�Ibenüausgabe Ar. 554 ♦ 4�. Jahrgang Ausgabe B Ar. 274
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70 Milliarden M. Dienstag 27. November 1�25
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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokrat» f eben Partei Deutfchlands
Gilberts NWon gescheitert. Man sucht eine Bürgerblockregierung.
Reichsmimfler a. v. Dr. Albert holt dem Seichs» prSfideutev heute in der ZNittagsstunde folgendes Schrei» ben zugestellt: Ihrem Appell an mein vaterländisches Pflichtgefühl bin ich gefolgt, lch Hostie, die rechten Männer zur Mikarbeit zu ge» Winnen. Diese Hoffnung hat sich infolge der parte!» politischen Schmlerigkeiten nicht erfüllt. Z ch lege daher den Auftrag in Ihre Hände zurück. « Herr Albert hat den Austrag zur Bildung eines Kabinetts in die Hände des Reichspräsidenten zurückgelegt, weil er die f'arteipolitifchen Schwierigkeiten, die sich einem Versuch entgegenstellten, nicht überwinden tonnte. Der Reichspräsident, der mit den Fraktionsvertretern nicht oerhandeln tonnte, solange Albert mit seinem Austrag be- schäftigt war, hat jetzt wieder die Vertreter der bürgerlichen Parteien zu sich gebeten. Di« Sache steht jetzt augenscheinlich so. daß nur noch«ine Lürgerblock-Regierung ge» bildet werden kann» lvenn überhaupt etwas zustande kommen soll. Wie eine Bürgerblock-Regierung aussehen soll, weiß zur Stunde allerdings noch niemand. Im Augenblick ist Herr I a r r e s der«orderte Mann im Rennen, aber ob es ihm gelingen w'rd, eine Mehrheit z»» gewinnen, ist noch eine of'ene Frage. Herr Larres ist der Repräsentant jener Politik der .vorübergehenden'" Preisgab« von Ruhr und Rbein und des Bruchs mit Frankreich , die von der Sozialdemokratie aufs'chärfste bekämpft wird, aber auch im Zentrum und bei den Demokraten lebhafte Gegnerschaft findet. Das einzig«, was zummften seines Erfostjes spricht, ist der Umstand, daß die bürgerlichen Parteien, indem sie das Zustandekommen der Reg'erung Albert verhinderten, mit ihrer Ehre engagiert sind, fo ralch wie möglich«ine Reg'erung zustande zu bring«»». Wie immer aber die Regierung des Bürgerblocks aussehen und roer immer an ihrer Spitz« stehen wird, so ist doch die StellungderSozialdemokratie zu ihr von vorn» berein gegeben. Die Sozialdemokratie, die nach wie vor jede Politik der Gewalt bekämpft, wird gegen eine Regienmg der bürgerlichen Reastion die G e i st e r mobilisieren. Die Zer» setzurrg der bürgerlichen Parteien wird dam» nicht mehr aufzuhalten sein. Und so steht im Hintergrund der neuesten Er» eignisse, die viel neues Unheil über dos arbeitende Volk bringen werden, auch wieder eine Hoffnung, nämlick» die hoff» nung auf eine regierungsfähige, von der Mehrheit des Volkes gestützt« deutsche Arbeiterpartei. Die bürgerliche Presse hatte gegen Herrn Albert die Tatsach« ausgeschlachtet, daß er als Beamter der deutschen Botschaft in Amerika im Jahr« INI? ein« Aktentasch« verloren hatte, aus deren Inhalt hervorging, daß die deutsche Regicnwg in den amerikanischen Munitionsfabriken Streiks anstiftet«. Man schob dann in Amerika auch die Schuld an verschiedenen Explosionen, die sich in die» s«n Fabriken ereigneten, der deutschen Propaganda zu. Es war gewiß sehr unonzenehm, daß Albert, der damals nur ein ziemlich untergeordneter Beamter war und die ihm«rt»ilt«n Aufträge sicher nicht billigte, in dem Mittelpunkt dieses Skandals gestanden hotte, und der Reichspräsident hätte wahrscheinlich deshalb von seiner Be» austragung Abstand genommen, wenn ihm eine größere Zahl par» teilich nicht gebundener Beamen zur Verfügung gestanden Hölle, die sich so wi« Albert al» Diener der Republik bewährt hätten. Jetzt ist es die französische Presse, die im Kampf gegen Albert und für Serres ein Symptom dafür erblickt, daß Schwerindustrie und Eroßgrimdbefitzer jede verfassungsmäßig« Lösung der Regie» rungskrise und jedes auf Erhaltung de» Westfriedens bedachtes R«- giment in Deutschland verhindern