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die Harmissen Kommunisten. Es gibt immer noch Parteigenossen, die in der Kommuni- stischen Partei eine Art natürlicher Bundesgenossen für die Sozialdemokratie erblicken und deshalb geneigt sind, für alle ihre Maßnahmen um mildernde Umstände zu ersuchen. In der Berliner   Funktionärkonferenz wurde von einer Rednerin sogar behauptet:Was von links geschieht, geschieht für Euchl" Dazu gehört allerdings ein bergeversetzender Glaube» den zu teilen uns unmöglich ist. Dieselbe Rednerin hat, in dem Bestreben, die Kommunisten als harmlos erscheinen zu lassen, auch behauptet, derVorwärts" Hab«wider besseres Wissen" geschrieben, in dem Flugblatt der sächsischen Kom- munisten sei zum bewaffneten Widerstande aufgefordert worden. Wir geben als Antwort auf diese Unterstellung lediglich einige Sätze aus dem kommunistischen   Flugblatt wieder: Wir Kommunisten erklären, wir pfeifen auf das Verbot der Hundertschaften durch den Herrn General. Wir pfeif en auf alle Verbote und Erlasse, die noch kommen werden.... Wir werden dieMassenmobilisleren, mag der General noch so gut tanzen, wie die Schwerindustrie, die Junker, Spekulanten und Faschisten pfeifen. Wir fordern die Arbeiter auf, das Verbot der Hundertschaften mit derAufstellungneuerHundert- s ch a f t e n... zu beantworten.... Das ist doch für jeden deutlich, der polittsch denken kann. Hundertschaften" sind doch keine Kegelklubs. Sie haben doch einen politischen Zweck. Und wenn sie neu gegründet werden, so doch nicht, um kindliche Spiele zu veranstalten. Aber selbst wenn man das Wortgeklingel in dem sächsi- schen Flugblatt nur als Wortgeklingel auffassen wollte, sprechen da nicht der mitteldeutsche Putsch von 1921 und der Hamburger Putsch vom Oktober 1923 eine sehr viel deutlichere Sprache? Waren die Märzputschisten und sind die Oktoberputschisten wirklich nur harmlose Kinder, denen jeder Sozialdemokrat ihre Torheiten zugute halten muß? Wer aber immer noch an dieHarmlosigkeit" der Kom- munistischen Partei von den einzelnen Mitgliedern sprechen wir hier nicht glaubt, den sollten doch die W a f f e n f u n d e, die kürzlich in Berlin   gemacht wurden, eines besseren belehren. Zeigten sie doch deutlich die Hinter- männer und Geldgeber, die solche Waffen kaufen und stapeln lassen. Aber darüber hinaus sind in verschiedenen Gegenden des Reiches Verhaftungen vorgenommen und Dokumente beschlagnahmt worden, aus denen unzweideutig hervor- ging, daß es den Kommunisten mit ihren wahnsinnigen Putschplänen tatsächlich bitterernst gewesen ist. Diese Dokumente enthalten eine Menge von Fragebogen, in denen über den Stand der kommunistischen Hundert- s ch a f t e n, das Vorhandensein von Waffen, die Bereit- stellung von Kraftfahrern, Flugzeug führ ej: q usw. kurz über alles, was zu einer richtigen militärischen Ope- ration gehört, Auskunft verlangt wird. Besonders belasten- des Material ergab sich bei der Durchsuchung des verhafteten fchlesifchen Bezirksleiters Oelsner. Es befindet sich bei diesem Material u. a. ein Rundschreiben an alle kommunisti- schen Ortsgruppen, in dem it. a. folgende Fragen gestellt werden: Habt Ihr eine Verbindung der linken SPD., mit dem Gewerkschaftskartell? Ist gemeinsamer Aktionsausschuß gebildet? Wieviel Waffen habt Ihr zur Verfügung, wieviel wehrfähige Lenle habt Ihr innerhalb der zehnten und der fünften Gruppe? Aus derartigen Fragestellungen, die sich in dem ganzen Material vielfach wiederholen, können die sozialdemokratischen Arbester erkennen, zu welchen Zwecken sie verwendet werden sollten. Man hatte ganz einfach die Absicht, sie gegen ihr Wissen und Wollen als Kanonenfutter bei einem bewaffneten kommunistischen   Aufstand zu mißbrauchen. In einer Sitzung der KPD.  -Zentrale, die in den ersten Septembertagen stattfand, wurden folgende Richtlinien be- kanntgegeben: 1. Aufruf an di« Bauernschaft zur freiwilligen Abgabe von Getreide und Lebensmitteln. ~ 2. Versagt dieser Aufruf, werden bewaffnete Arbeiter- gruppen mit der Beschlagnahme der Lebensmittel beauftragt. 3. Verbot der gesamten Presse. 4. Die Parteiführer werden in erster Linie festge- n o m m e n. S. Wird der neuen kommunistischen   Regierung von irgend- einer Seite oder Person Widerstand entgegengesetzt, so erfolgt rücksichtslos die Todes st rafe. Im einzelnen sehen die kommunistischen   Aufzeichnungen über ihre Putschvorberestungen in Schlesien   u. a. so aus: Neumarkt  . Im Besitz von 2S Handfeuerwaffen,«in schweres MG. ohne Munition, 40 Kugelhandgranaten mit Zünder. Bei den Gemeindevorständen aller Ort« um Neumarkt   befinden sich Waffen, die jedoch nur mit Gewalt, aber mit Leichtigkett zu holen sind. Strehlen  . Im Besitz 25 Revolver mit Munition. Auf dem Landratsamt«in Waffenlager von 200 Gewehren, 4 MG. und Mu- nition, nur mit Gewalt zu holen. Mtglieder vom Oberland wollen mit uns kämpfen. Trebnitz. Im Besitz 25 Handgranaten, 15 Sprengkapseln, 2 Gewehre, 20 Revolver. Auf dem Rathaus 20 Gewehr«, können jederzeit mit Anwendung von Gewalt geholt werden. L i e b a u. Stimmung gut. Di« Spannung im Betriebe steigt. Eine Hundertschaft ist vorhanden, von der zwei Drittel Handfeuer- waffen besitzen. L e o b s ch ü tz. SPD. zweifelhaft. Gewerkschaftskartell und die Christlichen gehen mit uns(!). Di« Hundertschaft der SPD.  lehnt ab. Nur 10 Gruppen sind schwach. H e i d n i tz. 4 Geschütze vergraben. P ei lau. 2 Kampfzehnergruppen zu 75 Proz. bewaffnet mit Revolvern, in der Näh« sehr viele Waffenlager. Das ist nur ein kleiner Auszug. Es ist überall dasselbe. Es wird Fühlung mit Sozialdemokraten gesucht und man versucht, diese unter Verschweigung der eigentlichen Ziele und Kampfmittel mit einzuspannen. Wie Deputationen entstehen, darüber unterrichtet z. B. eine von Berlin   ausgegebene Anweisung an die Betriebs- zellenobleute, die nach beigefügter Order nach Erhalt sofort zu vernichten ist. In ihr heißt es: Der Druck aus den Betrieben auf die Gewerkschafts. kommission muß in allerschärfster Weis« verstärkt werden. D i e G ewer kscha fts kom m issi on muß von den Betrie. ben aus täglich mit Delegationen bestürmt wer- den. Man muh von ihr verlangen, daß sie.... sich gegen den ungeheuren Verrat wendet, den setzt die sozialdemokratischen Führer durch Anteilnahme am kalten Faschistenputsch begehen(!). Die sozialdemokratischen Führer sind ja bekanntlich immer dieVerräter". Die Kommunisten aber sind, wie man sieht, stets die treu besorgten und gewissenhaften Vertreter von Arbeiterinteressen. Wenn die Kommunisten das sagen, ist das aus ihrer Bauernfängerpolitik verständlich. Aber wenn ernsthafte Sozial- demokraten auf solche Tricks hereinfallen würden, wäre das ein sehr bedenkliches Zeichen. Unser Kampf gilt öer Zentrale! . Debatten in der KPD  . Der Hamburger Putsch der Kommunisten zeigt seine Aus- Wirkungen auch in den eigenen Reihen der Kommunistischen Partei. Uns liegt ein Bericht einer Mitgliederversammlung der KPD. vom Montag, den 29. Oktober, in der Cecilienschule in Lichkenberg von einer absolut