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Abendausgabe

Nr. 458 40. Jahrgang Ausgabe B Nr. 230

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreise sind in der Morgenausgabe angegeben Rebaffion: S. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-295 Tel.- Adresse: Sozialdemofrat Berlin  

Vorwürts

Berliner Volksblatt

2000000 Mart

Montag

1. Oktober 1923

Berlag und Anzeigenabteilung: Geschäftszeit 9-5 Uhr

Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernfprecher: Dönhoff 2506-2507

Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Putschversuche in Küstrin  .

Der nationalsozialistische Führer verhaftet.

Umflich wird mitgeteilt: 2000 Schwerbewaffnete. Nationalkommunistische(?) Haufen ver- Nach einer Ansprache des Weinhändlers Dehmen zogen die Stoß fuchten heute früh küstrin zu überrumpeln und trupps wieder zum Bahnhof und holten die inzwischen angetom. brangen in die militärisch nicht belegte Altstadt ein. Der Kom- menen übrigen Sonderbündler ab. Darauf begab sich der Zug mandant von Küffrin hat ihren Führerfeffgenommen. durch die Graf- Adolf- Straße und Königsallee zum Hindenburgwall. Die Garnison  , der Verstärkungen aus den benachbarten Reichs- Die den Zug der Separatisten begleitenden Stoßtrupps gingen wehrgarnisonen zugeführt werden, hat Auftrag, die Ordnung außerordentlich scharf gegen alle diejenigen vor, die sich irgendwie mit rüdsichtslosem Einfah aller Mittel wieder gegen die Rundgebung äußerten, und drohten, sie den vollständig herzustellen.

Verbreitung von Gerüchten verboten.

freistommandos ergangen:

Lossow und Kahr.

Eine Unterredung mit Ehrhard Auer. Die Parteigenossen im ganzen Reiche werden zweifellos in den letzten drei Tagen immer wieder die Frage aufgewor­fen haben: Wie stellen fich die bayerischen Genossen zu der Entwidlung der Dinge in Bayern   seit der Verkündung des Belagerungszustandes? Was erwarten sie von der Reichsregierung? Haben sie nicht das Gefühl, daß sie im Stich gelassen werden?"

Ein Mitglied unserer Redaktion hatte am gestrigen Tage Gelegenheit, diese Fragen dem Genossen Erhard Auer  vorzulegen. Genoffe 2 u er erflärte:

Ich würde es außerordentlich bedauern, wenn unsere französischen Kriminalbeamten, die den Zug begleiteten, Freunde im Reiche und besonders in Berlin   und in Sachsen  , auszuliefern. Insgesamt war der Zug etwa 10 000 Röpfe start. hingäben, die wir in München   nicht empfinden, obgleich wir sich einer ebenso voreiligen wie gefährlichen Nervosität Auf der Königsallee wurden sechs Beamte der blauen Polizei wohl am ehesten dazu Veranlaffung haben könnten. Aber ge­Folgender Befehl des Reichswehrminifters ist an die Wehr- entwaffnet. Am Hindenburgwall hatten sich die Kommunisten rade der außerordentliche Ernst der Lage gebietet uns allen, versammelt, mit denen es bald zu fleineren Reibereien kam. Als fühlen Kopf zu bewahren. Das einzige, was ich be­Um Beunruhigungen der Bevölkerung durch Verbreifung zwei blaue Bolizeibeamte den Hindenburgwall freuzten, wurden sie dauere, ist, daß die Reichsregierung nicht 24 Stunden früher, ungeprüfter Gerüchte zu vermeiden, befehle ich: Ueber Un- angehalten und der eine zu Boden geschlagen, ihm ber also gleichzeitig mit dem Beschluß der Einstellung des passiven ruhen im unbesetzten Reichsgebiet dürfen von der Preffe Säbel abgenommen, zerbrochen und einem der Teilnehmer über- lo gleichzeitig mit dem Beschluß der Einstellung des passiven teinerlei Nachrichten außer amtlichen mittei- geben, der ihn hoch hielt mit dem Rufe:" Die erste Schlacht ist ge gebiet von sich aus verfügte. Damit wäre man der bayerischen über- Widerstandes, den Ausnahmezustand für das ganze Reichs­lungen der Militärbefehlshaber gebracht werden. Zuwiderhand- wonnen! Jetzt die Kampftruppen vor und die Waffen heraus." lungen werden nach§ 4 der Verordnung des Reichspräsidenten   vom Inzwischen war zum Schutz der blauen Polizei Schupo ange- flift vermieden, der sich jetzt aus dem Bestehen zweier A Berfügung zuvorgekommen und hätte man den ganzen Kon­rüdt. Es ist von Augenzeugen festgestellt, daß vereinzelt stehende nahmeverordnungen nebeneinander ergibt. Aber zu Sonderbündler auf die Schupomannsachften geschossen haben. Die Schupoleute schossen zunächst in die Luft, als aber einer der schauenden Betrachtungen ist nun feine Zeit mehr. Das Wehrkreiskommando III teilt mit: Im Auftrage des In- ihrigen, von einer Rugel getroffen, niederſtürzte, feuerten sie in mäßig ist General v. Lossow der Oberbefehlsh Die Rechtslage ist jedenfalls ganz klar: Verfaff habers der vollziehenden Gewalt in Berlin   wird nochmals auf das die Menge. Alsdann gelang es der Schutzpolizei  , in wenigen in Bayern   und Herr v. Kabr hat ihm zu gehor Berbot vom 27. September 1923 hingewiesen, wonach die Aus. Minuten den Hinburgwall von der Uebermacht de: sonderbündleri­gabe und der Neudrud von Flugblättern und Extra- schen Stoßtrupps zu räumen. Die Menge eilte in wilder Flucht Bisher hat Kahr in drei Fällen versucht, gegen die nach dem Hofgarten und den zum Bahnhof führenden Straßen gen des Generals zu handeln, und dann jedesmal> davon. Die Schutzpolizei wollte sich sodann in ihr Quartier zurüd- führung glatt nachgegeben. Zunächst bei den 14 Versammlungen, die er am Donnersta begeben. der Verfügung des bayerischen Ausnahmezustar hatte, und die er nach der Befanntgabe R zustandes wieder verbieten mußte. Das gleid

