Dienstag, den tt. November: Oeffentliche Bolks-Versammlungen.Die Tragö'üie ües Generals von Geeckt.Uns wird geschrieben:Als in den letzten Stunden des Kapp-Putsches der Generalv. Lüttwitz den Zusammenbruch seines hochverräterischen Unter-nehmen? klar vor Augen sah und nur noch für seine Personeinen möglichst glimpflichen Ausgang erstrebte, erfuhr er, daßdie verfassungsmäßige Reichsregierung den General v. S e e ck tzu seinem Nachfolger ernannt hatte. Hierüber geriet der Rebellin eine solche Wut, daß er zunächst mit dem Gedanken spielte,lieber den aussichtslosen Putsch fortzusetzen, als die Militär-gewalt einem solchen Nachfolger zu überlassen. Nur mit Mühetonnte ihn seine Umgebung vor dieser letzten Wahnsinnstat ab-bringen. Die Gründe dieses fanatischen Hasses Lüttwig gegenSeeeft sind zwar nicht sehr klar, doch dürften sie noch aus derKriegszeit stammen. Der rasche Aufstieg des begabten General-ftabsoffiziers, der es innerhalb weniger Jahre vom Major zumGeneral gebracht hatte und der in den eingeweihten Kreisender alten Armee als der eigentliche Schöpfer der genialstenstrategischen Operationen im Osten— Durchbruch von Tornow-Äorlice im Frühjahr 1915 und Einkreisung der rumänischenArmee im Herbst 1916— allgemein galt, war den alten Generä-len stets ein Dorn im Auge gewesen und sie hatten es schließlichbei der Obersten Heeresleitung durchgesetzt, daß er im letztenKriegsjahr auf einen unfruchtbaren Posten an der stillstehendenrussischen Front verbannt wurde. Nicht allein Lüttwitz, sondernauch Ludendorsf und die meisten verabschiedeten Offiziere deralten Armee waren von tiefem Haß gegen Seeckt erfüllt unddieser Haß steigerte sich zur P e r a ch t u n g, als es Seeckt nachdem Kapp-Putsch übernahm, an die Spitze der Reichswehr zutreten. Seither gilt er in deren Augen als ein A b t r ü n-niger, ein Verräter, und der Umstand, daß er angeblich, ähn-iich wie General Hoffmann, mit einer Jüdin verheiratet seinsoll, trägt natürlich dazu bei, die gehässige Fronde gegen seinePerson in den völkisch-nationalistischen Offizierskreisen über alleMaßen zu steigern.Außerdem herrscht in der Clique der Ludendorff, Watterund Genossen eine tiefe Erbitterung gegen den Chef der Heeres-lsitung, weil er teils aus Gründen der militärischen Disziplin,teils aus realpolitischer Einschätzung der gegebenen Machtver-hältnisse einem Zusammenarbeiten mit den illegalen militäri-schen Organisationen grundsätzlich abgeneigt war und well ersogar in den Zeiten Cunos allen Annäherungsversuchen vondieser Seite sehr kühl gegenüberstand.Der Konflikt zwischen Bayern und dem Reiche war für dierechtsradikalen Kreise um Ludendorff ein willkommenerP o r w a n d, auch den Chef der Heeresleitung zu beseitigen.Daher wurde er im„Völkischen Beobachter" maßlos ange-griffen, wobei die Beschimpfungen nicht einmal vor seinen An-gehörigen Halt machten. Als der Rsichswehrminister als Oberbefehlshaber das Münchener Schimpfblatt verbot, setzten es diemaßgebenden Kreise um den bayerischen Diktator Kahr durch,daß dieses Verbot unbeachtet blieb und daß General v. Lossowkeinen Finger für die Durchführung dieser Maßnahme rührte.Von diesem Augenblick an war für den Chef der Heeres-leitung— ebenso wie für seinen Vorgesetzten Geßler— dieLage ganz klar: Konnten sie ihre Befehle nicht durchsetzen, sowaren sie in den Augen der gesamten Reichswehr moralischerledigt. Gerade darauf aber hattenes dieLuden'dorff und Lossow abgesehen.Die weitere Entwicklung der Angelegenheit ist bekannt: Diebayerische Reichswehr wurde auf Lossow und Kahr verpflichtet,also den: Befehl ihres eigentlichen und einzigen VorgesetztenSeeckt entzogen, Lossow unterstrich seine Rebellion mit einemFunkspruch, den er auch an die nichtbayerischen Teile derReichswehr übermittelte und Seeckt selbst wartete darauf, daßihm die Reichsrcgierung die Befehle