Dem Reichstag liegen außerdem noch Anträge vor, den 12. April zum Wahltag und zum allgemeinen Ruhetag bei Bezahlung des Lohnausfalls zu erklären, falls aber dies ab- gelehnt wird, in der Karwoche öffentliche politische Ver- sammlungen zu oerbieten. Per erste Antrag greift in.die Rechte des Reichspräsidenten ein, im Fall der Auflösung den Wahltermin innerhalb von 60 Tagen selbst zu bestimmen, er gibt außerdem für die Bezahlung der Löhne keine Gewähr und bedeutet eine doppelte Verfassungsänderung. Auch der zweite Antrag muß starken Bedenken begegnen, da er Ar eine Woche des Wahlkampfes die verfassungsmäßige Versammlungsfrei- heit beschränkt und obendrein zu mißbräuchlichem Verbot nicht öffentlicher Versammlungen eine Handhabe bietet. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion lehnt beide Anträge ab. Nachdem also der Reichstag schlecht und recht sein Haus bestellt haben wird, wird er heute verschwinden, nachdem er seine ganze Legislaturperiode abzüglich dreier Monate abge- dient hat. Die Wahlen werden voraussichtlich etwa einen Monat vor dem Fälligkeitstermin vorgenommen werden. Das ist an sich kein Grund zur Aufregung. Aber das Ende dieses Reichstags ist s ch l e ch t, weil er nicht die Kraft gefunden hat, aus seiner Mitte eine Regierung zu bilden, die sich auf eine Mehrheit stützt, und weil er auf der anderen Seite auch gegen- über einer Minderheitsrcgierung nicht die Kraft gefunden hat, seinen Willen durchzusetzen. Daraus droht dem System der demokratisch-parlamentari- schen Regierung der Verfall, dem nur ein kräftigerer Reichstag Einhalt zu gebieten imstande wäre. Ein solcher Reichstag ist aber nicht denkbar ohne eine starke Sozial- d c m o k r a t i e.
Triumvirat und Direktorium. Geständnisse im Hitler-Prozest. Die Aussogen des Polizeiobersten Seißer im Hitler » Prozeß deckten sich im allgemeinen mit den Aussagen der beiden anderen Hauptzeugen Lossow und Kahr . Auch«seißer stützte sich aus ein umfangreiches Manuskript. Es ist auffällig, daß die Aussagen der drei in vielen Punkten f a st wörtlich über- einstimmen, mögen die Zeugen auch in der Gruppierung der Materie im einzelnen selbständig vorgegangen sein. Neu war, was Seißer über seine Berliner Reise zu be- richten hatte. Ueber die Unterredung zwischen General v. S e e ck t und Seißer erfährt man hier zum ersten Male etwas Authentisches, ebenso über die Berliner Verhandlungen des Polizeiobersten mit den Kreisen der I n d u st r i e und der Landwirtschaft. Wer waren diese Kreise der Industrie und der Landwirt- schaft, die neben den legitimen und illegitimen bäuerischen Stellen und gewissen Teilen der Reichswehr dem D i r e k- t o r i u m mit diktatorischen Vollmachten in den Sattel ver- l eisen sollten? Zwar nicht die Kahr , Seißer und Lossow, aber die„Z e i t" gibt auf diese Frage Antwort. Sie weist auf Er- klärungen des Pommerschen und des Brandenburgischen Landbundes sowie der Vorsitzenden der deutschnationalen Landesverbände und der Vertreter der Vereinigten vater- ländischen Verbände in der kritischen Periode hin, die sich samt und sonders in auffälliger Weise an Kahr herandrängten. Man wird aber auch an die bekannte Erklärung der„Deutschen Allgemeinen Zeitung" des Herrn Stinnes erinnern müssen, in der„g a n z etwas Reue s" angekündigt wurde. Kahr selbst bezeichnete vor allem Minoux, Tirpitz und S ch e e r alz Di«„Persönlichkeiten aus dem Norden", mit denen die Frage der Diktatur besprochen wurde. Zwei ehemalige Flottenchefs und ein Stinnes-Direktor standen also im Vorder- grund. Man kennt diese Mischung aus der Vorkriegszeit und ist im Bilde.... Weniger klar ist. wie sich die Herren nun eigenlllch den Absprung dachten. In dieser Hinsicht sind sie außer- ordentlich schweigsam, und Generalstaatskommissar a. D. Kahr, der auch gestern ein überaus peinliches Kreuzverhör über sich