29. September 1923 bestraft.

Der Reichswehrminifter. Dr. Geßler.

blättern verboten ist."

Blutiger Sonntag am Rhein  .

Währenddessen hatten sich die Führer der

Sonderbündler an die Franzofen gewandt

Unter dem Schuh von Panzerautos

.

"

Die Sonderbündler greifen unter Franzosenschuh an. Wenn auch die Besorgnis, daß der gestrige Sonntag den und in furzer Zeit taf franzöfifche Kavallerie mit Panzerautos vorerst genehmigten Roßbacher- B Butsch der Lostrennungsagenten im Rheinland   bringen ein. Sie uma ingeften an mehreren Stellen fleinere Trupps Am deutlichsten ist dies aber am Sonnabend werde, nicht eingetroffen ist, so haben die Herausforderungen der Schußpolizei und entwaffneten fie. Die zurüdgefehrten des Böllischen Beobachters" durch den Reichst und Gewalttätigkeiten dieser Schüßlinge der Befagungs Etoßtrupps ber Sonderbündle: schloffen sich sofort ben Franzosen Erscheinung getreten. Hier ist Kahr vor aller truppen doch schweres Unheil nach sich gezogen. Das erste an, die inzwischen auch das Polizeipräsidium in der Müllerstraße Reichs autorität zusammengeflappt. Außerhalb Wort der Einbrecher nach der Befehung war: Entwaffbefeht und die dort befindlichen Schupoleute entwaffnet hatten. man sich vielleicht deffen nicht bewußt, wie fe nung. Behe dem Deutschen   im befehten Gebiet, bei dem Die Stoßtrupps der Sonderbündler brangen in den Hof des Bolizei. Kahr im eigenen Lager gefchadet hat. Sein Nim. auch nur eine alte Jagdflinte gefunden wird! Aber schon vor präsidiums ein, mishandelten mehrere der entwaffneten tator verblaßt immer mehr. Man fängt schon a mehreren Wochen konnte die deutsche Preffe franzöfifche Schupoleute auf das Schlimmste und schossen einen Schutz zu spotten, und das ist das schlimmste, was eine Waffenscheine abdruden, die Lostrennungsagenten gegeben polizisten aus ganz furzer Entfernung unter den Augen de: paffieren fann. Die Rivalitäten zwischen den worden sind, mochten diese Herren auch ein Vorleben auf Franzosen nieber. weisen, das gemeinhin die Erteilung der Erlaubnis zum Köpfen der bayerischen Reaktion vertiefen fich info. von Stunde zu Stunde. Es wäre töricht, wenn wir diese en.. Waffentragen ausschließt. Im Besitz von Schußwaffen und der französischen   Protektion haben die Herren Landesverräter hielten alsdann die Refte der Sonderbündler vor dem Stadttheate: wicklung durchkreuzten. ihren gekauften Troß zum Angriff gegen die Düsseldorfer   eine Versammlung ab. Dr. Cremer- München- Gladbach hielt Gewiß ist es die Pflicht des Reiches, fraft feines ver­Bolizei vorgeschickt, und als ihrem Teilerfolg bei der blauen eine Ansprache, in der er darauf hinwies, daß: das vergoffene faffungsmäßigen Rechtes den gegenwärtigen unhaltbaren Zu­Bolizei die scharfe Abwehr der Grünen folgte, traten die hohen Blut der Sonderbündler an Düsseldorf   Ra che genommen werden stand der beiden Ausnahmezustände aus der Welt zu schaffen. Protettoren aus ihrer Reserve hervor, unternahmen eine Ent- müffe. Der Redner stattete den Franzosen: den tatkräftigen Rechtlich besteht der bayerische   Ausnahmezustand gar nicht lastungsoffensive auf die Schußpolizei und entwaffneten diese. Schutz" Dant ab. Gegen 6 Uhr zogen die Sonderbündler zum mehr. Er hat mit der Verhängung des Reichsausnahmezu­standes automatisch aufgehört zu existieren. Deshalb Wie es dabei zuging, fann man sich nach den unvergessenen Bahnhof. Ereignissen von Buer   usw. denken. wäre es verfehlt, wenn das Reich ihn aufheben würde: was nicht besteht, hebt man nicht auf. Um so notwendiger ist es aber, die bayerische Regierung dazu zu zwingen, diesen Tat­bestand formell und praktisch anzuerkennen. Das tann zunächst durch Verhandlungen von Regierung zu Regie­rung geschehen, und es fann felbstverständlich keine Rede da­von sein, daß das Reich mur einen Fußbreit von seiner geraden Rechtslinie abweicht. Auch muß man jeden Verschlep pungsversuch sofort durchkreuzen. Diese Verhandlungen find, wie ich höre, bereits im Gange. Bir in Bayern   warten ihr Ergebnis ohne Nervosität ab. Wir stehen auf dem Stand­punkt, daß das Reich ein Scheitern, also den offenen Konflikt und den Bruch, nicht zu fürchten braucht. Aber was mir vermieden missen möchten, das wäre ein Fehlgriff, der die ganze, in ihren persönlichen Ambitionen und politischen Sielen durchaus uneinige Gesellschaft mit einem Schlage zusammen führen würde."

