Kabinett bei Efcer unsicheren außenpolitischen Haltung verbunden ist, hat die deutsche demokratische Fraktion wiederholt zu dem Br� schluß veranlaßt, eine ainseitige Erweiterung des Kabinetts nach rechts nicht mit ihrer Verantwortung zu decken. Die geplante Zu- sammensetzung des neuen Kabinetts, in das auch Deutschnotion al« berufen werden sollen, die sich dem Dawes-Gut- achten xegenübir ablehnend verhallen haben, haben die deutsche demokratische Fraktion in ihrer' Haltung nur bestärkt. Daß die Fraktion, die dafür eintritt, das jetzige Kabinett in seiner Gesamtheit zu erhalten, ihr« Zustimmung dazu gäbe,«in Mitglied ihrer Fraktion in einem ohne sie neu gebildeten Kabinett zu belassen und daß sie durch einen derartigen halben Beschluß un- klar« Verantwortlichkeiten schaffe, ist ein Verlangen, dem die Fraktion nicht entsprechen kann." Die Ueberbringung des AuflösungsdekretS. Stoatsfekretär Bracht hat dem Reichs tagsprasi den- ten das Auflösungsdekret überbracht. Dieses wird sofort gedruckt und sämtlichen Reichs tagsabgeordncten zugestellt werden. Mit der Auflösung des Reichstags haben auch sämtliche Aus- s ch ii s s« des Reichstags ihre Arbeiten beendet. Auch der Auf- wertungsausschuß tritt daher nicht mehr zusammen. Die Fraktionen tagen ebenfalls als Fraktionen nicht mehr. Der Präsident wird aber ihrem Zusammentritt kein Hindernis in den Weg legen, indem«r sie als Vertrauensleute der Parteien be- trachtet. ver?nflations- Reichstag . Der Reichstag, der am 4. Mai gewählt wurde, hat nur eine Lebensdauer von 189 Tagen gehabt. Die wenigen Sitzungen, die er abgehalten hat, haben sein« Arbeitsunfähigkeit erwiesen. Zu fruchtbarer und eruster gesetzgeberischer Arbeit ist er nicht gekommen. Seine Zusammensetzung spiegelte die geistige Verwirrung der In- fla-tton-zeit wieder. Die Wahlen am 4. Mai hatten folgendes Ergebnis: Mandate Stimmen Nationalsozialisten......... 32 1924 018 Deutschsozial«.......... 4 337 943 Deutschimtionale......... 106 5 718 Ö43 Wirtschastspartei.......... 15 1265 074 Volkcportei........... 44 2 700 447 Bayerische Vo'kspartei........ 16 946 649 Zentrum............ 65 3 921 206 Dcnmkraten........... 28 1655 076 Sozialdemokroten......... 100 6 014 372 Kommunisten........... 62 3 746 643
Di« größer, Mandatsziffer der veutschnationalen gegenüber den Sozialdemokraten erklärt sich aus der späteren Hineinnahm« reattio- uärer Splitter In die deutschnationale Frakt'on. Neben diesen Parteien traten eine große Anzahl von Splitter- Parteien auf— ein Zeichen politischer Disziplinlosigkeit und Ver- Milderung die nur durch die Nachwirkung der Inflation zu erklären war. Bei dieser Wahl darf es kein« Zersplitterung, keine Disziplin« losigkeit mehr geben. Nicht um klein« Sonderintereffen, sondern um große Entscheidungen geht es! Erstes Echo aus Sem Nekch. Hannover , 20. Oktober. (Eigener Dvahtbericht.) Die Auf- ., ung des Reichstages durch den Relchspräsidentcn, die heute, Wontag abend, in Hannover bekannt wurde, löste in allen Kreisen d«r Bevölkerung die höchst« Spannung au« In der Stadt verkündeten Anschläge, die von großen Menschenansammlungen um- standen waren, das Ereignis. In verschiedenen Theatern und Kinos wurde die Auflösungsmeldung bei Schluß der Borstellung noch bekanntgegeben. Tei den republikanisch gesinnten Männern und Frauen fand diese Wendung der Dinge freudige Zustimmung. Besonders wirkungsvoll kam, dies zum Ausdruck in einer von Tau- senden von Personen besuchten Festveranstaltung der Ortsgruppe Hannover des Reichebanners Schwarz-Rot-Gold in den Sälen des Loltsheims. Der Redner Raloff betont« dort
