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Nr. 141 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 71

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292–297.

Donnerstag, den 25. März 1926

Endergebnis: 12,5 Millionen.

Ein glänzender moralischer Nach den vorläufigen amtlichen Ermifflungen beträgt die Gesamtzahl der Eintragung für das Boltsbegehren

12 512 140.

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Sie

Das Ergebnis des Volksbegehrens steht fest. Ueber zwölfeinehalbe Million Deutscher 32 Proz. der Wahlbe­rechtigten im wahlfähigen Alter fordern ein Gejezz, das die deutschen   Fürstenhäuser enteignet. Sie fordern es als Antwort auf die Ansprüche der Fürstenhäuser. fordern es, weil der Reichstag   die Frage der Fürstenabfindung zu feiner befriedigenden Lösung zu führen verstand, weil die Rücksichtnahme auf monarchistische Stimmungen in der bürger­lichen Mehrheit des Reichstags über die Rücksicht auf den Willen des Volkes ging. Zwölfeinehalbe Million Eintragungen für das Bolts: begehren das ist eine weltgeschichtliche moralische Berur­teilung der deutschen   Fürstenhäuser. Die Revolution hat sie entthront das Boltsbegehren ist ein Gericht über sie. Sie haben von dem schwer leidenden deutschen   Volke Milliarden gefordert das Bolk hat sich erhoben und ihnen eine Ant­wort gegeben, die die ganze Welt hört. Die deutschen   Fürsten­häuser haben es für gut gehalten, angesichts der ganzen Welt mit dem Boll einen Streit zu entfachen um Geld sie haben jezt die Antwort. Der Monarchismus liegt am Boden.

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Run ist es die Pflicht der Regierung, den Gesetzentwurf, der dem Boltsbegehren zugrunde lag, dem Reichstag zu über geben und selbst dazu Stellung zu nehmen. In die Ver­handlungen des Rechtsausschusses des Reichstags über das Fürstentompromiß der Regierungsparteien hat das Ergebnis des Boltsbegehrens gewetterleuchtet. Die Regierungsparteien, und auch die Deutschnationalen, find betroffen. Die Regierung aber nimmt sich Zeit. Das Ergebnis des Volksbegehrens ist für sie eine ernste Mahnung!

-w

Das Volksbegehren war ein voller Erfolg. Bier Millio­nen Einzeichnungen waren erforderlich, um die Vorlage des Gesetzentwurfs an den Reichstag zu erzwingen mehr als dreimal soviel Einzeichnungen sind erfolgt. Die letzte große Entscheidung aber fällt in der Abstimmung des ganzen Volkes, im Boltsentscheid. Wird das Gesetz über die Fürsten­enteignung als verfassungsänderndes Gesetz bezeichnet, so sind 20 Millonen Stimmen nötig, um die Vorlage zum Gesez zu

Sieg der Sache des Volkes!

erheben. 20 Millionen Stimmen! Die ganze Volks­bewegung muß in der Zeit, in der der Reichstag   berät, ge­waltig an Umfang und Tiefe gewinnen, um dies Ziel zu er­reichen.

Die Arbeit ist nicht zu Ende Wir nehmen sie auf in der Zuversicht, daß der Volksentscheid sie beginnt erst recht! ein noch größerer moralischer Sieg der Sache des Volkes werden wird als das Boltsbegehren.

Die Einzeichnungen im Reich.

Die Statistit der Eintragungen spricht eine flare Sprache. Am größten war der Erfolg im demokratischen Süddeutschland. in Baden und in Württemberg  . In Baden   184,8 Proz. der Stimmen, die bei der Reichstagswahl am Baden 184,8 Proz. der Stimmen, die bei der Reichstagswahl am 7. Dezember auf Sozialdemokraten, Kommunisten und Unabhängige entfielen, in Württemberg  . 142,9 Proz.

