Nr. 113 ♦ 41. Jahrgang
1. Heilage ües vorwärts
Lrettag, 7. März 1424
Wahlreden im Rathaus. Dentschnational-tommnnistische Brüder.— Ein Peitschenhieb für Ludendorff.
Deutschnationale und Kommunisten wetteifern in der Berliner Stadtverordnetenversammlung miteinander in prah- lerischen Stimmungsmache für die bevorstehenden Reichstags- wählen. Als Aorwand dient ihnen die Forderung, daß die preußische Regierung auch für Berlin schleunigst Neuwahlen zur Stadtverordnetenversammlung anordnen soll. Mit entsprechenden Anträgen kamen sie gestern in der Debatte über den Magistrats- a b b a u, und sie konnten dann ihr« Wahlreden gegen die Sozialdemokratie hersogen, die nach ifjv'r Dorstellima bereits „abgewirtschaftet" hätte. Daß Knüppel-Kunz« in diesem Chor nicht fehlt«, versteht sich von selber. Der teutschr.ationale Pfarrer Koch schnauzt« auch die Aentrumspartei an, die das Verlangen nach Stadtrerordn<tenwahlen für Berlin nicht un'erstützt. Als der Zentrumsredner Lange in seiner Erwiderung auf den Münchener chochoeoratsprozeß hinwies und Ludcndorff als„Vater- landsverräter" brandmarkt«, heult« die Rechte auf. Infolge lh"«s andauernden Tobens und ihrer drohenden chaltung gegen Lange mußte die Sitzung unterbrochen werden Nachher wiederHollen sie ihnen Versuch, den Zentrumsredner niederzuschreien. Danach aber zog unser Genosse Reimann vom Leder und hieb auf die deutschnational-kommunistischcn Brüder ein. Herr Koch bekam dabei so viel aö, daß er für eine Weil« genug haben dürfte. * Die pestriae ordentliche Sitzi-nn nahm oemäß dem Beschluß des Aeltestenrat» zunächst das von der D. Vp. in einem Antrag und einer Anfrag« zur Diskusston gestellte Thema des Abbaues der Berliner Verwalkung, und zwar sowohl unter den besoldeten Magistratsmitgliedern als auch unter den unbesoldeten Stadträten bei den Bezirksämtern in Beratung. o. E y n e r n lD Dp.) verlanate Klärung der Frage, ob ein Personen- oder«in St-llenabbau Platz greisen solle, widersprach dann der angeblichen Absicht des Magistrat«, bei den unbesoldeten Stadträten abzubauen, da doch Ersparnisse füglich eher bei den be» scldeten Stellen gemacht werden könnten, und hielt Ausschußberatung für geboten.— Der Oberbürgermeister stellt« in Abrede, daß ein Abbau an unbesoldeten Stadt, äten in den Bezirks- ämtern seitens des Magistrats beabsichtigt sei.— Merten(Dem.) beantragte Ueberweisung an den auf 25 Mitglieder zu verstärkenden Ausschuß, der die Wahl des zweiten Bürgermeister-, vorbereitet. Genosse Dr. L ö w n stellte fest, daß nach der Meinung auch der Sozialdemokratie der Aufgabenkreis des zentralen Magistrats im Lauf« der Jahr« zusammengeschmolzen ist, so daß die ZNSglichkcil. eine» Teil abzubauen, gegeben erscheine: aber dann müsse die gesetzliche Grundlage für d'e Zusammensetzung de» Ma-nltrots oeänd�rt werden.— Dörr(Komm.) beantragt«, daß der Magistrat bei der Regierung den Erlaß eines Gesetzes lxlreibe. wonach auch in Berlin die Wahl der neuen Stadwerord- netenoersammlung am 4. Mai stattzufinden hat; bis dahin solle jede Abbauhandlung unterbleiben.— Ein von den Deutschnationalen eingebrachter Dringlichkeitsantvaq bezweckt eben- falls die Dornahm« der Erneuerungswahl der Versammlung am 4. Mai. Koch(Dnat.): Die Versammlung spiegelt die Stimmung in der Bevölkerung nicht mehr wider. Die Sozialdemokratie wird bei den nächste» Wahlen in Berlin weggefegt werden.(Lachen bei den Sozialdemokraten.)— Lange(Z.) wehrte die Angriff« auf die Stellungnahme des Zentrums ab, entfesselte dann aber durch die Bezeichnung Luden dorfss als„Vaterlandsverräter" einen unmäßigen Proteststurm und tosenden Lärm auf der Rechten, die drohend gegen Lange vorrückt«, während einige unserer Genossen sich schützend vor die Rednertribüne stellten. Der Vorsteher sah sich genötigt, die Sitzung zu vertagen. Sobald indessen Lang« nach Wiedereröffnung der Sitzung das Wort zur Fortsetzung seiner