nach Bekanntgabe der Meldung, daß nunmehr das Dolt zu ent- scheiden habe, ob c- sich das gierige Streben der monarchistischen Reaktion, das den Regierungswechsel zu einem schmutzigen Geschäft machen wollte, gefallen lassen wolle. Nicht endenwollendcr Beifall lohnte die Ausführungen des Redners. Prophet Tirpiy. Deutschnationale Angst vor den Neutvahlen. Abrechnung mit den Deutschnotionalcn ist die Forderung der Stunde! Zitternd gehen sie in den Wahlkampf. Die Auf- lösung des Reichstags, das Urteil des Volkes haben sie ge- fürchtet. Deshalb der Umfall vom 29. August, deshalb der erbärmliche Schacher um ihre Gesinnung und ihre Grundsätze! Aus schlotternder Furcht vor der Sozialdemokratie haben sie der Welt das erbärmliche Schauspiel vom 29. August geliefert. Nun müssen sie in den Kampf, den sie scheuten! Gestern noch glaubte Herr von T i r p i tz sich und seine Freunde sicher vor der Abrechnung. Ee stattete seinem Wahlkreis Oberbayern -Schwaben in den letzten Tagen wieder einmal einen Besuch ab und erörterte vor einem kleinen ge- ladenen Kreis in einem Münchencr Hotel die Richtlinien, die ihn und einen Teil seiner Freunde veranlaßt hätten, im Reichs- tag für das Dawes-Abkommen zu stimmen. Einleitend be- tonte Tirpitz, daß er kein Parteimann im engeren Sinne sei und die Dawes-Gesetze, zumal in ihrer verschlechterten Gestatt. wie sie in London beschlossen wurden, für völlig un- durchführbar halte. Wenn er trotzdem zuge- st i m m t habe, so deswegen, weil durchdieAblehnung der Gesetze der Reichtag aufgelöst und dabei der Sozialdemokratie die denkbar beste Wahl- parolegeschaffenwordenwäre. Damit wäre einer roten Mehrheit in den Sattel geholfen worden, wahr- scheinlich auf lange Jahre. Das mußte unter ollen Umständen verhindert werden. Das deutschnationale Täuschungsmanöver mit den Stimmzetteln fei notwendig gewesen, weil die Sozial- demokraten entschlossen waren, durch Abkommandierung von 39 bis 35 ihrer Parteigenosien bei der Abstimmung die Dawes- Gesetze unter allen Umständen zu Fall zu bringen.(Wie oft soll diese gemeine Verleumdung wiederholt werden?) Schließ- lich teilte Tirpitz noch mit, daß er mit aller Energie für den Eintritt der Deutschnationalen in die Regierung«intrete, weil die Dawes-Gesetze in der Hand der bisherigen Regierung zu einer schwerenGefahrfür Deutschlands Zukunft werden müßten. Heute müssen die Deutschnationalen der Abrechnung ins Gesicht sehen. Unfreiwillig hat ihnen Tirpitz in entscheidender Stunde die heuchlerische Maske abgerissen. Sie wollten Deutschland regieren, obgleich sie wußten, daß ein« Neuwahl ein Volksurteil gegen sie sein würde, sie wollten nach dem Eingeständnis von Tirpitz das Dawes- Gutachten sabotieren, die bisherige Außenpolitik durchkreuzen. Belastet mit der Schmach des Gesinnungsschachers, be- lastet mit der Schande der politischen Heuchelei, belastet mit dem Geständnis von Tirpitz gehen sie in die Wahl. Unsere Antwort auf Terpitz ist, seine Prophezeiung wahrzumachen: rote Hochflut gegen die Deutschnationalen und den Bürgerblock! ..Kampf üem Srotwucher! Tie Erfolge Kanitzschcr Ernähruug sp olitik. Der Reichstag ist aufgelöst. Er hat«ine wichtige Frage un- gelöst hinterlassen. Lei den Neuwahlen wird das Dolt darüber entscheiden, wie die Wirtschafts- und Ernähru.rgspolitik des Reiches xehondhabt werden sott; Was das Kabinett Marx auf diesem Ge- biet geleistet hat, gab einen Vorgeschmack von dem, was das deutsche Volk von«i.i«r Regierung des Bürgerblocks zu erwarten hat. Der Ernöhrungsministrr Graf K anitz sah ja seine Hauptaufgab« darin, die Interessen der politisch eingestellten Kreise des Reichs-