problematische Naturen.. Konzerlumschau von Sur! Singer. Da» sind Menschen des Podiums, die keine einzelnen z« sein scheinen, sondern Teile eines Gesamttyps, die immer wiederkehren mit anderem Vorzeichen, deren Profil schattenhaft bleibt, die vor oder in der Entwicklungslinie stehen bleiben, die auch in bester Gebe- laune nicht den Nimbus der Persönlichkeit verbreiten. Also die schätzenswerte Hauptmenge aller Konzertgeber. Selten einmal springt eines dieser Talente noch nach langem Ringen aus der Bahn der zuverlässigen Tüchtigkeit. Wenigstens nicht in Berlin , der Zen- trale für musikantischen Befähigungsnachweis, der großen Kontroll- und Muftcrstation. Aber so schwer es schließlich ist, ein anständiger Dirigent unter Hochragenden zu werden, so leicht müßte es fallen, . als Dirigent anständig in moralischem Sinn zu bleiben. Es ist ein offenes Geheimnis, daß einige wenige Kapellmeister Berlins sich ihre Konzerte, also auch den Anflug zur Karriere, gut bezahlen lassen von solistischen Kräften, die oft außer den Talenten im Beutel kein« Talente mitbringen. Das ist ein Unfug, der bekämpft werden und bei weitcrem Bestand zum Schutz der Standesreinheit namentlich gebrandmartt werden muß. Schweigen könnte einmal Mitschuld werden. Doch, o Freunde, nicht dies« Töne. Man möchte freudenvollere anstimmen. Da ist Fritz Busch aus Dresden , ein jung zu Ansehen gekommener Dirigent, der im Dresdener Opernhaus eine rührige und begabte Hand zeigt. In der Staatsoper dirigiert er mehrere Konzerte und bleibt bezüglich seines Persönlichkcitswerts ein Pro- blem. Die öffentliche Generalprobe scheint eine wirkliche Probe zu sein. Früher wurde Unter den Linden nicht geübt. Busch aber probt tzuelang und erreicht ein« blasie, matte in ihren Phantasien müde, »i> lhren Träumereien weltliche, nur in der Energie des Rhythmus glänzende Darbietung der 4. Sinfonie Schumanns. Ueberall bleibt noch ein Raum zur Vollendung. Nun weiß man, daß unser« Kammermusiker solch Wert im Schlafe spielen können. Selbst wenn man ihrer Ueberarbeitung Rechnung zollt: hier fehlt die Persönlich- keit, die Funken sprühen läßt und ein Werk dieser seligen Romantik frei aus dem Herzen spielt. Der Zustand des Dirigentenwechsels in der Staatsoperkapelle ist unhaltbar geworden. Hier spielt Eduard E r d m a n n, Führer einer jungen Pianisten- generation, das?is.dur-Konzert seines Freundes K r en e k, Führers der jungen Komponistenschar. Dieser Krenek ist ein Ausbund von Begabung, eins der vielseitigsten schaffenden Talente aller Zeiten, ein Könner von größtem Format. Dieses Klavierkonzert hinterläßt dennoch kein« großen, keine durchhaltenden Eindrücke. Der atomale Denker gerät in Konflikt mit der Wesenheit des Klaviers, das feine diatonische, seine lyrische Berufung durchdrückt. Das Konzert ver- langt in jedem Fall ein Ausspielen des virtuosen Elements gegen den instrumentalen Orchesterfeind. Krenek fühlt das alles instinktiv. Da er sich aber aus innerlicher Wahrheitsliebe gegen das Gemüt» voll«, gegen das Sinnig«. Melodische, Diatonisch« sträubt, so paro- diert er es In witzigem, kühnem, aber nur episodisch wirksamen An- griff auf Schubert, aus Strauß, auf Altes schlechthin. Gefühl ist sein« schwache Seite. Aber wo kommen wir hin, wenn die Emp- sindung, ja die Empfindsamkeit unseren Begabungen verloren geht! Die schwere Ausgabe löste Erdmaim in stürmischem Anhieb.
