Einzelbild herunterladen
 

Sonntag 15. März 1925

133

Alus der Film- Welt

Die Filme der Woche.

Ein Sommernachtstraum."

Jm UT- Nollendorfplatz.

Dies ist der entzückendste Fastnachtsfilm, den man je gesehen hat, und zugleich der erste große Parodiefilm. Was der Regisseur Hans Neumann   mit ans Behrendt zusammen hier alles auf die Palette gebracht hat, das ist unbeschreiblich. Eine Jazzband gibt den Ton an, und man fürchtet schon, es wird der reine Bierulf. Aber es bleibt nicht bei der lustigen Parodie auf den Krieg der Athener   und Amazonen; über den Karnevalsipaß der Rüpelszenen, in denen die Spießer Theater spielen, erhebt sich das Spiel in eine phantastische herrliche Märchenwelt, in dem alle Geister losgelassen find, das Wunderbare Wirklichkeit wird und unter dem Septer Buds heillose Berwirrung von Geistern und Menschen gestiftet und schließlich alles zum guten Ende geführt wird. Das heiterste Kind der Shakespeareschen Laune hat hier im Film eine würdige Auf­erstehung gefunden. Wenn einige Längen beseitigt werden, und die an sich höchst witzigen Verse Klabunds beschnitten sind( der Kenner braucht sie nicht, und dem Nichtkenner sind sie zu viel), dann wird diese luftige und luftige Groteske in ihrer Art vollendet sein. Nicht den geringsten Anteil an dem Erfolg hat die Jazzband Eric Borchardt, die unter dem Zepter Hans Mays bald die füßen Weifen Mendelssohns zum Reigen der Elfen spielte, bald in aus gelaffenster Weise alte populäre Melodien und modernste Schlager als ultige Illustration zur Bilderschau zwerchfellerschütternd erklingen ließ und gelegentlich zur wahren Kagenmufit wurde.

Ganz famos hebt das Spiel an mit den Kriegsvorbereitungen der Athener   und Amazonen, die in burlesker Weise durch den Kakao gezogen werden. Die schöne Hippolyta  ( durch Ruth Weyher  sehr charakteristisch verkörpert) fommt vor lauter Toilettenfragen zu spät zum Kampf, der zur Ergöglichkeit ausartet. Die etwas fom plizierte Handlung der verschiedenen Liebespaare braucht den lite­rarisch nicht vorgebildeten Zuschauer nicht zu befümmern, im Märchenwald werden sie doch nur zur Staffage, zur sehr schönen Staffage durch Charlotte Ander   und die Annen foff. denen Mattoni und Hans Albers   sefundieren. Valesca Gert, ein höchst drolliger, zu allen Streichen aufgelegter Geist, inszeniert die Wechselspiele zwifchen der Geister- und Märchenwelt, zwischen den vornehmen Liebespaaren und den schauspielernden Handwerkern. Hier ist der Film auf seinem eigenften Gebiete, hier fann er alle die Wunder verüben, die auf der Bühne immer etwas Gemachtes haben. Phantastisch umgibt das alles der Wald, den der Mondschein belebt und eine ganze Sputmelt bevölkert. Der Streit zwischen Oberon   und Titania wird durch die Tamara mit ihren wirklich geisterhaften Augen und Lori Leur, die schlanke Eisen­Fönigin, versinnbildlicht. Dazwischen aber treibt das Volk der Faune und Nigen, der Elfen und Zwerge sein äffendes und geistern. des Spiel. Der Schluß des Films führt wieder in die Wirklichkeit zurüd; am Hofe Thefeus, den Theodor Beder glanzvoll reprä fentiert, geht unter der Mitwirkung von Werner Kraus, der als Bettel nicht alle Filmwirtungen herausholt, ilhelm Bendows und Ernst Gronaus die Moritat des Rüpelspiels als groteste Farce vor sich. Dann werden alle Berwicklungen gelöst D. und soundsoviel Liebespaare empfehlen sich als Berfobte...

Die Blumenfrau vom Potsdamer Play." Primus- Palast und Alhambra  .

