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Nr. 3840. Jahrgang Ausgabe Ant. 19

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Für den Monat Januar 1600 2. boraus zahlbar. Unter Kreuzband für Deutschland  , Danzig  . Saar  - und Memelgebiet sowie Defterreich unb Luxemburg   2600 M., für das übrige Ausland 3600 W. Bostbestellungen nehmen an Belgien  , Dänemark  , England, Estland  , Finnland  , Frank rcich. Solland. Lettland  , Luxemburg  , Defterreid), Schweden  . Schweiz  , Tschechoslomakei und Ungarn  . Der Vorwärts" mit der Sonntags beilage Bolt und Reit", der Unter­haltungsbeilage..Seimwelt" und der Beilage..Siedlung und Kleingarten" erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal.

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Morgenausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

50 Mark

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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Redaktion: Dönhoff 292–295

Verlag: Dönboff 2506-2507

Mittwoch, den 24. Januar 1923

Deutschland   zu Verhandlungen bereit.

Voraussetzung: Näumung des Ruhrreviers.

Vorwärts- Verlag G.m.b.H.  , SW 68, Lindenstr. 3

Bostscheckkonto: Berlin   375 36 Bankkonto: Direktion der Diskonto- Gesellschaft, Depositentasse Lindenstraße 3

Geist gegen Gewalt!

Eindrücke aus dem kämpfenden Ruhrrevier.

Bon Friedrich Stampfer  .

Essen, 23. Januar. Wolffs Bureau meldet: Zu den Meldungen über Ber  - der Freundschaft für das deutsche   Wolf hegten. Mit anderen Wor- Wenn man mit der Bahn von Berlin   nach Essen   fährt, mittlungsversuche in der Frage der Ruhrbesehung ten: wir lieferten den Soldaten die Grundfäße, auf die der fann man viel törichte Gespräche hören von Mobilmachung in und der Reparationen wird uns von zuständiger Seite Waffenstillstand aufgebaut wurte, der dazu führte, daß Deutsch   Bayern   oder von Vorbereitungen der Reichswehr  , von unge­mitgeteilt: Taut hilflos gemacht wurde. Damit haben wir auch heuren Waffenlagern in Rußland   und daß man es den Fran Der deutschen   Regierung ist bekannt, daß man an den bestimmte verpflichtungen bezüglich der Behand- zosen schon zeigen werde. Aber je mehr man sich dem Kampf­verschiedensten Stellen der Welf bemüht ist, dem durch den lung Deutschlands   übernommen. Nach all diefem sehen gebiet nähert, desto mehr verstummt der gedankenlose Klatfd). französisch  - belgischen Einmarsch ins Ruhrgebiet   geschaffenen wir nun deuifdes Gebiet überfallen und Deutschland   der vernich- und kommt man in das Gebiet der ragenden Fördertürme, und sich täglich verschärfenden Zustand des Unrechts und der tendsten und unbarmherzigsten Methode des milita- Halden und Schlote, lernt man im Flug die Bedeutung dieses Gewalt ein Ende zu bereiten. Die deutsche Regierung verfolgt rismus einer willkürlich handelnden Macht ausgeliefert und wir unendlich wertvollen, verästelten Wirtschaftsorganis mit Aufmerksamkeit diese Bemühungen und ist bereit, alles, profeffieren nicht einmal. Auch haben wir Frankreich   nicht in mus begreifen oder auch nur ahnen, dann wird einem zu­was an ihr liegt, zu fun, ihnen zum Erfolg zu verhelfen. folcher Weise Andeutungen gemacht, daß es sich verpflichtet fühlte, nächst dies eine vollkommen flar, daß Gewalt, zu Angriff Alle die Stellen, die sich mit dem das Schidial Europas   von irgendeinem Plane Kenntnis zu nehmen. Wir sollten unjere cder Abwehr angewendet, hier Unfinn ist. Könnten wir einschließenden Broblem beschäftigen, sind von der Auffassung Haltung tarlegen und profeffieren. Das ist das wenigste, auch eine Macht aufbringen, die der französischen   vielfach über­der deutschen   Regierung unterrichtet. Wie wiederholt erklärt, was wir tun können, und wir follten noch weit mehr tun. legen wäre, Tanks, Geschütze und alles, was zur Bernichtung war und ist Deutschland   jederzeit zu Verhand gebraucht wird, aus der Erde stampfen, trotzdem würde jeder, lungen über eine vernünftige Bereinigung der Reparationsfrage bereit. In dem Augenblid tischen Bemühungen der italienischen   Regierung bei den an Mussolini   hat im Ministerrat ausführlich die diploma. der gegen die Franzosen im Ruhrrevier gewaltsam vorgehen wollte, in die Gummizelle gehören. aber, wo franzöfifche und belgische Truppen mitten im witt der Wiedergutmachungsfrage beteiligten Regierungen geschildert, um Es ist schon ein wirklicher Krieg, der hier geführt wird, schaftlichen Lebenszentrum Deutschlands   stehen und die im die durch die Ruhrbesetzung geschaffene verwidelte Lage zu ent aber es ist ein ganz neuartiger Krieg, zu dessen Führung nie­Ruhrgebiet getroffenen vertragswidrigen Maßnahmen, wie- wirren und sowohl Frankreich   als auch Deutschland   von über. mand schlechter taugt als die Soldaten. Der oberste Grund­derum im Widerspruch zu den Verträgen, auf das Rheinland   stürzten handlungen abzuraten, sowie ein lebhafteres a lautet: Gewaltlosigkeit ist die Voraus ausgedehnt werden, erscheint ein Verhandeln über fünftige Interesse Englands an der gemeinsamen Lösung der Wiedergut- legung des Erfolgs. Reparationsleistungen schon aus technischen Gründen un- machungsfiage zu erzielen. Italien   bleibe unverändert Gegner aller möglich. Niemand weiß, welches Trümmerfeld Deutschland   militärischen Gewalfmaßnahmen, befürworte aber eine gerechte am Ende der französischen   Unternehmung darstellen wird. Pfänderpolitik zur Gewährleistung der deutschen   Wiedergut Deshalb ist heute jede Möglichkeit einer Abfchähung der uns machungstieferungen. dann noch verbleibenden Reste unserer geschwächten Leistungs­fähigkeit ausgeschaltet.

