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Nr. 6.

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Vorwärts

12. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs: Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonns und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet. Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin Berliner  

Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Der Reichstag  ,

Dienstag, den 8. Januar 1895.

Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

Dingen eine andere Meinung hat als seins schärfung der Disziplinargewalt war eine Ohrfeige, die der rechtmäßiger Richter." Reichstag   sich selbst ertheilt hat.

Das wäre ehrlich gewesen und die Wahrheit. welcher am heutigen Tage wieder zusammentritt, findet sich Weist der Reichstag   dieses unerhörte Umfturzgesetz nicht sofort vor zwei Fragen gestellt, die für die Zukunft Deutsch  - flipp und klar zurück, und läßt er sich auf Kompromisse lands und für den Reichstag   selbst von entscheidender Be- betreffs der Einzelheiten desselben ein, statt es einfach aus deutung sind. Die erste Berathung der sogenannten Um Prinzip und im Prinzip zu verwerfen, so macht der sturzvorlage wird gleich in der ersten Sigung weitergeführt Reichstag sich zum Mitschuldigen der umstürzlerischen oder richtiger fie beginnt, denn die dürftigen Lese- Bestrebungen, denen dieses Umsturzgesetz seinen Ursprung früchte, welche der Vertreter der Reichsregierung in der verdankt.

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Und dieser Selbstohrfeigung soll jetzt die Selbst= verstümmelung, die Selbstentmannung folgen.

Wenn die Herren am Regierungstisch und ihre ges horfamen Diener im Reichstage den Vertretern des deutschen  Volkes vorreden: Wir wollen, daß Ihr Eure Disziplinar gewalt ebenso weit ausdehnt, wie das im englischen Parlament und in der französischen   National- Ver­sammlung der Fall ist", dann haben unsere Vertreter legten Sigung vor vor den Ferien als olle Kamellen" Die zweite entscheidende Frage, die den Reichstag  , kühl lächelnd als Vorfrage die Forderung zu stellen: aus einem alten Echuster'schen Zitatensack schüttete, wenn auch nicht gleich das Plenum, sofort nach dem gleiche Macht befugnisse für den deutschen  können doch nur euphemistisch als Einleitung der Debatte Wiederzusammentritt beschäftigen wird, ist die der sogenannten Reichstag, wie das englische Parlament und Begründung der Vorlage gelten. Verschärfung der Disziplinargewalt des und die französische National Versamm lung sie haben.

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In einer der letzten Reichstags Sigungen vor den Ferien fand sich, dank dem verrätherischen Servilismus der Nationalliberalen, eine Majorität, welche die Nothwendigkeit einer solchen Berschärfung" aussprach. Wodurch sollte diese" Nothwendigkeit" bewiesen sein?

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Selbstverständlich ist es die Pflicht der Volksvertretung, Präsidenten. dieser Umsturzvorlage" rücksichtslos auf den Leib zu gehen und in dem Wert selbst dessen Meister nach Verdienst zu fennzeichnen. Und selbstverständlich ist es die Pflicht der Bolts vertretung, will sie des Namens einer solchen sich nicht unwürdig machen, diese Umsturzvorlage", der das Volk den richtigen Namen gegeben hat denn sie bedeutet in der That den Umsturz der Ordnung, Sitte und Gerechtigkeit, als eine beleidigende Zumuthung mit träftigem Ruck zu zerreißen und in den Papierkorb zu werfen.

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Durch zwei Thatsachen.

Erstens durch die Schwäche des Reichstags- Präsidenten, der am 7. Dezember nicht den Muth und die Geistes­gegenwart hatte, die konservativen Radaubrüder, welche die Pflichterfüllung sozialdemokratischer Abgeordneten durch gassenbübisches Geschrei zu stören suchten, zur Ordnung und Scham zu rufen.

Zweitens durch einen Angriff eines von der Staats­regierung gefügten Staatsanwalts auf die Immunität des Reichstags.

1. Den Präsidenten zur nachträglichen Erfüllung seiner Pflicht zu veranlassen und dafür zu sorgen, daß ähnlichen Standalen für die Zukunft vorgebeugt werde.

In England und in Frankreich   muß die Regierung aus der Volksvertretung heraus gewählt werden und kann, gegen den Willen der Majorität, keine Regierung auch nur einen Moment im Amt

bleiben.

Haben wir das gleiche Recht, nun, so läßt sich viels leicht über die Disziplinargewalt des Reichstags auch reden. Vorher nicht. Wenigstens nicht in Ehren.

Das gleiche Recht heißt aber die gleiche Macht. Und hier ist der springende Punkt.

In England hat seit 250 Jahren, in Frankreich   seit hundert Jahren das Volk den Absolutismus der Regierung überwunden und die Regierung der Volksver= tretung untergeordnet. In Deutschland   ist dies, dank der Verkommenheit unseres Bürgerthums, bisher nicht geschehen. Unsere Volksvertretung, weit entfernt, der Re­gierung über geordnet zu sein, wird von dieser nicht ein­mal als gleichgeordnet betrachtet und ist ihr that sächlich unter geordnet.