erteil«, auf die er nichtnur als Person, sondern auch im Interesse des Ansehens undder Disziplin der Reichswehr ein gebieterisches An-recht' hatte.Aber siehe da! Die Befehle blieben aus, es wurde mitden Rebellen„verhandelt" und merkwürdigerweise waren esfast ausschließlich die sozialdemokratischen Minister, die für jeneHandlungen eintraten, die allein geeignet wären, die m i l i-täris che Autorität und Ehre des Chefs der Reichs-mehr wieder herzustellen.Wir wissen sehr wohl, daß General v. Seeckt alles eherals ein Freund der Sozialdemokratie ist und daß er bestenfallsals ein Vcrnunftrepublikaner bezeichnet werden kann. Wirhaben also keinen Anlaß, uns für ihn besonders einzusetzen.Aber in diesem Augenblick, wo sich die bürgerlichen Parteienund ihre Vertreter in der Reichsregierung anschicken, vor denbayerischen Rebellen und Meuterern zu k a p i t u l i e r e n, ver-dient der Fall Seeckt menschlich und politisch gewürdigt zuwerden: Dieser alte Soldat, der unter Ueberwindung berech-tigter Empfindungen seine Kräfte in den Dienst einer schwieri-gen und wenig dankbaren Aufgabe gestellt hatte, ist geradevon den Kreisen und Schichten, die ihm am nächsten standen,einfach verraten worden. Die einzigen, die w i r k l i ch Ver-ständnis für seine Stellung, für sein Recht und für seine Ehrebewiesen haben, waren die ihm gänzlich fernstehenden„Marxi-sten", mit denen er übrigens von den bajuvarischen Rebellenin einen Topf geworfen wird.Dabei haben die Rebellen noch heute eine nicht geringeAngst vor ihm. denn sie wissen, wie groß seine persönlicheAutorstät auf die verfassungsmäßige Reichswehr bisher gewesenist. Noch gestern veröffentlichte das völkische„Deutsche Tage»blatt" einen Aufruf der„Vaterländischen Kampfverbände"lHitler-Ludendorff) gegen die„Diktatur v. Seeckt". Jene Herr-schaften wissen nämlich, daß wenige Stunden, nachdem Seecktden Befehl erhalten haben würde, mit der Reichswehr gegenBayern vorzugehen, es mit der ganzen bajuvarischen Herrlich-keit vorbei wäre, vielleicht sogar ohne daß ein einziger Schußzu fallen brauche.Aber der Befehl i st nicht gekommen und er wird nichtkommen. Die bürgerlichen Parteien sind entschlossen, vorLossow zu ka'ütulieren und kümmern sich einen Teufel um diemilitärische Ehre desjenigen Mannes, den sie an die Spitzeder verfassungsmäßigen Wehrmacht gestellt hatten. Er hatseine Schuldigkeit am Vaterlande im Kriege und nach demKriege getan: Er mag als erledigter Mann gehen, er kannals n och mehr erledigter Mann bleiben. Die Hauptsacheist, daß man endlich wieder seine schöne Ruhe mit Münchenhat!Eine Ireunüesftimme.In der Dienstagnummer der.Wiener Arbeiterzeitung" wirdsehr ausführlich zu den Borgängen in Sachsen und der neuen schwe-ren Krise im Reiche Stellung genommen. Die Kritik unseres WienerBruderorgans über die Haltung der Partei in der sächsischen Frag«ist durch die weitere Entwicklung in Sachsen gegenstandslos gewor-den. Ernst« Beachtung verdient irides das Urteil der„Arbeiter-zeitung" über die G e l a m t p o l i t ik der deutschen Sozialdemokratie:„Man kann— so schreibt das Blatt— die faschistische Diktaturin Deutschland nicht dadurch verhüten, daß man selbst zu ihremSchrittmacher wird! Setzt sich die deutsche Sozialdemokratie inGegensatz zur deutschen.Arbeiterklasse, dann wird sie sehr baldleiwe reale Macht mehr sein und dann erst recht hinweggefegt wer-den, sobald der Faschismus sein« Stunde gekommen gloubt! Hun-dertmal besser im Augenblick konterrevolutionärer Gewalt i nEhren zu erliegen, als auf die Partei die Schande zu la-den, die ihre Zukunft vernichten müßte, die Schande, selbst zurMitschuldigen konterrevolutionärer Gewalt geworden zu sein!Noch i st nichts verloren. Noch kann ein mutigerEntschluß Ehre und Zukunft der Sozialdemokratie retten. Aberdi«ser Entschluß muh, so schwer er sein mag. gefaßt