nalurgemäß die politische Beurteilung� PoNtisches Denken aber muß vor der Verwirklichung des Demokratisierungsge- dankens vorhanden sein, weil Demokratisierung der Verwal- tung als politische Angelegenheit der Allgemeinheit und nicht als eine Sonderfrage egoistischer Beamtenpolitik au werten ist. Wer die Demokratisierung der Verwaltung als einen Teil der staatsnotwendig, en Erneuening des Beamtentums im Volksstaate betrachtet, muß sich unter Einstellung auf obigen Gesichtspunkt für eine wesentlich anders geartete Praxis, als sie bisher geübt wurde, entscheiden. Die Demo- kratisierung der Verwaltung fordert von jedem einzelnen Be- amten tatkräftige Mithilfe zu ihrer Verwirklichung, das heißt für den Abbau des alten Systems, das seine hervor- ragendste Stütze im höheren Beamtentum fand. , Darum muß zunächst einmal der höhere Beamte nicht nur seine überholten politischen Auffassungen preisgeben, was unter der neuen Staatsform unhaltbar geworden ist, sondern auch zu einer gründlichen Revision seiner beamtenpoli- tischen Anschauungen schreiten, die häufig ihre Wurzel in gesellschaftlichen Rückftändigkeiten haben. Bevor der Verwaltungskörper ein lebendiger O r- g a n i s m u s werden kann, muß der höhere Beamte selber den Mut für die Beseitigung aller nicht in seiner Dienst- stellung begründeten Vorrechte(z. B. Urlaubsfrage in den Zentralbehörden, Einhaltung des Achtstundentages u. a. m.) aufbringen. Das ist zwingende Notwendigkeit in einer Zeit, in der nicht nur nmterieller Luxus, sondern auch der Luxus unzeitgemäßer Standesanschauungen sich als finanzielle Be- lastung der Volksgesamtheit auswirken. Diese Forderung er- streckt sich über die höheren Beamten hinaus auf alle Beamten- gruppen. Jede dienstlich ungerechtfertigte Heraushebung einer Veamtengruppe gegenüber einer im Rang tiefer stehen- den stört die zu erstrebende innere Einheit des Beamten- körpsrs und wird zum Hindernis auf dem Wege zur Demo- kratisierung der Verwaltung. Daß mittlere und untere Beamtenschichten nicht daran denken, einer öden Gleichmacherei durch Herabdrückung der Stellung des höheren Beamten das Wort zu reden, haben sie u. a. während der letztjährigen Besoldungsdebatten häufig genug bewiesen. Wenn aber von ihnen gefordert wird, daß an Stelle des geradezu verbittemd wirkenden prozentualen Teuerungszuschlages ein Kopfzuschlag zwecks zeitge- mäßer Regulierung der Grundgehälter tritt, dann sollte im Interesse der dringend notwendigen Entspannung der in der Bcamtenhierarchie zwischen oben und unten herrschenden Atmosphäre, der Widerstand der höheren Beamten gegen die Erfüllung dieser Forderung aufgegeben werden, bevor die finanzielle Unzulänqlichkest des Staats zum Zlbbau des Systems zwingt. Daß die politische Entwicklung zu dieser Maßnahme drängt, kann dem Einsichtigen nicht verborgen bleiben. Keine Berufsschicht beweist ihre staatserhaltende Ge- sinnung damit, daß sie immer nur Forderungen an anders Schichten stellt, sondeNi indem sie unter Einstellung politischer Notwendigkeiten in die eigene Rechnung die Zeitration auf- nimmt. Forderungen, die sonst zur Verwirklichung des Denut- kratifierungsgedaukens in der Verwaltung erhoben wurden, sind zwar längst Gemeingut aller Jntevessentenkreife geworden, aber noch sehr weit von der Erfüllung entfernt. Den nicht- beamteten Republikaner wird es befremden, daß das grundsätzliche Bekenntnis zur Republik von den im Dienste der Republik stehenden Beamten erst noch gefordert werden muß. Und doch zwingt der augenblickliche Zustand, diese Forderung an erster Stelle zu erheben. Erst ihre Verwirklichung bietet die Garantie für die Möglichkeit her Durchführung der Demokratisierung der Verwaltung. Wesentliche Forderungen sind außerdem: Besetzung der Personalreferate mit republiktreuen Beamten, Neubesetzung der Disziplinar- gerichte mit zuverlässigen Republikanern, Beseitigung des Ressortpartikularismus, Abgrenzung d er ZuständigkeitnachMaßgabe der Verantwortlichkeit u. a. m.
