völkischer Krach. Gehässiger«nd renitenter wie Kommunisten!— Her mit der Kaltwasserheilanftnlt! Dl« Spaltung der völkischen Bewegung in Bayern , die sich seit Monaten durch eine immer schärfere Sprache zwischen der Gruppe Hitler und der Gruppe Ludendorss an- kündigte, ist nun durch die Bildung einer eigenen Fraktion der Hitler - Leute im bayerischen Landtag unter dem Namen„National- sozial! st ische Landtagsfraktion* komplett geworden. Die beiden Gruppen stehen sich schon seit längerer Zeit völlig feindlich gegenüber. Hitlers „Nationalsozialisten" hatten geglaubt, der bayerischen„M e n t a l i t ä t" gewisse Konzessionen machen zu müssen und aus die Betonung des antiklerikalen und des „großpreußischen" Einheit? st aatsgedankens bei ihrer Propaganda bewußt verzichtet. Ludendorffs„deutsch - völkische Freiheits".Männer aber hielten selbst in dem agrarischen und stockkatholischen Bayern an ihren bekannten Zielen fest. Nun ist der Krach soweit gediehen, daß die„Mecklenburger Warte", die bekanntlich auf Seite Ludendorff steht, ihren süddeutschen Kom- Patrioten folgende Wahrheiten ins Stammbuch schreibt: „Wenn sich die nationalsoziali st ischen Arbeiter- p a r t e i l e r zum Teil gehässiger und renitenter als selbst Kommunisten benahmen, so werden wir Deutsch- völkischen in Zukunft rücksichtslos von unserem H a u s r e ch t Gebrauch machen.... Wild gewordene Phantasten ge- hören in die K a l t w a s s e r h e i l a n st a l t. aber nicht in die Politik. Und wir nehmen an, daß Adolf Hitler mit uns über- e i n st i m m t und rücksichtslos jeden Radaubruder an die frische Luft setzt, der es künftig noch wagt, die völkische Freiheitsbewegung mit Dreck zu bewerfen." In Ludendorffs„Völkischem Kurl er", der diesen Dingen nalürlich noch viel näher steht, kommt die ganze Wut der feind- lichen Brüder, die sich völlig ineinander verbissen haben, noch deut- licher zum Ausdruck. Dort schreibt der„Pressechef" des Generals über Essers Kampfrede gegen Ludendorfs : Fehlte nur noch die ausdrückliche Erneuerung des Kampfrufes vom„Preußen-Ludendorff", mit dem der bayerische Volksparteiminister Matt am 9. November die Bevölkerung auf- hetzte. Im übrigen war die Rede Essers ein einziges Triumph- a e s ch r e i darüber, daß sich die Nationalsozialistische Arbeiterpartei nach der Entlastung Hitlers aus Landsberg wieder unabhängig gemacht habe von allen„Schurken und Verrätern", die im Jahre 1924 sich die Führung ange» maßt hätten. Bekanntlich führte damals General Ludendorff die Bewegung. Vermutlich gehört also auch er nach der Anschauung Essers zu diesen„Schurken und Ver- r ä t e r n". Selbstverständlich gibt dieser letzte und schärfste Konflikt der völkischen Bewegung in Bayern den Rest. Die „Massen", die an das Führerpaar Hitler-Ludendorff in der Zeit der Inflation und der tiefsten Not glaubten, haben sich schon längst verlaufen. Ludendorss wird seine„Operationsbasis" in Kürze wohl nach Pommern oder nach Mecklenburg verlegen müssen und Hitler wird Chefredakteur des„Miesbacher Anzeia-r" �-r Aus- schreier am„Oktoberfest "!