Neben dem demokratischen Süddeutschland   hat das Bolks­begehren in den großen Industriegebieten die weitesten Bevölkerungsschichten erfaßt: In Groß- Berlin 145,9 Proz. der Stimmen vom 7. Dezember, in Hamburg   133,8 Proz. und in Sachsen   124,2 Broz. Das dritte Gebiet, in dem das Voltsbegehren über Erwarten glänzend ausgefallen ist, ist der Westen, in dem ein sehr großer Teil der Arbeiterschaft zum 3entrum gehört: Köln   Aachen   158,3 Proz., Koblenz  - Trier   144,2 Broz, Düsseldorf   Oft 143,5 Proz. Oppeln   144,1 Proz. der Stimmen vom 7. Dezember. Eine ernste Mahnung für das Benirum!

Die Eintragungen sind hinter der Stimmenzahl vom 7. Dezem ber zurüdgeblieben in den Wahlkreisen: Ostpreußen  , Pom­ mern  , Magdeburg  , Weser- Ems  , Osthannover, Oberbayern  - Schwaben  , Niederbayern  , Franken und Mecklenburg  . In diesen vorwiegend agrarischen Bezirken hat die Oeffentlichkeit der Eintragung und der Terror der Agrarier sicher viele von der Eintragung zurück geschreckt. Eine tabellarische Uebersicht über das Ergebnis des Boltsentscheids im Reich veröffentlichen wir auf Seite 3.

Die letzten vier Wahlkreise.

Die Resultate aus den letzten vier Wahlkreisen find folgende: Ostpreußen   165 774, Niederbayern   61 822, Medien­burg 159 429 und Hamburg   395 856.

Das Urteil im Matteotti  - Prozeß.

Zuchthausstrafen- aber gleichzeitige Freilassung.

Chieti  , 24. März.( EP.) Abends 6.30 Uhr wurde im Pro­zez Matteotti das Urteil gefällt. Das Verdikt der Geschworenen bejagt, die Angeklagten Dumini, Bolpi und poveromo fcien des unbeabsichtigten Toffchlags unter Anerkennung mildernder Umstände schuldig zu sprechen, während für die Ange­flagten Biolo und malacria die Geschworenen die Teilnahme

an der Tat verneinen.

Der Staatsanwalt verlangte darauf Berurteilung der ver­antwortlich befundenen drei Angeklagten zu zwölf Jahren Zuchthaus, die unter Anrechnung der Amnestie auf 5 Jahre 11 Monate verfürzt wurden. Die Berteidigung verlangte

die Anwendung des Strafminimums.

Präsident Danza verkündete dann folgendes Urteil: Die von den Geschworenen schuldig befundenen Angeklagten Dumini, Volpi und poveromo werden zu fünf Jahren, elf Monaten und zwanzig Tagen 3uchthaus, bei Ent­ziehung der öffentlichen Rechte verurteilt und die beiden Angeklagten Biolo und Malacria freigesprochen. Da von der ver­hängten Strafe vier Jahre durch die Amnestie und die Unter suchungshaft abgezogen werden, werden alle Angeklagten sofort freigelaffen

.

Selbst die sorgfältig durchgefiebten Geschworenen haben es also nicht gewagt, den tollen Dreiftigkeiten Farinaccis und der sämtlichen Verteidiger zu folgen, von denen der eine in feinem Plädoyer folgende Bersion zum besten gab: Ein Rud des Automobils hätte den gezückten Dolch in die Brust Matte­ottis gestoßen!! Ein anderer gab als Todesursache eine Magen­blutung an, hervorgerufen durch einen Fauftschlag. Ein Dritter hatte die Schamlosigkeit zu sagen, der Tod Matteottis fei vom Schicksal, d. h. von Gott felbst gewollt"!!

Aber die relativ schweren Zuchthausstrafen, die beantragt

und jene, etwas milderen, die verkündet wurden, waren nur eine zynische Komödie, da die Angeklagten sämtlich frei gelassen wurden. Das war auch der Hauptzweck der schon vor Monaten verkündeten Amnestie.