werden. Daswollten, das mußten wir in alter herzlicher Freundschaft unserenFreunden im Reiche sogen: ihnen sagen, weil uns um Deutsch-land, weil uns um die deutsche Sozialdemokratie bange ist."Diese Zeilen wurden, wie erwähnt, geschrieben, als die gesamteinternationale Oeffentlichkeit unter dem niederschmetternden Eindruckder Reichsexekution in Sachsen stand und das Ausland aus Grundlückenhafter Informationen annahm, daß die sozialdemokratischenReichsminister das Vorgehen gegen die sächsische Regierung gebilligthätten. Die Maßnahmen unserer Partei in Sachsen wi« im Reichedürften nicht nur diesen Irrtum aufgeklärt, sondern auch den Be-weis erbracht haben, daß die deutsche Sozialdemokratie mit allenihr zu Gebote stehenden Mitteln die reaktionär« Gefahr abzuwendengesucht hat. Nachdem der Kampf gegen die Militärdiktatur nicht zudem gewünschten Erfolg geführt hat, zog sie durch den Austritt ausder Regirnlng die einzig mögliche Konsequenz aus dieserLage, ein Beweis mehr dafür, daß sie von derselben Erkenirfnis geleitet wird, die unser Wiener Bruderblatt zu ihrem freundschaftlichenAppell an unsere Partei veranlaßt hat.Die Separatisten im Rheinland.Aachen, Z. November.(Eca.) Heute früh nach 10 Uhr wurdedas Rathaus von den Separatisten gestürmt. DieVerteidigung des Rathauses, bestehend aus der Feuerwehr, demAachener Selbstschutz und einem kleinen Aufgebot von Ortspolizei,mußte der Uebermacht weichen. Die Sonderbündler hatten zu derErstürmung des Rathauses annähernd 200 Mann zusammengezogen,alle schwer bewaffnet mit Karabiner, Handgranaten undSturmbecken. Di« Separatisten sind durch dos Anlegen vonLeitern in das Rathaus eingedrungen. Die belgisch« Besatzungs-behörde hatte zwei Tage vorher das ganze Rathaus nach Waffendurchsucht und die belgische Hauptwoch«, die durch«inen Seiten-eingang mit dem Rathaus verbunden ist, zurückgezogen. UeberAachen ist noch immer der Belagerungszustand verhängt. Waffen-tragen ist verboten. Nicht mehr wie fünf Personen dürfen auf derStraße zusammenstehen. Dagegen ziehen die Separatisten zuHunderten mit Karabinern und Pistolen und sonstigen Kriegswaffenausgerüstet durch die Straßen der Stadt, ohne daß die belgische Be-satzungsbehörde dagegen einschreitet. Um 11,30 Uhr haben die sepa-ratistischen Truppen vor den: Regierungsgebäude in KolonnenformAufstellung genommen. Ihre Absicht ist, das Polizeipräsidium undalle übrigen öffentlichen Gebäude in ihr« Hand zu bringen. DasPolizeipräsidium ist von einer nach Tausenden zählenden Meng«umlagert. Nach dem augenblicklichen Stand der Dinge ist mit einemerbitterten Kampf zu rechnen.Bingen. 3. November.(Mtb.) Als heute nacht%'4 Uhr Separatisten in das Kreisamt von Bingen eindrangen, mar-schieden zu gleicher Zeit zwei Abteilungen französischer Infanteriemit Maschinengewehren vor dem Kreisamt auf. Gleichzeitig mit demFührer der Putschisten betraten auch zwei Sekretäre des französischenKreisdelegierten das Kreisamt, die den Delegierten telephonisch überden Gang der Aktion laufend unterrichteten. Das Kreisamt wurdesofort von französischem Militär besetzt.In Worms hatte die organisiert« Arbeiterschaft denSchutz der von den Putschisten noch nicht besetzten öffentlichen Ge-bäude übernommen. Darauf verhängten die Franzosen gestern dieNachtverkehrsspem und ein Berbot von größeren Ansammlungeninnerhalb von öffentlichen Gebäuden, das jedoch nicht befolgt wurde.Heute mittag wurde der sozialdemokratische LandtagsabgeordneteLutz und der sozialdemokratische Stadtverordnete Ehrentraut,die beide hervorragend bei der Abwehrorganisation tätig waren, vonfranzösischen Kriminalbeamten oerhaftet und sofort aus-gewiesen.Kochen oieüer befreit.Aachen, 2. November.