Kronprmzenparaöe. Vaterländische �ranenvereine in der�ront.— Tie Schulen aufmarschiert.— Ter Januschauer kommandiert deu Jungfrauenverein. Dl« Ostpreußenreise des ehemaligen Kronprinzen, die dieser unter Bruch seines Versprechens mit großem Tamtam unter. Nammen hat. wächst sich immer mehr zum Faschingsrummel aus. Man kann es der„Frau Kronprinzessin" wirklich nicht übel nehmen, wenn sie au» dem Gleichgewicht gerät und einen längeren Kuraufenthalt einschieben muß. nachdem sie— wie das„West. preußische Tageblatt" aus Deutsch-Eylau berichtet, den anstrengendsten Attacken auf ihre Gesundheit und ihren Witz durch langan- dauernde Paradeaufstellungen der Jungfrauen- vereine ausgesetzt war. Die Dame aus Oels erscheint in einem„schlichten weißen Seiden- kleid". Sie drückt jeder der erschienenen Damen 0) die Hand. Sie freut sich, die„Damen beider christlichen Konsessionen begrüßen zu können", in„ihrem Streben, im Geiste der seligen Kaiserin weiterzuarbeiten".(Was sagt Frau Hermine dazu?) Sie akzeptiert dann einen poetischen Erguß, der mit den schönen Worten schließt: „Es bindet uns das allerschönste Band, Das ist gar fest geknüpft für alle Zeiten: Die Hohenzollern und das Vaterland, Die bleiben eins— in alle Ewigkeiten!" Die„Huldigung" in Januschau aber schlug zweisrllos alle anderen Konkurrenzunternehmen aus dem Felde. Hier zog der ganze Kronprinzenoerein unter dem persönlichen Kommando des„Kammerherrn v. Oldenburg "„mit Schneidig- k« i t" vorbei. Stolz meldet das„Westpreußische Tageblatt" dazu: „Besonders fielen hierbei auch-zwei nette kleine Mädel auf. die exakt den Parademarsch mitmachten." Man soll den Leuten ihr Vergnügen lasten! Schützengilde, Kreiskriegerverein und Hausfrauenvcrein sollen die Beine schmeißen, so hoch es das Herz begehrt. Aber was haben die staatlichen Schulen der Republik mit dem privaten Besuchsrummel zu tun? Die„A l l e n st e i n e r Zeitung" berichtet hierüber au» L ö tz e n: „Wir bemerkten sämtliche Schulen, wobei zu bemerken ist, daß nur diejenigen Kinder daran teilnehmen durften denen die Eltern die Erlaubnis dazu ausdrücklich erteilten hatten." Der preußische Kul tusminister wird Sorge zu tragen haben, daß dieser Mißbrauch von Schulkindern zu mon- archistischen Schoustellungen in Lätzen von den Schulleitern auch disziplinarisch verantwortet wird. Oder soll es ungesühnt bleiben. wenn die staatlichen Schulen zu offenen Demonstrationen gegen die Republik mißbraucht werden?
Veutschöfterreichischer Sesuch. ZeitungSlente von drüben in Verli«. Heute mittag sind die 50 deutschösterreichischen Journalisten tn«erlin eingetroffen, die sich seit etwa 10 Tagen auf einer Rund- fahrt durch das Reich befinden. Sie ist vom Reichsverband der deutschen Preste als Erwiderung auf die reichrdeutsche Journalisten- fahrt durch Deutschösterreich vom September 1921 veranstaltet, die allen ihren Teilnehmern unvergeßlich bleibt ob der Herzlichkeit, die man ihnen drüben entgegenbrachte. So sind aber auch die Deutsch . östmeicher jetzt im Reich« empfangen worden und solche Begrüßung . und Aufnahme finden hüben und drüben olle friedlichen Reise- gesellschasten au» den beiden deutscken Republiken, die nichts anderes mehr voneinander trennt als die Aeußerlichteiten von Grenzzeichen, Staatsfarben. Geldbezcichnungen und solcher Kleinigkeiten mehr. Im übrigen aber: Reichsdeutsche und Deutschösterreicher, wo immer sie zusammenkommen, sie brauchen nicht viel zu reden und ver- stehen sich sofort!_ Dl« Nwulfche Reglemna war aus innerpolitischen Gründen zu- rückgetreten. Sesmpräsldent Vystra ist nun zum Ministerpräsi- deuten und Außenminister ernannt worden.
