Bauenwereins im Dezember 1922 ist die Annahme falsch, daß Bayern Getreide im Ueberfluß habe. Bayern ist vielmehr ein Z u s ch u ß l a n d. Eine amtliche bayerische PMenotiz vom November 1922 erklärte ausdrücklich, daß Bayern „in seiner Ernährung in erheblichem Umfange auf das Reich angewiesen" sei. Auch für Handel und Verkehr ist Bayern auf das Reich angewiesen. Norddeutsche Kapitalien speisen bayerische Unternehmungen, zahlreiche Bankinstitute des Reiches haben in Bayern Filialen errichtet, die heute Tausenden von Ange- stellten, die arbeitslos wären, beschäftigen und dem bayerischen Handel und Gewerbe Kredite und damit Betriebsmittel liefern. Das deutsche Wirtschaftsleben ist eine große untrennbare Ein- hest. Dr. lt. Mohr schreibt in seiner Broschüre„Bayern im Reich" mit Recht: „Me sollt« die Finanzgebarung der Reichsbonk ersetzt werden, wenn fie auch bei einer nur vorübergehenden Trennung Bayerns vom Reich ihre Tätigkeit bei uns einstellen würde? Durch den Giroverkehr der Reichsbank wurden schon 1913 über 230 Milliarden Goldmark an Zahlungen ausgeglichen." In voller Erkenntnis dieser Tatsachen hat denn auch die Bayerische Handelskammer in einer Delegierten- konferenz eine einstimmige Resolution gefaßt, die unter ande- rem besagte: „Würde Bayern vom Raiche g«trennt, so würde die Stellung, dw während der nahezu SOjährigen Zugehörigkeit Bayerns zum Reichs dessen Industrie und Handel, in mühevoller Arbeit errungen, unfehlbar wieder verloren gehen. Abgetrennt vom Reiche würde Bayerns Wirtschaftsleben alsbald in den Zustand der Ohnmacht, wie er im Jahr» 1866 bestand, zurücksinken. In voller Erkenntnis der Bayern drohenden Gefahr erklärt sich die Bayerisch« Handelskammer mit aller Entschiedenheit gegen alle auf Lostrennung Bayerns vom Reiche gerichteten Bestrebungen und für ein unverbrüchliches, festes Zusammenhalten aller Einzelstaaten im Sinne und Geiste der Reichsverfassung." Ret den bürgerlichen Parteien in Bayern fehlt leider die Kraft— und oft auch der Wille—, diese Erkenntnis in die T a t umzi'setzen und dem monarcho-separatistischen Spuk der Hitler -Banden ein Ende zu setzen. Das einzige feste Funda- ment der Reichseinheit in Bayern sind die Arbeiter. Sie wissen, daß sie hier, auf vorgeschobenem Posten, nicht nur die Republik und die fvzialpolitischcn Errungenschaften des Prole- tariats, sondern auch die unmittelbarsten Interessen des b a y e- rischen Volkes verteidigen, die von den Separatisten verraten werden. In diesem Kampfe fühlt sich das ge- samte deutsche Proletariat ein? mit seinen bayerischen Klassen- genossen. Gemeinsam mit ihnen bringt es erneut die Tat- loche zur Geltung, daß es durch entschlossenen unbeugsamen Kampf um seine Klaffeninterefsen gleichzeitig auch das G e- famtintercsse des Volkes und des Staates verteidigt.
poincare unü deutschlanö. Wie»onauszusehen war, ist die Antwort Poincar�s an den deutschen Gefchäststräger in den verbündeten Ländern mit sehr gemischten Gefühlen aufgenommen worden. Ueber die Haltung B e lg i e n s unterrichtet folgende Wolfs -Meldung aus Poris: De? Brüsseler Berichterstatter des„O u v r e" berichtet, Minister F a s p a r habe gestern einigen Ministern erklärt, der belgischen Regierung sei noch keine offizielle Ansicht aus Paris über die Hol- tung mitgeteilt worden, die Poincare angesichts des Derschlags einer Iuristenkommission einzunehmen gedenke. Aber man zweifle nicht daran, daß der sronzösische Ministeepräsident mit den Vertretern des Reichs verhandeln wolle� wenn auch nicht sofort, so doch wenigstens nach Verlauf einer verhältnismäßig kurzen Zeit. Die Mitarbeit des deutschen Reichs sei unerläßlich, wenn man eine Reihe praktischer Cinzelsragen regeln welle. Des- halb habe man gestern auch her halbamtlichen Havasnot« tToer die Ablehnung der deutsckien Vorschläge keine große Be- d�eutung beigemesslm. Selbst wenn sie die Gedanken des fron - zbfischen Ministerpräsidenten richtig wiedergäbe, sei fie doch mehr «us Opportunitätsgründen veröffentlicht worden, als daß sie eine grundsätzliche Stellungnahme enthalte.