I ergehen lassen mußte, leidet regelmäßig cm Gedächtnis» f schwäche, wenn die Verteidigung in dieser Frage auf den Vusch klopft. War von einem Marsch auf Berlin die Rede, hat sich Kahr in dieser Richtung geäußert? Kahr ver- suchte die Stöße, die die Verteidigung gestern auf ihn richtete, heute nachträglich zu parieren, indem er zwei Schreibebriefe aus der Tasche zog, in denen ihm Oberst v. Tylander unh Prof. S i t t m a n"n attestierten, er habe ihnen gegenüber von einem Vormarsch nicht gesprochen. Aber die Verteidigung hatte ein ganzes Schock neuer Pfeile im Köcher, die ohne Er- barmen auf den Generalgewaltigen geworfen wurden. Die Namen zweier weiterer Offiziere werden genannt, die die Behauptung der Verteidigung erhärten. Eine Rede des Generalstaatskommissar-Vertreters, Baron vonundzuAuf- s e ß, wird verlesen, eine Rede, geholten am 20. Oktober 1923 in München vor einem illustren Publikum. Und was für eine Rede! Man muß sagen, eine feine Gesellschaft, die derartigen Akrobatenkunststttcken einer höchst feudalen Roheit Geschmack abgewinnt. Und der. Inhalt dieser Red«? Nicht wiederzugebende Beschimpfungen des Reichspräsidenten und der Reichsregierung, Erklärung der gewaltsamen Nebellion, Appell an die Waffen! Herr von Kahr aber... er kann nicht decken, er weiß von nichts, er erinnert sich nicht. Jeder Zoll ein deutscher Held. Die ewige Melodie, die um so abgenützter klingt, je öfter sie wiederholt wird. Sonderbar, höchst sonderbar, was die Verteidigung von einzelnen Offizieren der Reichswehr — und nicht gerade den ersten besten— behauptet. Da ist z. B. der Gc- neral Müller, von seiner sächsischen Tätigkeit her in aller- bester Erinnerung. Dieser General soll seine Truppe bei der Stabilisierung seiner Macht in Sachsen in— sagen wir— weiße und schwarze Schafe eingeteilt haben, solche, die„mitmachen", und solche, die zur„Linken" gehören, und er selbst soll sich unter ungehörigen Redensarten an die Spitze der weißen Schafe gestellt haben. Aehnliches ist zwar seiner- zeit schon von einem Untergebenen des Herrn Müller behauptet worden, aber es wurde damals der so beliebte Dementicrapparat des 4. Wehrkreises in Bewegung gesetzt. Es ist nötig, doch einmal etwas tiefer in die Zusammen- hänge zwischen Nord und Süd hineinzuleuchten. wie überhaupt der Prozeß immer mehr an allgemeiner Be- deuwng gewinnt, je energischer die Verteidigung an den Vor. hängen zupft, die das„nationale" Interesse über gewisse Komplexe zu breiten bemüht ist.
Luöenöorff, öer Kalif! .»Juden ra«S—„Stahlhelm"-Versammlungen verboten! Eine Führertagung des Stahlhelmbundes hat dieser Tage in Halle stattgefunden. Dort wurde«ine Reihe von Beschlüssen gesaßt, die auch für die weitere Oefsentlichkeit einiges Interesse haben. Zu- nächst wurde die Reichsregierung angekeilt, sie solle gegenüber dem ..Feindbund" mehr„Würde und Energie" zeigen» Dann wurde dem Hochverräter Ludendorff das Gelöbnis uner- schütterlicher Treue ausgesprochen Schließlich— wir zi- tieren nach der„Deutschen Tageszeitung"—„verwahrte sich der „Stahlhelm " gegen die unberechtigte Zensur der Deutschvölkischen Freiheitspartei , wie überhaupt gegen jede parteipolitische Zersetzung innerhalb des Stahlhelms". Um die.geschlossene Front der Fivntkämpfer zu zeigen, w.urde beschlossen, daß der„Stahlhelm" in ganz Deutschland keine Juden in seine Reihen aufnehmen darf, und endlich ent- schied man sich dahin, daß sofort nach Bekanntwerden des Wahlzeit- Punktes alle Mitgliederversammlungen des'„Stahl- Helms" ausfallen sollen, um Wahlerörterungen inner- halb der Organisation zu vermeiden. Von den Angehörigen des„Stahlhelms " wird jedoch erwartet, daß sie„nur die Listen solcher Parteien wählen, die den Kampf gegen jede Internationole führen". Di« Zersetzung innerhalb dieses Frontkämpferbundes ist also schon so weit godiehen. daß er alle Mitgliederversammlungen ver-