Was uns in der Literatur fehlt, der bodenständige, Jaftige Ber liner Roman, der wie der Barijer Roman in der franzöfifchen Epit das Erlebnis der Großstadt mit allen Eigenheiten ihrer Sonderfeele ausschöpft und der beste Bemeis einer veranterten Kultur ist, das scheint sich allmählich im deutschen   Film anzubahnen. Schon im Heiratsschwindler" war es ersichtlich, daß einige unserer besten Filmdarsteller drauf und dran sind, die Mannigfaltigkeit des Ber liner Lebens mit seiner Mischung von Stepfis, Humor, Nüchternheit und Lebenslust in eine einheitliche fünstlerische Form zu gießen. Die Blumenfrau pom Potsdamer Plag" ist ein bewußter Schritt vorwärts auf diesem Wege, und man darf dem Regisseur und den Verfassern des Films( Jaap Speyer  , Reichmann, Lersti, Schirotauer, Scheer) getrost das Kompliment machen, daß ihnen eine recht vergnügliche Angelegenheit gelungen ist. Auf die eigentliche Handlung, bei der Trude Mahnke, die Blumenfrau( Erita Bläßner) aus Eifersucht auf ihren Mann( Dieterle) einen fleinen Abstecher in das Palais der Friedrichstadt   mit einem schneidigen jungen Juristen( Ralph A. Roberts) unternimmt, die zu einem Ehe­fcheidungsprozeß führt und sogar mit Scheidung der Ehe geendet hätte, wenn das Ehepaar Mahnte sich nicht so liebte, kommt es dabei am allerwenigsten an. Die pifante. Sauce vielmehr, die uns diesen Film so schmackhaft macht, ist die meisterhafte Erfassung des Ber liner Lebens und seiner Boltstypen. Wenn die Blumenfrau Rofa Baletti und Erifa Gläßner neben dem famojen Stiefel­puzer Schünzel  , der mit seiner schnoddrigen Talmieleganz geradenwegs von einem Bogfampf im Sportpalast zu kommen scheint, und dessen derben Berliner   Wize man ordentlich riecht, vor der Rotunde am Potsdamer Plak ihr Gewerbe betreiben, so ist jebe Geste lebenswahr und typisch. Wenn Roberts als chrift licher Paul Morgan   mit föstlichem Humor als jüdischer Rechts­anwalt vor der Chefcheidungskammer auf Trennung der angeblich zerrütteten Ehe plädiert, während im Hintergrund das klagende Ehepaar und die Belastungszeugen Schünzel   und Blandine Ebinger   fich zusammenfinden, dann hat man nur den starken Eindruck: So ist das trop alledem so wundervolle Berliner   Leben." Und man empfindet auch, daß bei allen diesen Vollnaturen- Schün­zel, Baletti  , Gläßner, Morgan, Dieterle und Roberts die Erkennt nis ihrer fünstlerischen Filmsendung zur Bloßlegung des Berliner  Menschen sich herausarbeitet. So barf man getrost darüber hinwea­alciten, daß diesem Film die Mängel aller deutschen   Filme: zu lanaes Merweielen bei Gleichgültigkeiten und langfames Tempo anhaften. Aber man fann durchaus behaupten, daß jeder Berliner   und jeder Michtberliner, der Berlin   gern hat, sich in diesem Film gut und mit Recht amüsieren werden. f. h. c.

"

-

Die Karawane." Mozartjaal.

Die Reflame für den neuen amerikanischen   Film, den in Amerika  fast jeder Mensch gesehen haben soll, fängt gut an: 3000 Mit­wirkende waren über drei Monate in der Prärie des Staates Utah  Ein Zehntel der noch lebenden Indianer wurde angeblich dazu auf­tätig, meilenweit von jeder Eisenbahn, um diesen Film herzustellen. geboten. 500 Bisons wurden für die Büffeljagd herangezogen. In der Tat: ein Riefenaufwand an Menschen und Material ist geleistet worden, aber der Eindruck geht weit über das hinaus, was damit sonst etwa erreicht wurde. Es ist ein Auswandererzug in diesem Film gestaltet, der im Jahre 1850 vom Staate New York   aus quer durch die endlosen Prärien sich nach dem Westen bewegte, um in Oregon   freies Land und eine neue Heimat zu finden. Es waren vorwiegend Deutsche  , die nach den Hungerjahren und unter dem Druck der politischen Reaktion diefe Riefentarawane bildeten. Ihre Erlebnisse, ihre Schicksale sind der Inhalt des Films. Es ist ein Epos der Maffe, in die zwar die typifche amerikanische   Liebesaffäre hineinfombiniert ist, das aber start und groß genug ist, um für sich allein genossen zu werden. Rivalitäten entstehen unter den Führern, Ungeduldige splittern ab, um in der Einöde zu verderben oder den Indianern in die Hände zu fallen. Aber der große Zug der 500 Blanwagen bewegt sich unaufhaltfam weiter. Im Frühling begann der Zug, es wird Sommer und Herbst, und als sie endlich Oregon  erreichen, ist der Boden von Schnee bedeckt. Von wunderbarer Symbolik ist es, wie der alte Führer den Pflug vom Wagen holt und ihn in den braunen Boden stößt. Aber zuvor sind noch unend liche Mühsale und Schwierigkeiten zu überwinden. Mancher stirbt auf der Reise und wird begraben. Mancher wird in dem Planwagen geboren. Die ungeheuren Schwierigkeiten, die die Ueberschreitung der großen Flüsse bereiten, werden prachtvoll vorgeführt. Die Wagen werden gedichtet und von den schwimmenden Ochsen durch das Wasser gezogen. Ganze Herden von Rindvieh urd Pferden passieren gleich