von Deachen unö Drachensteigen. Der Herbst naht, und mit dem Wind, der über die Stoppeln weht, beginnen die Drachenspiele unserer Knaben, die sich an ihren kühnen Flügen in der Luft ergötzen. Dabei kommt ihnen freilich nicht in den Sinn, daß diese Drachen, die stch da so lustig im Wind fc«hen, eine uralte Geschichte haben, daß ganze Völker stch durch Jahrhunderte mit ihnen in Ernst und Scherz beschäftigten und sogar die Wissenschaft ihnen manche Errungenschaft verdankt. Der erste, der einen Drachen oerfertigt haben soll, war der griechische Gelehrte 21 r ch y t a s von Taren t, der ums Jahr 400 v� Ehr. lebte. Es erregte das größte Aufsehen, als er ein merk- würdiges Gebilde in die Lust steigen ließ, das aus zwei gekreuzten, mit Leinwand überspannten Holzstäben bestand. Der Drache, dessen Form in unserem Kinderspielzeug noch fortlebt, sollte Archytas zur Erkenntnis der Naturgesetze dienen. Auch sonst haben Drachen m der Wissenschaft ein« Rotte gespielt: mit Hilfe eines Drachens führte Franklin den Beweis, daß die Wolken elektrisch geladen seien, und sein Versuchsdrache wurde der erste Blitzableiter. Auch�zur Er- forschung hoher Luftschichten hat sich die Meteorologie der Drachen als Registrierapparate bedient. Das eigentlich« Haupt- und Heimatland der Drachen ist aber von altersher China , wo sie schon im drillen vorchristlichen Jahr- hundert zu militärischen Signalen benutzt worden sein sollen. Aus China stammt auch das Drachensteigenlasien, das dort ein uraltes Nationalvergnügen ist. An gewisfen Festtagen eist hoch und niedrig, jung und alt ins Freie, und bald schwirrt ein unendliches Meer bunter Ungeheuer am Himmelszelt. Das eigentliche Drachenfest ist das„Fest des hohen Fluges", das auf den neunten Tag de» neunten Monats fällt. Dann sind auf den Höhen von Fuchau mehr als 300 000 Personen versammelt, die entweder Drachen steigen lassen oder dos wundersame Leben in den Luftregionen nur be- . wundern. Diese Drachenspiele hängen mit dem chinesischen Mythos aufs engste zusammen. Der Drache, das Symbol des himmlischen Reiches, verkörpert berühmte Götter und Helden, die. In den hoch emporstrebenden Papierdrachen gebannt, sich der Luft und dem Himmel vermählen. Alls möglichen Tier«, denen man günstige oder üble Vorbedeutung zulegt, Frösche, Fische, Schmetterlinge. Fleder- mause, Hundertfüße— sie alle leben tn dieser bunten Drachenwelt auf, und werden von der Erde, auf der sie Unheil stiftm, in die Lyft verwiesen oder durch den Flug zum Himmel geehrt. Veson- ders beliebt sind die musikalischen Drachen, die an einem Banibusbogen eine seidene Schnur tragen, auf der der Wind«inen wohllautenden Ton hervorbringt. Auch mit bunten Lämpchen sind die Drachen reich geschmückt. Bisweilen sind diese Spielzeuge riesengroß, so z. B. der Hundertfuß, der vom Kopf bis zum Schwanz fast 40 Fuß mißt und sicher der größte Drachen ist, der je zum Flug in die Lust hergestellt wurde. Mit den sogenannten Kampf- brachen, die etwa.S Fuß lang, kreuzförmig und am Ende mit schwarzen Spitzen oersehen sind, werden ganze Lustkämpse aus-
