiden jungen Herren ergab, daß sie unzweifelhaft die Mörder Erzbergers find."

Auswärtigen Ausschusses. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags trat heute vormittag zu einer Sitzung zusammen. Anwesend waren sowohl der Reichskanzler, wie auch der Reichsminister des Aeußeren Dr. Rathenau Die Bertraulichkeit der Sihung des Auswärtigen Ausschusses, die wiederholt durch Indiskretionen durchbrochen worden ist, soll nun noch mehr gesichert werden. Bon den Mitgliedern des Reichsrates werden nur noch dieieni­gen zu den Sizungen zugelassen, die auch im Reichsrat Mit- nen Brief von Dr. Steiger an Dr. Hetenny, den Bolizeiprä glieder des Auswärtigen Ausschusses sind. Ferner wird der Schwarm der Regierungsvertreter bei den Sizungen des Auswärtigen Ausschusses etwas eingeschränkt werden. Aus jedem Ministerium dürfen nur noch die Vertreter anwesend sein, die wirklich mit den Gegenständen zu tun haben, die in der jeweiligen Sigung des Ausschusses zur Verhandlung stehen. Die heutige Sigung des Ausschusses wurde für streng ver­traulich erklärt.

Revolution in Portuaal.

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Die Regierung geflüchtet Intervention? Paris  , 21. Februar.  ( WIB.) Das Echo des Paris  " ver­öffentlicht eine Depesche aus Madrid  : In Portugal   habe man den Berjuch gemacht, die im Oftober verhaftefen Offiziere zu befreien. Der Präsident der Republik   habe den Wunsch geäußert, zu de­miffionieren. Die linferepublikanische Gruppe habe eine Pro­flamation veröffentlicht, in der sie sage, man bereite eine Be­wegung von solcher Bedeutung vor, daß es zu ihrer Unterdrüdung einer fremdländischen Intervention be­dürfen würde.

Die Korrespondenz für das christliche Bott" enthält einen offe­benten von Budapest  . Dr. Steiger richtet folgende sechs Fragen an den Mann, der die Mörder Erzbergers, mit großen eldsummen in hochwertigen ausländischen Baluten versehen, über die rumänische Grenze ziehen ließ mit regelrechten Bäffer:

1. Ist es der Polizeibehörde in Budapest   nicht bekannt, daß die Erzberger- Mörder Wochen hindurch im Hotel Astoria" gewohnt haben? 2. Weiß die Polizei auch nichts davon, daß diefelben nach ihrer Entdeckung mit ihrem Gepäd nach Ofen übergesiedelt find? 3. Haben nicht Budapester Polizeibeamte bei der Berhaftung der Mörder mitgewirkt?

4. Ist der Budapester Polizei nicht befannt, daß die Mörder noch dieselben Waffen bei sich führten, aus der fie die Schüsse auf Eraberaer und den Abgeordneten Diez   abgefeuert hatten? 5. hat nicht die Budapester Polizei den Verhafteten neue falsche Bäfie ausgestellt, die Ihre Unterschrift tragen, Herr Polizeipräsident?

6. Wiffen Sie nicht, daß dank Ihrer Mitwirkung der deutsche Polizeibeamte, dessen Tätigkeit in Ungarn   im Einvernehmen mit der ungarischen Regierung erfolgte, nach feiner Meldung von der Dorübergehenden Festnahme der Mörder an die Staatsanwaltschaft in Offenburg   aus Ungarn   ausge­wiefen ist?

Das Berlangen Dr. Steigers an den Budapester   Polizeipräfi­Madrid, 21, Februar.( EE.) Nachdem bereits gestern nach- denten öffentlich zu diesen Fragen Stellung zu nehmen, wird mittag Nachrichten eingelaufen waren, daß die Regierung von Cissa- ficherlich erfüllt werden. Denn Ungarn   ist bekanntlich ein Kultur­bon in Erwartung einer neuen Revolution sich in das bewaffnete land", ein modernes und überdies christliches Staatswesen, und Lager begeben und gleichzeitig die Truppen unter Waffen gerufen Dr. Hetennn befleidet als Polizeipräsident von Budapest   ein hohes habe, wird heute mitgeteilt, daß die Regierung aus Ciffa- öffentliches Ant. bon geflüchtet sei.

Da Cunha ertrantt. Der brasilianische Botschafter in Paris  und Borsitzende des Bölterbundsrates da Cunha hat einen Schlag. anfall erlitten. Sein Zuftand ift besorgniserregend,

,, Die Musikausübung ist an Orten, an denen örtliche Berufs­

musikerverbände bestehen, dem Beamten im Einzelfalle nur gestattet, wenn ihm von einem dieser Berbände schrift. lich bestätigt ist, daß für die betreffende Beranstaltung ein geeig neter Berufsmusiker nicht zur Verfügung steht."

In Königsberg   haben die den 350 organisierten Be­rufsmusikern gegenüberstehenden 250 gewerbsmäßig musizie­renden Beamten vier vollbesetzte Orchester gebiltet. Um den Berufsmusikern den Rang abzulaufen, und-- da die dortigen Behörden wie in Hannover   meinen, nur das öffentliche Mufi­zieren gegen Entgelt sei den Beamten zu untersagen-, spielen diese Leute für ein paar Glas Bier. Auch in Aachen  hatte eine Beschwerde des Deutschen Musikerverbandes über gewerbsmäßiges Musizieren der Beamten den Erfolg, daß diese für ein Glas Bier arbeiteten. In Karlsruhe   beſteht der geradezu erstaunliche Fall, daß ein Oberstadtsekre tär und Stadtverordneter gleichzeitig Leiter der städtischen Erwerbslosen Fürsorgestelle und Geschäftsführer der von gewerbsmäßig mufizierenden Beamten zusammengefeßten Harmonie- Rapelle" ist, deren Mitglieder aus ihrer musikgewerblichen Tätigkeit Neben­einnahmen von 1800-2000 m. im Monat gewinnen. Aus Berufsmusikern zusammengesetzte Kapellen vermögen gegen die Konkurrenz diefer Beamtentapelle nicht aufzukom­men; ihre Mitglieder verfallen der Erwerbslosenfürsorge und geraten damit in die drückendste Abhängigkeit eben von jenem, als Leiter der städtischen Erwerbslosen Fürsorgestelle wohl­bestallten Oberstadtsekretär!

Eine Zusammenstellung des Deutschen Musikerverbandes. zeigt, was die Konkurrenz dieser Harmonie- Kapelle" für die Berufsmusiker in Karlsruhe   bedeutet. Danach hat diese Ka­pelle in den Tagen vom 1. bis 22. Mai v. J. einundzwanzig Wir werden also zweifellos volle Auffiärung bekommen, verschiedene Musikgeschäfte ausgeführt. Sie hat an Sonn­da ja die Mordbuben nicht( mehr) in Ungarn   weilen. Es sei denn, tagen Früh, Nachmittags- und Abendkonzerte gespielt. Sie daß die Antworten auf diese Fragen gar zu fompromittierlich find, stellte die Musik zu Feftumzügen und zu Hochzeiten( Werktags und man es mit dem Schweigen hält, das fchließlich beffer wäre von 2 Uhr nachmittags bis 2 Uhr nachts). Sie stellte auch die als halbe Wahrheiten oder ganze unwahrheiten. Musit zum Schüßenfest vom 29. Mai bis zum 5. Juni und