Rede erhiell, wiederHollen sich die betäubenden Schlußrufe und Beschimpfungen unausgesetzt, so daß von dem, was er noch vorbr�cht? absolut nicht? zu verstehen war. Gen. Reimann: Weshalb gerade die Rechte so sehr auf Reu- wählen drängt, verstehe ich nicht. Die Deutschnationalen können doch nur auf Kosttn der Mittelparteien erstarken und müssen ihrer- seits vielleicht ll> Mandat« an die Teutschoölkischen abgeben. Auch die D. Vp. würde einen Teil der Mandate einbüßen. Vei der ab- solul negierenden Stellung der h rreo von rechts und äußerst llnks würde die posilive Arbeit immer wieder von den Mlielparleien verrichkei werden. Die verfrühte Neuwahl würde daher höchstens Unruhe in das Berliner kommunale Leben bringen, nichts weiter. — Herr Müller-Franken sprach von einem„erwerbenden" Mitttl- stand. Auch wir haben den Mittelstand als eine Erwerbsschicht be- trachtet, deren Interessen aber nicht von ihm, sondern von uns ver- treten werden(Zurufe.) Den Wirtschaftsparteilern werden ihre Leute bei der nächsten Gelegenheit davonlaufen.— Herr Koch, der auch die Diäten gegen diese„abgewirtschaftete" Versammlung aus- spielte, hat nicht erwähnt, daß der Tagessatz heute 1,41 M. ist; Herr koch bezieht daneben sein Gehalt als vfarrer und feine Diäten als Landtagsm'lglicd! Ein solcher Grad von Unanständigkeit, wie er in diesem Hinwels auf unsere Diäten liegt, ist denn doch noch nicht dagewesen.(Redner wird zur Ordnung gerufen.) Was Herr Koch davon sagte, daß die Versammlung sich lächerlich gemacht habe, könnte auch einem Papageigehirn entsprungen fein. Ein« Partei, die nie ein« Schlapp« erfuhr, wird nie siegreich sein. E» ist das Schicksal derjenige» Parteien, die sich in dieser schweren Zeit nicht negierend verhalten haben, sondern am Aufstieg des deutschen Vaterlandes und Volkes mitgearbeitet haben, auf Mißverstand zu tLackien rechts i Eine Sc�möibun? a» Mandaten wird unsere Stoßkraft als Partei nicht vermindern.(Beifall bei den Soz.) v. E y n e r n wollt« m der Ausführung Reimanns eine glatte Absage an das demokrattfch« Prinzip erkennen. Herrn Kock führt« er vor Augen, wie seltsam es sich ausnehme, wenn Herr Koch er- kläre, die jetzige Versammlung habe abgewirtschaftet, derselbe Herr Koch, der selbst soviel dazu beigetragen habe. Der vordem deutschnatto-nale, jetzt deutschvölkisch« Pro- fessor und Studienrat Dr. D a n i ck e sprach der jetzigen Dersamm- lung jede Berechtigung zur Mitwirkung bei Personalabbau ab, plädierte für alsbaldig« Neuwahl und brachte dann„Erzellenz" Ludendorff den Tribut seiner Verehrung dar. Roch zwei Stunden schloß die Debatte über den„Abbau von Maaistratsmitgliedern>md B:zirksstadträten" Es folgte noch ein« in die Form persönlicher Bemerkungen gekleidete Auseinandersetzung zwischen Genossen Rei- mann einerseits und den Herren v. Ennern und Dörr. In der Abstimmung wurde zunächst im kommunistischen Cr- weiteeungsantrag« der zweite Satz, wonach bis zum 4. Mai kein« Abbauhandlung vorgenommen werden soll, gegen die Sttmmen der Antragsteller