vertrauenswürdigen Seite vor. Auf dem Podium steht wie so oft ein jugendlicher Referent, der für die Berliner   Zentrale spricht. Das Leitmotiv des ganzen Referats ist derVerrat der Zentrale". Offenbar hat die Kurier- regie und Parolenousgabe der kommunistischen   Zentrale, ähnlich wie im März 21, nicht recht geklappt. Homburg istlosgegangen" auf Grund eines Berichts, nach dem in ganz Sachsen   die Arbeiter- schaft im Kampf mit dem Miliitär stünde. Als die Hamburger Kom- munisten auf Grund solcher Berichte ihrer Zentrale losschlagen, werden sie von der Zentrale im Sttch gelassen, die vielleicht auf Gruntd besserer Einsicht einen Kampf über das ganze Reich nicht riskieren wollte, weil sie für die Konsequenzen fürchtete. Die Zen- tral« hat also nach Meinung des jungen Berliner   Referenten wieder einmal'eine schöne Gelegenheit verpaßt, ben Kamps itt Deutschland zu entwickeln. Alles, was noch kommen mag, wird nicht mehr genügen, die Arbeiterschaft in den Kampf zu bringen. Wenn sie sich die Militärherrschast hat gefalle« lassen. wird sie auf irgendetwas anderes nicht mehr reagieren. Unser Kampf gilt dieser Zentrale, die hinweggefegt werden muß, weil sie schon so oft die Gelegenheit hat vorüber. gehen lassen". Der RufW e g' mi t den Führern" ist ja bei den Kmn- munisten gewöhnlich die einzige Antwort, di« sie auf Tatsachen zu erteilen pflegen. Mit diesem Ruf glauben und glaubten sie politische, wirtschafttiche und soziale Tatsachen außer Acht lassen zu können. Dieser Ruf, unpolitischer Einsichtslvsigkeit muß ihnen deswegen ganz konsequenterweise in ihren eigene« Reihen zum Berhängms werden. Internationale Soliöarität. Die belgische Arbeiterpartei gegen Separatismus und Diktatur. Brüssel  , 31. Ottober.(Eca) Der Hauptausschuß der belgischen Arbeiterpartei trat gestern unter dem Borsitz des Abgeordneten Anseele zusammen. Die Diskussion begann mit der Verlesung eines Briefes des Genossen Wels, der gegen die stanzösisch-belgische Politik im besetzten Gebiet protestiert«, die auf die Zerstückelung des Reiches ausgehe. Den Bericht, der sich mit der Rheinlandssrage be- faßt, verlas der belgische Sozialist B o n d a s. Er erklärte, daß die Zerstückelung des Reiches ein Triumph für die Reaktion in Deutsch  - land bedeuten würde. Er beschuldigt Frankreich   und Belgien  , sie hätten die separatistische Bewegung in Deutschland   unterstützt und dächten mehr an die Sicherheiten als an die Wiedergutmachungen. Di« Wiedergutmachungen gebe man vollkommen auf. Ohne Wieder- gutmachungen würden Frankreich   und Belgien   gezwungen sein, neue Einkommenquellen zu suche« durch Schaffung neuer Steuern, und diese würden wiederum lediglich der arbeitenden Klasse zur Last fallen. Um dazu zu gelangen, sei das erste Ziel, das man erreichen wolle, Vernichtung des Sozialismus in Deutschland  . Bänder�- oelde erklärte, der Ausschuß der Partei sei zusammengetreten, um die Stellungnahme festzulegen, welche di« belgischen Sozialisten bei dem augenblicklichen Stand der Dinge«inzunehmen hätten. Es handele sich darum, zu wissen,.ob die belgische Arbeiterpart«' die jenigen Versuche gutheiße, die eventuell mit Unterstützung stemder Bajonette den Zweck hätten, eine nationale Einheit zu brechen, unter deren Schutz die Arbeiter und sozialistische« Organisationen mächtig geworden seien. Man müsse entscheiden, welches die Hol- tung der Sozialisten gegenüber der rheinischen Aktion, und auch, welche Auffassung sie hinsichtlich der Kommission hätten, di« sich mit der Zahlungsfähigkeit