Sie Einrichtung üee§remöherrschast. Karlsruhe , 5. Februar. (Amtlich.) In der Nacht auf Sonn- tag find französische Truppen aller Waffen durch das Gebiet des Brückenkopfes Kehl nach dem bisher unbesetzten bodischen Gebiet vorgerückt. Die Hauptmacht war in Schlettstadt im Elsaß zusammengestellt und mit der Bahn bis Straßburg gebracht war- den. Sonnabend vormittag von 7 Uhr an begann die Besetzung von Windschläg , Appenweier , Osfenburg und Ortenberg durch starke französische Truppen, zunächst durch Lkaoalleri« in Begleitung von Panzerwagen, dann durch In- janterie und Artillerie. Don mittags 2 Uhr an wurde der Post- und Telegrophenoerkehr nach auswärts völlig unterbunden. Zwischen 11 und 12 Uhr gab der französische Kommandant in Offen- bürg dem Vertreter der Staats- und Gemeindebehörde einen Befehl bekannt. Danach verfolgt diese ausgeführte Operation keine militärischen Zwecke: sie richte sich nicht gegen die Be- völkerung, sondern sei als„Sanktion" zu betrachten gegen.gewisse Machenschaften", gegen den Friedensvertrag(Einstellung internatio- naler Züge usw.). Bon Montag abend ab wird der Bahnverkehr zwischen Offenburg und Appenweier eingestellt. Durchgr- lassen werden nur die internationalen Züge Holland — Schweiz . Der Befehl enthält weiter folgendes: Die öffentlichen Betriebe setzen ihre Tätigkeit fort unter Koinroll« der französischen Behörde. Das Personal verbleibt auf seinem Posten und oersieht feinen Dienst weiter, sofern von der französischen Behörde keine Entlassungen vorgenommen werden. Be- schädigungen des Materials der öffentlichen Betriebe, der Kunst- baute» usw. werden verboten und die Staats- und Gemeindebchör- den für die Ausführung der französischen Militärbcfehle, sowie für jede Zerstörung und Beschädigung verantwortlich gemacht. Im neubesetzien Gebiet wird die Polizei und Gendarmerie der französischen Militärbehörde unterstellt, die ihre Aus- rüstung und Dienfttätigkrit festsetzt. Ansammlungen von mehr als fünf Personen werden verboten, desgleichen Berlamm- langen. Jedermann muß stets einen Personal- a u S w e i s bei sich führen. Pvlizeistllnbe 9 Uhr, Verkehr auf Ciraßen und Wegen von 9 Uhr abends bis 6 Uhr morgens ver. boten. Der Tagesverkel)r zwischen den neubesetzten Ort. schoften und zwischen dem ncubesetzten und dem unbesetzten Gebiet wird einer Kontrolle unterzogen. Jeder Verkehr muß b e- gründet werden.— Befohlen wird Ablieferung aller blanken und Feuerwaffen unter persönlicher Verantwortung der Bürger- meistcr, angekündigt die Sperre des Telegraphenoer- kehrs für sämtliche deutschen Behörden und Privatleute, franzö- sisches Visum für alle Telegramme vorgeschrieben, drahtlos« Tele- graphmstationen sind verboten und alle Brieftauben anzumelden. Jede Zuwiderhandlung ist mit-Festnahme und Vorführung vor das Militärgericht bedroht. Gegen Unruhen, Widerstände und Feindseligkeiten werde Waffengewalt angewendet werden. Wenn eine Waffenabteilung überfallen werde, so werde sie sofort von ihrer Waffe Gebrauch machen. Der Oberamtmann von Offenbuvg hat sogleich erklärt, daß Behörden und Beamte nur Befehle von deutschen Behörden annehmen, und er hat am Nachmittag dem fron- zösischen Kommandanten ausdrücklich mitgeteilt, daß sämtliche Reichs, und Landesbeamten es ablehnen, sich den französischen Befehlen zu unterstellen. Die badische Landesregierung hat die Reichsregierung telegra- xhisch ersucht, gegen das unerhörte völkerrechtswidrige französisch« Vorgehen schärfsten Protest zu erheben. Zugleich wurde der Ober- amtmann von Offenburg beauftragt, dem Kommandanten der französischen Truppen im Namen der bodischen Regierung ein« nachdrückliche Protesterklärung abzugeben. In voller Ueberelnstimmung mit der Reichsreyierung ist die badlsche Regierung entschlossen, alles zur Wahrung der Staats- Hoheit zu tun, was nationale Würde und Ehre erfordert. Was Gffenburg verkehrstechoijch beüeutet. Karlsruhe , 5. Februar.(TU.) Appenweier und Osfenburg sind Stationen der badischen Hauptbahnstrecke, die von Mannheim über Karlsruhe — Rastatt — Baden— Oos— Appenweier— Offenburg nach Freiburg und Basel führt, aus der alle internatlonalen Züge von Berlin — Frankfurt und Hamburg — Frankfurt noch der Schweiz und nach Italien verkehren. In Appenweier zweigt die Linie München— Stuttgart— Karlsruhe— Straßburg— Paris(Orientexpreßzug) ab. In Osfenburg zweigt die S ch w a r z w a l d b a h n ab, die durch das Kinzigtal aufwärts nach Freudenstodt, Triberg — Donaueschingen und