woiln». Es ble-bt noch stht j« Frage, ob«in« Regierung Jarres in der W-.lt draußen«in« bessere Aufnahme finden würde als eine Regierung Albert. Der Süraerblock marschiert. Roch sind nicht alle Einzelheiten der parlamentarischen Verhandlungen zwischen den bürgerlichen Parteien am gestrigen Tage restlos aufgeklärt. Es zeigt sich aber bereits in der heutigen Morgenpresse, daß die Bestrebungen aus Bildung eines Bürgerblocks ostenbar weitere Fortschritte gemacht haben. Es scheint, daß die Deutschnationalen den von uns zitterten Forderungen des Zentrums— Anerkennung des Verfailler Vertrages, Aufrechterhaltung der preußischen Koali» tionsregierung— bedeutend entgegengekommen sind, denn während die„Deutsche Zeitung" heute früh noch daran fest» hält, daß„unter solchen Bedingungen ein Zusammenarbeiten zwischen Deutschnationalen und Zentrum ausgeschloffen sei", versichert der„Tag": „Bedingungen, die dos Zentrum für die Teilnahm« an einer Regierung, der auch die Deutfchnationolen angehören, gestellt hatte, sind im wesentlichen durch verhandlungeu mit den Deulschnali analen ausgeglichen. Man hat feststellen können, daß die deutschnationale Fraktion nicht an ein« sofortig« Ablösung des Vertrages von Berfa ill«» denkt und daß auch zunächst die Forderungen der Deutsch » nationalen nach Aushebung der Große« SoattNou in Preuße« inso»
fern aus den Verhandlungen ausgeschaltet werden können» als diese Frage Angelegenhell der preußischen Fraktionen ist und erst nach der Bildung einer festen bürgerlichen Regierung im Reich« ernsthaft erörtert werden kann." Der„Lokal-Anzeiger", der zur Abwechslung sehr par- lamentarisch gestimmt ist, berechnet auf Grund der Stimmverhältnisse, daß ein solches bürgerliches Kabinett unter dem Kandidaten der Rechtsparteien. Dr. I a r r e s als Reichs» kanzler, bei neutraler Haltung der Demokraten ein verfaffungs» mäßiges Kabinett sein würde: „Ist dies« Kennzeichnung der Strömungen im Deutschen Reichs- tage richttg»- und wir haben allen Gnmd, sie dafür zu holten—, dann zeichnet sich mit aller Deutlichkeit die Möglichkeit ab. auf ver- fassungsmäßlgem und parlamentarischem Wege zu einem Kabinett zu kommen, das gegenüber allen früheren feit dem Prinzen Max von Baden tatsächlich etwas Neues darstellte, das auf Verkrauen im Laude rechnen dürft« und das der Entwicklung, die sich im deutschen Volke voll'ogeu hat, gerecht würde." Er beschwört den Reichspräsidenten E b e r t. der im übrigen von der ganzen Rechtspresse in der schärfften Weise angegriffen wird, der Bildung eines solchen verfaffungs» mäßigen Kabinetts tett'e Schwierigkeiten zu machen. Er g'aub. über die Haltung des Reichspräsidenten versichern zu können: „Freilich rechnet man damit, daß dem Reichspräsidenten der Gedanke an eine Kraftprobe zwischen Reichstag und ihm völlig fernliegt. Sollte sich, wofür viel« Wahrscheinlichkeit spricht, aus den heutigen Besprechungen unter den Parteien die Tatsache heraus- schälen, daß auf verfassuugsmäßigem Wege ein arbeltsfähigcs Sa- b'usit ohue welkeres gebildet werden kann, so zweifelt man nicht daran, daß Herr Cbert von keinem Irrtum zurückkommen wird. Man gläubt, daß er im Grunde ein viel zu guter Demokrat sei. um sich Grundsätzen verschließen zu können, die verfaffungs- mäßig gegeben sind und die auszuschalten, wi« die Dinge zeigen, keinerlei Staatsnotwendigkeit gebietet. Wenn, wie es heißt, Reichs« Präsident Ebert heute den Empfang von Dr. Scholz und Marx, den er gestern abgelehnt hat. doch noch vornehmen sollt«, so würde man darin wohl ein erstes Zeichen dafür zu begrüßen haben, daß sich der Reichspräsident au» der unhaltbaren Stellung, in die er sich hat hineinmanöverieven laffen, wieder herausfindet." Welchen Zwecken der Dürgerblock dienen soll, bedarf kaum eine? näheren Auseinandersetzung. Es scheint, als ob die letwa absichtlich ausgestreuten?) Meldungen über die beab- sichtigte Aufhebung des Belagerungszustandes ven reaktionären Parteien besonders unangenehm