Deutschlands   zu befassen haben werde. Was denken Sie außerdem von dem Kampf zwischen den Sozialisten in Sachsen   und Thüringen   und der Reichsregierung? Zum ersten Punkt glaubt Banderveld«, daß kein Mitglied des Partei- ausschusses die Separatisten im Rheinland  « unterstützen werde. Zum zweiten Punkt könne die Arbeiterpartei lediglich das Miß- trauen ausdrücken, das hier die Haltung Poincares auslöse. Schließ- lich müsse man die Sozialisten in Sachsen   und Thüringen   gegen die Diktatur Stresemanns unterstützen. Zum Schluß wurde einstimmig gegen vier Stimmenthaltungen eine Tagesordnung ange- nommen, in der es u. a. heißt: Der Hauptausschuß der belgischen Arbeikerparkei verlangt eine sofortige Untersuchung der Haltung der belgische« Militärbehörden im Rheinlande und prokestlerl gegen jede Einmischung der belgischen Armee in die inneren Angelegenhelten Deutschlands  . Ohas auf das Prinzip des freien Selbstbestimmungsrechle? de- Völker z» verzichten, stell! der Ausschuß ferner fest, daß die AuflSfung Deulfch- lands die Schwierigkciken der Reparafionssroge noch erhöhen würde. Der Aueschuß hofft, daß die Anaahme der amerikanischen   Anregung zur Einberufung einer Sachverständigenkonserenz nicht nur eine rein formale Konzession gegenüber den Forderungen nationalen Meinung sei. Schließlich sendet der Ausschuß einen Gruß der Solidarität an die Arbeiter in Deutschland  , ins- besondere an diejenigen in Sachsen  . Für die Begnadigung des zum Tode verurteilten Hamburger Arbeiters Thorell richteten die Dresdener Iungsozialisten«in Gesuch an den Reichspräsidenten. ob das wirklich Künstler sind? Ich muß offen gestehen, daß, so not- wendig auch gegenwärtig mir vielleicht 20 000 Taler wären, es mir doch weit lieber ist, wenn statt dessen ein Bild, woran ich Muße und Kraft verwendet habe, mir gelingt; denn dies gibt mir wirklich mehr innere Freude als jene harten Taler, die nur bezahlt werden für Schmiererei, die das Publikum allein zu verstehen imstande ist, während das wirklich Gute und Schöne sich nur des Verständnisses einiger weniger freuen darf, die gewöhnlich nicht befähigt sind, den Künftter zu bezahlen. Drum weg mit allem Kram, die großen Namen, Dcrmögen und wie all dieser Plunder heißt, und studiert die Natur, denn daraus ergibt sich nur allein die wahre Befriedigung und Freude, und wo man glaubt, daß einem dies am besten gelingen muß, dort soll man auch unbekümmert hin.". Bildungshunger in Estland  . Don den einsamen, oft kümmer- lichen Gehöft:«, aus den Wald- und Strandsiütten Estlands  , zieht zur Herbstzeit di« heranwachsende Jugend in die Städte, um Lehman st alten, Gymnasien und Hochschulen zu be- suchen. Seit etwa zwei Jahren lernt und studiert selbst der estnische Hirtenknabe. Er will frei werden, sich die Wissenschaft:« zueigen machen und hinauswachsen über Vaters und Mutter? Dürftigkeit. Oft vermögen die geistigen Fähigkeiten mit diesem heißen Wissens- und Bildungsdrang nicht Schritt zu halten und der Gymnasiast oderStudent" kehrt still an den Pflug oder in den Viehsinll seiner engeren Heimat zurück. Aber selbst den Haus- und Familienvater treibt der Bildungshunger noch in di« Schulbank hinein. Und Esttand besitzt vielfach verheiratete Schulkinder in den Unterrichtsanstalten, die mit den Jüngeren in einer Klasse lernen. Das Unterrichtsministerium bereitet deshalb Gesetze fürverheiratete Schulkinder" vor. Wohl noch stärker ist der Bildungsdrang de? Mädchen, die oft als Dienende sich das Ziel stecken, in die höhcrni