Daß auch die Frage des Beamtenabbaues für die Demokratisierung der Verwaltung besondere Bedeutung besitzt, liegt auf. der Hand. Gerade weil die Gefahr besteht, daß der Beamtenabbau zur„Gesundung des Beamtenkörpers" in republikfeindlichem Sinne mißbraucht wird, hat die ge- famte Beamtenschaft das größte Interesse an der Mitwirkung ihrer Gewerkschaften bei der unerläßlichen Reorganisation der staatlichen Verwaltung und der ihr zufallenden Aufgaben (z. Ä. Steuergesetzgebung und Steuewerwaltung). Ramcnt- lich der Artikel III des inzwischen bekanntgewordenen Eni- wurfs eines Gesetzes über die Berminderung des Beamten- körpers(Beamtenabbaugesetz), der Bestimmungen über die Versetzung entbehrlicher Reichsbeamter in den einstweiligen Ruhestand enthält, erscheint geeignet, einer Bereinigung der Verwaltung Vorschub zu leisten, die weder fach- lichen Erwägungen entspringt, noch mit der Wahrnehmung finanzieller Interessen zu begründen ist. Einer auf solcher Grundlage erstrebten Verminderung des Beamtenkörpers wird die Beamtenschaft schärfsten Kamps ansagen müssen, weil sie nicht zugeben kann, daß eine Schädigung ihrer In- tcressen um dunkler iele willen erfolgt. Den Beamten aber, die glauben, der Parole: Kampf jedem Beamtenabbau! folgen zu sollen, muh doch einmal die Frage vorgelegt werden, ob sie meinen, mit ihrem Vorgehen der drohenden G e- ahr einer Finanz- und V e rw a ltun g s d ikta- u r der Entente leichter begegnen zu können, als wenn sie sich in klarer Erkenntnis der politischen Gesamtlage zur Mitwirkung an der gerechten Lösung der Frage des Be- amtenabbaues von vornherein bereit erklären. Aus dem Bestreben, die Mißerfolge der bisherigen Demokratisierung der Verwaltung unternommenen Versuche vom Standpunkt der Parteipolitik zu erklären oder gar zu rechtfertigen, kann eine objektive Beurteilung nicht gewonnen werden. Begründungen wie die, die großen politi- scheu Probleme hätten die Durchführung der Demokratisierung verhindert oder geeignete Kräste ständen in ausreichendem Maße nicht zur Verfügung u. a. m.. können nur teilweise Zu- stimmung beanspruchen. In Wahrheit beweist die Heran- ziehung dieser Begründungen die Tatsache, daß vielfach auch von maßgebender Stelle an dem Kern des Problems vorbei- gesehen worden ist. Nicht zuletzt läßt sich diese Feststellung beweisen mit der Stellungnahme der früheren Reichsregiernng und der Landesregierungen zu dem Beamtenrätege- danken. Wenn fetzt van republikanischer Seite die"Bs- fetzung der Staatsstellen mit republiktreuen Beamten verlangt wird, von denen wichtige Entscheidungen zu treffen sind, dann muß dieser Forderung zugestimmt werden. Eine Durch- forstung der Verwaltung mit demokratischem Geist aber wird erst möglich werden, wenn auf Grund eines zeitgemäßen Be- amtenrätegesetzes die Mitarbeit aller Beamten an der Lösimg der Verwaltungsaufgaben im System ge- sichert ist. Die Kommunisten verlangen neuerdings„Kontrolle der Behörden durch Beauftragte der Arbciterausschüsse". Wer kontrollieren will, muh aber erst einmal selber etwas von den Dingen verstehen. Darum wird nicht Kontrolle, son- dem Demokratisierung der Verwaltung gefordert, das heißt Neuordnung des Verwaltungsapparats durch Menschen, die Verwaltungsarbeit im Geiste der deutschen Reichsverfassung zu leisten vermögen.