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Jrrwege der Agrarpolitik.

Haslindes Programm.

Wenn irgendwann, so hatte man bei der gestrigen Etat­rede des Reichsministers für Landwirtschaft und angeblich auch für Ernährung den Eindruck, wie unge­heuer stumpfsinnig und geistlos die Maschinerie der Regierung arbeitet, wenn sie sich nicht auf große politische und wirt­schaftliche Leitgedanken stüzt. Mit heller Freude nahm die Deutsche Tageszeitung" das Programm auf. Wenn das Benfur Eins verleiht und nur deshalb ein Fragezeichen da­Organ des Reichslandbundes dem Minister des Zentrums die hinterjetzt, weil es sich der Undurchführbarkeit der artiger Forderungen selbst bewußt ist, so ist das ein Zeugnis, das der Regierung nicht viel Ehre macht. Das Agrarierorgan hat durchaus recht, wenn es feststellt, daß die Rede des Herrn Haslinde in trassem Gegensatz zu den wirtschafts- und handelspolitischen Ausführungen des volks­parteilichen Wirtschaftsministers Dr. Curtius stand. Es spielt dabei keine große Rolle, wer von den beiden Minister­follegen mehr, wer weniger recht hat. Daß aber das Land­wirtschaftsressort der Reichsregierung vor aller Deffentlichkeit Hott schreit, wenn das wirtschaftspolitische Ressort zu rufen sich verpflichtet fühlt, das fennzeichnet geradezu das Niveau einer Minderheitsregierung, deren Leiter noch nicht einmal start genug ist, um die tollsten Meinungsgegensäge in seinem Kabinett zu überbrücken und wenigstens nach außen hin eine einheitliche Meinung zu den großen Wirt­schaftsfragen vertreten laffen zu können.

Mit Recht hatte Dr. Curtius die Notwendigkeit von Handelsverträgen betont. Wie soll die deutsche Produktion ihren Play an der Sonne des Weltmarktes wiedergewinnen, wenn es ihr nicht gelingt, mit dem Ausland in geregelte Handelsbeziehungen zu kommen? Man weiß, daß an dem Scheitern der bisherigen Handelsvertragsverhandlungen die eigenfüchtigen und demagogischen Forderungen des Reichs­landbundes ein gerüttelt Maß von Schuld tragen. Herrn Haslinde ist jedoch die geringe Menge von Abstrichen, die man bisher von den deutschen   Hochschutzöllen gemacht hat, schon zuviel. Darum macht er sich alle klagen der Agrarier zu eigen, die sich auf die Vernachlässigung des Beinbaues, des Obst, Gemüse- und Gartenbaues und auf die angeblich Betonung agrardemagogischer Interessen setzt er sich sogar in so niedrigen Getreidezölle beziehen. Und mit dieser starken schroffen Widerspruch zu den Ausführungen, die man auch Don Luther und Stresemann wiederholt hören konnte und in denen immer wieder von der Notwendigkeit einer aktiven Handelspolitik die Rede war.