wanüernöe Staöt. Sie liegt dicht am Freibad Wannsee, ein einfacher Drahtzaun spielt die Rolle der Stadtmauer, sie bildet ein Reich für sich, in das Unbefugte keinen Eintritt finden. Viele Wandlungen hat diese kleine Stadt durchgemacht bis sie ihr heutiges Aussehen gewann, oft sind die kleinen Häuschen umgestellt worden, haben ihren Platz wechseln müssen, weil die hochoermögenden Behörden niemals mit ihrem Standort einverstanden waren, bald war es die Forstbehörde, bald der Kreis, bald der Fiskus, der Einspruch erhob. Auch heute ist die kleine Stadt der Wannseeaten noch nicht zur Ruhe gekom- men, einige Häuschen stehen auf problematischem Gebiet und müssen im nächsten Frühjahr unbedingt aus neutralen Boden verpflanzt werde». Dann wird der Boden für die neue Stadt vorbereitet. Kräftige Hände befreien die Holzhäuschen aus der Erde, an zwanzig Männer packen an und tragen eins nach dem anderen auf seinen neuen Fleck. Bald sind sie wieder verankert, Blumenerde wird um sie herumgeschichtet, und endlich wächst auf kahlem Strande wieder neues Grün. So hat diese Stadt wohl schon ein halbes Dutzend Wanderungen überstanden. Bald waren 60 Häuser, bald nur 10 zu versetzen, und immer noch stehen neue Wanderungen in Aussicht, weil die klugen Behörden sich über das Besitzrecht von Grund und Boden scheinbar nicht einigen können. Zuerst bestand die kleine Stadt nur aus Zelten, die den be- geisterten Freiluftmenschen bei schlechtem Wetter eine Zuflucht waren. Doch allmählich wurde aus der Zeltstadt die kleine Laubenstadt. Aber diese Sommersiedlung des„Vereins der Wannseeaten" hat wmig Aehnlichkeit mit anderen Garten- und Laubenkolonien, denn die Bewohner trieb nicht die Sehnsucht nach der eigenen Scholl« nach dem eigenen Garten hierher, sie wollten nur dem Master nahe sein, wollten in ihren freien Stunden in Gemeinschaft mit der Natur leben, wollten der Großstadt entfliehen. Und hier ist eine richtige kleine Siedlung entstanden, mit hüschen, schmalen Gäßchen, die sauber geharkt sind, mit einem öffentlichen Platz, und eine große Laube ist sogar feierlich zum Rathaus geweiht worden, denn die Menschen, die hier während des Sommers wohnen, haben sich eine eigene Ge- meindeverfossung gegeben. Der Vorstand des Vereins bildet gewister- maßen den Magistrat. Am wichtigsten ist die Brandkommission, sie wacht über Feuer und Licht, sie achtet darauf, daß die Feuerstelle genügend geschützt ist, ob auch der Petroleumkocher da steht wo er stehen muß, in einem kleinen Behälter, der mit Asbest umkleidet ist. Hier will man sich erholen, Sport treiben, auf kurze Zeit die Großstadt vergesten und seine Ruhe haben. Deswegen werden alle politischen Gegensätze ausgeschaltet. Man diskutiert hier über diese Fragen nicht, man vermeidet mit sicherem Taktgefühl Gespräche, die zu Spannungen führen könnten. Ende September wird die kleine Stadt einsam. Nur noch wenige Unentwegte halten aus, die anderen kommen nur am Sonn- tag zurück. Dann herrscht hier noch aus einige Stunden fröhliches Leben. Aber die Tage werden rauher, und auch die Mutigsten bleiben fort, dann liegt die kleine Stadt oerödet da.
Um öle Schulärzte im Sezirk Weöüin?. Die„mukigeu" Deulschnationalen. Die Sperre über nebenamtliche Schulärzte im Bezirksamt Wedding beschäftigte die gestrige Bezirksver- fammlung des Verwaltungsbezirks Wedding. Die sozialdemokratische Bezirksverordnetensraktion hatte angefragt, welche Gründe zu dieser Sperre Veranlassung gegeben hatten, welche die Standesver- tretung dex Aerztefchast ausgesprochen hatte. Namens des Bezirksamts legt« der Stadtrat folgendes dar: Das Bezirksamt hatte Grund, die Derträae mit zwei nebenamtlichen Schulärzten nicht wieder zu erneuern. Der eine Herr befindet sich im 6 8. Lebensjahr« und ist den großen Ansprüchen, die der schulärztliche Dienst an ihn stellt, offenbar nicht mehr gewachsen. Als er im März d. I. gebeten wurde, gelegentlich der Gesundheitswoche einige aufklärende Vorträge vor den Schülern der oberen Klassen seiner Schulen zu halten, antwortete er wörllich:„Teile hierdurch ergebenst mit, daß ich Vorträge in den Schulen abzuhalten ab- l e hn e n muß. Ich leide seit längerer Zeit an Magen- und Leber- störungen, die mich mitgenommen haben, so daß meine Kraft durch die erhöhten