Strefemann und tzerriot. friedliches Nebeneinander beider Nationen. Deisau, 13. Juli. sWTB.) Aus Anlaß des Landtagsawhlkampfes in AnHall sprach Reichsaußenminister Dr. Strescmann in einer Bcrsomm- lung der Deutschen Volkspartei in Dessau . Seine Ausführungen be- wegten sich bezüglich des Sachverständigengutachtens in den Ge- dankengängen, die er vor kurzem in Karlsruhe ausgeführt hat. Unter Bezugnahm« auf die Darlegungen cherriots bei Gelegenhcil der Re- gierungserklärung in der sranzösischen Kammer betonte der Reichs- außenminister, daß er keinen Zweifel daran hege, daß die neuen Männer in Frankreich die bisher gegen Deursch- land angewandte Methode der Bekämpfung nicht fort- zusetzen gedächten. Er begrüße die Aeußerungen des franzö- fischen Mimsterpräsidenten über die Amnesticrung der Ge- f a n g e n e n, betone jedoch, daß die psychologischen Wirkungen» Iner solchen Maßnahme nur dann in Deutschland eintreten könnten, wenn die Amnestis eine a-usnahmslose sei. Wer gegen die Truppen eines Staates, der eine Besetzung vornimmt, sich vergeht, möge in den Augen des Staates sich eines Schweren Vergehens schuldig machen, man dürfe aber nicht vergessen, wer sich einer von ihm nicht als ver- tragsmäßig angesehenen Besetzung auch mit Leib und Leben wider- fetzt, handle nicht ans unedlen Motiven. Es wäre falsch, wenn Frankreikreich irgendwelche Märtyrer schaffen wolle. Die Erklärung cherriots bezüglich der Räumung des Ruhrgebiets fasse er dahin auf, daß das Inkraftsetzen aller mit dem Sachverständigengutachten verbundenen Gesetze und damit der Beginn der deutschen Leistungen aus dem Sachoerständigengur- achten mit der Aushebung der Besetzung ch a u d in Hand gehe. Damit werd«, wenn auch die übrigen nicht vertragsmäßig besetzten Gebiete geräumt würden, der Statusquo wieder hergestellt sein. Wenn dazu die Wiederherstellung der wirtschaftlichen und finanziellen Souveränität Deutschlands komme, so würde das Tor zwischen dem besetzten und unbesetzten Deutschland wieder geöffnet sein, und wir würden uns in heftigen Kämpfen nach Friedensschluß in den Jahren, die bisher gegenüber Deutschland die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln gewesen sind, dos bewahrt haben, worauf es in der Gegenwart am meisten ankommt, das Reich und seine Einheit. Deutschland erhoffe von einer loyalen und fairen Durchführung des Sachverständigengutachtens einige Jahre ruhiger Entwicklung, wenn auch bei angs- strengtester Tätigkeit zur Hervorbringung der Leistungen. Wolle Frankreich mit diesem Deutschland als ruhiger Nochbar leben, so würde das jedermann in Deutschland begrüßen, der in einem friedlichen Nebeneinander beider Nationen die Voraussetzung der friedlichen Entwicklung der europäischen Verhältnisse erblick«. Ohne Vorein- genommenheit, ober auch ohne Illusion werde dos deutsche Volk in dieser Beziehung die Taten der neuen französischen Regierung erwarten.