Die Papiermark-Lohnpolitik. Eine Antwort des Reichsarbeitsministers. Die„Deutsche Tageszeitung" brachte am Dienstagabend „Ein offenes Wort zur R u h r k o c r u p t i o n". In diesem „Die Verantwortung " überschriebenen Zlrtikel wurde ins- besondere dem Reichsarbeitsminister Dr. Brauns der Vorwurf gemacht, daß er durch seine Lohnpolitik dazu beigetragen habe, die Verhältnisse im Ruhrgebiet zu korrumpieren. Die Korruption erblickt das völkische Blatt darin, daß man den Patriotismus der Massen der
geführt: sie sind an seidenen Schnüren emporgelasien, die in Fisch- le'ün getaucht und mit einem Präparat aus Glas oder pulverisiertem Porzellan gedreht sind. Kreuzen sich die Schnüre, dann sind binnen kurzem fünf oder� sechs Drachen mit einander im Kampf, und mit leidenschaftlicher Spannung erwartet man den Ausgang, welcher der Kämpfer zuerst den anderen mit seiner Spitze durchbohren wird; dabei werden hohe Geldwctten abgeschlossen. Auch als Luftschiff soll der Drachen bereits in China verwandt worden fein, denn in einein Drachen flog der berühmte Räuber Ischikawa auf die Spitze des Schlosses von Nagaya, um den goldenen Wunderfisch zu stehlen. Die chinesischen Drachen und die Drachenspiele wurden durch die Chinamode des 17. und 18. Jahrhunderts nach Europa geführt und hier zu einer Lustbarkeit der Kinderwelt.
Seschränkung öer Kurlerfreiheit! Auf eine von dem GeschSftsausjchuß desDeutschenAerzte- vereinbundes an seiner Jubiläumstagung gcfaßjen Resolution gegen die Fassung des Z 6 des Gesetzes zur Be» kSmjjfung der Geschlechtskrankheiten teilt uns unser medizinischer Mitarbeiter, Gen. Dr. Norbert Marx, folgendes mit: Diese Forderung läuft auf die Schaffung eines B e h a n d- lungsmonopols für die approbierten Aerzte hin- aus, ohne daß diese für sich eine Behandlungspflicht, wie sie früher bestand, gerechterweife gefordert hätten. Uot_ eine sachgemäße Behandlung der Geschlechtskrankheiten durchzuführen, müßt« jeder Arzt mit einem entsprechenden Jnstru- mentarium versehen sein. Solange aber noch Aerzte, ja sogar Hautärzte, ohne Mikroskop„spezialistisch" arbeiten, sind nicht die Vorbedingungen dafür gegeben. Ueber die Mängel der örzt- lichen Ausbildung wird andauernd gerade von denselben Kreisen geklagt, die jetzt das nämlich« Studium als einzig« Vorbedingung für eine sachgemäß« Behandlung fordern. Syphilis und Gonorrhoe d�r Cholera und Pest gleichzustellen, ist ein sonderbares Unterfangen, da die Ueber- tragungsbedingungen der Krankheiten vollkommen verschieden sind. Wenn man solch« Berichte an eine Laienkörperschast, wie sie der Reichstag in seiner Majorität auf diesem Gebiete darstellt, richtet, darf man nicht der Gegenseite unlautere Motive wie„Bedrohung der Haupteinnahmequelle" unterschieben. Betreffs der Untcrsckieidungsmöglichkeit von noch ansteckenden und nicht mehr ansteckenden Erkrankungen der Geschlechtsorgane muß auf die schon eingangs erwähnten, auch bei Aerzten fehlenden Vorbedingungen hingewiesen werden. Durch die Abänderung des Paragraphen in seine früher« Fasiung würde ober dem Denunziantentum Tür und Tor geöffnet werden. Denn wenn eine Frau von ihrer Nachbarin gegen Ausfluß Spülungen empfohlen bekommt, hat diese Frau drei Monate Ge- fängnis wegen Beratung einer Unterlsibskranken verwirkt. Der tiefere Zweck'der Reichsratentschließung aber war die Aufhebung der Reglementierung der Pro st i» tuierten zu verhüten, die durch das Gesetz aufgehoben wurde. Es wurde deshalb dieser Passus, der nur ein jedem Staats- bürger zustehendes Recht der freien 2lusübung der Krankenbehand-