2uch können nach Ansicht der deutschen   Regierung Ber­handlungen unter militärischem Drud niemals zu Ergebnissen führen, die wirtschaftlich gesund, für das deutsche Bolt annehmbar und zur wirklichen Befriedung Europas   ge­eignet sind. Reparationsverhandlungen versprechen nach der Ueberzeugung der deutschen   Regierung nur dann Erfolg, wenn auf jede Santtions- und Pfänderpolitik en d- gültig verzichtet und   Deutschland Gelegenheit gegeben wird, feine Pläne für die Lösung des Problems frei zu ent­wideln und mit der Gegenseite gleichberechtigt und

unbehindert zu diskutieren.

Mussolinis Vermittelungsaktion.

Eine neue Protestnote.

dern um das, was unter ihr ist. Wenn die Franzosen und Der Kampf geht nicht um ein Stück Erdoberfläche, son­Belgier in Essen,   Bochum und   Dortmund nichts anderes tun, als was sie bisher in   Mainz,   Aachen und   Düsseldorf getan haben, so ist es nicht entscheidend, ob sie ein paar Tage früher oder später wieder hinausgehen. Entscheiden ist, ob es ihnen ihnen das, dann bleibt die Gesellschaft, die mitten unter arbei­tenden Menschen mit Schwung Bachablösung und Präsen­gelingt, sich in den Besiz der Kohle zu setzen. Mißlingt tieren des Gewehrs betreibt, der Unterlegene.

Der deutsche Geschäftsträger in   Paris ist beauftragt worden, der   französischen Regierung eine neue Note zu überreichen, in der aufs neue gegen die Berhaftungen und Gewaltatte Proteft er hoben wird. Die deutsche Regierung verlangt fofortige Frei­Tassung der Verhafteten, sofern sie nicht inzwischen bereits erfolgt Ueberlegung geführt werden. Darum ist in diesem Fall Der Kampf um die Kohle kann nur mit faltblütiger sein sollte, und behält sich vor, volle Genugtuung zu fordern. und bis auf weiteres auch Generalstreit General­mals versucht, gemeinsam mit den Arbeitervertretern eine der materiellen Widerstandsmöglichkeiten in einen General­Regierungspräfident Grüner hat gestern vormittag noch unsinn. Die Arbeiterschaft ohne zuverlässigste Sicherung Besprechung mit den   französischen Generalen in   Mainz zu erreichen, ftreit hetzen, wäre geradezu ein Verbrechen. In wenigen ist aber abschlägig befchieden worden. Der Präsident hat als. Tagen würde das Unternehmen mit Zusammenbruch und dann mit den Arbeitervertretern der Zeche Bonifacius und der rung allen Versuchen, die aus der Erkenntnis der ernsten weis, daß 600000 Arbeiter hinter ihnen ständen. Der Diesen Grundsätzen gemäß begegnet die deutsche Regie- staatlichen   Bechen eine Brotesterklärung überreicht mit dem Hin- blutigem Gemetel ender und die zermürbten Massen wären Lage auf Abhilfe gerichtet sind, mit dem wärmsten Empfang foll nunmehr heute nachmittag stattfinden. 3ntereffe. Wir können nur wünschen, daß es gelingen möge,   Frankreich und   Belgien rechtzeitig zur Aufgabe von Unternehmungen zu bewegen, die diesen Ländern niemals Sicherheiten oder Werte verschaffen, beiden Ländern aber zwedlose often aufbürden,   Deutschlands Leistungsfähigkeit bis zur Bernichtung herabfeßen und   Europa in eine immer ernstere Wirtschaftskatastrophe hineinziehen.  