Was uns fehlt. Minierarbeit gegen die Reichsregierung. Der ganze Jammer der Politik des deutschen Bürgertums faßt einen an, wenn man die Stellung des nach rechts nejgen- den deutschen Bürgertums in den für die Zukunft Europas entscheidenden Wochen überblickt. Jetzt muß Deutschland eine klare, eindeutige und feste Haltung zeigen. Die deutsche Regierung muß sicher sein, daß ihr nicht plötzlich— mitten in der Arbeit für die Durchführung der Gutachten— der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Die beschränkten politischen Köpfe des noch beschränkteren rechtsstehenden Bürgertums wissen in dieser Situation nichts Besseres zu tun, als St-immung für eine neue Regierungskrise zu machen. Der„T a g" redet von der Absicht„parlamentarischer Kreise", die Verhandlungen über den Bürgerblock wieder auszunehmen, nachdem er zuvor die— natürlich erfundene— Nachricht lanziert, die Sozialdemokratie wolle in die Regierung. Er redet von
von dem Entdecker dementiert worden. Dagegen ließ ee der Er- sinder ausdrücklich unwidersprochen, daß sein Geheimnis darin be- stehe. Explosionen von Munitionslagern, Ausschaltung der mag- netischen Zündung bei Explosionsmotoren(Flugzeugmotoren. Schiffs- motoren usw.) aus großer Distanz hervorrufen zu können. Einstein faßte seine persönliche Meinung dahin zusammen, daß es sich selbst- verständlich nur um elektromagnetische Wellen handeln kann. Diese aber können nicht aus metallisch abgeschirmte Objekte wirken(d. h. auf Objekt«, die vollständig oder zum Teil von einer, wenn auch sehr dünnen Metollschicht' umgeben sind, denn elektromagnetische Wellen von nicht allzu kleiner Wellenlänge werden beim Austreffen auf ein« Metallschicht vollständig absorbiert.). Es ist unmöglich, dasjenige Energiequantum aufzubringen, welches zur Erzeugung kurzwelliger Strahlen, die noch auf weite Entfernungen metallische Körper durchdringen könnten, erforderlich ist. Die Art, wie diese Entdeckung in die Oesfentlichkeit lanciert wurde, läßt den Verdacht begründet erscheinen, daß es sich um nichts anderes handelt als um einen Bluff. Auch eine„Kritik". Ueber den jüngsten Premierenabend in der Tribüne veröffentlicht die„K r e u z- Z« i t u n g" folgende Kri- tik:„Die Tribüne brachte am Mittwoch abend das Lustspiel„D o t- t o r Stieglitz" von Armin Friedmann und Ludwig Nerz zur Erstaufführung. In Anbetracht besten, daß es sich um eine rein jüdisch« Angelegenheit handelt, die für unsere Leser kein Inter- este hat, nehm« ich von weiteren Betrachtungen Abstand. Erich S ch m i d t." Wir hoffen, daß Schmidt sich irrt. Denn wenn der Teil der ..Kreuz-Zeitungz"-Leser. deren feudaler Stammbaum sich im S« m i- Gotha findet, kein Interesse für jüdische Angelegenheiten hoben sollte, so würde das einen Mangel an Pietät und Familiensinn be- weisen, den man gerade bei Angehörigen der semitischen Rasse am wenigsten erwarten sollte. Oder hat die dauernde Lektüre der „Kreuz-Zeitung " die Leute auch in dieser Hinsicht korrumpiert? Slopstock-Ausstellung in der Slootsbibliothek. Der Verein der Freunde der Staatsbibliothek veranstaltet am LS. Juni um S Uhr, einen lilevonsch- wissenschaftlichen Tee, bei dem Dr. Consenlius einen Vortrog über fllopsiock ballen wird. Gleichzeitig findet eine Ausstellung von Werken und Schrijt- stücken KlopstockS statt. Ein internationaler Sälle Songreh tagt jetzt in London . Au« aller Herren Länder sind Gelehrte, Ingenieure, Sxvorteure von Fleischkonserven. Reeder usw. zuiammcnackommen, nm über daS Problem der Kälteerzeugung und seine Bedeutung jür dt« Erhaltung von Lebensmitteln zu iorechen. Die Erreichung de» absoluten Källe-RullpunktS bildet den Gegenstand mehrerer Vorträge Außerdem werden die Proben gesrorener NahrungS- miltei besichtigt, die aus den Dominions au, die Ausstellung nach Wembley gesandt worden sind. vi« Arbeitspflicht in Sulaariea. Die in Bulgarien neu ewgefübrte Arbeitspflicht gin nicht nur für Handarbeiter, sondern auch sllr die Kreise der Intellektuellen. Die soeben eingeleitete.ArbeilsmobUtsicrung' berust neben den bürgerlichen Berufen Personal der Staatsämter, Mitglieder deS NationalthealerS und auch Mitglieder der Heiligen Synode, der jüdischen und moSIemitischen Organisationen alS.Dienstpflichtige" ein. Da» grüßte ttioo der Welt. In Clevcland im Staate Ohio wurde vor kurzem ein Riefenllno eingeweiht das den Anspruch erhebt, in seinen AuS- maßen konkurrenzlos dazustehen SS hat IS SM Sitzplätze und 8000 Stehplätze. Seine Errichtung kostet sechs und eine halbe Million Dollar.