< 5 Winteranfang in öer Volksbühne. ::*"Jbev abtrünnige Zar" von Carl Hauptmann . EarlHauptmannist tot. Di« Schwärmer, die den werten Name« der Vergessenheit entreißen möchten, lassen nicht in der Lad« r.uhen, was der ehrgeizige, höchst emsige Dichter als ungefpieltes Drama hinterließ. Doch die Totenfeier, begangen mit großem Ernst, geführt von Fritz Holl , dem neuen Regenten der Volksbühne, bewegte nur durch die Mittel und die Lebendigkeit der mitwirkenden Menschen. Dem Ruhm« des Dichters, der nicht mehr ist, kann das Legendenspiel vom„Abtrünnigen Zaren" keine Erhöhung bringen. Von neuem wird bestätigt, daß Carl Hauptmann niemals die Erfüllung seiner Träume fand. Ein großer Entwurf, entsprungen einer abstrakten Idee, die das Moralisch« durchwühlt. Die Ge- ftaltung, die hiernach folgt, bleibt peinigend hinter der Vision zurück. Die Beredsamkeit des Dramatikers fchwlllt zum Unbeholfenen auf. Was in der Vorstellung des Dichters als Herrlichkeit prunkt, entartet in der Bühnemvirklichkeit. Das Sinnbildliche verblaßt, wenn der Sinn durch die Form erwiesen werden soll. Mit Carl Hauptmann entschlummert««in Dilettant, der sich heilig gebärdet«. Daß er heut« «och«in« Sekte um sich versammelt, ist eher durch die Liebe zu seiner sittlichen Persönlichkeit begründet als durch die Erbauung, die er gewährt. Gewiß, der schlicht« Mann horcht gern nach den Grüblern, auch dann noch, wenn sie ihn befremden, und er ist schnell verleitet, die Theologen inniger zu ehren als die leichtfingcrigen Künstler. Ihm muß aber gesagt werden, daß die Kunst, die Kunst des schlichten Mannes nicht minder als diejenige des nerviger Fühlenden ge- schmälert wird, wenn die Gesinnung besser ist als der poetisch« Aus- druck. Earl Hauptmann entging trotz des wuchtigsten Willens zum Sieg« selten der Riederlage, wenn er das«indringliche Wort suchte und die packend« Szene. Der eiserne Zar, angeekelt durch seine unbegrenzte Macht, flieht n, die Einsamkeit des Asketen. Dos Volk, das er regiert, braucht aber den Tyrannen, und schon darf?ch der aufgeblasene Hohltopf die Kaiserkrvn« aussehen. Eben wird Krönungssest für den neuen Zaren, der ein eitler Pfau ist, abgeblasen. Da hebt der abtrünnige Zar, um diesem Gveuel gegen das arm« Volk Einhalt zu tun, die bewaffnet« Hand. Er tut jedoch nicht die Tat gegen den tyrannischen Dfauhahn. Er hämmert die rachsüchtige Hand vielmehr an das Aveuz, und da» Wort, dos seine Selbstopferung begleitet, ist der Ruf «ach«itiem milden, ollgütigen, weder durch Weltflucht noch durch Herrscherwahnssnn verdorbenen Führer des Volkes. Nan spürt in de» Trögern der streitenden Idaen überall den halben Gestalter und den knebelnden, keuchenden Schöpfer, der ssch vom Problem nur erlösen kann, indem er stammelt. Nicht dos Trauerspiel ist tragisch, sondern das inner« Schicksal des Dichters, der von den Musen für alle Tugend Zeit seines Lebens nur unzulänglich belohnt wurde.,-.