London, 23. Januar  .( WTB.) Reuter

meldet aus

Kowalskis Beerdigung.  

Langendreer, 23. Januar  .( MTB.) Heute nachmittag fand die Beerdigung des Kranfenträgers Kowalsti unter überaus großer Beteiligung der Bevölkerung statt. Biele tau. send Personen gaben dem Toten das letzte Geleit. Eine Fülle von Kränzen schmückte sein Grab. An der Beerdigung nahmen die Bertreter der Regierungs- und Kommunalbehörden, der Schulen und Der Gewerkschaften teil.

Die Besatzungsbehörden lenken ein.

zu weiterem Widerstand unfähig.

Mit den Kräften des Widerstandes hauszuhalten, fie ratio­nell zu verwenden, mit dem fleinsten Kraftaufwand die größte Wirkung zu erzielen, das ist die Aufgabe, die jetzt geleistet werden muß.

Allen Respekt vor den Herren, die sich nicht scheuen, einen bequemen Billenjih mit dem Militärgefängnis zu vertauschen. Aber man darf feinen Augenblick vergessen, daß die moralische Widerstandskraft dieser Herren in ihrer sozialen Stellung und ihren wirtschaftlichen Verhältnissen einen starten Rückhalt be­jigt. Der Arbeiter, der fleine Angestellte und Beamte lebt in ewiger Sorge um das Stückchen Brot für morgen. Sein Brot muß ihm unter allen Umständen ge= fich ert sein, sonst fann er beim besten Willen nicht fämpfen.

Und ebenso läßt sich der moralische Widerstand der Massen im unbefehten Gebiet nur aufrechterhalten, wenn hier für Arbeitsgelegenheit und Lebensmöglichkeit gesorgt ist.

Was wird   Amerika tun? Senator Borah über   Amerikas Pflicht zum Eingreifen.  Washington: Senator Borah, Mitglied des Auswärtigen Aus- Bon französischer Seite wird in Effen, verbreitet, daß in schusses, bezeichnet in einer Erflärung den Vormarsch Frant- Deutschland wichtige Truppenbewegungen vorgenommen reichs als einen Aft von unbarmherzigen militaris- würden. Hierzu wird von zuständiger Seite erklärt, daß alle mus, der eine Verlegung des Waffenstillstandes   deutschen Truppen in ihren Garnisonen sind und und des Versailler Vertrages fowie ein Bergehen feinerlei Truppenzusammenziehungen irgendwelcher Art stattgefunden gegen die Menschheit darstelle. Senator Borah tabelt haben. Für das unbefeßte Gebiet Kohle, für das besetzte Gebiet die Politik des Staatsdepartements, das, fich fchweigend und Lebensmittel zu schaffen, die zur Verteilung gelangen sei es unfätig verhalte, und trift dafür ein, daß die Vereinigten für Arbeiten oder Nicht arbeiten das ist das Problem, da­Effen, 23. Januar  .( BTB.) Die   französische Bevon hängt alles ab. Alles! Denn wenn es dem Gegner ge­Staaten nicht länger mit Ehren stillschweigen jagungsbehörde hat heute gelegentlich einer mündlichen Ber- lingt, durch die Erzeugung von Maffenelend den moralischen fönnen. Das Vorgehen   Frankreichs findet nach meiner Meinung handlung auf Grund von Vorstellungen des   Regierungspräsidenten Widerstand zu brechen, dann hat   Deutschland den Welt­feine Begründung in dem Vertrag von Bersailles. Es ist eine Ge- in   Düsseldorf, die in den letzten Tagen erfolgt waren, mitgeteilt, daß Prieg noch einmal, schlimmer als das erftemal, ver­fährdung der internationalen Ordnung, des Weltfriedens und eine auf Geheiß des Oberbefehlshabers der Rheinarmee Befehle folgen- Ioren, und es fommt eine Revision des Friedens von Ver­Beleidigung der Menschheit. Die franzöfifche Affion den Inhalts ergangen find: wird zu einer Entschädigung nicht führen, aber die größten Leiden failles nicht nach den Wünschen aller vernünftigen und gerecht denfenden Menschen der Welt, sondern nach den Plänen des nicht nu: für die   Deutschen, sondern für die Bölfer ganz   Europas  französischen Imperialismus. verursachen und unberechenbaren Schaden über unser eigenes Belf bringen.