Die fräftige sozialdemokratische Volksbewegung hat unseren Absolutisten die Furcht eingeflößt, der Reichstag   könne zu mächtig werden. Darum dieser Versuch, ihn zu demüthigen. Wird der Reichstag   das Werk seiner Feinde thun? Die Feigheit unserer bürgerlichen Parteien läßt leider der

Eine Verweisung dieses gesetzgeberischen Monstrums an eine Kommission hieße ihm zu viel Ehre anthun. Eine Detailprüfung der ungeheuerlichen Bestimmungen hat gar feinen Sinn. Jeder Zeile der verschiedenen Paragraphen ist der Zweck tlar aufgedrückt: Ae chtung aller, die den Gewalthabern mißfallen. Man hat die neue Umsturzvorlage mit bem alten Sozialisten Die einzig vernünftige Antwort des Reichstags auf gesetz verglichen.. Das war eine schmähliche Ver- diese beiden Thatsachen konnte nur sein: leumdung des Sozialistengesetes. Dieses war ein Ausnahmegesetz und es bekannte sich offen als solches. Es stellte eine Partei außerhalb des gemeinen Rechts, ließ dieses aber für die übrigen Parteien und für das Staats- 2. Den Angriff gebührendermaßen zurückzuweisen. wesen im ganzen bestehen. Das Umsturzgesetz stürzt auf Reines von beiden ist geschehen. Statt den politischem Gebiet das gemeine Recht für das ganze Radaubrüdern des 7. Dezember Entrüstung zu bezeigen, Staatswesen um, und es proklamirt die Will hat man gegen die in der Erfüllung ihrer Pflicht gestörten tür, die das Sozialistengesetz schamhaft auf die Abgeordneten Entrüstung geäußert. Und statt jenen Möglichkeit Raum. In jedem Falle werden die sozial­Polizei beschränkt hatte, für die Rechtspflege Angriff gebührendermaßen zurückzuweisen, hat man ihn demokratischen Abgeordneten, denen dank der Feigheit und das ganze Staatswesen. Das langathmige, wohl für unberechtigt erklärt, aber dieser Erklärung die unseres Bürgerthums auch die Vertheidigung der bürger­verzwickte Juristendeutsch der Umsturzvorlage ist über- Spige abgebrochen, indem man auch den Reich stag für lichen Freiheiten und Rechte zugefallen ist, ihre Schuldig­flüssiges Phrasen- und Blendwerk. Wäre nicht auch hier, schuldig erklärte schuldig ungehörigen Benehmens, weshalb feit thun. wo doch wahrhaftig, nachdem das letzte Feigenblatt ge er sich eine Ruthe zu binden habe in Gestalt einer Ver­fallen, ein Rücksichtnehmen sehr überflüssig war, die politische schärfung der Disziplinargewalt des Präsidenten. Heuchelei noch thätig gewesen, so würden die Verfasser der Umfturzvorlage sich mit einem einzigen Paragraphen be gnügt haben, der also lautete:

Einmal muß der Kampf ausgefochten werden zwischen Absolutismus   und Volksvertretung. Kriecht der Reichstag  Läßt sich etwas Würdeloseres und Widersinnigeres heute zu Kreuz und übt er die ihm zugedachte Selbstverstümme­denken? Es ist, wie wenn jemand, der eine Ohrfeige lung, so ist der Kampf nur vertagt und muß morgen unter empfangen hat, den frechen Angreifer sanft und höflich ungünstigeren Bedingungen aufgenommen werden. Mit Gefängniß und Zuchthaus   in un zurückdrängte und ihm beschwichtigend zuflüsterte: Du Nicht Verstärkung der Disziplinargewalt des Reichstags, bestimmter Länge wird jeder Deutsche   und hast nicht so ganz unrecht gehabt, nur hattest Du mir sondern Verstärkung der Macht des Reichstags! den deutschen   Gesezen unterstellte Au3- feine Ohrfeige zu geben, ich will das selber be Das ist die einzig richtige Losung. länder bestraft, der in politischen, reli- forgen!" giösen, wirthschaftlichen und sonstigen Die Annahme des nationalliberalen Antrags auf Ver- solutismus und persönlichen Regiment!

Feuilleton.

Im Exil.

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Und Krieg auf Leben und Tod dem Ab­

gut erzogen, als daß sie sich gestatten würde, einen anderen Willen als ich zu haben.