Konstanz führt. Die Franzosen haben also die drei w i ch t i g st e n bodischen Haupt st recken unter ihre Kontrolle ge- bracht. örantings Anregung vergeblich. Paris , S. Februar.(DJIB.)„Pckit Parisiieu" berichtet, Sonnabend vormittag habe Braniiug im Dölkerbundral als eine rein persönliche Anregung die Aufmerksamkeit des Völkerbundes auf die Ruhrbesetzung gelenkt. Er habe in sehr konzilianten Morien gefragt, ob es nicht möglich sei, eine drille, eine neutrale Ration zum Richter in dieser Frage zu machen. Alan habe von dieser Anregung Kenntnis genommen, ohne sie zn erörtern. Der„Temps" glaubt zu wiffen, daß in dieser vertransichen Sitzung Rraniing in sehr maßvollen Wendungen dem Wunsche Aus- druck gegeben hak, die Reparationsfrage möge in ihrer Gesamtheit— nicht jedoch, wie behauptet worden ist, die Frage der Rnhrbesehung— vom völkerbundrat einer Prüfung unkerzogen werde«. Die Vertreter Frankreichs und D e l g i e u s bemerk- ten, daß der Augenblick einer derartigen Debatte nicht günstig fei. vranting erwiderte, daß er nicht darauf bestände. da eine Einigkeit nicht zu erzielen sei. Er hat sich vorbehalten, mit seineu Kollegen privalim die Frage zu besprechen und später vor dem schwedischen Parlament Erklärungen abzu- geben. Der VSlkerbnndrak hat beschlofien, seine nächste Tagung im Monat April abzuhMen. verkehrsftillegungen unü Ausweisungen. Die willkürlichen und, wie es scheint, zum Teil ganz planlosen Eingriffe in das Verkehrswesen rufen im besetzten Gebiet die u n- angenehm st«n Stockungen hervor, von denen auch wichtige Haupt st recken betroffen sind. Es ist infolge eines Kon- flikts auf dem Bahnhof Höchst a. M. der durchgehende Verkehr auf der Strecke Frankfurt a. M. bi» Limburg . Mainz- Kastell, Wiesbaden unterbrochen. Infolge Besetzung des Bahnhofs Goddelau ist der Eisenbahnverkehr Frankfurt am Main— Mannheim— Worms unterbrochen. Der Bahnhof Koblenz wurde von neuem besetzt und dadurch die Strecke Trier — Köln gesperrt. Uebrigens haben die Frcmzosen während der ersten Besetzung der Bahnhofsanlagen von Koblenz v a n d a- lisch g e h a u st. Man hat sich sogar an der Dienstklei- dung der Eisenbahner vergriffen und die Diensttäume in eine Kloake verwandelt. An dem Sachmaterial ist ein Millionen- schaden angerichtet worden. Zugentgleisungen infolge Mili- taristerung waren nur in Ingelheim und Weisenau gemeldet. Der Sachschaden ist groß, während Menschenleben nicht zu be- klagen sind. Neue Ausweisungen werden hauptsächlich von Mainz , Aachen und Düsseldorf gemeldet. In Essen hat man neuerdings st reckende Beamte einer staatlichen und einer pri- vaten Zeche wegen Verweigerung von Kohlenlieferungen ver- haftet. Wie unangenehm sich infolge der Gewaltpolitik die Eni- wicklung auf dem französischen Kohlenmarkt bemerkbar macht, scheint daraus hervorzugehen, daß die Franzosen mit Saarkohl« beladen« Eisenbahnwagen aus dem Saargebiet nach Frankreich leiten, die auf dem Klebezettel Orts des Saargebiets als Herkunfts- ort zeigen. Visher ist bekanntlich ein großer Teil der Saarkohle nicht nur im Saargebiet selbst oerblieben, sondern noch nach Deutsch - land exportiert worden. In Essen ließen die Franzosen am Sonntag abend auf einen Menschenauflauf mit Maschinengewehren und Ge- wehren schießen. « Essen . S. Februar.(MTB.) Reichskanzler Dr. C u n o hat gestem vor- und nachmittag in Essen, Bochum und Dort- m und im Kreise von Vertretern der verschiedenen Bevölterungs- gruppen eingehende Aussprachen gepflogen. Abends versieh der Kanzler wieder das Einbruchsgebiet. Die Besprechungen ergaben volle Uebereinstimmung über die Notwendigkeit des geschlossenen gewaltlosen Wider st andes gegen den Einbruch des fran- zöstfchen Imperialismus und Kapitasismus, sowie Uebereinstimmung über die wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen, die zur Ueber- windung der infolge des Einbruchs drohenden Schwierigkeiten und Gefahren geboten sind.