Klaus Pringsheim bleibt seiner Aufgabe treu, Mahlerts Gesamtwerk zyklisch darzubieten. Gelingt ihm nicht olles, so gelingt ihm doch viel. Däs Gesangliche, breit Gesponnene des AdagieUo in der V. Sinfonie ist noch ohne letzte Inbrunst, und auch die un- erhörten Steigerungen des letzten Satzes werden nicht fühlbar. Er dirigiert vorwiegend das Blech, das bei dieser Sinfonie gerade un- förmlich dick ist; die Streicher stehen zurück. In der Vehemenz des Ausdrucks aber liegt etwas Lebensstrotzendes, und Pringsheim weiß davon beredt Kund« zu geben, ein inbrünstiger, seiner Sache empha- tisch hingegebener Mann, der später einmal seiner klug wägenden, geistig verarbeitenden Schaf�ensart die Krone überlegener Inspira- tion aufsetzen wird., Auch Heinz Unger begann als Mahler-Jnterpret mit glück- lichster Hand. Schon manchmal versucht« er seitdem, sein Klischee von sich abzustreifen. Beethoven , Brahms — das gelang ihm alles. Und auch etwa die Hebriden-Ouverture hat einen Schwung der vergangene Zell in das Tempo der Gegenwart hlnüberschwingen läßt. An all diese Werke kann man mit allgemeiner künstlerischer Ein- stellung auf lebendige Musik als Interpret sein Herzblut froh ver- spritzen. Nicht aber an Bruckner . Wer vom Zeitgeist Mahler's an- gehaucht ist, findet nicht leicht, nicht oft den Weg zu dieser Höhen- kunst vorurteilslos zurück. Es ist Sache jedes Musikers, sich den Atem eines sinfonischen Satzes selbst zu erfühlen. Aber es wäre Sache jedes Musikers, auch einen akustischen Eindruck, ein Erlebnis schlechthin in seinem Herzen zu tragen, bevor er Werk« besonderer Begnadung nachdichtet. Wer die 7. Sinfonie Bruckner's kennt, wer war. Imponderabilien? Persönliche Anschauung? Es gibt keine nach seinem Herzen bei Löwe, Nikisch, Furtwängler gehört hat, der weiß, daß Unger aus dem Allegro ein zerklüftetes Andante, aus dem Adagio eine sinfonische Andacht, kein Gebet gemacht hat, und daß auch der Scherzo-Anfang mit dem Hahnenschrei nicht schnell genug war. Imponderabilien? Persönliche Anschauung?«: Es gibt keine Auslegungen, die imstande sind, ein Thema in sich zu zerreißen, ohne Gefahr für das Wert. Wie viel schöner, reiner, unbewußter und bewährter gab sich Unger in den Totenliedcrn Mahler's! Dabei hatte er hier die größte Hemmung des Abends zu überwinden: Frau Else Wachsmann. Zweifellos eine Frau mit gutem Stimm- Material und im ganzen auch ein musikantisch geleiteter, sorgsam geführter Mensch. Es dringen Töne der Inbrunst aus ihrer Kehle, rechte sonore Ält-Töne. Aber der Umfang dieses Schöngesangs ist klein, keine Oktave weit. Di« Aussprache ist schlecht, und der Gaumen schwingt unangenehm in Klänge, die vom Tremolo schon genug be- lastet sind. Zu solcher Ausgabe ist Frau Wachsmann noch nicht be- rufen, Ibolyka G y a r f a s spielt eine Sonate von I. von Wert- heim, die, an Brahms gewachsen, in einem sangschönen Andante ihr inneres Zentrum hat, mit großem Ton und herber Kraft. Der begleitende Komponist hat sich selbst zum Helden gemacht und stumpft geigerisch« Eindrücke ab. Temperament und Spiellaune wachsen ihr erst bei Vieuxtemps , den sie zu beseelen beginnt. Alexander D i ck st e i n legt mit elegantem Fingerspiel, elementarer Leidenschaft und klugem Differenzieren der Gegensätze, nicht aber durch korrekten Pedalgebrauch für seinen Lehrer Mayer-Mahr Ehre ein sbei Brahms und Schumann). Der problematischste der Dirigenten Ist Edmund M« i s e l. Kaninchenhaft gebärt er Konzerte. Und sorgt sich dabei sogar um Novitäten, die immer Zell und Geld loste». Auch bekannte und
