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Donnerstag
3. Juni 1926
Unterhaltung und Wissen
Die Pfeife von Saloniki.
Izok dankte dem Vater für das Blatt mit der sorgfältig von der Hand Eleasar ben Elias dazu geschriebenen Ueberlegung und sagte: „ Nach meiner Meinung hast du die holländische Sprache nicht vergeblich erlernt. Das Del märe ohnedies verbrannt und deine Augen wären ohnedies verdorben, denn dem Dele geziemt es, zu verbrennen und den Augen, mit den Jahren zu verderben. Auf jeden Fall hast du mich gelehrt, wie große Edelsteine zu schleifen find. Wer weiß, vielleicht finde ich ein weiteres Blatt, auf dem geschrieben steht, wie man diese Steine findet, und ich werde dann am reidften Kaufmann Salonitis." Joschua erzählte mir, daß Szof tatsächlich reich geworden ist. Allerdings hat er fein Trattat gefunden, aus dem hervorging, wie man Diamanten findet, aber offenbar haben andere von ihm durchlesene Folianten die Lehre des Baters ergänzt, da er eine Werkstatt falscher Brillanten eröffnete. Sein Geschäft geht glänzend, und sein Gewissen ist rein, denn wenn auch im Talmud Falschmünzer verdammt sind, so ist doch nirgends etwas gefagt über diejenigen, die ehrlich falsche Diamanten herstellen.
Nachdem er seine drei älteren Söhne abgefertigt und mit Belehrung und Erbschaft zufriedengestellt hatte, blieb Eleasar ben Elia allein mit seinem jüngsten Sohne zurück, der damals ein Dummer Knabe ohne bestimmte Beschäftigung war und der jetzt der geachteiste Althändler von Salonifi ist.„ Mein jüngster und geliebtester Sohn," begann Eleasar nachdrücklich, als du geboren murdest, war ich schon alt und weise. Ich gab mich weder der Wiffenschaft, noch der Fröhlichkeit, noch der Liebe mehr hin. Ich Tann fogar, nebenbei bemerkt, wenn ich es ernsthaft bedenke, trog eller meiner Weisheit nicht verstehen, wie es möglich war, daß du geboren wurdest. Ich hatte lange darüber nachgedacht, womit ich mich zunächst befassen sollte, womit ich die rauhen Waden deiner Mutter Rebeffa, die leere Flasche und die auf dem Kohlenbecken verbrannten Bücher ersehen sollte. Nachdenklich ging ich abends durch die Straßen und fah, wie auf den Schwellen ihrer Häuser Türken, Griechen und Juden saßen und lange Pfeifen rauchten, deren Köpfe den geöffneten Kelchen von Tulpen glichen. Ich hatte hon früher beobachtet, daß Leute, die sich der Liebe, der Luftigkeit, der Wissenschaft Hingeben, sehr bald ihrer Beschäftigung müde merden. Der Türfe faßt seine Scharomari zufammen und macht, daß er von einem Dußend der schönsten Frauen so schnell wie möglich fortkommt. Der Grieche, der seinen Kreterwein getrunken, gesungen und getanzt hat, legt sich in die Gosse und beginnt vor Erschöpftheit und vor Schmerzen sich zu winden. Der weiseste Hebräer nicht über dem Talmud ein. Offenbor stand die Pfeife über allen anderen Freuden, dennn nie ist jemand müde geworden, sie an den emig durstigen Mund zu führen. Als ich dahinter gefoinmen war, mein Sohn, verkaufte ich zum dritten- und legtenmal meine Hosen, die mir erit furz vorher Rebelka aus ihrem Hochzeitskleide gemacht hatte. Für die daraus erlösten zwei Biafter faufte ich mir eine aute Pfeife aus Levanteton mit einem Jasminstiel und einem Bernsteinkopf. Aber als ich sie zu Hause hatte und, nachdem ich ein Bedden Smyrnotabat entficgelt hatte, im Begriff mar, ein Stückchen Kohle in die Tulpenblüte zu legen, hielt die Stimme der Weisheit mich zurüd. Eleasar, sagte ich mir, hast du wirklich vergeblich Rebetta geliebloft, den Bauchtanz geübt und die Wurzeln des Holländischen studiert? Die in Brand gesteckte Pfeife wird sich als schlimmer erweisen als diese nie erprobte. Dummkopf, laß dein Glüd nicht im Rauche des Augenblides verfliegen! Seit jenem Tage nahm ich die vor den eifersüchtigen Blicken Rebektas sorgfältig gehütete schicksalsschwere Pfeife jeden Abend unter dem Bett hervor und berührte ehrfürchtig mit den Lippen den goldenen Bernstein . Eie erinnerte mich an die Sonne und an die Brustzipfel der herrlichen Frauen, die ich in den türkischen Badehäusern erblickt hatte, und die ein armer Jude im Wachen nicht zu sehen bekommt. Ich sog den Duft des Jasminholzes ein, und der Stiel schien weiße Blüten 3: treiben. Darauf fangen Nachtigallen, beffer als der geschicktefte Grieche. Die rote Erde erinnerte mich an die heilige Erde, in der die Knochen der Patriarchen und Propheten ruhen mit aller Weisheit, die größer ist als die der hebräischen und selbst der holländischen Bücher. So mar ich mit meiner Pfeife, ohne sie zu rauchen, glücklicher als alle Türfen, Griechen und Hebräer, die auf den Schwellen ihrer Häufer ihr ganzes Blid verständnislos in Affche fich verflüchtigen ließen. Mein Sohn, ich hinterlaffe dir diese feife, und ich flehe dich an, dente nicht daran, durch Feuer ihren fühlen mädchenhaften Leib zu verderben."