gestrichen. Ueber den ersten Satz auf Verabschiedung eines Gesetzes, das auch für Berlin den 4. Mai als Kommunalwahl- tag vorschreibt, wurde namentlich abgestimmt; dos Ergebnis war die Ablehnung mit 103 gegen 88 Stimmen. Der Antrag Merten gelangt« zur Annahm«. Hiernach gelangte die Anfrage unserer Genossen betr. die Honorarfortcnrng des Stadtv. Hallenslebcn(vgl. gestriges Morgenblatt) zur Verlesung. Dr. C a s p a r i(D. Dp.) nahm An- laß, mitzuteilen, daß Hallensleben sein Anerbieten einer geringeren Honorvrforderung nunmehr zurückgezogen und den Landqerichts- Präsidenten um Festsetzung des Honorars ersucht habe. An dies« Mitteilung knüpfte Dr. Caspari den Zusatz, daß«r das Urteil über das Vorgehen der sozialdemokratischen Fraktion der Oesfentlichkeit überlasse, und rief damit einen neuen„Auftritt" hervor, indem die ganze Zraktion in htlle Empörung gegen Dr. Casparl ausbrach, der seine Auffassung dann noch speziell dem Genossen Reimann mit lebhafter Gestikulation klarzumachen sucht«. Ein« ausgedehnte Erörterung fand hiernach auch der Ausschuß- bericht über die Magistratsvorlag« betr. dl« Schulgelder an den städtischen Fach- und Fortbildungsschulen. Die
Aussprache verbreitete sich über das Schicksal der Berufsschulen über- Haupt und über die anscheinend bestehende Absicht, einen Teil dieses Zweiges des öffentlichen Unterrichts der privaten Fürsorg« zu über- tragen. Genossik Kreuziger warnte dringend davor, kündigte außerdem die Wiederaufnahme des im Ausschusse abgelehnten An träges wegen Staffelung des Schulgeldes noch sozialen Gesichts- punkten cm. Es sprach dazu auch Stadtschulrat Paulsen; die- Abstimmung wurde verschoben. Die Nachträge zur Hundesteuer- und Motorboot- steuerordnung genehmigt« di« Versammlung, ebenso di.' Uebernahm« des Arbeitsnachweises für das Buchdruck g e w e r b e durch das Landesarbeitsamt Berlin . Die Vorlage wegen Gründung der Wohnungsfürsorge- gefellschaft Berlin m. b. H. überwies man auf Antrag des Genossen Pattloch einem Ausschuß. Merten(Dem.) referierte über die Ausschußberattuig der Vorlage wegen Besetzung der Stelle des 2. Bürgermeisters. Es ist beschlossen worden, die Stelle wieder zu besetzen; die Au?- schrei'"!»» ist mit einer Stimm« M-ckrkeit abgelehnt worden. Ueber den Derwaltungsabbau hat der Oberbürgermeister dem Ausschuß vertrauliche Mitteilungen gemacht.— Als Vertreter d-cr Demokraten trat Merten dann für Ausschreibung ein; es dürfe auch nicht emma? der Verdacht einer Vetternwirtschaft aufkommen. Das Beste müsse ausgesucht werden, einerlei, ob er Berliner oder von außerhalb s«i. Der Antra? auf Ausickreibung war auch van den Sazialdemokraten und vom Zentrum unterschrieben, und auch Goß sprach sich namens der Kommunisten für Ausschreibung aus. iniem er gleichzeitig gegen Böh Stellung nahm, der eiaentlich immer noch Kämmerer, aber nicht ein überragender Oberbürgermeister sei. Kämmerer Dr. K a r d i n g meint«, es sei in dieser schwersten wirtschaftlichen Zeit kein Unglück gewesen, wenn Berlin wirklick zwei Kämmerer gehabt Hütte; es seien aber auch di« sozialen Gesichtspunkt« nicht vernachlässigt worden.— Lud icke(Dnat.) wollte den Ausschuß zunächst nochmals mit der Ausschreibungsfraa« befaßt wissen. Dem widersprach H e i m a n n, der in beredten Worte» den Antrag Merten zur Annahme empfahl. Lei der Abstimmung gelangte der Antrag Merten-Dr. Goltz geber-ckeimann mit araßer Maiarltöt zur Annahm«. Nach 9 Uhr Schluß der öffentlichen Sitzung.