landbundes in der Regierung zu vertreten. Sems garzs Po- litik war darauf zugeschnitten. Am 2 7. Juni, dem Tage, an dem Kanitz die Schutzzollvor- läge ankündigte, kostet« der Roggen in Berlin rund 122 M. i« Tonne. Der Preis hat sich mittlerweile zeittneilig nahezu verdoppelt und er betrug nach einem kleine- Rückschlag gestern 224.50 Mark je Tonne, also über 100 M. mehr als vor vier Monaten. Wie kam das? Noch ehe das Ergebnis der neuen Ernte bekannt mar, har das Reichssrnährungsmr.iisterium die Ausfuhr von Getreide teil- weife freigegeben, um die Inlandspreise aus die Höhe der Welt- Marktpreise zu bringen. Bald aber stellt« sich heraus, daß d:e deutsche Ernte an Brotgetreide ungewöhnlich schlecht aus- gefallen war, daß ferne? auch das Ernteergebnis der übrigen Staaten weit hinter den Erträgen de? vorangegangenen Jahre zurückblieb. Schon aus diesem Grund« muhten die Getreidepreise am Weltmarkt und im Inland steigen. Die Ausfuhrfreiheit für Getreide hatte den Erfolg, daß dem deutschen Volke 80 000 Tonnen Getreide ent- zogen wurden, obwohl es dieses jetzt dringend notwendig braucht. Der Export erfolgte aber zu Preisen, die weit unter den heutigen Preisen logen, so daß das Geschäft, das dem internationalen Getrerdehandel zugute kam. dem deutschen Volke einen D e r l u st von mehr alsl MillionGoldmark einbrachte. Der starke Getteidebedars Deutschlands aber bewirkt«, daß deutsch « Importeur««ine sehr stark« Nachfrage im Ausland e.ttsalieten. So wurden die Weltmarktpreis« künstlich weiter in die Höhe getrieben. Und es war die merkwürdigste Erscheinung, die der deutsche Ge- treidemarkt seit Jahrzehnten erlebt hat, daß der an Qualität wesertt- lich schlechtere Roggen zeitweilig in Berlin teurer war a l s der viel bessere Weizen! Die Rückwirkung aus den B r o t p r e i s konnte nicht aus- bleiben. Schon im September oerzeichneie das Stattsttsch« Reichsamt eine Erhöhung des durchschnittlichen Brotpreises in Berlin , der zwar pro Kilogramm nur 3 Vi Pf. ausmachte, immerhin für den großen Teil der auf Kurzarbeit oder Erwerbslosenunterstützung an- gewiesenen Proletarier empfindlich genug war. Der Brotpreis ist inzwischen weiter gestiegen. Das kommt nicht so sehr in dem Preis für Einheiisbrot zum Ausdruck, der nahezu unverändert geblieben ist. Aber die Bäcker, die die erhöhten Mehlpreise zahlen müssen, wenden das aus den Kriegssahren beliebte Mittel an, um die Mehrkosten des Mehles auszugleichen: si« verringern das Brot- gewicht oder sie setzen dem Getreidemehl das billiger« Kartoffelmehl zu. Teureres Brot und schlechteres Brot sind schon die bisherigen Exfolg« der landbundfteundlichen Ernährungspolittk des Grafen Könitz. Wenn diese ganze Entwicklung im Interesse der Lck.ndwirtschast notwendig gewesen wäre, ließ sich dagegen nicht einmal viel sagen. Tatsächlich aber hat von dieser Preiserhöhung nur ein ganz kleiner Teil der Landwirte überhaupt Nutzen gezogen, unter ihnen natürlich in erster Linie die Großgrundbesitzer. Der größeren Vorteil aber hatte der Getteidehardel, der sich in der Bor- aussicht der Zölle rechtzeitig mit Getreide eindeckte, um es dann später, nach Einführung der Zölle, um so vorteilhafter ver- kaufen und den