„Breitscheids Intrigen in Paris ", um Stimmung zu machen für«inen Bürgerblock. In der„Deutschen A l l g e- meinen Zeitung" unternimmt es der preußische Land- tagsabgeordnete Dr. D e e r b e r g- Duisburg , die B e- schlüsse des Reichstags im Ausland zu diskreditieren und die Diskontfähigkeit der Re- gierung anzuzweifeln. Alles nur zu dem Zwecke, den ersehnten Bürgerblock doch noch zustande zu bringen. Diese Gattung von Politikern ist ein hoffnungsloser Fall. Sie wollen den Bürgerblock: denn sie wollen ein brutales, plumpes, beschränktes Unternehmerregime gegen die Arbeiter- schast aufrichten. Sie sind immer noch so beschränkt, wie sie vor dem Kriegs waren, und sie werden es bleiben. Gott be- wahre Deutschland vor der Regierung dieser Politiker!
Die Mainzer Eisenbahner begnadigt. Köln , lg. 3uni.(TBIB.) Wie der„Köln . Ztg." aus Mainz berichtet wird, werden die in dem großen Kifenbahnerprozeß vom 7. Mai 1923 zu Gefängnis verurteilten Eisenbahninspektoren hert- ling, Lüdtke und Krimel, der Eisenbahner Richard Leineweber, der Zetriebsvorsitzende Klingcr, sowie die Gewerkschastssekretäre des Deutschen Tisenbahnerverbandes Lcbert. Bösritter und Ludwig in Freiheilgcsetzt werden. Ferner find der zu drei Zahren Ge- sängnis verurteilte Assessor Hegerich und der Zugführer Zimmer- mann begnadigt worden. Die Rückkehr dee St. Martin de R6-Gefangenen. Paris , 13. Juni. (MTB.) Die durch französische Kriegsgerichte im besetzten Gebiet verurtellten 4 5 Deutschen , die noch Gefäng- nisten in Frankreich , in der Hauptsache nach der In s e l S t. M a r- t i n d e R e verbracht worden waren, sind, wie bereits berichtet, nach der zwischen der deutschen Botschaft und dem französischen Ministe- rium für Auswärtiges getroffenen Verembarung, der längere Zeit andauernd« Verhandlungen vorausgingen, nunmehr in Gefängnisse des besetzten Gebietes übergeführt worden. Legattonssekretär v. Rintelen von der deutschen Botschaft hatte gestern in Nancy G«> legenheit, mit jedem einzelnen der 45 Gefangenen zu sprechen, und die Wünsch« jedes einzelnen entgegenzunehmen. Di« Gefangenen selbst erklären, daß sie auf dem Transport in zuvorkommen- der Weife behandelt wurden. Nach der Ucberführung der Gefangenen oerbleibt nunmehr kein einziger Deutscher, der im besetzlen Gebiet während des passiven Widerstandes, oder nachher verurteilt wurde, in Frankreich . üeSeives Senatspräsiüent � EineSchlappe öer Linken Paris . 13. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Der Senat hat am Donnerstagnachmittag mit 151 gegen 134 Stimmer» den Senator de S e l v e s, den früheren Jnnenininistsr des Kabinetts Poincarä, als Nachfolger Doumergues zu seinem Präsidenten gewählt. De Selves war der Kandidat der republikanischen Mittelgruppen und der Rechten. Der Ausgang der Wahl bedeutet für die Linke, ähnlich wie die Wahl Doumergues, eine Niederlag«, der zwar praktisch nicht viel Bedeutung zukommt, die aber als«in Symptom für die Stärke der Opposition gegen dos Ministerium Herriot und die Politik des Linkstartells gewertct werden muß. Das Abstim- mungsergebnis zeigt, daß eine Anzahl der Mitglieder der Demo- kratischen Linken, die über die absolute Mehrheit im Senat verfügt, für den Kandidaten der Gegenseite gestimmt oder aber sich der Wahl ferngehalten haben muß. Der unterlegene Kandidat der Linkskoalttion war Senator Bienvenu- Martin . Gegen 5 Uhr wurde das Resultat in der Kammer bekanntgegeben. Die Rechte erhob sich von den Sitzen und rief:„Es lebe der Senat!" Die Linksparteien entfachten einen ungeheuren Tumult. Der Sozialist M o u t e t rief:„Wir fürchten den Senat