Das Berhalten der waderen Schuhherren soll den tüchti­gen Schüßlingen wohl neuen Mut einflößen, es. nächstens wieder zu versuchen!

Folgende Berichte lie n vor:

Düsseldorf  , 1. Offe.( WIB.) Nach einem bis in die

Es wird bis jetzt angenommen, daß zwei blaue Bolizeibeamte, zwei Schupoleute und 12 Sonderbündler tot find. Eine große Zahl Schwer. und Leichtverwundete: wurde in die Krankenhäuser und Unfallstationen eingeliefert. Der Polizeidezernent Dr. Haas ist verhaftet und die grüne Polizei ist aufgelöst worden. Belagerungszustand.

Ja Hamborn   wie in Düsseldorf  

Nachmittagsstunden ruhig ve. aufenen Sontag fam es zu Zusammen- Düsseldorf  , 1. Oktober.  ( TU.) Aus Düsseldorf   wird gemeldet, ffößen, als ich werbewaffnete Sonderbündlertrupps die Polizei angriffen. Es gelang der Polizei, die Sonder- daß ber franzöfifche tommandierende General Simon den Belage bündler auseinanderzufreiben, worauf die Franzosen auf Ver- rungszustand verhängte. Anderen Meldungen zufolge find die Ber­treter des Magistrats feftgenommen worden. langen der Sonderbündler mit Kavallerie und Panzerautos ein­griffen und die Polizei umzingelfen und entwaffneten. Die Sonder­bündler überfielen die entwaffneten Polizeibeamten, miß­handelten fie und schoffen einen Polizisten nieder. Die Reste der BTB. meldet aus dem Ruhrgebiet  : In Hamborn   endete Schutzpolizei   im Polizeigebäude wurden von den Franzosen eben eine Separatistenversammlung mit einer Niederlage der Sonder falls entwaffnet und von den Sonderbündlern unmensch- bündler. Bor dem Bersammlungslofal tam es zu Menschen anfamm lich mishandelt. Die genaue Zahl der Toten und Verwundeten lungen. Belgische Soldaten beschossen die Menge, so daß eine An ließ sich bisher nicht feststellen. Bier Polizisten und zwölf Sonder- zahl Berwundete und 3 bis 4 Tote auf dem Blaze blieben. bündler follen getötet sein. Eine große Anzahl Schwer- und Leicht- Ju 881n demonstrierten gestern ungeheure Maffen von Rhein­verwundeter wurde in die Krankenhäuser eingebracht. Die Fran- ländern für das unbedingte Festhalten am Relch. 3ofen verhafteten den Polizeidezernenten. Starte franzöfifche Patrouillen durchziehen die Stadt.