In ähnlichen Gedankengängen bewegt sich eine Meldung des in der Regel gut unterrichteten Pariser Berichterstatters des Londoner „Daily Telegraph ": Es bestehe— meldet er— in der französischen Hauptstadt offenbar der Wunsch, daß die französische Weigerung, mit Berlin über die Wiederaufnahme der Arbeit im Ruhrgebiet zu verhandeln, keinen Argwohn im Ausland aufkommen lasse. Wenn Berlin beschließen sollte, die deutschen Industriellen im Verlaufe der Verhandlungen zu beraten, so würde Paris keinerlei Ein- wand dagegen erheben, aber direkt könne die französische Regie- rung nur mit den Industriellen selbst verhandeln. In Paris selbst ist man an offizieller Stelle anscheinend bestrebt, den niederschmetternden Eindruck der gestrigen Haoas-Note durch Kommentare zu beseitigen, die auf einen weniger ablehnenden Ton abgestimmt sind. Ein Pariser Telegramm de?„Telunion" formuliert den Standpunkt Poin- car�s folgendermaßen: Poipcare wünscht keine Einmischung der Berliner Regierung in die Verhandlungen, die im gegenwärtigen Augenblick zwischen den stanko-belgischen Oktupationsbehörden und den lokalen Körper- schaften an der Ruhr geführt werden, weil er befürchtet, daß die Reichsregierung vor der„tatsächlichen Beendigung des passiven Widerstandes"— Wiederaufnahm« der Arbeit und Naturral- leistungen— sich in Brüssel und Paris Gehör zu verschaffen suchen werde. Andererseits unterliegt es keinem Zweifel, daß Poincare dereit ist, genaue Vorschläge, die Deutschland «ach Erfüllung dieser beiden Bedingungen einreichen wird, mit größter Aufmerksamkeit zu prüfen. Es sei femer richtig, so vernimmt man, daß die Reparationskommission über die deutschen Dorschläge, soweit sie auf die Finanzreform Be- zug nehmen, Beschluß fassen und weiterhin als ihre eigentliche Auf- gäbe die Ausführung der vom Reich unterschriebenen Berpflichtun- gen überwachen wird. Das eigentliche Reparationsproblem im politischen Sinne werde aber von den verbündeten Regierungen direkt wieder in die Hand genommen werden. Es ist also anzu- nehinen, daß die Vorschläge Stresemanns— nach Wiederherstellung normaler Zustände im Ruhrgebiet — nicht nur von der Repara- tionskommission, sondert, gleichzeitig auch von den verbündeten Re- gierungen geprüft werden. Von den Aeußerungen der Pariser Presse, die im allge- meinen die Haltung Poincar6s billigt, fei das„Urteil des linksdemokratischen„Ouvre" hervorgehoben: Es liege nicht— so schreibt das Blatt— im Interesse Frank reichs , unnützerwcise die Autorität der deutschen Regierung zu zer- .stören. Strescmann habe den Mut gehabt, zu sagen, daß Deutsch . land kapituliert und daß es den Versailler Bertrag durchführen müsse. Wenn er morgen unter dem Druck der Rechten und der Schwerindustrie zusammenbreche, so werde man«in Deutschland gegenüber haben, das in offener Rebellion gegen den Der- sailler Vertrag aussteht. Die Aussichten für eine Regelung der Reparationsfrage würden dadurch selbstverständlich nur verschlechtert werden. Die Weigerung Poincores, mit Stresemann zu verhandeln, werde Stresemanns Prestige gegenüber Stinnes nicht stärken. Aber die Entscheidung Poineares sei auch geeignet, die Erfolge, die Frankreich so teuer im Ruhrgebiet erkauft habe, zu gefährden. Als die Beendigung des passiven Widerstandes erklärt worden war, habe sich Poincare geweigert, mit den Gewerkschaften im Ruhrgebiet zu verhandeln mit der Begründung, sie empfingen ihre Weisungen von Verlin. Jetzt erhalte Strescmann die Antwort, man wolle mit Berlin nichts zu tun haben und nur mit lokalen Or- ganisationen verhandeln. Aber man habe keinen Augenblick ge- . zögert, mit Stinnes in Verhandlungen zu treten und auch mit Otto Wölfs sei ohne weiteres ein Vertrag abgeschlossen worden. Weder Stinnes noch Wolff seien lokale Organisationen. Man müsse von den Verhandlungen, die augenblicklich mit den Industriellen geführt werden, eine Störung der Reparationspolitik befürcksten. Es würde für die Lösung der sich immer mehr zuspitzen- den Krise viel gewonnen werden, wenn die vernünftigen Auf- fassungen des„Oeuvre" von den offiziellen Leitern der stan- zösischen Politik geteilt würden.