Gewinn in seine Tasche stecken zu können. Durch dies« Erwartung ist setzt ein Strich gemacht. Der Reichstag ist auseinandergegangen, ohne die Zollvorlage zu ver- abschieden. Die Krise«n der Landwirtschaft, die durch den Tief- stand der Getreidepreise und durch die Kreditnot herbeigeführt war, ist durch die Kornhausie und durch die reichlichen Kredite der Rentenbank behoben. Denjenigen Landwirten, die von Ernte- schaden bettoffen wurden, kämen ober auch Zölle nicht helfen: für sie kommen vielmehr Nur Hilfsmaßnahmen m Betracht,.in denen die sozialdemokratisch durchsetzte preußische Regierung Vor- bildliches geleistet hat. Wem das Korn verfault ist, dem nutzt eben der höchste Preis nichts mehr, dem nützt auch kein Zoll. Das Volk aber wird jetzt zu entscheiden haben, ob es zu der gewaltigen Verteuerung des Getreides am Weltmarkt noch durch Zölle das Seinige beitragen will, um die Getteidepreise künstlich zu erhöhen und den Junkern auf seine eigenen Kosten noch Sonder- vorteile zuzuschanzen, die diese zum brutalen Kampf gegen die Rechte des Voltes in der Republik ausnutzen.
das trunkene Schiff. von Peter Hamecher . Das ist ein Traum, eine zeitlose Legende. Vorüberstürzende Länder; Rausch der Farben und Klänge, der Trunkenheiten und Besessenheiten: Revolte und Extase. Urmorgen der Menschheit will neu beginnen und bäumt sich auf gegen alles Abgeleitete, Eingeengte, Zivilisatorisch«.„Welch ein Jahrhundert der Hände!" lockt es da. Rot flattert die Fahne des individualistischen Aufruhrs. Christus wird der„ewige Dieb der Kraft" genannt.„Ich war niemals aus diesem Volk«, war niemals Christ: ich bin von der Rasse, die beim Todesurteil sang: ich oerstehe die Gefetze nicht, habe keine Moral, bin ein roher Mensch." Und dann leuchtet es auf, einer neuen Erde Gesicht:„Wann werden wir gehen, über Weite und Berge, zu grüßen die Geburt der neuen Arbeit, die neugeborene Weisheit, die Flucht der Tyrannen und Dämone, dos End« dss Aberglaubens, und als die Ersten Weihnachten auf Erden anbeten. Der Gesang des Himmels, der Zug der Völker! Sklaven, laßt uns dos Leben nicht verfluchen." Worte sind dies, glühend, berauscht. Aber hinter diesen Worten steht der extattsche Ausbruch und Aufbruch eines Lebens. Die Legende von einem, der mrt zwanzig Iahren ein Dichter war(das Kind Shakespeare, nannte ihn Victor Hugo , der Meister der Phrase), der dmm die Literatur alz einen unzulänglichen Ausdruck seines Seins hinter sich warf, die Länder entlang stürmt« und in Afrika , ein Achtunddreißigjährizer, endete. Siebenzig Jahr« sind am 20. Ok- tober verflossen, seit dieser Jean Arthur Rimbaud in Charte. ville in den Ardcnnen das Licht der Welt erblickte. Mit sechzehn schrieb tr Ders«, di« die Bewunderung Berlaines erregten. Eines Tages, nach vergeblichen versuchen, der Zucht des elterlichen Heimes zu entrinnen, taucht dieser Bursche in Paris auf. Verlaine nimmt sich semer an. Und dann geschieht dos Seltsame: Lerlain«, aner- kannte r Dichter, Familienvater, bürgerlicher Beamter, verliebt sich in die frisch«, smnenfttotzend« Männlichkeit dieses jungen Genius „mit dem Aittlitz de? gestürzten Engel".„Der Gott unter den Halbgöttern" nennt ihn Verlaine noch nach Jahren. Neun Monat« weilt Rimbaud im Hause Berlaines. Dann, im Juli 1872, brechen die beiden auf. und di« toll« Landstörzerfahrt durch Belgien . England und wieder zurück nach Belgien beginnt. In jenen Tagen schrieb Rimbaud seine schönsten Gedichte, glühend« Visionen explo- sioer Kvqt. Räusche mis Farbe und Ton. deren herrlichstes,„Das trunkene Schiff", wi« ein« Vorahnung seines eigenen Lebens ist. „Und bisweilen sah ich. was kein anderer gesehen". Als Traum» wandter, als Visionär will er leben, und seine Verse wirkten wie da» Hereinbrechen eine? halbwilden Horde über eine alle, müde Kulturnation. Die Beziehung zu Verlain« nahm ein jähes Ende. Berlaimr, eifersüchtig, schoß in Brüssel auf den Gefährten, der sich von ihm trennen wollte. Die Polizei mischte sich, nach einem zweiten