bieten muß, damit seine Anhänger sich nicht gegenseitig an den Kragen packen. Einig ist diese nette Brüderschaft ivur M der Feindschaft gegen das Judentum und die Internationale. Das sst alles, aber auch sehr ehrenvoll für die International«. Uebertrvsfen wird dos nur noch durch die hündische Derchrung für den Hasardeur Ludendorsf. Darin stimmen die Stahlhelimer ganz überein mit den DeutschvAkischen, gegen deren Zensur sie sich sonst sträuben. In welcher Art diese Anhimmelung des poli- tischen Spießers, der einst berufen war, deutsche Soldaten zu kommandieren, getrieben wird, mögen ein paar Sätze aus einem Stimmungsbild dartun, das in der völkischen„Mecklenburger Warte" über den Münchener Prozeß entworfen wird. Da ist von der Ber- nehmung des Oberstleutnants v. Berchem die Rede: Herrn v. Berchem ist manches entfallen. 5)ier aber geschieht das Unglaubliche, um die Peinlichkeit des Eindrucks zu verweschen. attackiert er die Ankläger, brüskiert er Ludeudorss, de» Feldherru de» Wellkrieges. 3n Unisorm! In Uniform verläßt einen Offizier die Er. Ziehung, daß er einem Ludendorsf eine Antwort gibt, die mehr als... unhöslich ist. I n U n i s o r m... Es ist entsetzlich, diese Lust, die um Kahr weht. Entweder, seine Freunde, sie müssen die Unwahrheit sprechen. Odar sie entsinnen sich nicht. Oder ein Offizier, vor innerer Auf- geregiheit, muß zumindest sein« gute Erziehung in so un- geheuerlicher Weise verleugnen... Nicht wahr. Gotteslästerung ist gar nichts gegen den Gedanten. daß ein Offizier„in Uniform" nicht dem pensionierten Hochverräter die Stiefel küßt!„In Uniform!" Den— ühl— Zivilisten Ludendorsf I Ein Ichrecklichar Gedanke, daß irgend jemand anderer Meinung sein kann als dieser General a. D. Ludendorsf schimpft auf den Papst und die Katholiken. Er selbst wird von seinen völ- kischen Anhängern zum Abgott, zum Kalifen des völkischen Reiches gemacht, vor dem jeder Untertan auf dem Bauche rutschen muß. Wirklich erfreuliche Aussichten für die Zukunstt
Ein echter �elfferich-finschlag. Herr H e l f f e r i ch benutzte gestern im Reichstage dte Beratung des Gesetzentwurfes über die Ausprägung von Silbermünzen, um einen neuen Anschlag auf die Währungshoheit des Reiches zu unter- nehmen. Er beantragte, die neue Silberscheidemünze nicht auf Gold. sondern auf Rentenmark abzustellen. Er wall!« gleichzeitig erreichen, daß die Rentenmark zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt werde. Damit würde die Währungshoheit vom Reiche auf die Leitung der Rentenbank übergehen, die in der Hand von Industrie und Land« Wirtschaft ist. Aus diese Weis« wär« die Staatsautorllät der Wirt- schaft gegenüber abermals erheblich geschwächt worden. Entgleitet die Währungshoheit den Händen des Staates, so bedeutet dos eine entscheidende Stärkung der Stellung der Wirtschaft, die sich immer mehr vom Einfluß des Siaates befreit. Dieser Anschlag in der letzten Stunde ist die Konsequenz der Pläne, die Helfferich in Verbindung mit der Schaffung eines wert- beständigen Zahlungsmittels im Auge hatte: die Auslieferung der Währung, ober auch des wirtschaftspolitischen Einflusses, den die Reichsbank durch ihr« Funktion als Kreditinstitut hat, an die In- teressenten tn Landwirlschast und Industrie. In der Debatte, die sich an den Antrag Helfferich anschloß, wurde durch den Ge- nassen Hertz scharf der Unterschied zwischen dem Interesse, das die Allgemeinheit an der Schaffung eines wertbeständigen Zahlungs- mittels hat, und dem parteipolitischen Interesse H e l s s e r i ch s herausgearbeitet. Di« Allgemeinheit brauchte ein wertbeständiges Zahlungsmittel, um aus der schweren Geldkris« herauszukommen. Herr Helfserich'bröt'thke einen Dorwand, um dl« unbequemen Besitz- steuern für die Landwirtschaft zu beseitigen, und durch die Abstel- lung auf Roggen stall auf Gold, die er empfahl, einen verschleierten Schutzzoll zur Hochhaltung der Roggenpreise. Nachdem dieser Plan mißlungen ist, bemüht sich Herr Helffe. r i ch, die Ablösung der als Zwischenlösung gedachten Rentenwäh- rung durch ein« wirkliche Goldiösung zu verhindern, die die wirr- schafiliche Stellung des Reiches stärken würde. Diesem Plan diente der Anschlag in letzter Stund«, der H e l s s e r i ch als gefährlichen Feind der Interessen des Siaates zeigt.