Bevölkerung, insbesondere der Arbeiterschaft, sozusagen ge, kauft habe, und zwar durch Lohnerhöhungen auf der einen und Zahlung übermäßig hoher Arbeitslosenunterstützung auf der anderen Seite. Ein Vertreter des dem Reichsarbeits- minister nahestehenden„Deutschen " hat deshalb Ver- anlassung genommen, Herrn Dr. Brauns über seine Stel- lungnahme zu diesem Angriff der„Deutschen Tageszeitung" zu befragen. Der Reichsarbeitsminister erwiderte auf dis Frage, ob die Sozialpolitik der Gegenwart unverhältnismäßig größere Summen verschlinge als vor dem Kriegs: „Selbstverständlich ist der Aufwand an Papiermark auch auf sozialpolitischem Gebiet um ein Vielfaches größer, als der Aufwand in Goldmark vor dem Kriege. Geht man aber auf Gold mark zurück, oder schaltet dm jeweiligen Entwertungskcessizienten«in, so sind die sozialpolitischen Aufwendungen des Reiches auf den«in- zelnen Gebieten geringer als früher. Auf allm Gebieten hat sich die deutsch « Sozialpolitik große Zurück hal- tung auferlegen müssen, und dem Kenner der Verhältnisse ist bitter weh ums Herz, wenn er sieht, wieviel unverschuldete Not heute keine Abhilfe mehr finden kann." Die weitere Frage, ob die Lohnpositik des Reichsarbeits- Ministeriums zur Geldentwertung beigetragen habe, beantwortete der Minister dahin: „Ueber Löhne und Lohnpolitik läßt sich nur im Zusammen- hang mit Preisen und Preispolitik sprechen.... Zwischen Löhnen und Preisen besteht eine enge Wechselbeziehung. Bei der leider sehr beschränkten Kaufkraft unserer heutigen Löhn«, die z. B. in der letz- ten Woche auch in dm höchstgelohnten Industrien und teuersten Städten kaum über zwei Goldmark im Tage betragen haben, be- dingt naturgemäß jede erhebliche Steigerung der Preise der wich- tigstcn Lebensbedürfnisse auch ein« Lohnerhöhung, wenn die Ar« beitskraft und damit die Wirtschaft überhaupt erhalten werden sollen. Umgekehrt bedeuten höhere Löhne natürlich auch eine Steige- runz der Produktionskosten, die sich wieder in den Preisen aus- wirkm muß. Entscheidend ist die Frage, von wo der Kreislauf feinen stärksten Antrieb erhält, ob von dm Lohnerhöhungen, der Preissteigerung oder schließlich von dem Notendruck. Jeder unbe- fangen« Beobachter wird zu dem Ergebnis kommen, daß von der Lohnseite her die Geldentwertung sicherlich nicht in erster Linie verursacht worden ist, daß die Löhne vielmehr fast stets den steigenden Preisen nachgehinkt sind. Daß in einzelnen Gewerben die Löhne auch einmal ein paar Tage lang oder auch einmal die eine oder andere Woche das unbedingt notwendige Maß über- schritten haben,... wird bei der Unsicherheit unserer ganzen Wirt- schaftsführung kaum zu vermeiden fein. Im allgemeinen ist aber die real« Kaufkraft des Lohnes in der Nachkrienszeit erheblich niedriger gewesen als vor dem Kriege und gerade in letzter Zeit bedauerlicherweise weiter gesunken. Auch eine nähere Prüfung der in den Preisen steckenden Unkosten und das Verhält- ms der Löhne zu diessn zeigt, daß man die Löhne zu Un- recht zum Sündenbock stempeln möchte." Auf die weitere Frage, ob sich in diesen Dingen auch nichts geändert habe, seit das Reichsorbeitsministerium den Grundsatz der wertbeständigen Löhne vertritt, erklärt der Minister: „Die zwingende Notwendigkeit der Praxis, die Unmöglichkeit, durch Lohnoereinbarungsn der rasend schnellen Geldentwertung auf andere Weil« gerecht zu werden, waren es, die zu der wertbestän- digen Entlohnung geführt haben. Nachdem die wertbeständige Rech- nung im gesamten Wirtschaftsleben sich durchgesetzt hatic, ließ es sich nicht mehr rechtftrtigm, allein auf dem Gebiet der Lohn- und Gehaltszahlung die immer größere Markentwertimg einfach zu übersehen und den Arbeitnehmer mit der ganzen Bürde der Jnfia- tionssteuer zu belasten. Es ist aber ein gefährlicher Irrtum, wenn man annimmt, daß infolge der wertbeständigen Bezahlung die Arbeiterschaft nun aller Not enthoben sei und nicht unter der Schwere der Zeit ebenso leide, wie die vielen anderen Kreise un- seres Volkes. Im übrigen sind die Richtlinien, die das Reichsarbeits« Ministerium über die Erhaltung der Kaufkraft des Lohnes auf- gestellt hat, mit aller Vorsicht aufgestellt und mit den Spitzenver- bänden der Arbeitgeber und Arbeitnehmer durchberaten und von beiden Seiten gutgeheißen worden. Noch in den letzten Tagen sind