nicht!" De Selves war im Jahre 1311 Minister des Aeußeren unter Caillaux und fiel diesem nach Agendir in den Rücken. Seitdem besteht eine unerbittliche Feindschaft zwischen den beiden und de Selves wurde immer mehr zum Vertrauens- mann der Rechten. PoincarH machte ihn Ende März d. I. bei der Umbildung seiner Regierung zum Minister des Innern, um die Wahlen zu„machen". Aber olle Beeinflusiungs- künste de Selves zugunsten des Nationalen Blocks schlugen fehl. Die Wahl dieses Mannes gegen den Vertrauensmann der Linken, Bienvenu-Martin , den bisherigen Vizepräsidenten des Senats und Vorsitzenden der demokratischen Linken, be- deutet zweifellos eine peinliche Schlappe für die Linke, obwohl die politische Bedeutung des Senats relativ geringer ist. Merkwürdigerweise ist de Selves P r o t e st a n t, so daß die zwei höchsten Funktionen des Staates, die Präsidentschaft der Republik und die Präsidentschaft des Senats, nunmehr von Angehörigen einer kleinen Religionsminderheit bekleidet sind. Geständnis der Matteotti -Mörder. Rom , 19. Juni. (Eigener Drahtberichk.) 2n der ZNordasfäre Alatteotti erfolgen fast jeden Tag neue Verhaftungen. Die Regie- rung sieht keinen anderen Ausweg mehr, als die Aufklärung des Mordes mit aller Kraft zu betreiben. Besondere Bedeutung wird der Verhaftung eines Oesterrcichers namens Otto k i r z e l beigelegt. der den mutmaßlichen Mörder Du mini zur Beobachtung Matleottis beaustragt hatte. Kirzel wird auch der direkten Teilnahme an der Ermordung verdächtigt. Seine Frau soll ausgesagt haben. daß ihr Mann an der Verschleppung Matteotkis beteiligt sei. Dumini und Fillipelli haben den Blättern zufolge ihre Be- teiligung an dem Mord eingestanden. Das ministerielle Mörderblatt stellt sei« Erscheinen ein. Rom , 19. Juni. (TU.)„Corriere Italiano", die durch die Mord- affäre sehr kompromittierte Zeitung, hat sein Erscheinen eingestellt. Dos Blatt hat innerhalb zehn Monaten 7 Millionen Lire ver- braucht, die aus dem Geheimfonds des italienischen Innen- Ministeriums stammen. Bei der Verhaftung des Direktors des Blattes, Filipelli, wurden laut„Popoli Jtalia" außer einem dicken Bündel Banknoten auch noch Dokumente gefunden, von denen einige so schwerwiegender Natur waren, daß sie Mussolini selbst übersandt wurden. Weltkampf um die Arbeitszeit. Die britische Arbeiterregierung schirmt den Achtstundentag Brüssel . 19. Juni. (Eig. Drahtb.) Bei Eröffnung der Inter - nationalen Genossenschaftsousstellung in Gent sprach der englisch « Arbeitsminister Genosse Tom Shaw. als offizieller Vertreter der englischen Regierung und als Dele- gierter der englischen Gewerkschaften an der Eröffnungsfeier, über die Bedeutung der englischen Arbeiterregierung. Tom Shaw wies darauf hin, daß die englischen Arbeiter zwar die Regierung, aber nicht die Macht in Großbritannien übernommen haben. Aus diesem Grunde könne das Arbeitskabinett nicht sozialistisch regieren, sondern nur eine Reih« von Maßnahmen durchführen, die im Interesse der
Armen und Notleidenden Englands liegen. Tom Shaw v«rvr«teie sich ferner ausführlich über das besondere Interesse der Arbeiter- regierung für die Durchführung der Washingtoner Arbeits- zeitkonvention. Die Koalitiousregieruitg und die ihr fol- gend« konservativ« Regierung unterließ die Ratifikation der Kon- vention. dagegen werde das Labaour-Kabinett in einigen Wochen einen Gesetzentwurf für die Ratifikation«inbringen. Tom Shaw erklärte wörtlich:„Wir sehen jetzt, daß aus die deutschen Arbeiter ein Druck ausgeübt wird, zehn Stunden zu arbeiten mit der Begründung, hierdurch die Reparationsleistungen zu