gewesen sind. Jedenfalls geht aus den Aeußerungen der Rechtspreffe klar hervor, daß sie den Bürgerblock mit der V e r e w i g u n g des Ausnahmezustandes für identisch halten. Die „Deutsche Allgemeine Zeitung" beginnt nach langem Schweigen und vorsichtiger Reserve die Sprache wieder zu gewinnen. Sie weiß sehr genau festzustellen, was„die Nation will", und sie betont deshalb: „Die Nation will überhaupt keine Sozial» demokraten mehr, ob gemäßigte, ob radikale, ob verdiente, ob verdiensttose. Die Nation will endlich mal eine sozio listen- reine Regierung haben, die möglichst all« bürgerlichen Par- teien umfaßt. Sie will zunächst auf längere Zeit nicht gesellschaft- liche Theorie treiben und weder von Sozialismus noch von Sozialisierimg Häven. Sie will die dvmme Frage beantwortet haben: W i e schaff« ich Arbeit und Brot?" Wenn also der Dürgerblck in der Lage ist, Brot ul»d Arbeit zu schaffen, dann herausmitdemFlederwisch; dann zeige er uns endlich sein Rezept, dann entwickle er sein Pro- aramm, mit dem er innen- und außenpolitisch uns Brot und Arbeit verschaffen will. Wir werden wahrscheinlich nicht die einzigen sein, die der politischen Weisheit des kommenden Bürgerblocks gegenüber uns skeptisch verHalter». Mit den Me» thoden:„Bürgertum gegen Arbeiterschaft" hat man unter ganz anders gearteten Berhällniffen vor dem
Dollar amtlich weiter unveränüert. Die Kobineiiskris«, die noch immer ungelöst ist. erweckt im Auslande ein« äußerst»mgünstig« Stimmung für die Mark. Nach- dem man in New V o r k die Notierung der deutschen Valuta auf einen Tag ausgesetzt hatte, wurde gestern ein Kurs gemeld-t. der «Iner hiesigen Parität von 8.2 Billionen für den Dollar entspricht. In London wurde die Mark unverändert notiert, doch ist zu be- achten, daß zu diesem Kurse keinerlei Umsatz stattfand. In B e r- l i n e r Lörsenkreisen rechnet« man heut« angesichts der Tatsache, daß die Goldpreis« sich mehr und mehr erhöhen, mit einer Herauf- setzung der amtlichen Kurse. Die Reichsbonk konnte sich jedoch nicht entschließen, den amtlichen Kurs dem der Auslandsbörscn an- zunähern. Bei einprozentiger Zuteilung wurde der Dollar un- verändert mit<,2 Billionen festgesetzt. Goldanleihe blieb ebenfalls unverändert und keine Zutellung. Dollarschätz« ge- strichen Geld. Di« Lag« des Geldmarktes zeigte heut« ein etwas steiferes Aussehen. Der Satz für täglich Geld zog von zirka 10 auf IS Proz. cm. Befürchtungen vor eventuellen inneren Unruhen veranlaffen außerdem die Spekulation zur Zurückhaltung.
Kriege nicht regieren können, noch viel weniger wird es jetzt gelingen. Die„m a r x i st e n r e i n e" Politik des Bürger- blocks wird sich denselben zweifellos noch bedeutend ver- größerten Schwierigkeiten gegenübersehen wie die bisherigen Koalitionsregierungen. Ihre Methoden zur Ueberwindung der Schwierigkeiten werden ganz im Gegenteil über kurz oder lang zu alten nur neu« auftürmen. Alles schaut zunächst ängstlich nach den Demokraten aus. auf deren Haltung ja alles ankommen wird. Im Reichstag verfügen die bürgerlichen Parteien von den Deutschnationalen bis zum Zentrum einschließlich der kleineren Gruppen über 230 Mandate(eingerechnet 3 Deutschvölkische), die Linke über ISO Mandat«, in der Mitte stehen die Demotraten mit 39 Man- baten. Die Stellung, die die Demokraten gegenüber diesen Versuchen auf Bildung eines Bürgerblocks einnehmen wollen, umschreibt das„Berliner Tageblatt" folgendermaßen: „Danach kommt alle» auf die Haltung der Demokraten an, die das Zünglein an der Wag« bilden. Treten sie in ein« prinzipielle Opposition zu dem sogenannten Bürgerblock, so ist er lebensunfähig, da die Sozialdemokraten und Kommunisten selbstverständlich gegen ihn sind. Daher wurden noch am gestrigen Tage Besprechungen mit Vertretern der Demotratischen Partei gepflogen. Am liebsten hätte man sie mit in die Kombination einbzzogen. Davon kann wohl keine Rede sein, wenn viellcich auch dieser oder jener demo- kratisch« Abgeordnete