Kinöermorö aus Uebermut. Düsseldorf , 4. Februar. (WTB.) In der Vorhalle des Bahn- Hofs Düsseldorf-Bilk stand gestern eine Abteilung französischer Soldaten, der eine Anzahl Kinder zuschauten. Plötzlich legte, ohne erkennbaren Anlaß, ein französischer Korporal sein Gewehr an und schoß in die Kinder. Ein Kind wurde schwer verletzt, ein an- deres leichter verwundet. Das schwerverletzte Klnd ist kurz darauf gestorben. Der Kommandeur hat dem Beigeordneten Dr. Haas mitgeteilt, daß der Korporal vor ein Kriegsgericht gestellt werden würde; man versuchte, den Vorfall so darzustellen, als ob die Cr- schießung des Kindes durch die unvorsichtig« Hantierung des Korporals mit dem Gewehr verursacht worden fei. Der Komman- dant hat den Eltern des erschossenen Kindes als Entschädigung für den Tod des Kindes 100000 Papier mark(vierzig Papierfrank!) angeboten. Rsgeirungspräfidcnt Dr. Grützner hat die Besatzungsbehörde darauf hingewiesen, daß das Angebot einer solchen Entschädigungssumme ungehörig sei und empfohlen, daß die Eltern der französischen Besatzungsbehörde gegenüber ihre Entschädigungsansprüche gemäß dem �Bürgerlichen Gesetzbuche stellen mögen; als vorläufigen Beitrag für die notwendigen Kosten der Bestattung des getöteten Kindes sowie für sonstige Auslagen hat er den Eltern 200 000 M. überwiesen. Tie„Volköstimme" bleibt verboten. In Duisburg ist die sozialdemokratische„ V olks stim m e' aufs neue verboten worden, nachdem eben erst die erste Verbotsfrist abgelaufen war. Des Volkes Stimme ist für die Fran- zosen also immer noch unerträglich. französischer Sozialisienkongreß. Cille, 5. Februar.(EP.) In der heutigen Dormittagssttzung sprachen die ausländischen Delgierten. und zwar zunächst E n g b e r g- Schweden , dann Va n d e r o e l d e- Belgien, der ertlärte, daß die belgischen Sozialisten auch als Minister des Königs den Sozialismus nie verraten, sie hätten für die Arbeiter große Erfolge zu verzeich- neu, dem Lande das allgemeine Wahlrecht und das Gewerkfchasts- und Kcalitionsrecht gegeben. Er drückte die Hoffnung aus, daß die internationale fozialistifcbe Einheit bald wiederhergestellt werde. H i l f e r d i n g- Deutschland protestierte von neuem gegen die Ruhrbesetzung. Er führte aus, die deutsche» Sozialisten konnten nicht gleichzeitig gegen den französischen und den deutschen Kap:- talismus ankämpfen. Er erwartete deshalb die Unterstützung der ausländischen Sozialisten. Nackchem Hilferding sich noch über die Neparationspflicht ebenso wie in der Vorversammlung geäußert hatte, sprachen die Vertreter Rußland , Englands. Italiens. Deutsch - Österreichs und der Tschechoslowakei.— In l>er Nachmittagssitzung wurde dem Kongreß ein Telegramm der franzoiischen kommunifti- schen Partei betanntgegeben, worin diese vorschlagt, emen g c- m e i n s a m e n Kongreß der Sozialisten und Kommunisten einzu- berufen, um eine einheitliche Aktion gegen die Besetzung der Ruhr zu beraten. Dieser Dorschlag wurde einer Kommission zur näheren Prüfuno überwiesen....,,, Poris 5. Februar.(WTB.) Im„Oeuvre" wird unter Hinweis auf die Aeußerung Dr. Hilferdings, Frankreich was es wolle, erklärt, dieser Rat fei gut Wahrend des Krieges hätten die Regierenden in Frankreich niemals klar ihre Knegsziele verkünden wollen. Man wisse, was dieser Irrtum die Entente gekostet habe. Auch in diesem Augenblick_ begehe Poincare denselben Fehler, indem er nicht klar und offiziell für die Gegner und für die Alliierten die Besetzungsziele oder die Räumungsbedingungen darlege. Seiner Note vom 11. Januar über die Jngenieurmiffion Hobe er nichts hmzugefuch Aber man müsse doch heute zugeben, daß er sie m felt�mf�r W«,e überschritten