(IBIB.) Die Sonderbündlersind heule nachmittag aus Anordnung des Berkehrsdelegierten, der imAustrage der Rhcinlandkommission gehandelk hat. durch die belgischeGendarmerie e n l w a s s n e l worden. Sie dürfen keine Armbindenund keine Waffen mehr kragen. Ein Teil von ihnen hat sich nach demBahnhof begeben. Rathaus und Regierungsgebäude sind von beut-scher Polizei beseht. Die Fahnen der Sonderbündler sind herunter-geHoll. Die beschlagnahmten Waffen sind unter Aufsicht des Gen-darmeriekommandanten aufbewahrt worden. Der Leiter der beut-schen Polizei wurde persönlich für die Sicherheil der Sonderbündlerbei ihrem Abzug verantworilich gemacht. Bon einzelnen Personen.die von den Sonderbündlern gefangengehalten worden waren, istbereits bekannt, daß sie wieder frei sind.Di« Bevölkerung, die sehr erregt war, wurde durch die Polizeinach Abzug der Sonderbündler beschwichtigt. Der Kmsdelegiertcgibt bekannt, daß bis auf weiteres jeder Verkehr von bewaffnetenund besonders bewaffnete Scharen, das Beflaggen oder Tragen vonFahnen und Armbinden, sowie jeder Verkehr von 8 Uhr abends bis5 Uhr morgens im Stadt- und Landkreis Aachen verboten ist.»Es wird angenommen, daß auf Grund der Erklärung des bcl-gischen Außenministers Iafpar in der gestrigen Kabinettssitzungder belgische Delegierte in der Rheinlondkommission angewiesenworden ist, den sogenannten Sevoratisten gegenüber voll« Neutrali-tat zu wahren.— In der Bevölkerung atmet man allgemein er-leichtert auf._Gemeindewahlerfolge der Labour Party. Bou den am Donners-tag in über 300 Städten und Landbezirken von England und Walesabgehaltenen Gemeinderatswahlcn liegen bisher die Ergebnisse aus83 Wahlbezirlen bor. Die Konservativen habe» gewonnen 30, ver-loren 17. die Liberalen gewonnen 12, verloren 30. die Arbeiter-Partei gewonnen 06. verloren 88, die Unabhängigen ge-wonnen 28, verloren 24 Sitze.tzughes gegen poincare.Amerika lehnt die französischen Einschränkungen ab.London. 2. November. lDTB.) Während in unlerrichkelenKreisen weiterhin angenommen wird, daß die Einschränkungen derfranzösischen Regierung bezüglich der geplanten Sachverständigen-Untersuchung weder in den Augen der britischen noch der amerika-nlschen Regierung ein Hindernis für den Zusammentritt eines der-artigen Ausschusses bilden werden, besagen Agentur Meldungen ausWashingkon, es verlaute, daß Staatssekretär Hughes in einerDarlegung der amerikanischen hallung zu dem den Reparationsaus-schuh betreffenden Borschlag gegenüber dem französischen Geschäfts-träger in Washington klargemacht habe, daß die Bereinigten Staatensich von der geplanten Untersuchung der Leisiungssähigkeit Deutschlands zurückziehen würden, wenn das Programm der Konfe-reuz von poincare im voraus eingeschränkt würde. Von maßgeben-der Seite verlautet, daß die Darlegungen des Staatssekretärs Hughesfolgende Punkte enthalten haben:1. Die Bereinigten Staaten hätten angenommen, daß Frankreichden Plan des Staatssekretärs Hughes ohne Einschränkungenmit Bezug aus das Programm angenommen hätten.2. Die Bereinigken Staaken feien der Ansicht, daß die Zusammenkunft vollständig fehlschlagen würde, wenn die Sachverständigen ver-hindert würden, die gesamte Zahlungssähigkelt Deutschlands zuerörtern.3. Die Bereinigten Staaten seien der Ansicht, es sei zwecklos, mitKonferenzen unter Beschränkungen fortzufahren.4. Die Bereinigten Skaalen seien der Ansicht, daß dl« Bedingungen des Berfailler Vertrages, die bei Einflimmigkeil der Billigungder Regierungen eine Verminderung der Reparationen vorsehen, dieErwägung der gesamten Reparationssumme gestatten.„Ver erste mutige Schritt'".Eine englische Stimme.London, 2. November.(WTB.)