weil öle �reunüin einen pelz haben wellte. Ein Stratzevraub mll Chloroform in der Droschke. Zu.n Etraßenräuber ist«in junger Mann herabgesunken, dem nach seiner Herkunft in seiner Jugend ein besseres Schicksal bevor- stand. Der jetzige Kaufmann Ferdinand Laos hatte sich vor der 6. Strafkammer des Landgerichts II wegen Straßenraubes zu ver- antworten. Mit ihm waren noch trei Personen angeklagt, nämlich ein« Verkäuferin Kaminsky,«in Kellner Heuckrodt und eine Schnei der in Z. Laos und die Z., Heuckrodt und die Kaminsky waren Liebes- paare. Sie hatten all« kein Geld und w'.'ßt'M nickt, wie sie»'vor den Tag hinwegkommen sollten. Die Z. hatte trotzdem aber Ber> lange i nacy eimm Prizmamei, und ihr Frcunu wo.tt« ih en Wu..sch erfüllen. Daher kam er auf den Gedanken, durch einen Raub seiner Freundin zu dem Pelz zu verHelsen. Saas beschaffte sich«in Fläschchen Chloroform, schlug vor, eine Frau zu ver- schleppen und ihr den Pelzmantel, nachdem man sie betäubt hatte, auszuziehen. Am 30. Oktober sollte di4 Tat ausgeführt werden. Da diel Z. krank war und auch wohl nicht lange in Verlin und für die Tat nicht„keß" genug erschien, muhte Martha Kaminsky ein- springen. Der Angeklagte Laos mußte d>:m Gericht seinen Werde- gang schildern. Er ist der Sohn eines Arztes aus Aachen und hatte das Abiturium gemacht. Nach dem Krieg hatte er vier Semester in Bonn Philosophie studiert. Da die Cltevn inzwilche» gestorben waren, fehlten ihm die Mittel zur Fortsetzung des Stu- dirims. Er ist dann in Essen bei der Schutzpolizei eingetreten und bracht« es zum O b e r wa ch tm e i st e r. Die Stellung verlor er, als er sich eines Betruges und einer Amtsanmaßung schuldig gemocht hotte, wofür er fünf Monate Gefängnis bekam. In Berlin war L?as in einem Detektiabure?» tatig, auch versuchte»r sich als V?r- sichrer in Kinos. Seine Freundin Z. war als Mannequin tätig. Ba.d ve.toren beide ihre Stellung tno, um teben zu können, wurde Stück für Stück versetzt und verkaust. Nun wallte die Z. außerdem einen Besuch in ihrer Heimat Essen mahsn und dort elegant auf-
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Der Bürger. von Leonharö Krank.