Die Vierbrauer gegen Kahr. Die Dcrtreterversammlung des gesamten bayerischen Braugewerbes nahm ein« Entschließung an, die gegen Kohrs Bierpreisverordnung Verwahnmg einlegt und so- fortige Aufhebung der Verordnung verlangt.
Fritz Holl , der Regisseur und Direktor, zeigt« was er kann. Er rettete sogar diejenigen Wirkungen, die das spröde Stück gar nicht Ergeben will. Empfindsam für lyrische Stimmungen und die Schauspielerkehle wählte er den meisterhaften Sprecher Ludwig W ü l l n e r für die Zarenrolle. Wüllner versagte sich jede Weich- lichkeit. Er zeigte wirklich die Wüstenei des in der Macht ermüdeten und in der Askese geläuterten Mannes. Nach dem vielen Spiele- rischen, das die Komödianten heute oft belieben, bracht« er das Geistige, im Gesicht auch und in den Bewegungen. Der eisern« Zar soll ein Hiob werden, stets männlich, ausgeliefert ganz der inneren Berufung. Regisseur und Schauspieler verbrüderten sich zu be- deutender Gemeinschaft. Der Regisseur mußt« allzu häufig das Unrettbar« retten, indem er tot« und leer« Szenen mit der Persön- lichkeit seiner Künstler ausfüllte. Es gelang ihm auch, seinen Vasallen Odem einzublasen. Herr H e r z f« l d als Bettler, Gott selber ver- wandt, diente der Würdigkeit, ohne der Weinerlichkeit zu verfallen. die Herren A ch a z und Koch und die Fräuleins E h n und K a n i tz, die all« nur«in« dem übertriebenen Pathos verfallen« Sprache zu reden hatten, schufen noch den Schein eines dichterischen Lebens. Max Hochdorf .
Ver mißhanSelte Sahr. Kamm erspiele:„Die Kinder". Der Regisseur kann, wenn er das Zeug dazu hat, mit einem schlechten Stück eine gute Vorstellung herausbringen. Er kann aber auch, und das ist noch schlimmer, an einer guten Komödie so lange herumdrechseln, bis man nichts mehr davon merkt, daß sie gut ist. Dies Kunststück hat Erich P a b st gestern fertig bckoin- men, indem er uns einen Torso von Hermann B a hrhinsetzt«. Ver einigen Wochen hat man den 69. Geburtstag dieses Wiener Theatermannes gefeiert. Wenn die gestrige Ausführung etwa eine Art Geburtsehrung fein sollte, so ist das den Kammerfpielcn gründ- lich vorbeigelungen. Hermann Vahr war kaum wiederzuerkennen. Der Komödie liegt eine lustige Idee zugrunde. Der Hosrot Scharizer verbietet feiner Techter Anna die Heirat mit dem Grafen Konrad, weil dieser Konrad— Gott, man war eben jung— nicht der Sprößling des alten Grafen, sondern sein eigener Sohn ist. Verzweiflung der beiden Liebenden. Da kommt überraschenderweise heraus, daß sich auch Anna nicht als Tochter des Hofrats bezeichnen kann. In Wahrheit ist der alte Graf der Vater. Es handelte sich also damals um ein schnurriges Familienleben über Kreuz. Konrad und Anna hoben demnach zwei verschiedene Väter, bloß anders, als es das Standesamt registriert. Hauptsache bleibt, sie können nun doch heiraten. Das Thema der„Kinder" war schon behandelt, als Vahr die Komödie schrieb. Darauf kommt es ja auch nicht an, der springende Punkt ist, wie man es behandelt. In dem Stück steckt soviel Lebensweisheit, soviel Grazie, soviel tändelnder Esprit, daß es zwar nicht ein Kunstwerk von Ewigkeitswert, ober doch einen literarischen Leckerbissen darstellt. Von diesen Werten blieb in der BarsteSttna der Kamm erspiel« nichts übrig. Der ReMeur