Der Oberkieker

PRIMUS

im

DDD

PALAST

000000000

wird es nach übereinstimmender Ansicht von Presse und Publikum bei unserem jetzigen erfolgreichen Schlager nicht leicht haben, den Verkehr und Andrang zu den Vorstellungen 5, 7 und 9 Uhr ( Sonntag 3.30, 5.15, 7 und 9 Uhr) zu regeln. Benutzen Sie deswegen den Vorverkauf von 11 bis 1 Uhr.

Das Schicksal

der

Blumenfrau

vom

Potsdamer Platz"

ist das Schicksal vieler junger Frauen, nur sind die meisten nicht so klug, im rechten Augenblick das rechte ver­söhnende Wort zu finden!!

Versäumen Sie nicht, den Film nie versagenden Humors baldigst anzusehen!

Primus- Palast

Potsdamer Straße  

Es sprach der Scheich zum Emir  : Mit fremden Marken geh' mir es will mir keine andere munden,

Sondern nur

die guten, dicken runden Joseffi Cigarettens

-

Bellage des Vorwärts

falls den Fluß ein wunderbarer Anblick. Dann fommt es zu Kämpfen mit den Indianern, die durch die Weißen selber verursacht werden. Außerordentlich packend ist ein nächtlicher Angriff und der Brand der Planwagen. Dann gibt es eine höchst effektvolle Jago auf Büffel und eine interessante Einkehr in einem Fort, bei welcher Gelegenheit allerlei bezeichnende Züge aus dem Leben der Belzjäger fällt noch ein großer Teil des Zuges ab; gerade ist in Kalifornien  und Wildwest- Leute gezeigt werden. Kurz vor Erreichen des Ziefs das Gold entdeckt worden, die Nachricht schlägt zündend ein, Aben­teuerfustige und Goldgierige setzen die Reije dahin fort. Der Kampf um das Mädchen, der zwischen zwei Rivalen ausgefochten wird, zwischen dem braven Guten und dem bösen Heimtüdischen, ganz nad) bewährter Schablone, wird in Kalifornien   beendigt, und so wird uns auch noch die Goldwäscherei im Bilde vorgeführt. Der Regiffeur J. Cruze hat es verstanden, einen großen Zug in das Ganze zu tragen und, abgesehen von der Liebeshandlung, wirklich große Szenenbilder zu schaffen. Wohl noch nie gesehen worden ist der riesige Steppenbrand, mit dem sich Weiße und Indianer gegenseitig bekämpfen. Von den Darstellern wären Ogle, der einen tüchtigen alten deutschen   Bauern spielt, und Warren Karrigan, als iunger deutscher Führer Willi Schmidt, der nur zum Schluß gar au geleckt und schauspielerhaft wirkt, ale als der böse Gegenspieler und der ganz famose Darsteller eines alten Belzhändlers zu nennen. Der Erfolg war groß.

Amerikanische   Wiederholungen.

T.

und

Es gab einmal eine Zeit, da hielt man den amerikanischen  Spielfilm für gut, man fagte, nur ihm gehüre die Zukunft heutzutage, da freut man sich, wenn die Amerikaner Aubekanntes in einer ansprechenden Form zu bringen.

So sehen wir in Sonne im Herzen"( Theater am Roi: lendorfplatz) Mary Pickford   in der Hauptrolle. Marg ist das fleine, quecksilberlebendige, natürliche Mädel. Das sind der großen Darstellerin große Rollen. Selbstverständlich sind sie alle, ohne daß feinere Unterschiede herausgearbeitet find, ganz gleich aufgefaßt. So gewinnt auch in diesem Film das echt findliche Waisenmädel Freunde auf Freunde, und sogar die verschrumpefte alte Tante bekommt durch Marys Zutun noch einen Mann. Las ist eine Angelegenheit, die in Deutschland   Kindern Freude macht und in Amerika   offenbar einem großen Filmpublikum. Sm selben Theater läuft Achtung!- Kurve!" Hans Brodnih brachte durch seinen Tert eine recht lebendige Note hinein und doch dauert die Sache ziemlich lange, bis endlich die Sensation fomint. Seien wir doch ehrlich, es ist doch nur um der Sensation willen dieser Film gedreht und nur um der Sensation willen sieht das Bubfi­fum sich derartige Filme an. Diesmal ist es ein Automobilremten, das durch Trickaufnahmen zur fabelhaften Sensation wird. Natürlich fiegt ein Wagenlenter, der überhaupt nicht fahren kann, aber die Zuschauer vergessen vor Aufregung beinahe zu atmen. Von einem Flieger sah man freilich schon einmal dasselbe