Anforderungen der Schulen sowie der Prioatpraxis völlig absorbiert ist." Auch geistig war der betreffende Herr dem schulärztlichen Dienst nicht mehr voll gewachsen. Seine Sprech- stunden waren schlecht besucht im Gegensatz zu seinem Nachfolger, dessen Sprechstunden überfüllt waren. Der zweite nebenamtliche Schularzt war nur aushilfsweise beschäftigt. Seine Tätigkeit hat mehrfach die notwendige Gründlichkeit vermissen lasten, er hat auch sonst gezeiqt. daß ein V e r t r a u e n s v e r h ä l t n i s zwischen ihm und dem Bezirksamt nicht herzu st ellen war. Oesfcntlich hat er sich über M i ß st ä n d e in der Säuglingssürsorge und in der Tuberkulosensürsorge ausgesprochen. Aufgefordert, sein Material dem Bezirksamt zum Zwecke der Abstellung der Mißstände zur Verfügung zu stellen, hat er zunächst sich dahin geäußert, daß er erst noch „M a t e r i o l sammele" und wiederholt an die Uebcrgabe des Materials erinnert, dem Bezirksamt überhaupt keine Antwort erteilt. Die Standesvertretung der Aerzteschatt hat die Sperre ver- hängt, ohne an das Dezirksamt irgendwelche Forderungen zu stellen und ohne auch nur verhandelt zu haben. Eine Be- sprechung, die vor einigen Wochen mit dem Vertreter der Aerzteschast erfolgte, hat ergeben, daß selbst die Standesvertretung die Forderung auf eine Einstellung der Entlassenen nicht erhebt. Das ist auch deshalb nicht möglich, weil dos Bezirksamt hauptamtliche Schulärzte einstellen will und noch weitere nebenamtliche Schul- Srzte entlasten muß. Die darauf folgende Besvrechung der Anfrage führte zu einer Verurteilung der Maßnahmen der ärztlichen Standesvertretung und schloß mit der Annahme einer Ent- schließung, in der die Maßnahme des Bezirksamts voll inhaltlich gebilligt wird. Die D e u t s ch n a t i o n a l e n, die auch in der Stadtverordnetenversammlung eine gleiche Anfrage eingereicht haben, spielten eine recht k l ä g l i ch e R o l l e. Sie hatten nicht den Mut gefunden, ihre Anfrage in der Bezirksversammlung zu stellen, wo sie Aug in Auge hätten Antwort bekommen können, sondern sie flüchteten sich damit in die Stadtverordneten versamm- l u-tM». wo sie glauben, einen besteren Boden für ihre aus rein v o Nt ischen'Gründen entsprossene Anfrage zu finden. Hoffentlich erhalten sie auch hier die nötige Reinigung. Jever avf dem Güterbahnhof Tempelhof . Wegen eines sehr gefährlichen und weithin sichtbaren Feuers wurde in der letzten Nacht die Berliner Feuerwehr innerhalb von 13 Minuten nicht weniger als siebenmal alarmiert. Sogar Neuköllner»nd Mariendorfer Feuerwachen wurden alarmiert. Auf dem Güterbahnhof in Tempclbof standen zwei Loren mit Fourage vollständig in Flammen. Diese gefährdeten den Eisen- bahnverkehr. Haushoch schlugen die Flammen und weithin sprüh- ten die Funken. Der in großer Stärke erschienenen Wehr gelang e« zum Glück,«ine weitere Ausdehnung des Feuers zu verhüten. Die beiden Ladungen waren nicht mehr zu retten. Angeblich soll das Feuer durch F u n k e n i l u g entstanden sein. Ein Fabrik- brond beschäftigte die Wehr abends in der R i t t e est r a ß e 75, wo ein Raum vollständig ausgebrannt ist. Der Bilderdiebstahl im Schlaf} Niederschönhause«. Zu dem Gemäldediebstahl in Niederschönhausen wird gemeldet, daß der Dieb gestern versucht hat, in mehreren Geschäften Unter den Linden seine Beute zu Geld zu machen. Er erzählte überall, daß er ein Kaufmann, aber schon 3 Jahre ohne Stellung sei. Nach und
nach habe er seinen Besitz veräußern müssen,»nd jetzt wolle er auch seine Gemälde verkaufen, da er nicht wisse, wie er sich sonst nach Geld verschaffen könne. Erst nachdem der junge Mann längst weg- gegangen war, erfuhren die Kunsthändler von dem Diebstahl und benachrichtigten die Kriminalpoliz}!. Der Dieb ist etwa 24 bis 26 Jahre alt, 1,75 bis 1,80 Meter groß, hat ein glattrasiertes Ge- ficht, macht den Eindruck eines gebildeten Mannes, trug einen tauben- grauen Mantel und Anzug, ein lila Hemd und wahrscheinlich einen weichen Hut. Er spricht westpreuhisthe Mundart. In einem Ge- schäst erbat und erhielt er 20 Pf. für die Straßenbahn. Wahrschein- lich wird er jetzt die Gemälde an anderen Stellen zum Kauf an- bieten. Mitteilungen über fein Auftauchen an Kriminalkommistor Trettin im Zimmer 103 des Polizeipräsidiums.