„Westminster Gazette" schreibt,nicht einen Augenblick zu stüh habe die britische Regierung Frank-reich und Belgien mitgeteilt, daß sie die Rheinland-Republiknicht anerkennen werde. Es sei der erste mutigeSchritt Englands. Die britische Note sei äußerst wichtig, dennsie bringe Frankreich gegenüber zum Ausdruck, daß England beidieser Angelegenheit nicht beabsichtige, sich einer vollendeten Tatsachegegenüberstellen zu lassen, wie dies bei der Ruhrbesetzung geschah.Nach dem Urteil Englands würde die Schaffung einer rheinischenRepublik einen Bruch des Berfailler Vertrages bedeuten und gemäßdieser Feststellung müsse England handeln. England sei auf Grunddes Frisdensvedrpges mit seinen Alliierten für die Besetzung derRheinlande verantwortlich. Ce gebe nur eine Autorität für dieDurchführung der gegebenen Befehle, nämlich die Berliner Regie-rung. Belgien haue bereits erklärt, daß es in der separatistischenBewegring neutral sei. Diese Autwort könne nicht von Frank-reich kommen, ohne daß dieses zynisch Tatsachen, die von zahlreichenunabhängigen Beobachtern beglaubigt werden, außer acht lasse. Aberauch aus Gründen reine? Menschlichkeit könne England nicht beiseitestehen und zusehen, wie«ine große Provinz der Herrschaft roherGesellen unterworfen werde, von denen die meisten mehr in Ge-sängnissen zu Hause schienen als in Verwaltungsbursaus. WennPoincare sage, de? Vertrag sei ein heiliges Ding, so müsse er, wie erdie Macht habe, auch den Willen lzaben, dafür zu sorgen, daß derFriedensvertrag im Rheinland nicht ein Gespött werde.ver neue Lohnabzug.Die erhebliche Verschlechterung der Mark und die dadurch be-dingle Verteuerung der Lebensverhältnisse zwingen die gesternmitgeteilte Festsetzung der Vcrhältniszahl beim Steuerabzug vomArbeitslohn abzuändern. Die Verhältniszahl, mit der die in derzweiten Septemberhäliie in Geltung gewesenen Ermäßigungenbeim Steuerabzug vom Arbeitslohn zu vervielfachen sind, ist daherfür die Zeit vom 4. bis zum 10. November 1923 statt auf IS 000auf ,20 000* festgesetzt worden. Bei der Berechnung des Steuer-abzug« von dem bis zum 10. November 1923 fällig gewordenenund gezahlten Arbeitslohn sind die Ermäßigungen der zweitenSepteinberhälfte mit„20 000" zu vervielfachen. Unter Zugrunde-legung der BerhältniSzahl ,20 000" ergeben sich z. B. folgendeWochenermäßigungen:für die Zeit für Steuerpfl. für jed.minder- fürWerbungS-vom und Ehefrau jährige Kind kostenje M. M. M.16. bis 30. 9. 23 172 800 1 152 000 1 440 00028. 10. bis 3. 11. 23 1 036 800 000 6 912 000 000 8 640 000 000(sechetauscndfach)4. bi« 10. 11. 23- 8 456 000 000 28 040 000 000 28 800 000 000(imanztgtausendfach)Der im Wege des Steuerabzugs cinzubehaltende Betrag ist inallen Fällen ans volle zehn Millionen Mark nach unten abzurunden.Rückkehr öes Kronprinzen?Rechlsstehende Blätter kolportieren die Nachricht, daß derfrühere deutsche Kronprinz seinen holländischen Wohnsitz Wie-ringen verlassen habe und bereits auf seinem Gut« Oels eingetrofsensei, wo er Wohnsitz zu nehmen gedenke. Die Nachricht ist falsch.Der Hohenzollernsprosse sitzt nach wie vor in Holland. Allerdingshat e? vor einigen Wochen durch eine Mittelsperson bei der Reichs-regierpng erneut den Wunsch geäußert, nach Deutschland zurückzu-kehren und sich in Oels niederlassen zu dürfen. Die Reichsregicrungerhob zwar keinen prinzipiellen Einspruch gegen die Rück-kehr, vertrat aber die Auffasiung, daß wir innenpolitisch der Sorgengenug haben und uns nicht neben dem wittelsbachschen auch nochden hohenzollernschen Thronprätendenten auf den Hals ladenbrauchen. Das hieße, de» Völkischen und Monarchisten ihr dema-gogisches Treiben und ihre republitfeindliche Hetze doch zu sehr er-leichtern. Mag sein, daß eine sozialistenreine Reichsregierung auchdiese Bedenken fallen läßt, weil ihr die Republik sowieso Hekuba ist.Das Verbot der„Berliner Volkszeitung", das der Wehrmiuisteram Dienstag für die Dauer einer Woche verhängt hatte, ist schonheute aufgehoben worden.ver englische Botschosler in Berlin. Lord d'Abernon, ist, nacheiner Meldung aus London, abberufen worden.Die Spielkartensteuer beträgt mit Wirkung vom 5. November1923 acht Milliarden Mark für jedes Kartenspiel.