99

Eine Ueberfülle von faftiam bekannten Sensationen bietet der Film Vampyre   der Rennbahn)( For im Balmenhaus"). Den Inhalt zu erzählen, ist nicht ratsam, man würde dieferhalb bei dem Leser nur in den Verdacht der Unwahrhaftigkeit geraten. Es ft auch ganz egal, wie der Film abgerollt wird, ob man am An­fang, in der Mitte oder am Ende beginnt. Also, es ereignen sich tolle Jagereien mit Pferden, Automobilen, Dampfern. Dann gibt's Wettfahrt zweier Dampfer, Sprung des Hauptdarstellers von einem Dampfer auf den anderen, Keffelerplosion, Schiffsuntergang, Fahrt auf einer Draisine, Sprung von der Draisine aus auf einen Expreß­zug, Sprung von dem Expreßzug aus in ein fahrendes Automobil, Fahrt mit dem Automobil durch ein Haus, das ein Raub der Flammen wird. Um diese Sensationen schmackhaft zu machen, er­eignen sich so nebenbei Mord, Totschlag, Entführungen, Menschen rettungen aus Flammen und Wasser en gros und en détail. lInd gespielt wird?! Wenn die Hauptdarstellerin mit der Nase[ hnup­pert, dann weiß man, jegt fällt sie gleich in Ohnmacht. Die Männer rerhauen sich bloß und zwinkern mit den Augen. Ein, laut Text. elegantes Klubhaus sieht so aus, wie eine Berliner   Konditoret, wenn sie im Sommer mit ihrem Laden auf die Straße zieht. Wes man säet, wird man ernten. So fand das sehr gute For Journal Nr. 1 nicht eine begeisterte Aufnahme, die es verdiente. Im Gegen­teil, bei den Bildern von der Sonnenfinfternis, sagte das Publi fum: Ach, die Amerikaner fönnen uns viel vormachen".

-

Der behexte Neptun."

e. b.

-

vera

Dieser in den Ulfa  - Lichtfpielen Tauengien- Palast aufefürhte Film ist eine Mischung von Wassersport und Liebes­komödie. Die Liebeskomödie ist glücklich durch drei Autoren Rudolf Presber  , Willi Rath und Willy Agel faßt worden und dient als Antreibemittel, um die wirklich außer­ordentlich sehenswerten Wassersportbilder in eine Handlung einzu­gliedern. Wäre sie gestraffter und vermeilte fie nicht zu lange bet Episoden, so würde der Gesamteindruck noch gewinnen. Billy Agel versteht es als Regisseur, alles, was uns am Wassersport interessiert, wirtfam in Szene zu feyzen. Es sind schöne Bilder von Baddelboot­fahrten und Segelregatten; die landschaftliche Einheit von Waffer, Wald und Wiesen tritt herrlich in die Erscheinung. Man bewundert die Kunst der Photographen, die alle diese Reize auf die Leinwand zauberten. Man erlebt wirklich die spannendsten Momente der Segelregatta, als ob man mit von der Partie wäre; Schwimmjefte und alle möglichen anderen Regatten gesellen sich dazu, so daß ein Film voller Naturfrische entsteht. Selbstverständlich fehlt es auch nicht an Wettfahrten zwischen Motor und Droschke. Auch Flugzeug und Auto, das zu Wasser und zu Lande tüchtig ist, treten in Funktion. Der Sportmäzen, der von feiner Wafferfurcht durch feine Liebe zu einer richtigen Wassernige furiert wird, ist von Baut Heidemann sehr nett durchgeführt; ein Hauptspaß ist sein Traum von den Abenteuern, die er in dem ihm verhaßten Element im Rampf mit allen möglichen Ungetümen besteht. Gute darstellerische Leistungen bieten ferner Julius Falkenstein   und der urfibele Onfel aus Amerita: Harry Grunwald. Meisterin in allen Wassersportarten ist Erra Bognar  , um die sich zugleich die ganze Handlung dreht. Ein paar gute Tricoufnahmen kamen dem Film wirksam zustatten.

JOSETTI

KON UNOM

JUNO 38 VERA48