lung einschränken sollte, als Vorwand benutzt. Dies« Tatsach« dürfte den interessierten Kreisen des Aerztevereinbundes wohl bekannt sein. Für oen Geist dieser„berufenen Hüter der Volksgesundheit ist ihre Sorge bezeichnend, daß die vorgesehenen Strasbestlmmu» gen wirkungslos werden könnten. Sollte dieses Gesetz, das bestimmt ist. dem Frauengeschlecht seine Menschenwürde durch Aufhebung der Reglementierung wieder- zugeben, durch die Reaktion— denn diese ist im Reichsrat und in der Leitung des Aerztevereinbundes vertreten— hinfällig werden, so würde das erste wirklich soziale Gesetz, das nicht seinen 5)auptzweck in der Strafe sieht, zu- nicht« werden._
Flugzeugbeobachkung der Sonnenflnsternts. Die totale Sonnenfinsternis am 10. September wurde in Amerika von zahlreichen wissenschaftlichen Expeditionen beobachtet, die sich zu dem Zweck nach San Diego in Kalifornien begeben hallen, wo die günstigste Gelegen- heit zur Beobachtung war. Die Sonnenfinsternis begann um 12 Uhr mittags; drei Minuten lang war die Sonne vollständig vom Mond bedeckt, und die Corona wurde sichtbar. Während der Finsternis kreisten 17 Flugzeug« in der Luft, an deren Bord sich die Astronomen befanden, die in einer Höh« von etwa 6000 Metern photographisch« Aufnahmen des Phänomens machten. Professor Smiwhell, der an den Beobachtungen teilnahm, erklärt, daß man während der Finsternis beobachten konnte, wie ein Strahl Wasser- stoffgas von rosa Farbe auf der einen Seit« des Gestirns hervorschoß. Di« Gelehrten halten dieses Moment für außerordent- lich wichtig. Professor Sears ist es gelungen, di« Corona zu photo- graphierew und er gedenkt auf Grund der Photographien gewisse, von Einstein aufgestellt« Hypothesen nachzuprüfen. Bei Ralsnfl. In dem Augenblick, in dem durch die svanische Militärrevolution die marokkanisch« Frage wieder In den Vorder- grund des Interesses gerückt wird, gewinnen dis Aufzeichnungen der englischen Reisenden Mrs. Fordes, in denen sich dl« kühne Forscherin mit der Person des verschlagenen marokkanischen Haupt- lings Rais uli beschäftigt, besondere Bedeutung. Frau Fordes hat eine Zeit lang im Lager des Führers des marokkanischen Auf- standes gegen Spanien gelebt und dabei das Vertrauen des Mannes, der soeben erst dem svanischen Diktator seine Friedensliebe versichert hat, gewonnen, eine Versicherung, auf die fteilich bei einem Raisuli nicht viel zu geben ist. Die Engländerin schildert ihren marokkanischen Gastgeber als einen Herkulisch gebauten Mann mit brennend rotem Bart. Raisuli hat zwei Frauen, von denen di« eine, die erst 14 Jahre zähst, von hervorraaender Schönbeit sein soll. Seine Nach- kommenschaft setzt sich aus 12 Kindern zusammen, von denen neun Mädchen sind. Wie Raisuli seinem englischen Gast versicherte, inter- essiert er sich im besonderen Grade für die Politik; dabei sang er ein in seinem Mund« besonders befremdlich kllnaendes Loblied auf die Zivilisation, das er mit dem Bilde illustriert«: „Die Zivilisation ist das sehende Auge: dieses ist größer als die Blindheit, und deshalb wird auch die Zivilisallon stets triumphieren."
Sine» Rokokoabend unter dem Titel SanSsonei- n-r- linstalt-n Rest Langer, Frth DeliuS und Alfred Sichte»« stein am SS. d. M. im M e i st« r s a a l. Buchhöndlerschlasselzahl ad heute Sonnabend Sil Millionen.