zent an der Schule für Rechtskunde, die nur Söhnen'des Adels, die für den diplomatischen Dienst vorbereitet wurden, zugänglich war. Schon früh machte er sich bei Hofe wegen ieiner l i b e'r a l e n Ansichten unbeliebt. Er wurde daher bald seiner Stellung als„Kammerjunker Seiner Majestät" enthoben. Die daraufhin in einer Petersburger Zeitung er- schienene Anzeige:„Eine Hofuniform wird verkauft, da keine Verwendung vorliegt", erregte allgemeines Aufsehen. Er wurde Herausgeber der Wochenschrist„Prawo "(„Das Recht"), die nicht nur als Fachorgan, sondern als Organ der öffent- lichen Meinung der liberalen Kreise Rußlands großes An- sehen und den besten Ruf genoß. In die erste Duma wurde er als Abgeordneter von Petersburg entsandt. Er war dort Mitglied der Kadettenpartei. Nach Eröffnung der Duma bei der von ihm gehaltenen programmatischen Rede fielen aus seincni Munde die Worte:„Die Exekutivgewalt hat sich der gesetzgebenden Gewalt zu fügen", die zum geflügelten Worte und für die Tätigkeit der ersten Duma programmatisch wurden. Nach Ausbruch der Februar- März-Revolution 1917 wurde er Chef der Staatskanzlei des Kabinetts Lwow-Miljukow-Kerenfki. Später war er Minister der Krimregierung. In der Emigration vertrat Nabokoff die Ansichten des rechten Flügels der Kadettenpartei, die besonders dadurch zu kennzeichnen sind, daß sie in d e r W r a n g e l- A r m e e die Verkörperung der russischen Sache erblickten. Nabokoff be- gründete in Gemeinschaft mit gemäßigteren monarchistischen .Kreisen den Nationalen Verband. Er war Mitherausgeber der hiesigen Zeitung„Rulj". Nabokoff hat gestern durch sein Eintreten vielleicht seinem politischen Gegner Miljukow das Leben gerettet und wurde auf diese Weise ein Opfer des tragischen Zufalls. Wie gegensätzlich die politischen Ansichten, die uns von Nabokoff trennen, auch fein mögen, das eine müssen wir konstatieren: Nabokosf war ein edler Charakter. Ein fein- gebildeter, ausgezeichneter Mann ist durch die Mordtat dahin- gerasit. Auch der politisch? Gegner kann Wladimir Dimitri- jewitsch Nabokoff seine Achtung nicht versagen. Rußland, das wahrlich an für seinen Wiederaufbau geeigneten Menschen nicht überreich ist, hätte Nabokoff noch gut brauchen können. Nachschrift der Redaktion. Die Schüsie im Konzertsaal, die gestern nacht hier in Berlin von Russen a u s R u s s e n abgegeben wurden, haben in der Berliner Be- völkerung ein starkes Echo geweckt. Das Gefühl der Empörung über die Mordtat ist allgemein. Zur selbstverständlichen Ber- »rteilung dieses politischen Attentats, das kennzeichnenderweise wieder einmal von reaktionärer Seite ausgegangen ist, gesellt sich der Protest dagegen, daß Ausländer, die in Deutschland bereitwillige Gastfreundschaft genießen, diese dazu benützen, um ihre inneren Händel mit der Waffe in der Hand auszu- tragen. Die Urheber des schändlichen Mordes sind, wie gesagt, Reaktionäre. Es waren zwei Z a r e n l e u t n a n t s. die sich verschworen hatten, an dem Mann, den sie für den Haupt- schuldigen des russischen„Dolchstoßes von hinten" hielten. blutige Rache zu nehmen. Ihr Geist ist der Geist der v. Hirsch- seid, der Schulz, der Tilcsien, der ganzen international-reaktio- nären Mordkoinpagnie, die in Europa östlich des Rheins ihr Unwesen treibt.. Es wirkt wie ein Symbol, daß auch diese reaktionären Mord- gesellen vom Münchener Nest zu ihrer Tat ausgeflogen sind. Gewiß kann bei der Gastfreundschaft, die Ausländern ge- währt wird, kein Unterschied zwischen den politischen Ge- sinnungen der Gäste gemacht werden. Aber ein Zufall ist es doch gewiß auch nicht, daß München zum Sammelbecken aller Ultras der deutschen , russischen und ungarischen Reaktion ge- worden ist. München ist nun einmal der Ort. an dem sich die reaktiv- nüreu Verschwörer und Attentäter am wohlsten und sichersten fühlen. Es wäre dringend notwendig, daß man in Bayern und in München selbst den Gründen dieser ebenso auffälligen wie unbestreitbaren Erscheinung eindringlichst nachforschte.
Wie öie Tat gesthah. lieber den Anschlag, seine Folgen, die Festnahme der Attentäter und ihre Vernehmungen erhalten wir noch fol- genden ergänzenden Bericht Die Herausgeber der in Berlin erscheinenden russischen Zeitung „N u l" hatten zu gestern abend im großen Saal der Philharmonie eine Versammlung einberufen, in der der Begründer der russischen Kadettenpartei und spätere Minister des Aeußeren unter Kerensti, Miljukow, einen Vortrag über feine Erlebnisse und Eindrücke in Amerika geben wollte. Miljukow war eben erst aus Amerika zurückgekehrt, wo er an der Konferenz in Washington teilgenommen hatte. Als der Vortragcgde etwas verspätet aus der Rednertribüne erschien, waren über 1500 Personen anwesend, so daß der große Saal ziemlich gefüllt war. Kurz nach 10 Uhr hatte Miljukow seine Rede beendet. Es sollte eine kurze Pause eintreten, um nach dieser zu einer gemeinsamen Aussprache zu schreiten. Als Miljukow noch auf der Bühne stand und mehrere Personen an ihn herangetreten waren, um ihm für seine Ausführungen zu danken, krachten plötzlich aus dem Saale heraus hinlereiaander mehrere Schüsse. Sie wooen auf die Bühne gerichtet und galten Miljukow. Di« Kugeln verfehlten zwar ihr Ziel, richteten jedoch anderes großes Unheil an. Fünf Personen wurden getroffen, davon ein« so schwer, 'daß sie auf der Bühne tot zusammenbrach. Es war dies der Chef- redatteur der russischen Zeitung„Rul", der Senator Wladimir von Nabokoff. Der, w!« ein« spätere ärztliche Untersuchung ergab. ins Herz getroffene Mann fiel die Bühnenstufen hinab in den Saal vor die Füße seiner ebenfalls anwesenden Gattin. Verletzt wurden ferner durch einen Knieschuß die ZÜ Jahre alt« Frau Lena Porto» geis aus der Suarezstr. 3, durch einen Armschuß«m Dr. Baral» d i a, durch einen Knöchelschuß ein Dr. Reichel, durch einen Fuß» schuß«in Fräulein Elly Eoschen und ferner ebensalls durch einen Schuß m das Knie eine noch unbekannt« russische Dame. Miljukow, dem der Anschlag galt, blieb unverletzt. Die Schüsse und ihr« unheilvollen Folgen riesen«tne ungeheure Panik hervor. Sie waren von einem Manne von seinem Sitzplatz in einer der vorderen Reihen des Saales aus abgegeben worden. Em Teil des Publikums stürzte sich auf ihn und sein« Begleiter, während ein anderer panikartig die Flucht ergriff und die Ausgänge stürmte. Im Saal« herrschte ein ungeheures Durcheinander. Der Revolverschütze und seine Begleiter wurden vom Publikum mit Unterstützung von Vamten der Abteilung la des Berliner Polizeipräsidiums, die sich zur Ucberwachung der Versammlung im Saal« befanden, dingfest ge- macht. Hierbei wurde einem Beamten, dem Polizeibetriebscysistentcn Fried, der Arm ausgekugelt. Frauen fielen in Schrei» und Weinträmpfe, Tische und Stühle wurden umHeworsen und Kleidungsstücke zerrisien und zertreten. Di« sofort vorgenommene Absperrung wurde vom Publikum durchbrochen. Bald darauf er- schieiren die zu Hilf« gerufenen Damten der Schutz- und Kriminal- polizei. Von der Abteilung la waren deren Chef, Oberregierungsrat Dr. Weiß, Kriminalkommissar F u t h und Polizeirat Ossig als- bald zur Stelle, ebenso herbeigerufene Aerzde für oie Brnvundeien. Die Täter waren unterdessen in einen Nebenraum gebracht worden, wo sie von Oberregierungsrat Dr. Weiß sogleich festgestellt und mit Hilfe russisch sprechender Beamten verhört wurden. Der Schütze, der Haupttäter, ist ein am S. Mai 1893 zu Terek in Ruß land gebürtiger früherer Leutnant Peter Schabelsti- Bork, sein Begleiter, ein Freund von ihm, der am 2. August 1895 zu Petersburg geborene Sergius Taboritzki, der ebenfalls unter der Zarenregierung Leutnant war. Der dritte Verhastete ist ein Student, der sich studienhalber in Berlin aufhält und nach den bis- herigen Feststellungen mit dem Anschlage nichts zu tun hat. Die beiden ehemaligen Offiziere geben zu, daß sie eigens aus München hierhergekommen waren, um Miljukow, ihren politischen Feind, zu erschießen. Leuch- tenden Auges erzählt der Haupttäter Schabelski-Dork, daß er schon lange beschlossen hätte, sich an Miljukow, dem Verfolger und Schmäher der russischen Zarin, unter dem sie auch persönlich schwer gelitten hätten, zu rächen. Beide gehören, wie sie sagen, der
Der Reiche. Eine Legende vr-n Clara H e p n e r. Es war einmal ein Mann, der hatte sein Leben lang gespart und gegeizt, bis er ein ungeheures Vermögen zusammengebracht hatte. Nie hatte er für einen Bettler oder ein Liebeswcrk der Barm» Herzigkeit etwas übrig gehabt, und wenn man ihn darum anging, pflegte er zu sagen:„Ich muß das Meinige zusammenhalten, Geld ist alles!" Als nun seine letzte Stunde gekommen war, rief er sein« Söhne, nahm Abschied von ihnen und sprach:„Wenn Ihr mich einsargt, so gebt mir eipen Beutel mit Goldstücken mit, wer weiß, ob ich sie nicht im Jenseits ebenso notwendig haben werde, wie hier." In derselben Nacht verschied er, und die Kinder ehrten den letzten Wunsch des Vaters und gaben ihm einen vollen Beutel Goldes mit in die Gruft. — Nach kurzer Todesfahrt erwachte der Reiche mitten in der Herr- lichteit der himmlischen Gefilde und wandelte, unbeachtet von den himmlischen Heerscharen, srob und staunend umher. Da sah er auf einer Tafel wohlgeordnet kösllick)? Früchte liegen, Trauben, Feigen, Banane», Aepfel, duftend und in Farben prangend, wie sie nur das Paradies hervorbringen konnte. Freudig trat er hinzu und fragte den Engel, der sie hütete:, Was kostet dieser Apfel?"—„Einen Pfennig," sagte der Engel ernst.— „Billig!" dachte der Reiche.—„Und diese Traube?"—„Auch einen Pfennig."— Der Reiche lochte:„Ei, so kauf« ich den ganzen Vor- rat."— Gelolsen erwiderte der Himmlische:„So zahle!"—„Mit Vergnügen!" sagte der Reiche, schlug auf seinen Beutel, daß es klirrte, und zog cick Goldstück heraus. Der Himmlisch« nahm es. be- trachtete es von ollen Seiten und gab es dem Reichen zurück.„Diese Münze hat hier keine Gültigkeit."— Da war der Reiche schr gekränkt und betrübt und erschien im Traum seinen Söhnen.„Nehmt das Gold zurück," sagte er,„lächer- licherwcise gilt das im Himmel nicht, ober legt mir einen Sack voll Pfennigen aufs Grab, damit kann ich hier kaufen, was ich mag." Bestürzt eilten die Söhne am frühen Morgen zur Gruft des Vaters und taten, wie er geheißen. Triumphierend begab sich der Reiche sogleich wieder zu den Fruchten und rief:„So. hier sind Pfennige, soviel Du magst, nun gib mir rasch, denn ich bin hungrig!" Der Engel aber schüttelte ernst das Haupt: „Wir nehmen nickt die Pfennige, die Du in der Hand hältst, sondern nur die. die Du in bittende Hände gelegt bast! Besinne Dick, vielleicht bnst Du einmal in Deinem langen Leben«ine Gabe gereicht, einen Bedürftigen unterstützt, einem Armen geholfen?"-- Gesenkten Hauptes stand der Reiche-- nein-- nie, nie hatte er das getan.-- Da rollte ein Donner über ihn hin und fegte ihn hinaus ins hoffnungslose Nichts.
„Zar Rep". Das Moskau von heute macht einen vollkommen oeränderten Eindruck gegenüber dem kommunistischen Moskau vor wenigen Monaten. An Stelle der vernagelten Fenster und der halb- leeren Sowjetläden sind wieder Auslagen getreten, die einen Heber- fluß an Dingen darbieten, und die Todesstarre wird von neuem Leben abgelöst. Moetau ist nun unter der Herrschaft des„Zar N t p", dies ist der volkstümliche Name für N. E. P., d. h. N o o a j a Etonomitcheskaja Politik«, die„Reue Wirtschafts- Politik", die plötzlich dem durch den Kommunismus ausgezehrten Körper der Stadt das Fieber eines ungesunden Kapitalismus einge- impft hat. Dies neu« Moskau schildert der Sonderberichterstatter des „Manchester Guardian", Arthur Ransome , der jetzt längere Zeit in Rußland geweilt hat.„Unter Zar Ncp ist alles erlaubt"— das ist ein« Phrase, die man immer wieder im Gespräch hören kann," schreibt er.„Unter dieser Herrschast ist ein neues Moskau entstanden. eine Ungeheuerlichkeit, die aber im völligen Gegensatz zu dem alten Moskau der kommunistischen Versuche steht. Geschlossene Läden findet man verhältnismäßig selten. Elisiejews berühmtes Süßig- keitengeschäft ist mit Schokoladen und Kuchen voll angefüllt: es gibt Mengen von eleganten Schuhen und kosrbaren Damenhüten. An den Fenstern der Läden prangen Mitteilungen:.Keine Karten mehr notwendig, freier Verkauf an all« Bürger", d. h. natürlich nur an solche Bürger, die die nötigen Millionen in der Tasche haben. Die Cafes sind überall wieder geöffnet; Musikkapellen spielen darinnen, und auch die altgewohnten Zigeunerinnen mit ihren bunten Kleidern und unangenehmen Stimmen sind wieder erschienen. In den Blumenläden findet man die herrlichsten Buketts in kostbar verzier- ten Körben. Durch die Straßen werden Fahnen getragen, die eine groß« Lotterie ankündigen mit Preisen im Werte von 4 Milliarden. Bezeichnend für die neu« Zeit ist die ungeheure Zahl von Angeboten zur Erteilung von Stunden in Musik, Tanzen und Schauspielkunst. Auch die Geschäfte mit Spielsachen und Bauernkunst sind wieder geöffnet, und man kann schon für 29 000 Rubel einen geschnitzien kleinen Holzloldäten der Roten Armee erstehen. Die Läden sind voll, und wenn auch manche allerlei Gerümpel enthalten, so herrscht doch in den Nahrungsgeschäkien kein Mangel. Man sieht hier aroße Töpfe mit Kaviar, oanz« Störe, ungeheure Käse, sogar Apfelsinen, die wohl von den Diplomaten einer kleinen Nation einaeschmuaaelt werden. In früheren Zeiten hatten die Läden nur hölzerne Käse in der Auslage, jetzt sind die K-�e»cht, und der Grund, warum dies der Fall ist. bringt uns in den Mittelpunkt eines der Hauptprobleme. auf dem Zar Rcp beruht. Geld verliert in Moskau jede Stunde an Wert. Infolgedessen legt der kleine Händler in dem Augenblick, wo er Geld bekommt, es sogleich wieder an: morgen würde er weniger dafür bekommen. Also heißt es keinen Augenblick verlieren: er rennt mit den Vap'erwischen fort und kaust irgendetwas. Ein Barometer für den Wohlstand der Douraeoisie ist immer die Zahl der Drosch- ken; diese sind setzt in großen Mengen vorhanden, während man noch vor kurzem Mühe hatte, einen Wasen zu finden. Ein Droschken- kuffcher erzählte Ransome, daß er 809 999 Rubel am Tag verdienen müsse, um Zu leben,»nd wenn es eine Million sei, so lei er zufrieden. „Die Prelle sind ja jetzt woirnsinnia", sagte dieser Vhi'osovh.„aber mir machi das wenig aus. Wenn die Preis« in Millionen sind, dann ist mein Fahrgeld auch in Millionen. Und wenn Sie heute drei
zaristischen Partei an und ernährten sich, nachdem sie aus Ruhland mittellos enlflchcn seien, in München schlecht und recht durch Setzerarbeiten und dergleichen. Am Sonntog sagt Schabelski, sei er mit seinem Freunde Taboritzty, der sich seit ihrer gemein- samen Flucht aus Rußland nie von ihm getrennt habe, nach Berlin gekommen und hier im Münchener Hof mit ihm abgestiegen. Mit zwei geladenen Pistolen ausgerüstet habe er die Versammlung be- sucht und sich gefreut, daß endlich der Tag und die Stunde gekommen sei, an der er Rache an Miljukow nehmen könne. Daß er statt diesen den Senator Nabokoff, den er persönlich gar nicht kenn«, getötet habe und auch noch andere Personen verletzt habe, bedauere er sehr. Die Schüsse will er ganz allein abgefeuert haben. Alle drei Personen wurden sodann nach dem Polizelpräsidium ge- bracht und von dort sogleich Vorkehrungen zur weiteren Aufklärung des politischen Attentats getroffen. Der getötete Senator von Nabokoff, der Chefredakteur der Zei- tung„Rul", wohnte mit seiner Frau und fünf Kindern in der Sächsischen Str. 67. Seine Leiche wurde beschlagnahmt. Der Haupttäter, der Leutnant Schobelski-Bork, wurde heute vormittag nochmals vernommen. Wie gestern schildert er aussühr- lich, daß er den früheren Minister Miljukow schon seit Iahren verfolg«. Er habe sich auch wtederhött brieflich mit ihm in Der- bindung gesetzt pnd von ihm verlangt, daß er ihm Papiere der Zarin, die, wie er wisse, Miljukow besitz«, ausliefere. Auf alle seine Schreiben habe Miljukow ihm jedoch nicht geantwortet. Seine Ab- ficht, ihm nach Amerika zu folgen, habe er wegen Geldmangels nicht durchsetzen können. Als. er nun in der Zeitung„Rul" gelesen habe, daß Miljukow auf seiner Rückreise nach Berlin komme, um hier seinen Vortrag zu hallen, war er sich sofort schlüssig, daß das die Gelegenheit sei, an dem politischen Feinde blutige Rache zu nehmen und ihn unschädlich zu machen. Schabelski erfuhr erst bei der Vernehmung, daß er Miljukow gar nicht getroffen hatte, sondern daß Nabokoff Opfer seines Mord- anschlags geworden war. Die Erzählung eines Verletzte«. Der beim Mord in der Philharmonie gleichfalls oerletzt« Dr. R e i ch e l,«tn in Berlin lebender Russe, gibt einer hiesigen Lokalkorrespcmdenz ein« ausführliche Schilderung des Vorganges, der wir folgendes entnehmen: In dem Augenblick, als Miffukow das Podium veAasien wollte, sprang ein junger Mann mit langen dunklen Haaren m schwarzem Anzug auf, zog aus der Drusttafche einen Revolver und rief:„Das ist die Rache für die Ermordung des Zaren, die Sie mitve'r schuldet haben!" Em Schuß krachle. ohne zu treffen, und Miljukow warf sich der Länge nach zu Boden. Da der Attentäter einig« Plötz« von mir entfernt saß, warf ich mich auf ihn und sucht« ihm die Waffe zu entreißen. Der junge Mensch feuerte jedoch noch einmal und traf mich in den reckten Fuß, so daß ich ihn loslassen mußte. Glücklicherweis« packten jedoch einige geistesgegenwärtige Herren den Unbekannten und entwanden ihm den Revolrer. Der Vorgang hatte nur wenige Sekunden gedauert und als wir glaubten. daß alles vorüber sei, erhob sich ein in der ersten Reihe sitzender Mann mit glattrasiertem Gesicht und Kops und zog ebenfalls «in« Waffe. Prof. Nabokow, der offenbar geglaubt hatte, laß Miljukow verletzt sei, stellt« sich vor seinen Freund und wollte wahr- scheinlich den Anwesenden etwas zurufen. In diesem Augenblick schoß der zweite lltienläter und traf Nabokow von vorn in die Brust. Nabokow drehte sich ein» mal um sich selbst und mit den Worten:„Du mußt sterben. Schurke" feuerte der Fremde noch einmal auf Nabokow und traf ihn in den Rücken. Der Getroffene sank ohne einen Laut zusammen. Inzwischen hotte sich der Anwesenden eine furchtbare Panik be- mächtigt. Der zweite Schütz« benutzte die Verwirrung, sprang aus das Rednerpult und rief in den Saal:„Ihr habt die Man» orchi« vernichtet, jetzt kommt unsere Rache!" Mit diesen Worten feuerte er nacheinander olle Schüsie aus leinem Revolver ab, die mehrere Personen trafen. Offenbar waren PSlizei» beamte in der Versammlung, denn plötzlich sprang«in Mann auf den Mörder zu und es entspann sich ein heftiger Ringkampf. Der Beamte fiel zu Boden und der Unbekannte wollte fliehen, aber er wurde von mehreren anderen gepackt und gefesselt._
Rubel für die Fahrt zahlen statt zwei, so wird es Ihnen auch nicht viel machen". Gemeint waren natürlich 299 999 und 399 999 Rubel, ober die 199 999 oerschluckt heute der Moskauer.„Sowjetrubel sind Märchengold", schreibt Ransome weiter..Leicht kann man finden, daß sie sich in der Hand in totes Laub rxrivandelt haben. Beim Einwechseln von englischem Geld in Rubel erhielt ich verschiedene Halbmillionen Roten, aus denen nicht 599999 Rubel gedruckt waren, sondern 59, mit der kleinen Bemerkung auf der Rückseite, daß jeder Rubel der Ausgabe von 1922 das zehntousendfache des früheren Wertes habe. Eine andere Methode ist das Rechnen in Goldrubeln. Die Regierung fetzt tagtäglich einen Wechselkurs fest, der auf den mystischen Goldrubel'bezogen ist. Dieser offizielle Kurs steigt ständig, aber er hält doch niemals Schritt mit der eigc>«tl!chen Geldentwertung. Als ich nach Moskau kam, erhielt ich für ein enessifches Pfund 2V* Millionen Rubel und als ich abfuhr, bekam ich für ein Pfund 3 999 999 Rubel. Jetzt wird man gewiß schon 4 Millionen Rubel bekommen, und das alles macht„Zar Rep". Der Siegeszng des ilntos. Die schweizerische Postoer, w a l t u n g hat für 51 Postfahrten, die seit einiger Zeit mit Post- automobilen betrieben werden, auf Grund der bisherigen Er- sahrungen und Ergebnisse eingehende Berechnungen angestellt, um einen Vergleich Zwilchen Pferde- und Autobetrieb ziehen zu können. Das neue Verkehrsmittel leistet nach dieser Berechnung rund fünfmal mehr als das alte, und seine Rentabilität ist um rund 59 Proz. günstiger. Außerdem ist die Erhöhung des Beförderungskomsorls und der Zeitgewinn für den einzelnen Reisenden beträchtlich. Auch bei den Alpenfahrtcn der eidgenössischen Postverwaltuns, die 1921 mit großem Erfolg eingeführt worden sind und in die dieses Jahr der Klausen und der Gotthard einbezogen werden sollen, waren die finanziellen Ergebnisse sehr befriedigend: an die Stelle der früheren nicht unbeträchtlichen Ausfälle ist ein freilich noch bescheidener Ein- nahmeüberschuß getreten. Die„Verkehrstcchnik", die diese Nachricht bringt, meldet in diesem Zusammenhang noch von anderen Fort- schritten in der Entwicklung de? Automobilverkehrs. So hat sich jetzt die Londoner Feuerwehr bei ihren sämtlichen Feuerspritz- und Gerätewagcn für den Kraftantrieb entschieden. Auch das letzte Dutzend Pferde ist durch Motore ersetzt worden. Die sparsamen Sonjerenzleilnehmer. Der Brüsseler„Peuple " gibt dem Wunsch Ausdruck, daß die bevorstehende Konferenz in Aenua Italien weniger kosten wird, als die Konferenz in Spa im Juli 1929 Belgien gekostet hat Diese Kosten betrugen nach dem Brüsseler Blatt insgesamt 39 999 Pfund Sterling: die Hotelrechuung der britischen Deleaation verzeichnete allein den Betrag von 6999 Pfund. Ein Geschäft in Brüssel liefert« für 4999 Pfund Delikatessen. einschließlich Wein im Werte von 899 Pfund und von 299 Psund für Pasteten. Die Sparsamkeit trat nur in einem Punkt in die Erscheinung. Es war nämlich erlaubt, für Betten, die nichh benutzt wurden, je 8 Schilling von der Rechnung abzuziehen: von dieser Befugnis wurde reichlich Gebrauch gemacht.