die Minöerhektenpotttik am Saltan. Ein Urteil englischer Sozialisten. Die englischen Genossen B u x t o n und R i l c y, die kürzlich an der Spitze einer parlamentarischen Kommissiern die Balkanstaaten bereisten, haben einem Bukarester Blatte ihre Ansichten über die politischen Verhältnisse am Balkan in ein Urteil zusammengefaßt, dem wir folgendes entnehmen: „Unsere Reise in den Balkan hat uns Gelegenheit gegeben, mehr als je den gegenwärtigen Charakter des Minoritätenpro- blems kennenzulernen. Es ist enttäuschend, wenn man feststellt, daß die Verträge zwischen den alliierten Mächten und den neuen Staaten, welche die politischen und religiösen Recht« der Minoritäten garantieren, nicht respektiert werden. Die öffentliche Meinung des Westens hätte ein« demo- kratischere Orientierung erwartet. Wir haben nur einige wenige Anzeichen der Besserung gesehen. In den neuen Staaten wurden die Sozialisten durch die sozialistischen Parteien der neuen Pro- vinzen gestärkt. Wir sind froh, festzustellen, daß sie anerkennen, daß sie eine besondere Aufgabe haben. Sie geben sich Rechenschaft dar- über, daß sie den angeschlossenen Brüdern den Uebergang möglichst erleichtern müssen. Di« Sozialisten sind überall Gegner des Chauvinismus in allen seinen Formen und müssen sich als entscheidender Faktor in dieser Beziehung erweisen. Wir haben große Hoffnungen auf die bevorstehende Konferenz des Balkans. Die Konferenz wird zur Beilegung des übertriebenen Nationalismus beitragen, welcher heute herrscht, und wird gleichzeitig die Bestrebungen nach Frieden und Versöhnung stärken. Die b r i- tische Arbeiterpartei ist ei»Kämpfer für die Rechte aller Minoritäten und tritt dafür ein, daß ihnen die poli- tischen, kulturellen und religiösen Rechte, die in den Friedensver- trägen vorgesehen sind, garantiert werden." Die Genossen Buxwn und Riley äußerten dann noch die bekannten Ansichten der englischen Partei über das französische Abenteuer an der Ruhr, welches jene als willkürliche Invasion einstimmig verdammt._- l.' wieüeraufnahme öer Arbeit. Köln . 11. Oktober.(MTB.) Wie die„Rheinische Zeitung " er- fährt, fanden am Dienstag mit den Beauftragten der Berg- arbeiterorganisationen und der Verwaltung der von den Franzosen besetzten Grube Liblar im Braunkohlengebiet Verhandlungen über die Wiederaufnahm« der Arbeit statt. Den, Blatt zufolg« haben die Franzosen auch die formulierten Fragen der Organisation anerkannt? 1. die tar,f- lichen Abmachungen. 2. das Betri« b sr S te ges etz unter der Bedingung, daß bei Wiederaufnahme der Arbeit die Wahl des Be- triebsrats erfolgt, 3. Lieferung der Deputatkohle unter der Bedingung, daß von der zuständigen Menge von hundert Zentnern pro Jahr jede Woche zwei Zentner abgehoben werden und 4 die sozialpolitischen Sicherungen der Arbeiterschaft im allgememen. Auf dieser Grundlag« wird die Arbett auf der Grube Liblar wieder auf- genommen.. �......» Der kommandierende General hat in den seit dem. 11. Januar besetzten Gebieten und im Bezirk des Brückenkopfes Düsseldorf die „Bergarbeiterzeitung" bis zum 3. Januar 1924 verboten. 214 Eisenbahner mit Familien aus Duisburg haben zum 11. Oktober vormittags 9 Uhr den AuswetsuugS'b-efehl erhalten. Es sind Beamte aller Dienstgrade. Essen. 19. Oktober. lMtb.) In D artmuud warfen die Fron- zosen heute auf einem Flugplatz eine Ttenge deutscher Hundertmarkscheine ab. In Witten beschlanahmten die Franzosen am 9. Oktober bei einem Boten der Zeche.chanchal" 190 Milliarden Mark Lohnqelder. In Gelsenkirchen sind die Zechen Zentrum" imd..Bismarck " gestern von den Franzosen gerärrmt worden. Die Belegschaften sind heute wieder_ voll eingefahren. Ebenso wurden die Schochtanlagen und Kokereien der Zeche„Scharnhorst" von den Franzosen geräumt. Die bchhagnahmtea Gegeustände wurden zurückerstattet./.. Tie Beerdigung der gefallenen Polrziste». Düsseldorf , 10. Oktober. (Mtb.) Gestern wurden die bei der � Abwehr der sonderbündlerischen Angriff« gefallenen Polizeiwachtmetster beerdigt. An der Trauer» feierlichkeit nahmen Vertreter aller Berufskreise und eine groß« Menschenmenge teil. v