Drei Tage später theilte Henri Roveray, der ihn am Eingangsthor zum Modernen Gymnasium" erwartete, ihm mit, daß seine Schwester und sein Schwager wieder nach der Von Herrn Dubourg, der offenbar noch besser erzogen ( Machbruck verboten.] Schweiz   abgereist seien. Damit waren die Träume zu war, als seine Tochter, wurde nicht gesprochen. Die Bes Ende, die für einen Augenblick René's Hirn gefreuzt hatten, sprechung schloß mit dem Projekt eines großen Diners, zu sie waren vernichtet bei dem ersten Zusammenstoß mit der dem die Freunde und Verwandten eingeladen werden sollten Roman von Georges Renard. Autorisirte Uebersetzung brutalen Wirklichkeit! Wie sollte er sie, die ihm wie ein und auf welchem man die bevorstehende Verlobung der beiden von Marie Kunert  . Phantom aus der Vergangenheit erschienen war, zweihundert jungen Leute errathen lassen wollte. War es Täuschung? Es war ihm, als ob Annette's Meilen von hier dem Schooße einer eifersüchtigen Familie Frau Messant erreichte beflügelten Schrittes ihre Augen sich in diesem Augenblick, wie durch eine geheimniß- entreißen? Traurig dachte er daran, daß sein Leben ein fünfte Etage. Ihr Sohn war nicht da, aber als sie ihn volle Macht angezogen, auf ihn richteten. Er glaubte zu ewiger Abschied war, und indem er sich an Henri anschloß die Thür öffnen hörte, ließ sie ihm kaum Zeit zum Ein­fühlen, wie ein Strom warmer Sympathie von einem in der Erinnerung an die einzigen glücklichen Tage, die treten. zum anderen fluthete. Da entschloß er sich plöglich, er erlebt hatte, indem er ihn bei ihren häufigen Zusammen- Eine gute Nachricht! rief sie und warf sich in seine nicht eher nach Hause zu gehen, als bis er sich der künften veranlaßte, von Annette zu erzählen, verband Arme. Alle unsere Sorgen sind zu Ende, mein lieber genähert hatte, welche die Herrin seines Geschickes werden er so trot Raum und Zeit sein Leben mit dem der fernen Sohn. Was ist denn geschehen? sagte René überrascht. Haben

Tonnte.

Geliebten.

Das Konzert ging zu Ende. Er eilte dem Ausgang Frau Messant ahnte nicht, was in der Seele ihres Sohnes wir das große Loos gewonnen? zu. Am Fuße der äußeren Treppe paßte er auf. Schon vorging. Aber als sie ihn so nachdenklich und niedergeschlagen Rathe! Rathe! Nein, das würde zu lange dauern. entdeckte er fie in der Menge, die hinabstieg, und war fah, beschleunigte sie aus allen Kräften die Heirath, die, wie Die Kousine Dubourg nimmt Dich als Schwiegersohn an. bereit, die Menschenmassen zu durchbrechen, um zu ihr zu fie meinte, ihn heilen sollte. Bei einem der häufigen Be- 150 000 Franks Mitgift! Am nächsten Sonntag findet ein gelangen, als er neben ihr Jules de Marnand   erkannte. suche im Hause ihres Vetters hatte sie Frau Dubourg großes Diner bei ihnen statt, wo Du als Prätendent, Ja, es war wirklich der schöne Jules, der noch un- allein getroffen und schüchtern einige Anspielungen auf eine beinahe als Bräutigam vorgestellt wirst. Begreifft Du verschämter und mit noch mehr Wichtigthuerei auftrat, als Berbindung, welche die Familienbande wieder fester knüpfen mein Glück? Nun, Du sagst fein Wort? Was haft Du? früher. René verharrte auf seinem Plate wie an- würde, gewagt. Zu ihrer großen Freude war ihr Plan gut Sprich doch! Bist Du stumm? Sag doch wenigstens, daß genagelt, wie wenn diese so natürliche Sache eine aufgenommen worden, so gut, daß man sogleich die große, Du zufrieden bist! ungeheuerliche Erscheinung gewesen wäre. Mit einem wichtige Frage der Mitgift erörterte. Marceleine sollte Ach nein, er konnte es nicht sagen. Bestürzt, verwirrt Male fiel er aus der Höhe seiner phantastischen Pläne 150 000 Frants gleich mitbekommen. René, für dessen suchte er nach Worten, um nicht zu schnell Asche über die herab. Zu welcher unsinnigen, lächerlichen, tläglichen Beförderung gesorgt werden sollte, würde bald sieben bis hochlodernde Freude seiner Mutter auszuschütten. Rolle hätte er sich verurtheilt? Er sah sich, wie achttausend Franks verdienen, was ungefähr dem ent­sein Gruß von oben herab erwidert, wie er mit schaden- sprechend wäre. Der junge Haushalt konnte so also mit froher Miene verabschiedet wurde, gezwungen, allein und bescheidenem Komfort unterhalten werden. Es blieb nur mit blutendem Herzen zurückzubleiben, während Annette noch die Frage, ob René seiner Kousine gefiel. Als Frau am Arme des triumphirenden Gatten fortging. Er Meffant sich besorgt darüber äußerte, erwiderte Frau hatte nicht den Muth, dieser Probe die Stirn zu bieten. Dubourg in entschiedenem Tone: d Er floh mit verwirrten Gedanken, Verzweiflung im Herzen. Er gefällt mir, Kousine, und meine Tochter ist zul

Meine arme Mama,... begann er in mitleidigem Tone, dann stockte er.

Sie war blaß geworden, sie ahnte Schlimmes. Thr ängstlicher Blick richtete eine stumme Frage an ihn. Er wiederholte: Meine arme Mama... und er schloß sie in seine Arme.

Ich möchte Dir so geru, fuhr er fort, Dein Vergnügen