Die temperamentvollen Schwestern. Nötigung und Körperverletzung. Die Geschwister C. sind Inhaberinnen eines Lampengeschästcs in der Kantstraße. Schon vor einem Jahre hatten die beiden Damen recht heftig mit finanziellen Sorgen zu kämpfen, ihr Unter- nehmen stand fast vor dem Konkurs. Durch die Unachtsamkeit ihres Laufburschen wurden die Schwestern dann auch noch um eine kleinere Summe geschädigt und gerieten dadurch so in Zorn, daß sie sich zu einer Nötigung und Körperverletzung hin- reißen ließen. Bor dem Schöffengericht wurden beide deswegen zu einer Geldstrafe von je 500 M. verurteilt. Jetzt fand vor der Strafkainmer des Landgerichts III die Be- rufungsverhandlung statt. Noch einmal wurde von den Borgängen gefprochen, die vor ungefähr einem Jahr zu den unan- genehmen Folgen führten. Der Laufbursche sollte eines Nachmittags 9 5 Mark einkassieren, kam aber erst des Abends wieder nach Haufe, lieferte aber weder das Geld ab, noch ließ er ein Wort darüber verlauten. Am nächsten Morgen durchsucht er vergeblich alle Taschen, das abgehobene Geld ist verschwunden. Der Junge erzählt endlich, er wäre auf dem Rückweg über den Weihnachtsmaxtt gegangen. Nun fei es sehr gut möglich, daß er die 95 Mark entweder verloren habe, oder daß sie ihm gestohlen worden wären. Vom nächsten Tage an läßt er sich dann gar nicht mehr sehen, sendet aber seine damals 18jährige Schwester, die ihn entschuldigen und gleichzeitig erklären soll, daß er das Geld verloren habe. Die Ge- fchwifter C. sollen nun unter fortwährenden Schimpfworten wie Diebe und Mitschuldige auf das junge Mädchen eingestürmt fein und sie sofort geschlagen haben. Außerdem rissen sie ihr noch den Mantel vom Leibe, um ihn für das verlorene Geld einzubehalten. Nun wurde auch die Schwester des Jungen wütend und soll gesägt haben:„So etwas kann einem natürlich nur bei Juden passieren, die ja die Christen bloß ausnützen!" Die ange- klagten Schwestern behaupten, erst nach dieser Bemerkung hätten sie auf das Mädchen eingeschlagen und ihr den Mantel entrissen. Schon am nächsten Tage wären die Löhne fällig gewesen, dann hätten sie auch die anderen Widerwärtigkeiten vollends kopflos gemacht, sonst wäre dies Alles nicht vorgekommen. Das Gericht lieh diese Ein- wände insofern gelten, als es die Gesamtstrafe aus 150 Mark erniedrigte, und zwar 100 Mark wegen der Nötigung und 50 Mark für die Körperverletzung.