glaubte, nur die Handlung hinstellen zu müssen med strich olles weg, was nicht unbedingt zu ihrer Fortführung gehört. Damit wurde aus der geistreichen Komödie ein in die Länge gezerrter Einakter, der nicht einmal für ein Kabarett pikant genug wäre. Es ist daher kein Wunder, wenn sich zwischen Bühne und Publikum kein Koniakt ergab. Aus dem reizvollen Dialog wurde ein langweiliges geistreichelndes Hin- und Hergesprech«. Die Dar- steller schienen nicht am rechten Platz zu stehen. Hans Brause- weiter war nicht der liebenswürdig förmliche und energische Konrad, der weiß, was er will, er war em geweckter Sekundaner. Viktor Schwanneke sollte den abgeklärten, dickköpfigen Ironiker spielen und spielte einen gemütlichen Polterer, und an der begabten Erika v. Thellmann kamen das Mädchentum und die Herzlichkeit nicht heraus. Rur Fritz Kampers und Fritz D a g h o f e r wurden in ihren prächtigen Charakterrollen dem Dichter gerecht. Ernst Degner.
Michael Vohner als Hans Sachs. (Staatsoper.) Das war nicht mehr Theater, sondern erfülltes Leben, nicht mehr Spiel mit einer Rolle, sondern Vcrsmikenheit und Einsqewordenscin mit dem dargestellten Menschen. Man sollte meinen, daß Wagners szenische Kommandos und fein Zwang, in breiter Melodie zu verharren, den Spieler zum unfreien Sklaven aller Bewegung macht. Bohner be- weist das Gegenteil, beweist, daß im Wagnerschen Drama nur der Marionette ist, der nicht Mensch sein kann. Der Grundsatz seines Sachs ist verstehende, alles behutsam und weise richtende Güte, ist Liebe, die in Ernst und Laune dem Glück seiner Mitmenschen, dem Ruhm der Kunst, der Erhabenheit seines deutschen Volkes dient. So wird die Schlußanrede zu einem wahren Hymnus, in dem die Klage um den Verfall so ergreifend wirkt, wie der Ton starker Hofs- nung durchstrahlt Was Bohner singt, ist irgendwann einmal durch- dacht gewesen: Pointierungen des Humors und der parodistischen Laune, die sich mit so viel Klugheit, Milde und Weisheit paaren, find nicht aus dem Aermel zu schütteln. Aber er lebt heute so tief in diesem Meistersinger Sachs, daß nichts allzu Bewußtes mehr scört. Dabei singt er mit voller, ngr zu besonderer Charakteristik zum Sprechen gesenkter, mächtig ortsgebrefteter Stimine. Seltene- Wohltat für Aug, Ohr und Herz zugleich, eins schöpferische Begna- dung sondergleichen. Es ist auf. deutscher Opernbühne kein ähnlicher Spielsänger zu finden. Um ihn herum wurden alle klein und anr- selig(obgleich die Männer nicht schlecht sangen und das Evchen nur sehr schüchtern war). Heer Kleiber begleitet« anscheinend ohne Probe, doch mit gesunder Routine, selbst Freiheiten des illustren Gastes geschickt folgend. Für den Humor und für die stille Sinnig- keit, für die gedämpfte Melodie u»d die transzendale Größe letwa das Vorspiel zum 3. Akt) fehlt ihm die letzt« Empfindung. Rein ist die Kraft und dos Tempo. Aber auch das kommt großen Teilen der unerschöpflichen Meistersingerpartitur zugute. So tonnte er sich immerhin neben Bohner sehen und hören lassen. K. S.