ermöz- lichen. Falls der deutsche Arbeiter zehn Stunden arbeitet, wird der Kapitalismus in den anderen Ländern behaupten, daß ohne Der- längerung der Arbeitszeit«ine Konkurrenz mit den deutschen Unter- nehmern nicht mehr möglich ist. Wenn wir ein« solche Entwicklung zulassen würden, so wären nicht nur die deutschen Arbeiter durch den abscheulichen Weltkrieg besiegt, sondern auch die Arbeiter in England, Frankreich und Belgien . Aus diesem Grunde wird in England ein Arbeitsgesetz erforderlich. Man kann natürlich die Arbeiterregierung. die«inen derartigen Gesetzentwurf«inbringt, stürzen, aber es gibt doch noch ein„Später" und dieses Wörtäzen „später" bleibt unseren Gegnern in der Kehle sitzen, weil sie genau wissen, daß wohl eine Arbeiterregierung davongejagt werden kann, over daß die Arbeiier ein bleibender Machkfattor sind. Das Ziel einer Arbeiterregierung muß in erster Linie auf die Erhaltung des internationalen Friedens gerichtet sein. Macdonaid hat jetzt in zwei Monaten mehr für den Frieden getan als 50 konservative Regierungen. Das französische Volk hat jetzt klar begriffen, von welchen Gedanken die Labour-Regierung beseelt ist. Den Beweis hierfür liefert auch das Ergebnis der französischen W a h l." Am Ende seiner Red« wies Shaw auf die großen Schwierig- keilen hin, welch« der Verwirklichung der Ziele des kämpfenden Pro- letariats noch im Wege stehen. Der Mord an Leutnant Graff .. Die belgische Belveisanfnahme vor dem Stettiner Gericht. Slettin, 19. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Die Zeugenvernehmung im Mordprozeß Graff wird am vierten Verhandlungstage zunächst mit dem Verhör ver Zeugin Agnes Peiß, geb. Heckmann, die im Cafe ihrer Mutter' beschäftigt war, fortgesetzt. Sie hat die von den belgischen Behörden der Tat Angeschuldigten vor der Ermordung Graffs nicht gekannt, ebensowenig den belgischen Polizeiagenten Schmitz. Bor deutschen und belgischen Kriminalbeamten hat die Zeugin ausgesagt, daß sie nichts wüßte. Später hat sie aber Reinhardt und Genossen vor dem belgischen Gericht schwer belastet. Die gravierenden Stel- len in ihrer damaligen Aussag«, die von dem Dolmetscher verlesen werden, besagen: 5k1cin, Riebke und Grabert waren am Tag« nach der Ermordung Schmilewskis in ihrem Lokal, wo sie laut von Rache sprachen und sich äußerten, sie hätten von Leutnant Reinhardt den Auftrag, den Schmitz zu erledigen. Am Abend der Ermordung Grafts seien Klein. Riebke und Reinhardt in dem Wohnzimmer ge- wesen und hatten Zivil angezogen. Reinhardt hätte bestimmt die Rollen oerteilt. Das Verholten war so, daß man ein« Vorbereitung zur Tat daraus ersehen konnte. Reinhardt habe der Mutter der Zeugin zu verstehen gegeben, daß sie über nichts sprechen dürfe. Nachdem die Schüsse gefallen waren, kamen Riebke und Klein zu- rück. Riebke rühmte sich, den tödlichen Schuß auf Graff getan zu haben. Die Schüsse von Klein, welche durch die Scheibe gingen, hätten nicht getroffen. Es fiel auch die Bemerkung, es war nicht der Richtige, aber wir finden auch Schmitz: und das war noch nicht alles. Klein äußert«, die Täter werde man niemals auffinden. Die Aussage enthält am Schluß die Versicherung, daß die Zeugin die reine Wahr - heil gesagt hätte. Sie hätte dies« Angaben nicht früher gemacht, weil die deutsche. Schutzpolizei mit Schikanen gegen das Eas? Heckmann drohte. Dann wurden mich die Aussagen Grabert? verlesen. Gra- bert und Riebt« waren danach Tatzeugen der Ermordung Schmilewskis. Riebke hätte an der' Letdze Schmilewskis gesogt, er müsse gerächt werden. Er werde den Schmitz schon zu finden wissen. Hätte er(Riebke) feinen Revolver zur Hand gehabt, dann wäre Schmitz gleich erledigt worden. Diese Racheäußerung tm Riedle in Gegenwart des Kommandeurs der Hamborncr Schutz- polizei, des Oberwachtmeisters Ehriften und des Hunderftchafts- führers Hauptmann Hedcr. Grabert hat danach weiter ausgesagt, daß die mit der Tat beauftragten Riebke und Klein geäußert härten: Wir machen jeden nieder, der uns an der Tat hindert. Das find in der Hauptfach« die Aussagen, aus denen die belgische Behörde die Anklag« gegen'Reinhardt und Genossen schmiedete.