Erhebliche Kurssteigerungen.

Dollar 260 Millionen.

,, Und wenn es zum Bruche tommt, was halten Sie von der Reichswehr  ?"

Man kann natürlich den ganzen Fragenkompler der Reidswehr, besonders der bayerischen, nicht mit zwei Säßen beantworten. Aber nach meinen bisherigen Wahrnehmungen glaube ich versichern zu können, daß General v. Lossow durchaus reichstreu und loyal ist, und daß er jedem Befehl des Oberbefehlshabers Geßler   rückhaltlos nachkommen wird. Auch halte ich ein Verdammen der Reichs­mehr in Bausch und Bogen, wie es neuerdings in manchen Kreisen der Partei üblich geworden ist, in dieser Zeit für höchft bedenklich und verfehlt."

Sind Sie demnach mit der Taktik und den Maßnahmen

Düffeldorf, 1. Oftober.( Ausführlicher BIB.  - Bericht.) Der von den Sonderbündlern veranstaltete Rheinische Tag" enbigte mit schweren blutigen Zwischenfällen. Die Bürgerschaft Düsseldorfs  hatte nahezu restlos der Barole der Parteien und Gewerkschaften, Die Börse stand bei Wochenbeginn zunächst unter dem Ein­zum Zeichen des Protestes gegen die Sondertündler von den brud der geftrigen blutigen Zusammen stöße in Düsseldorf  Straßen fern zu bleiben, Folge geleistet. Sämtliche Gaft- und der Meldung über einen Butschversuch in Küftrin. Die anfäng­wirtschaften, Kinos und Theater waren geschlossen. Der Auto- fich peffimistische Beurteilung der Lage tam in einem Dollar und Droschtenverkehr ruhte faft vollständig. Die Straßen lagen ftande von girta 300 millionen zum Ausdruck. Da jedoch schon von 10 Uhr vormitags an still, in der Innenstadt ruhte in den die späteren Meldungen aus Rüstrin die Lage wefentlich ungefähr Mittagsstunden das Leben völlig. Die von den Kommunisten aus licher erscheinen ließen, machte sich im Berlaufe der ersten Börsen- der Reichsregierung einverstanden?" gegebene Sonderparole, auf dem Hindenburgwall eine attive Gegen- stunde eine Entspannung geltend, die den Dollar auf etwa 260" Wir haben gegen das bisherige Verhalten des Reichs­fundgebung zu veranstalten, fand nur wenig Beachtung. Bis Millionen zurückgehen ließ. Die Geldschwierigkeiten sind zwar fabinetts feinerlei Einwendungen zu erheben. Wir stehen in gegen Uhr liefen verschiedene Regie.Sonderzüge mit noch nicht völlig überwunden, aber man tonnte heute auf der ganzen engster Verbindung sowohl mit dem Barteivorstand wie auch den Sonderbündlern aus Aachen  , München  - Gladbach, Köln  , dem Linie Rüdfäufe am Effettenmartt beobachten. Die verstärkte mit unseren Parteigenossen in der Reichsregierung. Ruhrgebiet   usw. ein. Zuerst langten die sonderbündlerischen Stoß- Nachfrage bewirkte ganz bedeutende Kurssteigerungen. haben in sie und in den Reichspräsidenten das Vertrauen, trupps an. Am Bahnhof legten diese Trupps einen fogenannten Eine größere Anzahl von Papieren, insbesondere der westdeutschen daß sie den richtigen Weg einschlagen werden. Das ist auch Treueid ab und zogen sodann zum Denkmal des Bergischen Industrie fonnten ihren Kursstand verdoppeln. die allgemeine Auffassung unserer Genossen in München   und Lömen in der Königsallee  , wo sie in militärischer Formation auf- Der für die Durchführung der Devisenordnung maßgebende Bayern  . Wir drüben kennen den Laden" und sind daher marschierten und finematographisch aufgenommen wurden. Es amtliche Mittelfurs bes Dollars ift heute am 1. Oftober durch die Ereignisse in teiner Weise überrascht worden. Von einem Gefühl, daß wir im Stiche gelassen werden, kann bei

maren etwa

1923 242 Millionen Mast

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