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Groß war der Unwillen des jungen Joschua, als er diese Rede gehört hatte.
Bater, hättest du nicht in die Pfeife geipudi mie ein Eunuche, fondern sie vernünftig geraudt, so hätte sie, derart durchgeraucht, jest einen Bert von wenigstens zehn Biaftern.".
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Joschua mar von stürmischer und leidenschaftlicher Gemütsart. Aufgebracht über den Berlust von acht Biastern, noch mehr aber über die Dummheit des Vaters, der fich als weise ausgab, ergriff er die Pfeife und schlug ihren Pfeifenkopf, der einer geöffneten Tulpe glich, Eleasar ben Elia um den Schädel. Entgegen der allgemeinen Ansicht, daß der Levanteton sich durch Berbrechlichkeit auszeichne, blieb die Pfeife heil, obgleich die Stirn des meijen Eleasar ben Elia für ihre eines Marmorblodes würdige Härte in Saloniki berühmt war. Dagegen schloß Eleasar furz danach für immer die durch das Lesen der holländischen Trattate verdorbenen Augen. Selbstverständlich haben damit Joschua und sein edler Unmille nichts zu schaffen gehabt. Wie aus dem Borangegangenen zu ersehen ist, war der Greis bereit gewesen, an Magenverstimmung zu sterben und er brachte dieses Vorhaben, nachdem er seine Belehrung beendigt hatte, zur Ausführung.
Joshua übrigens dachte in dieser Minute nicht weiter, weder über die juridische noch über die medizinische Aufklärung der unmittelbaren Todesursache Eleasar ben Elias nach, eilte in die Küche, entnahm dem Kohlenbecken ein Stückchen Kohle und machte fich eiligst daran, die geerbte Pfeife anzurauchen. Von dieser Zeit an hat er sich im Laufe von fünfzig Jahren nicht mehr von ihr getrennt. Da er fromm und gottesfürchtig war, untersuchte er späterhin seine Handlungsweise vor dem Tode feines Vaters und fand sie, überlegend, gottgefällig. Die Ehrung der Eltern bringt langes Leben, und da Joschua schon achtundfechzig Jahre alt gewesen und sich noch einer ausgezeichneten Gesundheit erfreut hatte, so mar es tlar, daß eine Nichtachtung feinerseits nicht vorgelegen hatte. Anderseits hatte Eleasar selbst vor seinem Tode Joschua angedeutet, daß die Ursachen seiner, Joschuas, Geburt unflar feien, so wie sich späterhin die Ursachen von des Baters Tod als unflar ermiesen Endlich maren Gebote und Gefege für den Gebrauch des Alltags gegeben und nicht für solche Ausnahmefälle wie die Vererbung einer
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Beilage des Vorwärts
Konflikt auf der Abrüstungskonferenz.
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nicht gerauchten Pfeife eines pseudomeisen Baters an seinen Sohn. und so rauchte Joschua seine Pfeife bis zum achtundsechzigsten Lebensjahre und verkaufte sie dann nur, weil er noch mindestens dreißig meitere Jahre zu leben hoffte und beschlossen hatte, eine zweite Pfeife durchzurauchen, von der ersten, die ihm zwei Lire reinen Gewinn eingebracht hatte, vollauf befriedigt.
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Sorgfältig bewahre ich die Pfeife Joschuas und rauche fie oft des Abends auf dem Diwan liegend, ohne fie jemals zu Ende rauchen zu können. Das erflärt sich nicht etwa durch ihre Geräumigkeit, sondern ausschließlich durch hohe geistige Erlebnisse. Jedesmal, wenn meine Lippen die Bernsteinspitze berühren, gedenke ich des elenden Daseins Eleasar ben Eilas, das zu spät durch die Lehre Jeschuas gekrönt wurde. Und ich beginne zu bedauern, nicht, was mein Leben enthalten hat, sondern das Biele, was hätte sein können und nicht gewesen ist. Bor meinen Augen beginnt es von Landkarten mir unbekannter Länder, von den verschiedenfarbigen Augen von mir nicht gefüßter Frauen und bunten Einbänden von mir nicht geschriebener Bücher zu flimmern. Und ich stürze an den Schreibtisch oder an die Tür. Da aber Reisen, Küssen oder Erzählungen schreiben mit einer so großen Pfeife, die an eine erschlossene Tulpenblüte erinnert, unmöglich ist, so bleibt sie liegen, faum durch den ersten Hauch erwärmt. