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Nr. 183+ 39. Jahrgang

Beilage des Vorwärts

Türkische Emigranten in Berlin  .

Das lezie Mordattentat in der Nacht zum Dienstag, dem, wie be-| Man iht dort Baklaria( eine füße Speise) in fünf Arten, raucht die richtet, awet chemalige türkische   Würdenträger zum Opfer fielen, lentt die Aufmerksamkeit auf die heute noch in Berlin   lebenden Angehörigen Wasserpfeife in langen Zügen, ichlürft Kaffee aus fleinsten Tassen, des türtischen Reiches. Bereits die Ermordung Talaat Pafchas   lehrte, bedauert sich gegenseitig, daß man so viel arbeiten muß und träumt. mit welcher Rüdsichtslosigkeit die politischen Rämpfe zwischen Armeniern Die Welt ist groß, Allah   ist überall und neuerlich schwärmte man und Türken leider auf das Berliner   Pflaster übertragen worden find. Auch die Urheber des neuesten Verbrechens sollen nach Ansicht der für Abdul Hamid  . Polizei einer armenischen, Geheimorganisation angehören, die es fich zur Aufgabe gefegt hat, an den angeblichen Urhebern der Armenier­megeleien Blutrache" zu üben.

Die Türkenfreundlichkeit Berlins   war immer ziemlich groß. Berlegte z. B. doch auch der französische   Marineoffizier, der unter feinem Schriftstellernamen wohlbekannte Bierre Loti, sein Buch: Die sterbende Türkei  " nach Berlin  . Während des Weltfrieges schlug dann die Begeisterung für die Türken hohe Flammen. Ueberall wurde in der türkischen Sprache unterrichtet und unter dem Pro­tektorat der türkischen   Würdenträger fanden vielerorts Wohltätig teitsveranstaltungen statt. Alle Mohammedaner wurden an die Front geschickt und die christlichen Staatsträger der Türkei   kauften fich vom Militärdienst frei. Das türkische Militärgesetz lieg eben die wunderbarsten Auslegungen zu, das haben gerade die ausgewander­ten Türfen erfahren.

Die gewesene Botschaft.

Seit Dezember 1918 haben wir feine offizielle türkische   Ber­fretung mehr. Das große rote Gebäude Rauchstr. 20 dient nunmehr anderen Zweden. In den lehten offiziellen Tagen war dort noch allerlei Betrieb. Es wurden Pässe ausgestellt und scharenweise ver­ließen bie türkischen Unterianen Deutschland  . Der Warteraum im erfien Stockwerf war gefüllt. Traurig brannte eine einzige schwach terzige Birne des Kronleuchters. Für die Berliner   Diplomaten war Diese Botschaft immer ganz interessant, und nicht weniger die Bot­schafter der Reihe nach, der eine, der sich eine Christin zur Frau nahm, sein reicher Nachfolger, der eine ägyptische Prinzessin zur Frau hatte, der forpulente Saffi, der hier starb, und der letzte Bot­fchafter, der September tam und Oktober schon wieder reisen mußte. Er soll seine Sachen gar nicht ausgeradt haben. Im Wartezimmer her Botschaft stand ein prächtiges hellseidenes echt türkisches( rundes) Sofa, das zuletzt schon arg zerschliffen war und auch nicht aufgebeffert wurde. Wie sollte man auch, der Botschafter bekam doch nie Geld aus der Heimat.

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Türkische   Politiker in Berlin  .

Mit manchem Mann der türkischen   Politik ist der Name Berlin  eng verknüpft. So vor allem mit dem 1881 in Konstantinopel   ge­borenen Enver. Als er 1908 in der Türkei   bei der Julirevolution cine Rolle gespielt hatte, tam er März 1909 als Militärattaché nach Perlin  . April ging er, der es fabelhaft verstand, sich selbst zum Führer zu berufen, nach Konstantinopel  , wo er die Gegenrevolution niederschlug. Doch auch als er 1911 nach Tripolis   ging, November 1912 die Ordnung in der Tschatalbschalinie herstellte, am 23. Januar 1913( die Zahl 23 galt als Glückszahl der Jungtürken  ) den Putsch unternahm, weil er Adrianopel retien wollte, war er offiziell noch fürfischer Militärattaché in Berlin  . Erft als er zum Kriegs­minister aufrückte, wurde sein hiesiger Poften befeht, und zwar mit Djemal, dem Schwiegerfohn des türkischen Botschafters in Berlin  Hafti. Enver wurde im damaligen Berlin   sehr gefeiert. Besuchte er Berliner   Theater, so schüttelte er traurig den Kopf und sagte: Ein Elend, daß auch das einmal zu uns kommen wird, aber es muß fommen, denn es gibt fein Mittel dagegen." Sonst aber studierte er fleißig Kriegsgeschichte und hina Napoleon Bonaparte I., fowie Friedrich den Großen über seinen Schreibtisch und fein eigenes Bild in die Mitte. 21s eifriges und führendes Mitglied des Komitees Einheit und Fortschritt", das sich gegebenenfalls immer schnell in eine Kultur- und Wohltätigkeitsgesellschaft umwandelte, versprach er in jeder Unterredung Reformen in Syrien  , Armenien   und den übrigen Wilajets in Kleinasien  .

Mittwoch, 19. April 1922

Suggestive Fragen.

Eine gerichtliche Zeugenvernehmung mit Hindernissen. Ungewöhnlichen Schwierigkeiten begegnete die Berhandlung feitsverbrechens vor der Straffammer des Landgerichts I.  gegen den Tischlermeister Hamann wegen wiederholten Sittlich

wurde zur Last gelegt, sich an einer Reihe von ichulpflichtigen Dem aus dem Untersuchungsgefängnis vorgeführten Angeklagten mädchen, die er mit Obst und Süßigkeiten beschenkte, Armenier in Berlin  . vergangen zu haben. Die Bernehmung der Hauptbelastungs­zeugin, eines elfjährigen Mädchens, vollzog sich zunächst Armenien   hat zurzeit in Berlin   eine Vertretung, die allerdings in der Weise, daß der Vorsitzende sich den Inhalt ihrer früheren Aus­nicht als zu Recht bestehend anzusprechen ist. Die armenische Intelli- sage cor dem Untersuchungsrichter auf Grund des Protokolls Sat genz fucht vielfach Deutschland   auf, um zu lernen, und erft neulich für Satz von ihr bestätigen ließ. Hiergegen erhob Rechtsanwalt veranstaltete die hiesige Kolonie ein Wohltätigkeitsfest zugunsten der Dr. Harry Pincus Einspruch, indem er darauf hinwies, daß diese würdig geht. Die hier weilenden Armenier sind meistens fleine ein fluffung in sich schließe. Diesen Bedenken schloß sich auch armenischen Studenten, denen es meistens wirklich erbarmungs- Art der Befragung die Gefahr einer suggestiven Be= Geschäftsleute, auch versuchen sie hin und wieder als Dolmetscher der medizinische Sachverständige, Dr. Bernhard, an und machte Geld zu verdienen. Als wir noch türkische Vertretungen in Deutsch   den Vorschlag, ihm selbst die Bernehmung des Kindes zu über­fand hatten, traf man die Armenier sogar als türkische Beamte an, tragen. Raum hatte er jedoch einige Fragen gestellt, als einer der denn die Sprachen fallen den Armeniern leicht. In einem solchen Beisitzer des Gerichts auch diese als fuggeftin beanstandete. Es stellte Falle lud der türkische   Vorgesetzte den Armenier auch sicher in sein sich nun die erstaunliche Tatsache heraus, daß in jeder Frage in­Haus, doch wußte der Fernstehende und der Armenier meistens auch folge der Nötigung der Befragten, sich auf einen Punft zu nicht, ob es sich hierbei um strenge Beachtung de mohammedanischen onzentrieren, ein suggestives Moment liege, und es wurde Gastfreundschaft handele oder um persönliche Zuneigung. daher versucht, die jugendliche Zeugin unter völligem Ausschluß jeder Fragestellung zu einer zusammenhängenden Schilderung zu veranlassen. Dieser Versuch scheiterte jedoch, denn jezt mar aus der Zeugin überhaupt nichts mehr heraus zubekommen, so daß dieses Zeugnis, das den Angeklagten am fannte daraufhin, im Gegensatz zu dem auf Jahren Gefängnis lautenden Antrage des Staatsanwalts, wegen der übrigen Fälle auf 9 Monate Gefängnis, welche durch die erlittene Unter­suchungshaft als verbüßt angesehen wurden. Der Angeklagte wurde sofort aus der. Haft entlassen.

Der

Türkenmord in der Uhlandstraße. fchwersten belastet hätte, dadurch in Wegfall tam. Das Gericht er­

Mindestens vier Täter.

Die Vernehmungen der Augenzeugen des Attentats wur­cen gestern bis in den späten Abend hinein fortgesetzt und zum Ab­schluß gebracht. Hiernach ist das Verbrechen von mindestens pier Tätern verübt worden. Als die beiden Ermordeten mit der Witwe des bereits früher ermordeten Talaat Pascha   in der Mitte, ungefähr die Wohnung des Generalgouverneurs Djemal Azmi Ben erreicht hatten, drängten sich drei junge Männer vorbei. Die Gattin Talaats wurde im gleichen Augenblick hinterrücs gefaßt und zurüd gezogen und sah sich dem Lauf einer Pistole gegenüber, die einer der Berbrecher ihr auf die Brust gesezt hatte. Sie rief, noch ihre Begleiter an, im selben Augenblick krachten jedoch schon mehrere Schüsse. Beide Männer stürzten, in den Hals getroffen, tot nieder. Jetzt wurde von der gegenüberliegenden Straßenseite auf die Ange­hörigen geschossen. Es muß dies der vierte Täter gewesen sein, der jedoch nicht sichtbar wurde, wahrscheinlich hielt er sich hinter dem Bauzaun versteckt. Die zweite Mord waffe, die gestern im Borgarten des Hauses. Fasanenftr. 59 gefunden wurde, lag dort unter einem Rosenbusch, wo sie von zwei spielenden Kindern gefunden wurde; während die am Tatort aufgefundene eine amerikanische  Mehrladepistole ist, ist diese eine deutsche Mauser pistole.

Nach dem Bekanntwerden der schweren Bluttat durch die Zei­tungen haben sich noch im Laufe des gestrigen Nachmittags und Abends mehrere Personen gemeldet, die zum Teil wichtige Bekundungen machten. So meldete sich ein Mann, der mit einem Mädchen in ein Gespräch geriet, das ihm erzählte, daß es am Sonnabend, abends zwischen 10-12 Uhr, die Bekanntschaft eines Türfen gemacht und mit ihm ein Hotel aufgesucht habe. Dort habe dieser eine Mehrladepistole mit dunkelbraunem Holzgriff auf den Tisch gelegt. Da das Mädchen dem Zeugen nicht bekannt ist, wird es dringend ersucht, sich bei Kriminalkommissar Weißel zu melden. Das Mädchen beschrieb den Türken als etwa 25-30 Jahre alf, ungefähr 1,68 Meter groß, mit schwarzem Haar und dunkler Hautfarbe. Ermittelt wurde der Mann, der kurz nach der Schießerei in der Nähe ein Lokal aufsuchte. Es ist dies ein Türke, der es nur deshalb so eilig hatte, weil er als Ausländer mit der Schießerei nichts zu tun haben wollte. Er mußte deshalb auch wieder entlassen wer­den. Bei Streifen durch verschiedene Lokale, in denen

Eine Kugel tam geflogen.

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M

Fahrlässige Tötung, die noch dazu einem vollkommen. Unschuldigen das Leben kostete, wurde dem Polizeiober wat meister Hermann Heine de zur Last gelegt, der vor der Strafkammer des Landgerichts III   zur Berantwortung gezogen wurde. Der Angeklagte befand sich am Abend des 4. Dezember mit und bemerkte, daß in einem dortigen Café noch nach 1 Uhr Betrieb einem Kameraden auf einem Patrouillengang in der Pantstraße mar. Als die beiden Polizeibeamten. Das Lokal betraten, gebot der Wirt. Feierabend, und die noch anwesenden Gäste begaben sich mürrisch auf die Straße. Im Lokal blieb nur ein völlig betrunkener Mann zurück, der gänzlich millenlos auf der Erde lag. Die beiden Beamten ließen ein Auto herbeiholen und trugen den Betrunkenen hinaus. Beim Verladen in das Auto wurde durch zerbrochen und dies war die Veranlassung zu einem aggressiven die Schuld des betrunkenen Mannes eine Scheibe Borgehen der sich ansammelnden Menschenmenge gegen tie Be­amten. Als der Kollege des Angeklagten immer ärger in Bedräng nis geriet, zog der lettere, wie er fagte, feinen Dienstrevolver, um damit die Angreifer abzuwehren. Dabei ging ein Schuß Ios und ein Arbeiter Schwarz wurde durch die Kugel in den anwolt machte den Angeklagten auf Grund der Aussagen einiger Ropf getroffen und sofort getötet. Der Staats Belastungszeugen für die fahrlässige Tötung verantwortlich und beantragte 2 Monate Gefängnis. Das Gericht hielt jedoch Notwe für vorliegend und sprach den Angeklagten frei.

Schiebungen mit Wohnungen."

der Deutschen Volkspartei, nach den Angaben einer Kor­Mit dieser Ueberschrift brachte die Zeit", das Berliner   Organ respondenz eine Mitteilung, auf die sie von den maßgebenden Stel­len eine Aeußerung" erwartete. Darin erzählte sie von dem Ber­ liner   Stadtrat Schlichting, daß er sehr schnell, obwohl er eine Billa   am Drosselstieg 29 in Karlshorst   bewohnte, eine fomfor­table Wohnung im Besten angewiesen erhalten hat". Stadtrat Schlichting antwortet jetzt in der Freiheit": Ich habe meder einen Antrag auf Zuweisung einer fomfortablen Wohnung im Villa, die ich in Karlshorst   besigen soll, besteht aus einer sehr be­scheidenen Siedlungswohnung in einem Reihenhause. Schlichting, der zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei gehört, fügt hin­,, Der Zweck der Uebung ist zu durchsichtig. Es soll wieder ein­

türkische Bürdenträger nach Berlin  . Auch sie betätigten sich bemert- fast ausschließlich Türfen, Armenier, Griechen und Aegypter ver eften gestellt, noch eine solche zugewiesen erhalten. Die angebliche

Die heute hier verbliebenen Türfen fümmerten sich wohl taum 1m die Politik. Es sind oft fleine qehekte Eristenzen, die froh find, wenn sie endlich einmal Ruhe finden. Doch famen auch ehemalige Enver war während der Revolutionstage in Berlin  , doch konnte er hier offenbar nicht den richtigen Anschluß Ein fleines Emigranten- Café existiert im Westen der Stadt.

har nicht politisch.

finden.

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Die Macht der Lüge.

Roman von Johann Bojer.

fehren und deren Inhaber gleichfalls Landsleute sind, wurden ver schiedene Siftierungen vorgenommen und auch Haussuchungen ab­gehalten. Ob sich unter den Siftierten aber Beteiligte oder Mitwiffer des Mordplans befinden, bedarf noch weiterer Feststellungen.

,, Das hast, du wohl gehört!" rief sie, nahm das Kind auf den Arm und ging hinaus.

Bald darauf hörte er im Stall Holz Hacken. Als ob sie sich nicht selber etwas Holz fleinmachen fönnte," dachte er. Alles andere nimmt sie doch weiß Gott   ganz ruhig. Ich Tages forlindt.

"

zu:

,, Nein, für dich vielleicht nicht," sagte sie und ging wieder in die Küche hinaus.

Es war schon April geworden, der Frühling machte sich bemerkbar, und die Sonne schien so warm auf die brache Erde, als eines Tages Frau Wangen auf der Veranda stand

Aber in der Gemeinde umhergehen zu sollen- fie und möchte ja wiffen, ob man mir nicht auch noch sie eines schönen und hinaussah. Der lehmgelbe Bach fchäumte vorüber, oft

und um ein Dach überm Ropf zu betteln, das war eine Demüti­gung, die sie von allem zu allerlegt auf sich nahm. Gerade Das hatten ihr so viele prophezeit, als sie Wangen   heiratete. Aber warum ging er nicht, der jegt immer Zeit für sich hatte? Weshalb fonnte er sie nicht etwas schonen? Diese Ge­danken verbitterten in letzter Zeit Frau Wangen  .

Wangen   fand glücklich wieder seine gute Stimmung und war schon weit mit seinem Artikel, als seine Frau wieder hereinkam und ihn störte. Diesmal hatte sie ihr zweijähriges

Mädchen mit sich.

Ach, Henrif," sagte sie, entschuldige, aber, du hast nicht des Holz klein gemacht, worum ich dich bat, und nun mußt du auf das Mädel acht geben, damit ich selber hinausgehen kann

und Holz hacen."

Er hob den Kopf und sah einen Augenblick geradeaus. Dann seufzte er tief. Sie verstand, daß er etwas sagen wollte und blieb mit ängstlichen Augen stehen und wartete. Ach, Herrgott!" stöhnte er..

"

Quäle ich dich so schrecklich, Henrif?"

Ich hatte gedacht, du könntest mir in diefer Zeit etwas helfen, Raren. Aber ich glaube, wenn die Leute herkämen und mich totschlügen, dann würdest du noch ebenso ruhig aus und eingehen, fochen, waschen, an Wohnungsuchen denken und vor allem nicht das Holzhacken vergessen."

,, Das muß doch getan werden, Henrik. Es ist doch nicht meine Schuld, daß ich keine Hilfe mehr habe."

Da stand er ganz erregt auf. Fängst du jetzt auch damit an! So wahr ich lebe, ich will mur danach arbeiten, daß du dein Geld wiederbekommst."

"

Beim Holzhacen mußte Frau Wangen   ständig auf das Kleine achtgeben, dem sie ein paar Zweige zum Spielen ge­geben hatte.

Es machte sie ganz frant, daß er wegen dieser Unschuld ihr oder den Kindern nicht länger auch nur einen Gedanken widmete. Sie durfte überhaupt an nichts anderes mehr denken, als an seine Unschuld, fein anderes Gefühl mehr haben, als ihn zu bedauern. Noch keine fünf Wochen war es her, daß sie ein kleines Kind ins Grab gebettet hatten. Aber er erwähnte das nie und wollte es kaum mehr dulden, daß sie davon anfing. Aber am meisten von allem ermüdeten sie allimählich seine

ewigen Berdächtigungen. Die machten die ganze Welt fo un endlich schwer und häßlich. Und das schlimmste war, sie ließ fich unwillkürlich davon ansteden toie von einer Krankheit, vor der sie sich ekelte und die sie gerne abgeschüttelt hätte.

Und in dem Grad, wie er zu immer gemeineren Mitteln griff, um diese Unschuld zu verteidigen, schien er ihr auch selber schlechter zu werden. Er fam öfters betrunken nach Hause, als je zuvor: Er war brutal- und duldete keinen Widerspruch. Als wenn diese Unschuld ihn nicht mur freispräche davon, jemals etwas Schlechtes getan zu haben, sie gab ihm auch recht, alles zu tun, was er wollte, jetzt und weiterhin.

Als sie endlich wieder hineinging, wanderte er in der Stube hin und her.

-

Raren," fagte er fannst du es mir verdenken, wenn ich erwarte, daß du wenigstens ein wenig dich mir opfern fönnteit?" ,, Alber was foll ich denn tun, Henrit? Ich bin doch von morgens bis abends an der Arbeit."

,, Ja, an der Arbeit. Aber du könntest etwas weniger Sie fuhr zurück, als habe sie einen Schlag ins Gesicht be­fommen, und jetzt wurde auch sie zornig: Nein, weißt du arbeiten. Rönntest du nicht meiner Tante die Kinder eine was das vertrag' ich nicht! Da möchte man fa bald wün- Weile überlassen? Du weißt doch, daß sie gerne fie nehmen fchen, du wärest schuldig, Henrif. Denn gerade heraus: du will und du kannst wohl sicher sein.. wirst durch deine Unschuld mur immer unerträglicher."

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verstedt von Erlenbüschen, die schon grüne Knospen bekamen. und rechtshin lag der See und glänzte und spiegelte helle, leichte Bollen.

an

,, Auch sehen, Mama!" Und zwei Mädchen hingen sich ihren Rod und wollten in die Höhe und sehen. Da hörte sie einen wohlbekannten Husten vom Garten her. Das war ihr Bater.

In der letzten Zeit war es immer peinlich, wenn er fam, und sie jak schon wieder drinnen in der Stube und hatte irgendeine Näharbeit vor, als er stöhnend die Berandatreppe

herauffam.

Er tat, als merke er nicht, daß sie aufstand und ihm die Hand reichte. Die beiden kleinen, die schon dem Großvater entgegengelaufen waren, wurden auch ganz verbuht, daß er fie von sich schob, während er zu einem bequemen Stuhl ging, in den er sich fallen ließ. Er schnaufte, stellte feinen Stod zwischen seine Knie und stützte die zitternden Hände auf die Krüde.

st er auch heute nicht zu Hause?" fragte er endlich. Rein Vater."

Früher war er immer zu Hause, he, he!"

Der alte Bauer war über siebzig, aber groß wie ein Riese. Das lange, weiße Haar, der dichte gelbliche Bartkranz unterm Kinn und die roten wäfferigen Augen gaben ihm das An­fehen eines Patriarchen. Er hatte schwarzes Lodenzeug an mit Silberknöpfen an der Weste, und deren drei unterste waren nicht zugeknöpft, so daß sich der schwere Leib vordrängte. ,, Wie geht es dir, Bater?"

uns.

,, Mir? Großartig. Jetzt haben wir Bersteigerung bei Im Bausch und Bogen. Und dann reist dein Bruder nach Amerika  . Ich? Hab' fein Unterkommen mehr und fann ihm folgen oder ins Armenhaus."

,, Bater!" flüsterte sie und starrte ihn an. Der Alte fachte mit zusammengefniffenem Munde, und Willst du wirklich, daß wir sie alle drei von uns geben die blouzoten Hände zitterten noch stärfer an der Stocktrücke. Und sein Kopf zitterte auch auf dem dünnen Hals. ( Fortsetzung folgt.)

,,, Karen! Was sagst du da!" Er wurde blaß und biß sich sollen, Henrik?" auf die Lippen.

Er blieb stehen: Wäre das denn so schrecklich?"