habe. Theoretisch seien vielleicht d>e Deusichcn verpflichtet, zu fagen. wie sie zahlen wollten. Aber dadurch daß man in das R-uhrgebiet gegangen fei. fei man von der Theorie zur Praris übergegangen, man habe also die Initiative ergrljsen. Jetzt' wolle man den Willen des Gegners zermürben und ihn zum Nochgeben zwingen. Frankreich müsse jetzt sogen, inwiefern Deutschland nachgeben müsse, und welche Bedingungen man ihm stelle.' Das Blatt will noch nicht glauben, daß man trotz der ver- fchiedenen Unklugheiten. die begangen wurden, entschlossen fei. zu einer dauernden Ruhrbesetzung überzugehen. Habe sich doch sogar das Organ des Comite des Farges dies und die direkte Aus- beutung als"eine Aufgabe bezeichnet, die unmöglich durchzu- führen fei. Der Besitzer des Hotels„Moderne", ein gewesener Kriezsteil- nehmer, glaubte sich für den deutschen Hotelboykott gegen Franzosen dadurch rächen zu müssen, daß er den Genossen Dr. Hllfcrdi.i'.g aus feinen! Haufe wies. Hilferding wohnt jetzt bei dem franzogschcn Abgeordneten Genossen Saint Venant.
Polizei am Sahnhof. von Bruno Manuell Einer denkt heute von anderen schlimm. Wir sind ein Geschlecht unverbesserlicher Skeptiker. Die Propagandisten für Popularisierung der Nächstenliebe rennen gegen Mauern von Nächstenfurcht an. tieberholt man abends auf der Straße eine Dame, gleich schaut sie sich scheu um; weicht uns womöglich aus. Fragt uns einer in der Buhn, ob er mal in unserer Zeitung noch dem Dollar sehen darf, gleich stemmen wir unsere Arme fester in die Rippen, über denen im Jackett die Brieftasche sitzt. Auf Reisen hungern wir eher den ganzen Tag, als daß wir uns auf Minuten in den Speisewagen stehlen. Man kann nicht wissen! O-Zugdiebe— das.sind zumeist die Herren, die wir nach ihren Gesprächen für Ehrenmänner erster Klasse holten; sie benehmen sich so weltmännisch korrekt. Die Polizei ist neuerdings mit Adlerblicken hinter diesen Genttemen-Spitzbuben her; der Instinkt ihrer Beamten siegt ständig auf der Lauer. Wie das so geschieht bei fortgesetztem Lauern: der Blick, der Blick, er wird trübe. * Ich sah auf dem Anhalter Bahnhof zu Berlin einen llnifor- mierten, die personifizierte Polizei. Jeder Reisende wurde von der personifizierten Polizei gemustert. Der Schnellzug aus der Tschecho- slowakei war soeben eingetroffen. Möglich, daß ein paar von den weltgewandten Kofferenteianern dabei waren. Jetzt kam ein halbwüchsiges Vürfchchen die Treppe herab; tragen- los und etwas derangiert keuchte es mit den beiden juchtenen Taschen davon, die ihm sein Brotherr übergab. Selbiger wird nach Art der Brotherren inzwischen ein Auto bestiegen haben. Die personifizierte Polizei richtete die Adleraugen auf dos Iimgengesicht. Die Gehirnkariothek des Beamten meldete: Koffer- diebl Instinkt setzte den Polizeistiefel gegen das Opfer in Bewegung. Der Junge wurde vorgeknöpft, kramte umständlich in irgendwelchen Legitimationen. Er fand ein hinreichendes Papier. Der Alarm: Kofferdiebl aus der Beamtenkartothet verschwand. Ein Handschuh winkte ab; und die beiden juchten en Taschen schwebten davon. * Inzwischen war der gesamte Strom der Reisenden an der per- sonifizierten Polizei leidenschafttich vorbeigeflossen. Es tropfte bloß noch von gebrechlichen und schwerfälligen Leuten, denen sogar Polizei- insttnkt und Adlerauge nichts anhaben tonnten. Die weltgewandten Gentleman-Spitzbuben aber, so welche dennoch darunter waren, brauchten vor der personifizierten Polizei sowieso keine Angst zu haben: sie pflegen ihre Koffer, das heißt eigentlich nicht ihre Koffer von hurtigen Trögern ans nächste Auto schleppen zu lassen, mit dem sie gewöhnlich nach Art der Brotherren davonfahren.