Attentat, ein. und Verlaine mußte diese Rauschtat mit zwei Iahren Gefängnis büßen. Rimbaud wandte sich heim und schrieb jenes unerhört« Buch der Abrechnung:„Der Sommer in der Holle ", das er, kaum, daß es gedruckt war, wieder zurückzog. In jenem kleinen Buche steht der Satz:„Ich verlasse Europa . Mit eisernen Gliedern, mit dunkler 5?aut, mit wilden Augen werde ich wiederkehren: auf mein Gesicht hin wird man auf eine starke Rasse schiießen. Gold werde ich haben, werde müßig und roh fein, Die Frauen lieben diese wilden Gesellen, die aus heißen Ländern kommen. Ich werde mich in di« Polittt mengen." Ihm, der von eurer visionären Kunst träumte,„tue aller Beschreibung, aller Be- lehrung entbehrt," war Europa samt der Literatur unerträglich ge- worden. Sein fieberndes Blut trieb ihn umher, und nachdem er Europa durchquert, bald Hauslehrer, bald Hasenarbeiter, Begleiter eines Zirkus, nachdem er, von den Holländern angeworben, dann flüchtig, sich in Batavios Urwäldern herumgettieben. landete er in Afrika , um den Rest seines Lebens dort als Kaufmann zu oer- bringen, dem primitiven Leben nahe und der glühenden Sonne, di« er geliebt. Und dann starb er, früh und häßlich. Einer scheußlichen, wahrscheinlich erblichen Krankheit erlag er, di« ihm, nachdem sie ihn erst zum Krüppel gemacht, lange entsetzliche Leiden brachte.
herbst an üer Havel . Roch immer ringen sich Stunden voll Nachsommerglanzes durch herbstlich« Dünste, und dann leuchten farbig« Mosaiken«m Blattwerk der Ufergehölze«ms Was sich da in gelben, gelbrmen und roten Tönen über die Baumkronen und Büsche sprenkelt und spreitet, das hat so gar nichts mit dem Blütenflor bunter Wiesen gemein und ist im hellen Licht« dennoch seiner Wirkung sicher. Einer Wirkung freilich mit elegischem Einschlag, wie ihn jeder Ab- klang mit sich bringt. Und doch ist es kein Tod in dem üblichen Sinn« des �Wortes, den di« dem Fall sich«ntgegenfärbenden Blätter erleiden. Schon vorher wandert aus ihren Zellen alles, was wert- voll ist, in die Zweig«, Aeste und Winterknospen des Baumes und Strauches zurück. Dies« Abwanderung bedingt in erster Linie die Verfärbung der Blätter. Das Chlorophyll(Blattgrün), dessen in- tenfives Grün bisher alles beherrschte, gibt auswandernd die fahlere Grundfarbe des Blattes wieder frei. Die Herbstfärbung war also nur überdeckt, nicht neu gebildet, und das aus teergewor- denen Zellen bestehende Blatt fällt schließlich als«in« Hülle, die nicht mehr Leben enthält, wie etwa der Hornstoff unserer Haare und NägA. Unter den immer schiefer einfallenden Strahlen der herbst- lichen Sonne und unter der Wirkung bewegter Luft belebt sich der Spiegel der Hovelseen anders als im Sommer. Man fühlt das Slndersfem deutlich ohne es deutlich beschreiben zu können. Reiz- voll kontrastiert und harmoniert das Geflimmer des Spiegels und des Kielwassers mit den weißblitzsr'de« Segeln zahlreicher Boot« aller Formate. Don oben her gleiten die Flugkünste gewandter Möven und weniger gewandter Nebelträhen in das Bild, dos ringsum von Laub und Nadel wold umrahmt und von weißen