Stadtschulen zu treten. Diele kehren nach dem ersten Semester in ihr gewohntes Arbeitsfeld zurück. Schüler-Studjen- fahrten werden jetzt nach England und Frankreich   unter- nommen. Das französisch: Unterrichtsministerium weist Freiplätze an und verspricht Unterstützungsgelder für Unbemittelte. Das Halten dieses Versprechens ist jedoch eine andere Sache. Im Tciitlchc» LPernhauö ist von Donnerstag an aus Grundlage der Goldmarkbasis ein achttägiger Vorverkauf der Eintrittskarten cingerichtrt Professor OSkar Pte wird von diesem Semester an Vorlesungen über moderne Musik, Oper und Tanz an der Hochschule sür Musik abhalten. Er beginnt mit dem Thema:.Die Oper" am lS. Nov. Hospitanten sind zugelassen: Die Galerie Ferdinand Möller  . Polsdamer Str. tS4o, zeigt im November graphische Einzeldrucke und Mappenwerke aus dem Ferdinand- Möllcr-Verlag. Ferner sind Arbeiten von Max K a u S, Berlin  , und F. A s ch h e i ui, Breslau  , ausgestellt. Berichtigung. Durch ein Verhören am TclephM ist dem Schau» spieler Kaiser kehr unrecht geschehen. Er spielte im Renqiffancetheater die tnuptrolle, heißt aber nicht Kaiser, sondern Kaiser und ist sonst tätig am taatStheater in Berlin   und nicht in Wie«. Rettet Sie Kinöer! Bon Dr. Julius Moses  . Sticht oft genug und nicht eindringlich genug kann der Ruf er- hobün werden: Rettet die Kinder! Rettet unsere Zukunft! Rettet unsere Hoffnung! Ungeheuerlich ist der Schaden, den der Krieg und die Nach- kriegszeit bis in diese Stunde hinein angerichtet haben! Nicht nötig, das noch zu beweisen! Unabsehbar kann das lln- glück werden, wenn nicht jetzt, wo der vollkommene Ruin droht, alle Kräfte angespannt werden, um wenigstens unsere Kinder vor dem völligen Zusammenbruch zu hüten!Rettet unsere Kinderl" Das ist der Ruf, der aus dem Meer von Sttmmen in unserer Zeit der schwersten Rot am lautesten und eindringlichsten zu uns herübertönt. Die Rot ist groß, unbeschreiblich groß! Und jeder Tag steigert dos Verhängnis. Wir stehen an der Schwelle des Winters! Da muß es sich zeigen, ob das bißchen Kraft, das wir noch von früher her aufgespeichert haben, vorhalten wirb, um die schlimm« und schlimmste Jahreszeit zu überdauern. Für die Armen und Aermften, für die Kinder und Jugendlichen fehlt so ziemlich alles, was dem Körper Widerstandskraft gibt. Es fehlt die Nahrung, es fehlt die warme Kleidung, es fehlt die Wörme der Aufenthalts- räume. Wo aber dies« drei Lebens- und Kraftquellen aufhören, ihr« Wohltoten zu spenden, da siecht das jugendliche Leben dahin, und was etwa noch in die Zukunft sich hinübsrzuretten imstande fein sollte, das ist in seiner Wurzel gebrochen, das bietet kein« Ge- währ für ein gesünderes Leben in der Zukunft. Optimisten und oberflächliche Beobachter Mollen auch heut« noch nicht an den Emst der Sachlage glauben. Wenn man sie reden hört, so liegen die Dinge noch gar nicht so schlimm, wie behauptet wirb. Wenn man unsere Kinder auf der Straße erblickt, so meinen dies« guten Leute und schlechten Musikanten, so steht man immer noch die jugendlichen Gesichter glänzen und hört noch überall ihr fröhliches Lachen. Aber der Schein trügt! Fragt unsere Lehrer! Sie werden Euch über das Geschlecht, das heute die Schulen be- sucht, ganz andere Auskunft geben. Seit langem schon wisse«' es alle, die mit der Jugend zu tun haben, daß hier ein anderer Geist waltet, daß körperliche Schwäche und geistige Erschlaffung zum unseligen Bunde vereint der Jugend von heut« ihren Stempel aufdrücken- Und wenn Ihr Gelegenheit hattet, einmal