unbekannte Solisten bringt er mit. Er Ist routiniert, er überbrückt Schwierigkeiten, er will hoch hinaus. Normale Geburten, Fehl- geburten, Mißgeburten, das wechselt in der Meifesschen Klin't mit einander ab. Sein zähes Streben nach Fruchtbarteil bleibt achtunggebietend, und schlecht macht er keine Sache der Technik mehr. Der rechte Mann für populäre Konzerte. Diesmal gab es eine Wiedergeburt, Ertel's sinfonische Dichtung„Der Mensch", von Nikisch einst kreiert. Ein schweres, kontrapunktisch großartig entworfenes Stück, sehr massiv im Orchester und etwas bunt an Stimmung. Bei dieser Gelegenheit merkte man, wie reparatur- bedürftig die Orgel der Philharmonie ist und daß der Staub singer- dick aus den Vorhängen lastet. In den nächsten 20 Iahren dürfte ein Vacuum nicht zu vermeiden sein.
Die Ursache der Glahenbildung. Ms Ursach« der Maß« wird jetzt von der medizinischen Wissenschast die sogenannte Seborrhoe angesehen, ein« Erkrankung des Hauttalgs. Sebum. Diese Haut- erkrankuna, die der Glatzenbildung voranzugehen pflegt, kann aber nach den Ausführungen von Pros. Stein in der„Wiener Klinischen Wochenschrift" nicht den Grund der Glatzenbildunq selbst ausmachen. Denn danach wäre nicht verständlich, daß Frauen fast niemals eine Glatze bekommen, und dann ist die ausgebildete Glatze gegen den Rest der sonst normal behaarten Kopfhaut scharf abgegrenzt, während die Seborrhoe den ganzen Kopf befällt. Stein schließt aus der Beobachtung junger Männer, die in früher Jugend schon kohlköpfig Iverden: die physiologische Haargrenze bei Kindern verläuft bogen- förmig von einem Ohr zum andern. Diese Linie bleibt bei Frauen bis zum Klimakterium, weicht beim Mo-.n nach Eintritt der Puber - tat an beiden Stirnhöckern allmählich zurück. Dies sei ein sekundärer Geschlechtscharakter, erzeugt durch die gesteigerte Keimdrüsentätigkeit. In gleicher Weise erkläre sich die Glatzenbildung, die Stein der Seborrhoe koordiniert und als sekundären Geschlechtscharakter auflaßt. Neuer Kamps um das Bauhaus . Um das Weimarer Bauhaus , die Schöpfung von Walter Gropius , ist ein neuer Kampf entbrannt. Er steht offenbar im Zusammenyang mit dem Ergebnis der tbürin- gischen Wahlen: die Gegner des Bauhauses sehen in dieser Kunst- anstatt vor allem die nachrevolutionäre Gründung. In der Oeffent- lichkeit— die Weimarer Presse fordert zum Teil kurzerhand die Auflösung des Bauhauses— werden alle die Stimmen wieder laut, die seit drei Jahren immer wieder gegen die Leistung der Lehrer und die Ziele des Unterrichts protestieren, ohne überhaupt abzuwar- ten, wohin denn die konsequent aufgebaute Bauhausorbeit führen soll. Ein Jubiläum der deutschen Zeitung. Im Jahre 1524 wurde die erste deutsche Zeitung gedruckt. Es handelt sich dabei nicht um eine Zeityng im Sinne des heutigen Wortes, sondern um«in„Blatt". das, wie die„Copeyen", nach der Entdeckung Amerikas große Ereignisse auf dem Druckweg« bekanntgab. Der Brief Columbus' an den Schatzmeister Sanchcz(1483), der die Entdeckung Amerikas schildert, wurde als erste„Copey" in alle Sprachen übersetzt und verbreitet. Die erst« vedelmäßig erscheinende Zeitung Deutschland « waren die„Relationen für Fürnemmen und gedenkwürdigen Histo- rien", die erstmalig 1603 in Frankfurt herauskamen. Um da» könig »grab. Die Verhandlungen für eine friedliche LSiung deZ Streite« wegen de« Grabmale« Tutanchamon « sind mthglückt. Die ägyptische Regierung hat ibr«nerbieten, der Gräfin Sarnarvo» eine neu« Konzession zu gewähren, zurückgezogen.