Wolken auf lichtblauem Grunde überdacht wird. Hier und da ein Spalt im Rahmen, der ein Kirchlein oder sonst ein« menschliche Siedlung freilegt. Hier und da aber versperren den Blick des Wanderers Hoffte des Schilfrohrs wie mit Mauern. Hoch, steil und dicht ragt der Riffe unter unseren Gräsern aus nassem Grunde auf, von wehenden Fruchtfahnen gekrönt, ungsdrochen und al« Alleinherffcher. Im dichten Schluß seiner schlanken Stengel duldet er nichts Fremdes zwischen sich, nur teer geworden« Nffter des Rohffängers und anderer Ufertiere Dann wird mit dem Schwin- den der Schilfmauer der Blick wieder frff und schwe'st hinüber nach der Pfauen infel etwa oder nach der malerischen Heilandskirche bei Sacrow oder nach dem idyllischen Nedlitz oder— nun, der Freund der.Havel kennt sffne Lieblingspuntte auch ohnedies! Walde inwärts wenden wir uns, um von einer der bewaldeten Anhöhen den Blick auf das Wasser zu genießen. Ueber dem mvosi- gen Boden glitzert das Filigran des Altwcibeffommers oder die Fäden segeln frei durch di« Luft, mit der klffnen Spinnerin daraus. Große, wffße Pilz« durchbrechen di« Nadeldecke, Fliegenpilze stehen in dreisten Farben neben weißen Bovisten am Weg«, und wer da sucht, der findet des Wunderbaren noch genug. Wer einen reizvollen Anfang oder Abschluß sucht, beginnt oder endet mit dem Besuch des Pfingstberges. Auf dem Turm« des romantischen Velvederes angelangt, wendet man dem Bornstedter Exerzierplatz den Rücken und hat dann vor sich den Ausblick auf di« wundersam aus Wald, Wasser und Architektur zusammen- gesetzt« Umgebung Potsdams . Sie muß vor Zeiten noch herrlicher gewffen sein, denn Alexander von Humboldt zählte sie zu den schön- sten der Wev. Und sie ist auch jetzt, bei Sonnenschein, die schönste. die Beriins weitere Umgebung bietet— und nur mit Schaudern denkt man hier oben an das steinerne Meer Berlins , dem man bald wieder zueilen muß._ B. L. Herr Gerst dekretiert das Ende Alelhufalem». Der Volks- bühnenbund. die christtathvlische Nachahmung des Volk-bähnm- Verbandes, hat in Berlin nach mancherlei Anläufen endlich Boden gefunden: Herr Gefft, sein bettiebsamer Dirigent, hat das vor der Piffte stehend«„Dramatische Theater" saniert und zffgt in einem Ukos bereits an, wi« er dort den„Herrn im Haufe" zu spielen gedenkt. Sffbstvcrständlich ttitt der Volksbühnenblind hier m Berlin nicht ffnseitig katholisch auf, er moffchtert hier unter der' allgemeinen christlichen und nationaten Fahne auf. Herr Gerst ttitt also fein« Regierung in Berlin an und verkündet: „Die Detttschnatwnale Bolkspartel hat dankenswerter Weise im vreußischen Landtag ffn « kleine Anfrage über die Aufführung von Iwan Gölls„Mechusalem oder der ewige Bürger" eingebracht und gesagt, was das Staotsministerium zu tun gedenke, um der syste- ma tischen Vergiftung der Dolksfeff« entgegenzutreten. E, ist außerordentlich erwünscht, daß diese klffne Anfrag« einmal Geleoen- hfft gibt, über die Aufgaben des Staates angesichts der Theater- verhiitoissr in Verlin und im Reiche zu sprechen, da die Arbeit der freien Volksbühnen und Kutturolganifottonen nicht ausreicht lmd ohne weitgehende staatlich« Untefftützung nicht wirksam werden kann.(Also Herr Gerst wünscht weiters Subventionen!) Das Stück„M e t h u f a l e m" ist ein« Stunde nach Unterzeich- nung des Vertrages, der mich«instwfflen zum Geschäftsführer der