Der Herr solle mir über das Grotzdorf machen. Von dort aus führe der Weg direkt in die Stadt, sagte die verhutzelte Häuslerin und schob den ächzenden Schubkarren weiter, auf dem eine hohe Ladung Fallholz lag. Jürgen wußte den Weg; er hatte nur gefragt, um eine Menschenstimm« zu hören.„Nur wer dem Tode entronnen ist, der. nur der weiß, was leben heißt... O, Anfang! £), Leben! 0, Grashalm! O. Glück des Atmens! So schritt er aus.„Komme, was will— ich lebe! Als der hohe Backsteinwürfel in Sicht kam. dachte er: Was sie sagen wird, daß ich mit dem Leben davongekommen bin? „Wunderst dich, wie ich aussehe, was? Der Anzug, das Loch im Knie!" Und er erzählte: Sie aber hatte die schwerste Stunde ihres Daseins erlitten und durchlitten und hatte aufgegeben und hinweggehen lasten. was nicht zu halten war. „Kommt der Zug auf mich zugerast." wiederholt« er.„Es ist total finster. Zermalmt er mich?" Gierig suchte er Liebe und Schreck in ihrem Besicht. Sie war in die'er Stunde innerlich so grau und alt ge- worden, daß sie geglaubt batte. für den Geliebten nicht ein- mal mehr Verachtung empfinden zu können. Und nun schlug sie verletzend gleichgültigen Gesichtes, doch verachtungsvoll zurück:'„Wenn man sich eng gegen dle Mauer vreßt, was kann da passieren!" Auch dies noch tst ja uberflüssig. Wes- halb sagte ich es. Wesbalb rede ich noch, dachte sie. Und fühUe ihr wimmerndes Herz. .Verstehst du denn nicht■■"„....„ n_ �Ich verstehe dich schon, ich verstehe, dich. Entschlosten. auf sich zu nehmen, was unabänderlich war, sah sie ihn an, und ihr Blick fragte:„Was soll also jetzt geschehen? Was suchst du noch hier?" „Wie ich nur zugerichtet bin!" Er zeigte aus das Loch in der Ho�e. Und da sie schwieg und weiter fragte: „Jetzt wird� es Zeit, daß ich mir den andern Anzug hole.-- Ttztr könnten uns später in der Stadt treffen, dann in die Redaktion gehen und zusammen nach Hause." Und als er fort war. dachte sie doch darüber nach, ob es
keine Möglichkeit gebe, ihn zu halten, ihn zum Ausharren zu bewegen.„Dadurch vielleicht, daß ich mit rücksichtslvser Klarheit ausspreche, was ist?" Sie setzte sich an ihren Arbeitstisch, blickte blicklos in das Zimmer, in dem. mächtig wie nie vorher, unvertreibbar die Vereinsamung stand.„Aber er ist sich ja klar; er kann ja nicht genommen werden wie ein unklarer Mensch mit phan- tastisch idealistischen Vorstellungen und Zielen, besten Jdealis- mus zersplittert, sobald er mit der harten Wirklichkeit zu» sammenstößt. Jürgen kennt ja die Wirklichkeit, denn er hatte den Inhalt seines Idealismus in dem Kampf« um den Sozia- lismus gefunden." „Das Bad ist fertig Die Wäsche habe ich auf den Stuhl gelegt. Die Schuhe stehen darunter", sagte, glückstrahlend. Phinchen zu Jürgen.„Unterdessen bügle ich den Anzug auf. Er ist noch sehr schön." „Immer wieder sagte er: Man wird alt... Und etwas erreichen will er. Etwas werden. Einfluß gewinnen und Macht. Er will geachtet sein... von denen, deren Achtung entwürdigend ist für den, der sie genießt... Genießt. Er will genießen, leben... Dies sind auch bei allen anderen die Motive des Abfalls, des Verrates an der Idee, ob die Verräter nun klot� oder unklar, Sozialisten oder Phantasten waren.