in die Sprechstunden eines Arztes hineinzuschauen: Euer Optimismus, Euer leichtfertiges, oberflächliches Urteil würde gar bald in das Gegenteil umschlagen, würde dem Gefühl des Entsetzens und der bangen Sorge ob der Zukunft Platz machen. Der Arzt selbst, dem doch in seiner Tätigkeit nichts Menschliches fremd bleibt, erschrickt ob des Anblicks des Jammers, den die bedauemswerten kleinen Geschöpft darbieten. Di« Gesichter blutleer, in den tiefumränderten Augen jenes merkwürdig leuchtende Feuer wie bei Wölft«, die lange gehungert haben. Der Brustkasten bei fast allen Kindem abgeflacht, Muskelschwund  , das Knochengerüst von einer gelblich schmierigen, faltenreichen Haut überzogen, Drüsen als Zeichen einer latenten Tuberkulose bei zirka drei Viertel aller von mir in der letzten Zeit untersuchten Kinder, die Haltung schlapp, das Ge- wicht bei allen Kindern unter der Norm, bei Mädchen im Alter von 13 bis IS Iahren nur selten Zeichen einer einsetzenden Puber- tätsentwicklung, die ganz Kleinen mit rachitischen Köpfen, krummen Beinen, gedunsenen Spitzbäuchen. Ist das noch Jugend? Wo bleibt da unsere Zukunft, was soll aus unserer Hoffnung werden? Wenn di« Dinge welter so ihren Verlauf nehmen, dann sinkt all unser Besitz ins Grab. Allerorten wird es an Mitteln fehlen, dem Berderben zu wehren! Unendlich Vieles wird den Verhältnissen zum Opfer fallen. Rettet unsere Kind er! Dieser Ruf wird weitertönen, muß setzt lauter als je erschallen. Mag fallen, was nicht mehr stehen kann, aber laßt unsere Jugend nicht fallen. Diese Forderung wird nicht aufhören, sich geltend zu machen. Es gibt nichts Wichtigeres, nichts Dring- licheres. Laßt unsere Iugend nicht zugrunde gehen! Sollte sie nicht mehr zu retten sein, was hätte es alsdann noch für einen Sinn, an der Rettung auf anderen Gebieten zu arbeiten! Neue Kunstbekenntnisse Leibis. Wilhelm Leibi, das größte deutsch  « Malergenie des 19. Jahr- Hunderts, war kein Mensch, der viel sprach, sondern einer, der in der dumpfen Urkraft ftines Schöpferdranges seine wundervollen, heute bereits klassisch gewordenen Werke sich abrang. Um so wichtiger ist es. diesen Meister in seiner Seelenwerkftatt zu belauschen. Zu den bereits bekannten Brieftn Leibis treten jetzt einig« neue an seinen Bruder Ferdinand, die in dem bei Hugo Schmidt in München   soeben erschienenen Leibl-Buch von Hermann Nasse zum erstenmal ver- öffentlicht werden. Ein schönes Bekenntnis zu der Freiheit des Künstlertums bringt der Brief vom 19. Februar 1871, in dem auch ein gewisser Stolz auf die riesige Körperkraft des Künstlers durchleuchtet, der es bekanntlich im Ringkanmpf mit den tüchtigsten Berufsringern aufnahm.Ich bin als Künstler so an ein freies Leben gewöhnt." heißt es da,daß ich mich durch nichts in der Welt bestimmen lasse, anders zu handeln, als es mir gerade behagt. Ich arbeite und trink« denn am Abend am liebsten mein Bier in aller Gemütsruhe. Davon kann mich nun nichts abhalten, so lieb mir auch meine Verwandten sind. Alle übrigen Verwandten sind dies auch- sicherlich schon gewohnt, denn niemand beschwert sich darüber. Mein Wort in betreff der Be- leuchinngsfeierlichkeiten konnte ich deshalb nicht halten, weil bei dem Künstlerzuge niemand außer mir die große Künstlerfahne zu tragen vermochte, und so muhte ich der Sache halber dies übernehmen." Ein andermal bekennt er dem Bruder:Geld und Kunst sind zwei kon- ttäre Dinge. Siehe Dir nur die heuttgen sogenannten Kunstgrößen an, die Millionen haben und für ein Bild 20 000 Taler bekommen,