Zu der Tragödie in der Aukodroschke wird mitgeteilt, daß jetzt auch die Person der Dame festgestellt ist. Es ist die Frau des be- konnten Tiermalers Kuhnert. Sfe liegt im Krankenhause noch vernehmungsunfähig darnieder. An ihrem Aufkommen wird nach wie vor gezweifelt. Die Charlottenburger Kriminalpolizei hat durch den Erkennungsdienst den Befund im Wagen photographisch aus- nehmen lasten. Die Frage, ob Frau K. den Freiherrn von Krane oder dieser sich selbst erschossen hat, kann mit Bestimmtheit noch nicht beantwortet werden, ebensowenig, ob die beiden im Einverständnis miteinander gehandelt haben... wegen eine? kestelexploflon wurde am Mittwoch die Feuer- wehr nach der L a ck f a b r i k von W a r m b r u n n u. Co. w der Erasmus st raßetz in Charlottenburg gerufen, wo Lacke in Brand geraten waren und zwei Arbeiter so schwere Derletzungcy im Gesicht und on den Händen erlitten hatten, daß sie unverzüglich nach einem Krankenhaus gebracht werden mußten. Die Flammen konnten auf ihren Herd beschränkt werden. Pädagogische Bildspielgemeinde im 20. Bezirk(E. 15.). Herne abend 8 Uhr in der Aula der Schule 5u, Reinickendorf Wetz. Auguste-Bittoria-Allee 37, Vortrag mit Lichtbildern des Genosten Dr. M. H o d a n n„Mit Rucksack und Zelt von Aachen bis Afrika ". Gäste willkommen. Unkostenbeitrag 30 Pf.. Tabelle zum Ablesen des Steuerabzugs vom Arbeitslohn. Die im Reichsfinanzministerium ausgearbeitete Tabelle zum Ablesen des Steuerabzugs von: Arbeitslohn ist nunmehr fertiggestellt und kann durch die Reichsdrnckerei in Berlin bezogen werden. Die Tabelle ist getrennt, nämlich erstens für zweistündliche und tägliche Entlohnung, zweitens für wöchentliche Entlohnung, drittens für monatliche Entlohnung aufgestellt. Jede Tabelle kann für sich be- zogen werden. Der Preis der Tabelle für zweistündliche und tag- liche Entlohnung beträgt 0,25 RM., der für wöchentliche Entlohnung 0,50 RM. und der für monatliche Entlohnung 0,25 RM. Bei Ab- nahm« von mehr als 100 Stück ermäßigt sich der Preis nach Ver- einbarung mit der Reichsdruckerei. Die Zusendung der bestellten Stücke erfolgt, soweit nicht der Betrag im voraus auf das Postscheck- konto Nr. 4 der Reichsdruckerei Berlin NW 7 eingezahlt ist, durch Nochnahm« zuzüglich der Portokosten.
Schweres Schiffsunglück auf öer Weser. Fünf Seeleute erlrunkea. Bremen , 24. September. (TU.) Mittwoch abend gegen 11 Uhr ereignete sich auf der Weser bei Begefack, in der Nähe der Button- werft, ein schwerer Da in pfer unfall. Der 7000 Tonnen große Dampfer„Bogtland" der Hamburg -Amcrika-Linie, der von dem Lloydschlepper„Wega" geschleppt wurde, geriet auf Grund und drückte dabei so stark den Schleppdampfer, daß dieser zum Kentern gebracht wurde. Der Schleppdampfer sank so- kort. Fünf Mann der Besatzung sind ertrunken. Der Dampfer Vogtland wurde nach 2 Stunden wieder flott und kann»' seine Fahrt fortsetzen.__ Der Morü an profeffor Rosen. Eröffnung der Voruntersuchung. Breslau . 24. September. (WTB.) Wie von zuständiger Seile mitgeteilt wird, hat der Untersuchungsrichter gegen drei hiesige Unterfuchungsgefangene, nämlich die Arbeiter Paul H a n t k e. Erich Ramminger und Alois Fleischer die Voruntersuchung eröffnet, da sie unter dem Verdacht stehen, an der Ermordung des Profesiors Rosen und des Schuhmacher» Stock beteiligt zu sein. Alle drei sitzen wegen einer anderen Sache im hiesigen Unter- juchungsgeföngnis. Hantke ist erst kürzlich aus dem Zuchthaus in Görlitz , wo er eine längere Strafe zu verbüßen hatte, ausgebrochen. Di« Voruntersuchung gegen Fleischer ist auf eine frühere Selbit- bezichtigung, die er später zurückgezogen hat, zurückzuführen. Grostfcuer in aller Welt. Siegen. 24. September. (WTB.) In Niederfischbach brannten die Weizenmühle»nd das Getreidelagcr der Firma Martin Becker völlig nieder. Sämtliche Getreidevorräte sind vernichtet. Der Schaden ist sehr beträchtlich. Die Entstedungsurfache ist wahrscheinlich auf Kurzschluß zurückzuführen. Der Betrieb ruht augenblicklich vollständig. Warschav, 24. September. (WTB.) In dem Dorfe Rokitna Sclacheckie brannten zweihundert Gebäude nieder. D?? Aerlust beträgt mehrere Millionen. Etwa sechzig Familien sind obdachlos.