— Im allgemeinen stimmen die Aussagen des Grabert und der Zeugin Agnes Peiß überein. Bei der H a u p t Verhandlung des belgischen Kriegsgerichts nahm Agnes Peiß dies« Aussagen jedoch zurück und beteuert«, daß sie Leutnant Reinhardt erst anläßlich der belgischen Vernehmmig kennengelernt habe. Das Verhör der Frau Peiß wurde unterbrochen durch den Auf- ruf von 15 Zeugen, darunter befinden sich die Witwe IH'eckmann, Frau Reinhardt und Leutnant Sander. Zeugin Witwe Elisabeth H e ck m a n n wird zuerst vernommen. Sie wurde am 14. Sep- tember 1922 oerhaftet. Bei ihrer Vernehmung durch die Belgier hat sie zunächst bekundet, daß sie non dec Tat nichts gewußt habe. Die Zeugin sagt: Man hat doch solch schreckliche Angst vor den belgischen Beamten, daß man schliehltch alles kuk. was sie wollen. Nachdem meine Tochter Agnes die(für Reinhardt und Genossen) so belastenden Aussagen gemacht hat, sagte ich zu ihr: Du bist ver- rückt!— Dom Dolmetscher wurde darauf die gerichtliche Aussage der Zeugin verlesen. Sie stimmt im wesentlichen mit der Aussage ihrer Tochter überein. Di« Angaben schließen mit der Bemerkung, daß ihre Tochter(Agnes) alles besser wisse. Der Zeugin wird auch das Geständnis des Leutnants Reinhardt vom Dolmetscher vorgelesen, wotaus hervorgeht, daß Wachtmeister Riebke vor- geschlagen habe, den Schmitz niederzuschießen. In dem Geständnis heißt es weiter: Es herrschte unter uns stillschweigendes Einverständnis mit dem Ziel, unseren Kameraden Schmilewski zu rächen. Riebke habe ihm gesagt, daß seine Kugel den Belgier erledigt hätte. Nach der Tat habe->r Riebke und Klein Vorwürfe gemocht mit den Worten: Man erschießt einen Menschen nicht von hinten, sondern von vorn. Nicht der erste belgische Offizier sollte niedergeschossen werden, sondern die Tat habe dem Schmitz gegotten. Wenn er gewußt hätte, daß auf einen anderen ge- schössen wird, dann hätte er feine Anordnungen sofort rückgängig gemacht. Frau Heckmann hat ihre belastende Aussoge später mit den Worten zurückgezogen, daß alles, was sie vor den belgischen Behörden ausgesagi habe, an- wahr und erprcht worden sei.— Zeug« Dr. Spandau besichtigte die Leiche Schmilewskis und sagt aus, es fei stark wahrscheinlich, daß er von hinten erschossen wurde. Danach erklärt noch Zeugin Witwe Heckmann auf Befragen, daß Reinhardt und Genossen bei der H a u p i Verhandlung vor dem belgischen Gericht ihre II n- schuld beteuert hätten. Sie selbst habe dabei, wie aus den Akten hervorgeht, gesagt, daß sie von der Ermordung Graffs so viel wisse wie ein neugeborenes Kind. Der Generolstaatsanwalt fragte die Zeugin Witwe Heckmann, ob sie bei ihren belgischen Vernehmungen etwas von einem ano- nymen Brief gehört habe. Zeugin sagt aus, daß ihr bei der Hauptoerhandlung in Aachen von einem Beamten geantwortet wurde: Ja, durch einen anonymen Brief.(Es wird angenommen, daß die belgischen Behörden durch einen anonymen Brief auf die Fährte gegen Reinhardt und Genossen gekommen sind.)— Die anderen Zeugenaussage« bringen nichts Wefenttiches. Die VerHand- lung wird um 4 Uhr auf Freitag vertagt.