Es gibt keinen Jrrweg in der Agrarpolitik, den Haslinde nicht sorgfältig abgeschritten wäre. Genosse Robert Schmidt hatte es leicht, derartiger unfachlicher Beweisführung entgegen zutreten. Er tat es mit einem Nachdruck, der begreiflicherweise die deutschnationalen Agrarier nicht gerade erfreute, der aber der Regierung doch zeigen konnte, daß außer der landwirtschaftlichen Bevölkerung immerhin noch andere Leute leben, die von der Landwirtschaft etwas zu erwarten haben und die deshalb eine Agrarpolitik zur Höherfüh rung der gesamten Wolfswirtschaft verlangen. Der Minister verlangt zur Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion" höhere Zölle und eine noch weitergehende Ausschaltung der Konkurrenz, als sie sein Vor­gänger, Graf Kaniz, durchgesetzt hat. Er verlangt mit anderen Worten höhere Preise. Unter Intensivierung der Pro­Im übrigen ist nicht die Tatsache, daß die Mörder sich duktion versteht man allerdings außerhalb des Reichslandwirt­wieder frei bewegen fömmen, das Empörendste, denn sie waren schaftsministeriums etwas anderes als hohe Preise. Man ver­schließlich nur Werkzeuge. Der Hauptschuldige, der Ansteht darunter eine Steigerung der Leistungsfähigkeit mit dem stifter des Mordes ist überhaupt nicht verfolgt worden. Die Biele, die Erzeugungskosten des Produkts zu senken, um bei ganze Welt weiß, wie er heißt, zumal seine wichtigsten Kom- gleichbleibenden und selbst bei sintenden Preisen einen plicen, Roffi und Filipelli seine Blutschuld bezeugt haben: es höheren Roh- und Reinertrag zu erzielen. Hierzu und die Tatsache, daß dieser Mann nicht nur straffrei ausgeht, find ihr alle Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, und hierzu ist der italienische Ministerpräsident Benito Mussolini   muß die deutsche Landwirtschaft fähig gemacht werden, hierzu sondern sogar ein großes Land regieren darf, ist eine Schande, ist selbst die Verbraucherschaft bereit, weitgehende Opfer zu die die ganze Kulturwelt empfindet. bringen, weil man weiß, daß die Opfer der Gegenwart sich in einer höheren Leistung für die Gesamtwirtschaft und in einer Steigerung des Wohlstandes der Gesamtheit in der Zukunft auswirken müssen. Hierzu hat auch Genosse Robert Schmidt ganz konkrete Borschläge gemacht. Die Weis­heit des Herrn Haslinde aber erschöpft sich in einer leeren Formel, deren praftische Anwendung der Landwirtschaft und den Verbrauchern gleich verderblich ist. Nicht wir halten die Gesamtheit der werktätigen Landwirtschaft für so unfähig, daß wir glauben fönnten, nur mit Preissteigerungen sei ihnen zu helfen. Mindestens hätte der Minister, der in einer licht­vollen Anwandlung forderte, daß die Spanne zwischen den Preisen der Industrieprodukte und denen der Landwirtschaft gemindert werden müsse, sich auch die Forderung der großen Berbrauchermassen erinnern fönnen, daß die in­dustriellen Schußzölle des Abbaues bedürfen. Statt dessen verweigerte der Minister jedes Eingehen auf die Nöte der großen Verbrauchermassen. Her auf mit den Preisen das war das einzige Rezept, ein ruhmloses Ueberbleibsel der großen Preis a b b au propaganda, mit der

Neue Krisengefahr in Paris  . Das Pfund 140 Franken.

Paris  , 24. März.( Eigener Drahtbericht.) Die Finanzkommission der Kanimer wird erst am Donnerstag die Beratung über die Finanzvorlage Berets beginnen. Man ist gegenwärtig auf der Suche nach einem Kompromiß. Die Stimmung in den parlamentari schen Kreisen ist vorläufig noch außerst gespannt. Die Börse scheint die Aussichten Berets ebenfalls nicht allzu hoch zu veran schlagen. Sie befürchtet offenbar eine neue Ministertrife und damit eine neue Inflation. Die Franfenbaiffe hat in den letzten zwei Tagen bereits erhebliche Fortschritte gemacht, so daß die Kurse für fremde Devisen an der Pariser Börse eine neue Rekordhöhe erreicht haben. Die Bewegung ist zwar ursprünglich von Paris   ausgegangen, gegenwärtig aber gehen London   und New York   voran, indem sie beträchtliche Frantenbestände abstoßen. Das Pfund, das am Vorabend des Rücktritts Briands vor etwa 2% Wochen mit rumb 130 notierte, hat jest fa ft 140 erreicht.

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