dahingehenden Einflüsterungen nicht ganz un» zugänglich ist. Unsere» Erachten» können sie höchstens durch ew« neutrale Stellungnahme die Kabinettsbildung der rechts von ihnen stehenden Parteien ermöglichen, um zunächst einmal über den toten Punkt hinwegzukommen und ein Kabinett zu ermöglichen. Leicht dürfte ihnen auch dieser Entschluß nicht werden. Aber er wird von stoatspolitischen Notwendigkeiten diktiert, von vaterländischen Er- wägungen, die die demokratische Partei stets über das reine Partei- intereffe gestellt hat. Sie hätte also bei der Vertrauensfrage sich der Abstimmung zu enthalten und erst dann in die Opposition zu rücken, wenn die Politik des Bürgerblocks ein« Richtung annimmt. die außenpolitisch zur Katastrophe und innen- politisch zu einem Klassenkampf gegen die Ar- beiter» und Angestelltenschaft zu werden droht. Eine solch« abwartende und abwägende demokratische Politik würde auch die Heißsporne des Bürgerblocks, die vor allem in den Reihen der Deulfchnationalen zu suchen sind, immer wieder darüber be- lehren, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Eine solch« Polllik hoher Verantwortlichkeit vor dem Vaterland« und vor der Partei setzt ein« nicht alltägliche Charakterstärke voraus. Wir hoffen, daß die Demokratische Partei , die in den letzten Monaten der verschiedenen parlamentarischen Krisen so klug und geschickt operiert hat, sie auch dann nicht vermiffen lassen wird." So einfach, wie sich im übrigen die Dinge in den Spallen der Presse darstellen, vollziehen sie sich in Wirklichkeit nicht. Wenn die bürgerlichen Mittelparteien jetzt geneigt sind, mit den Deutschnationalen gemeinsame Sache zu machen, so dürste da- bei ein sehr wesentliches Motiv die Ueberlegung sein, daß man die Deutschnationalen mit zur Regierungsverant- wortung heranziehen will, um nachher vor den Wähler- maffen sagen zu können, daß auch die Deutschnatio- nalenkeineonderePolitikbetreibenkönnen. als die anderen bürgerlichen Parteien. Die Rechte hat dem- gegenüber schon ihren Schachzug bereit. Sie läßt andeuten, daß sie in dem neuen Kabinett nur durch den Ernährungs- minister vertreten sein will. Man will also die b e r u f s- egoistischen(daher der Kampf gegen den Marxismus!) Interessen der La»»dwirtschaft speziell wahrnehmen, im übrigen sich eine Stellung reservieren, bei der man sich jederzeit in die bequeme Oppositionsstellung zurückmanöoerieren kam Nur durch diese wahltaktischen Schwierigkeiten der Mittelparteien ist das vollkommene Durcheinander in der bllr- gerlichePPolitikzu verstehen. Derselbe Dr. Jarres, der jetzt als prasumptivster Reichskanzler gilt und dessen Nichtbc- rufung als ein Staatsverbrechen Eberts hingestellt wird, sollte v o r der Berufung Alberts vom Reichspräsidenten mit der Kabinettsbildung beauftragt werden. Die„Deutsche Tageszeitung" stellt aber ganz mit Recht fest: „Damals aber fcheiierle feine Berufung an dem Widerstand des Zentrum». Es scheint jedoch nunmehr, daß das Zentrum auf Grund der inzwischen vor sich geqangenm Besprechungen zwischen den einzelnen Fraktionen sich einer Kandidatur Jarres gegenüber nicht mehr so ablehnend verhält wi« früher." Kaum war Lllbert berufen, da wird derselbe Jarres. dessen Kandidatur eben erst an dem Widerspruch der Fraktionen ge- scheitert war. von denselben Fraktionen jetzt ausgestellt. Deut- licker kann der W i r r w a r r, das Hin und Her in der bürger- lichen Mitte nicht gekennzeichnet werden. Das Bürgertum kann und will sich in Deutschland offenbar zu einer kon- sequenten dauernden und wirklich zuverlässigen republikanischen und dentokratischen Politik weder nach innen noch nach außen bekennen. Es braucht sich nicht wundern. wenn das Mißtrauen gegen diese zwischen Reaktion und Demokratie hin und her schwankende Politik immer stärker wird. Das Bürgertum hat jetzt das Wort. Es ist aller Fcffeln ledig, die bislM angeblich die Entfaltrmg seiner polittschen Kräfte gehindert haben soll. Das