Berliner Biedermeierkunst wird in einer kleinen Ausstellung in der Akademie der Künste am Pariser Platz gezeigt. Sie umfaßt die Jahre 1800 bis 18S0, in der Schadow, der Bildhauer, Schinkel, der Architekt, und Menzel, der junge Maler, in der Stadt Berlin tätig waren und neben diesen drei Größten Künstler wie Rauch, Blechen, Krüger. Eduard Meyerheim , Gärtner und S t e f f e ck bei uns lebten und wirkten. Ihr Schoflen ist von den Tendenzen, die die heutige Kunst verfolgt, himmelweit entfernt, und doch mutet es uns vertraut an, wehmütig rührend wie ein vergilbter Strauß aus Urgroßmutters Garten. Die Haupt- merke dieser Zeit stehen als Denkmäler auf den Plätzen und Straßen Berlins oder zieren als Gemälde unsere Museen. Was die Akademie- Ausstellung bietet, ist sozusagen eine Nachlese: kleine Blätter und Plastiken, Zeichnungen, Entwürfe und Skizzen, teils aus den Depots öffentlicher Sammlungen, teils aus Privatbesitz , wichtig für den Kenner und Forscher, aber für das große Publikum nur von mäßigem Interesse. Wem es Freude macht, an der Hand sauber gezeichneter, zierlich kolorierter Bildnisse und Straßenansichten sich in das alte Berlin und feine würdig pedantischen Bewohner hineinzuträumen, an plastischen Modellen das Entstehen bekannter Monumente, an Skizzen des jungen Menzel erste Spuren eines großen Genies und einer neuen Kunst zu studieren» der widme der kleinen Ausstellung eine freie Stunde. I. S. Ausbau des Mutterschutzes in Amerika . In keinem Lande der Weit wird feit Iahren so viel für den Schutz der Mütter Neu- «borener getan wie in den Bereinigten Staaten. Aber eine Für- sorge, die m einem europäischen Kulttirstaate schon längst zum Ziele geführt hätte, bleibt in dem größten Staate des amerikanischen Kon- ttnents in den Kinderschuhen stecken. Weit« Gebiete des unge- heueren Landes entbehren noch heute der primitivsten Vorkehrungen für die Wöchnerinnen wie für den Säugling. Darauf ist es zurück- zuführen, daß alljährlich in den Dereinigten Staaten über 20000 Frauen im Wochenbett sterben, weil sie sachgemäßer Hilfe und Pfleg« entbehren, daß über 100000 Kinoer im Jahre tot zur Welt gebracht werden, und eine noch größere Zahl in den ersten Lebensmonaten stirbt. Um diesen entsetzlichen Mißständen abzuhelfen, ist in manchen Staaten eine Wöchne- rinneninspektion eingeführt worden: nach Meldung einer Neugeburt, die innerhalb 48 Stunden erstattet werden muß, besucht ein geburtshilflich ausgebildeter Arzt die Wöchnerin, um nach dem Rechten zu sehen. Aber auch diese Zwangseinrichtung ist weiter nichts als ein Tropfen auf einen heißen Stein. Um nun einen Zwang zum intensivsten und raschesten Fort- schritt in der Mutter- und Säuglingsfürsorg« auf die in dieser Hin- ficht zurückgebliebenen Staaten auszuüben, ist jetzt dem Kongreß der Bereinigten Staaten ein Gesetz unterbreitet worden, das ein Mindestmaß von Schutz und Fürsorg« jeder Mutter und jedem neugeborenen Kinde gewährleisten soll. Ins Auge gefaßt wird die Errichtung von Mutterbcratungs- und Säuglingsfür- sorge stellen in Stadt und Land und die systematische Unter- Weisung von Aerzten, Hebammen und Fürsorgerinnen in der Mutterschasts- und Säuglinqshygien«. Die Durchführung des Ge- setzes wird dem staatlichen Kinderschutzamt in Washington obliegen.