1. Es ist allen Truppenteilen ausdrüdlich verboten, irgend welche Fettwaren für den Truppenverbrauch zu beschlagnahmen oder aufzutaufen.

Die Bedeutung und das Wesen dieses neuen Kampfes 2. Das gleiche Verbot ist hinsichtlich Frischfleisches und muß auch das Ausland begreifen lernen. Wer dem deut­New Yort, 23. Januar.( Funkspruch.)" New York   Herald" Gefrierfleisches in Metzgereien und Schlachthöfen erlaffen. schen Bolt in seinem gerechten Kampf helfen will, der muß meldet aus   Washington: Die Erklärung Senators Borah gegen den Außerdem wurde erklärt, daß die Besaßungsbehörde sich jeg miffen, daß ein Korb Kohle und ein Pfund Fett für uns wert­französischen Vormarsch ins   Ruhrgebiet wird als Einleitung zu einem licher Eingriffe in die Zufuhr von Lebensmitteln voller find als die Aussicht auf eine diplomatische Intervention wohlüberlegten Angriff des Kongresses auf die äußere Politit der in das   Ruhrgebiet auf allen Verkehrswegen enthalten wird. mit ungewissem Ausgang. Mag auch in diesem Augenblick Regierung betrachtet. Das soll auch dann gelten, wenn die Eisenbahnen Transporte noch das nötigste vorhanden sein, man muß sich auf ein In einer Erklärung fagte Senator Borah noch: Die erste Pflicht für die Entente, also die Reparationsfohlentransporte, verweigern langwieriges Ringen gefaßt machen; so lange einer Nation ist, ihr Leben zu beschüßen, wenn sie ange- sollten. griffen wird, und die höchste Ehre und der höchste Ruhm im Siege

es dauert, dürfen Kohle und Lebensmittel nicht ausgehen. Kohle und Lebensmittel sind die Munition dieses neuartigen Kriegs.

ist es, gegen einen besiegten Feind gerecht zu sein. Diese Bölfischer Unfug nach Polizeiffunde. Wie uns gegen Mitter­Regel unterscheitet wilde von zivilisi rben Bölfern. Es waren die nacht mitgeteilt wird, fanden gestern abend am Kurfürsten­amerikanischen, von Wilson vertündeten Grundsätze, fraft damm wieder einmal antirepublikanische und antisemitische und Wirkungen, die aus dem Ausland kommen, nicht gering zu Neben den materiellen sind auch die moralischen deren der Waffenstillstand unterzeichnet wurde und   Deutschland gebungen von Schuh- und Truzbündlern statt. Zwei Züge schätzen. Für die Geschichte verdient festgehalten zu werden, feine Waffen niederlegte. Es waren unsere Soldaten, die es möglich von etwa je 80 Mann, die von einer Bersammlung famen, durch­machten,   Deutschland zu besiegen und zu entwaffnen. Oft haben wir rufen auf die   Republik, die Juden usw. Es wird an der Zeit, daß durch Entsendung des Genossen Charles Roden Burton zogen die Straßen unter Abfingen völkischer Lieder und Nieder- daß die englischen Arbeiter die ersten waren, die offiziell erklärt, daß wir mit dem   deutschen Bo1! biefem groben Unfug sowieso verbotener Organisationen polizeilich nach dem Ruhrrevier den Weg zu ihren kämpfenden Kame feinen Streit hätten, sondern Gefühle der Sympathie und ein Ende gemacht wird. raden gefunden haben.