„Jeder für sich" wird, uneingestanden. ihre Welt- anschauung." Auch als Jürgen, gebadet, in frischer Wäsche und in dem gutsitzenden, schwar.zen Anzug, die Treppe herunter auf das Wohnzimmer zuschritt, saß Katharina noch am Tische, reglos. „Auch das alles weiß Jürgen selbst. Deshalb muß und(gnn nur er selbst entscheiden... Er hat entschieden." „Ja, ich erwarte Bestich. Elisabeth Wagner und ihre Freundin. Wenn, ich gewußt hätte, daß du kommst, würde ich abgesagt haben." Er stand vor dem gedeckten Kaffeetisch. Ich kann ja gehen Die Freundin wird wohl das schöne Mädchen sein, das in seiner Jugend... dachte er und fragte. „Ja. sie ist sehr schön und mit dem Herrn Oberstaats- anwalt verlobt.-- Auch dein Schulfreund. Karl Lenz... Ist er älter als du?" � „Zwei Jabre. Er war nämlich so blöd, daß er im Gym- nasium zweimal sitzen bleiben mußte. Aber was ist M't ihm?" „Schon Staatsanwalt geworden! Vor vierzehn Tagen.. Denk an, so siing!"._ „Das sollte ja auch ich werden. Oder Amtsrichter. Dem bin ich entronnen"
„Deshalb glaubte ich, Karl Lenz müsse ein besonders fähiger Schüler gewe'en sein." „Das nicht; aber Angehöriger der vornehmsten Verbindung." Jetzt verschwinde ich, dachte er, als die Wohnungs- glocke läutete. Und fragte:„Geht es dir bester?" War! einen Blick in den Spiegel, der einen knapp, sorgfältig und schwarzgekleideten Herrn zeigte.„Die Wäsche, die von mir noch da ist. könntest du mir schon spendieren", sagte er, schalt hast lächelnd. „Das Geld hätten wir schon aufgetrieben. Wenn ihn; unser Leben zu ärmlich, zu leer war. wir hätten etwas besser wohnen, manchmal ausgehen, mehr Bücher kaufen, im ganzen etwas bester leben können. Der Ingenieur tut es ja auch. Gewiß ein guter Genosse! Eine Grenze nach unten, eine Grenze nach oben— in der Mitte genug Spielraum, nicht so erlebnisarm zu sein. Verkehr mit einigen sympathischen, klugen Menschen. Auch eine kleine Reise hin und wieder. Innere Erfrischung. Jeder brancht sie. All das würden keine unüber- windlichen Schwierigkeiten gewesen sein... Aber das ist es ja nicht. Er hat den Kampf aufgegeben. Er paßt sich dem Leben an... Aber mir, mir, warum hat er mir das an getan. Warum hast du mir das angetan." Gesicht neigte sich langsam aus die verschränkten Anne. Der ganze Körper verzuckte im Weinen. Sie wimmerte immer denselben Ton. Ließ sich oerfmken, ganz und gar preis- gegeben dem Schmerze. Nach einer Weile tappte der Schnauz zu ihr, berührte sie mit der Pfote. Und da sie reglos blieb, legte er sich in die Zimmermitte. Kopf auf den vorgestreckten Pfoten. Drehte hin und wieder, ohne den Kopf zu heben, die Augen zu ihr hin „Plötzlich kommt der Zug angerast... angerast. Zer- malmt er mich? Wohin springe ich? Es war total finster." „Allmächtiger!" rief die Tante. Und Elisabeth:„Ich wäre vor Schreck gestorben." Dabei lächelte sie und horchte gespannt: ihre gra"en Augen schienen zu sehen, wie das Eisenungetüm den Menschenkörper zermalmte. Unter der zarten Haut ihres Halses tickte der Herzschlag. Jürgen unterdrückte die Genugtuung und sagte leichthin. auch er habe geglaubt, seine Haare seien weiß geworden. «Und das erzählt er so. als ob er selbst gar nicht daran beteiligt gewesen wäre," sagte Elisabeth, mit anerkennendem Wechselblick zwischen Jürgen und der Tante, die sich auf- richtete, einen geradeliegenden Kaffeelöffel geradelegte und glatt heraus sagte:«An allem ist nur dieses Mädchen schuld." (Fortsetzung folgt.)