Merkwürdigerweise ist dieses Gesetz heftigem Widerstand be- gegnet. Seine Gegner sind in erster Linie die strengen Sittenapostet. Sie befürchten, daß der erhöhte Schutz, der auch dem unehelichen Kinde und seiner Mutter zuteil werden soll, als„Anreiz zur Un- sittlichkeit" wirken und die Zahl der„illegitimen" Derbältnisie und Kinder oermehren würde. Andere wieder erklären die Kontrolle der Mütter und Säuglinge durch die Beratungsarzte und Fürsorge- rinnen als unzulässigen Eingriff in die Rechte der Familie und als eine Verletzung der durch die Dersassung verbürgten persönlichen Freiheit. Es ist jedoch zu hoffen, daß die Vernunft über „Mvralinsäure" und verbohrten Doktrinarismus siegen wird, und daß dos Mutterschutzgesetz in den Dereinigten Staaten mit seinen sicherlich nicht ausbleibenden segensreichen Wirkungen andere Staaten zum Nacheifern anreizen wird. Ein zoologischer Raiurgarten in Afrika . Im Felsmasiiv des Ngoron(Sora, im ehemaligen Deutsch-Oftafrita, einer S�wat" tigen geologischen Bodensenkung, die aus einer Länge von 160 Ki.o- Metern und einer Breite von 16 Kilometern vnn fast senkrecht ab- fallenden Felswänden begrenzt wird, haben die englischen For- s-hungsreisenden Barns und Roß im Rahmen eines üppigen Natur- parks einen ganzen zoologischen Garten gefunden. Die Fauna und Flora der Tropen hat hier die seltesten Spielarten in üppiger Man- nigsaltigkeit geschaffen. Nach der Schätzung der beiden Forscher um- fassen die Rudel der wilden Tiere, die im Grunde dieses zoologischen Tales leben, mindestens 7S 000 Exemplar«. Die Hoffnung, unter diesen lebendige Exemplare bisher unbekannter ober sonst lchon ausgestorbener Tierarten zu finden, hat freilich ein« Enttäuschung er- fahren; denn man fand von prähistorischen Tieren nur fossile Reste. „ Schwimmende Geldschränke". Die niederländische Post hat ouf den Dnmpferlinien schwimmende Geldschränke ein- geführt, durch die im Fall eines Schiffbruches besondere Wertsachen und Geldbriefe über Wasser gehalten und leichter geborgen werden können. Der Geldschrank ruht auf dem Schiffsdeck zwischen vier gebogenen Metallhebeln, die sich erst dann selbsttätig öffnen, wenn der Geldschrank, gleichviel in welcher Lage, sich 10 Meter unter Wasser befindet; er erscheint dann schwimmend auf der Oberfläche und ist mit zeichengebenden Vorrichtungen ausgestattet, die die Aufmerksam- keit auf den Wertbehälier lenken. Eine starke Lampe brennt alle drei Minuten eine Minute lang, von 12 Raketen werden stündlich eine emporgeschleudert, und ein Horn ertönt alle 8 Minuten eine Mi- nute lang. Auch sind diese 3000 Kilogramm wiegenden Geldschränke gegen Feuersgesahr und Explosionen gesichert, da sie einer Hitze von 1700 Grad Celsius und einem Drucke von 10 Atmosphären Wider- stand leisten. Rührend zu sehen, welche Bemühungen man hier der Rettung gefährdeter Geldschränke«mgedeihen läßt. Hoffentlich wenden die niederländischen Dampferqesellschoften wenigstens einen kleinen Teil dieser Sorgfalt auch zur Sicherung des Leben« ihrer Pasiagiere auf. Deutsches Opernhaus. Segen Erkrankung von Herta Stolzenöerg gelangt an Stelle der.Engen -Onegin'-Borstellung heute.Die ver- l a u i t e Braut' zur Aussührung. Die Lebenserinnernngeu Radtndrauath TagurS erscheinen soeben im Kurt- Wolfs. Verlag Dkünchen. Der Dichter erzählt w ihnen die Geschichte seines Lebens bis etwa zum 2t. Lebensjahr«.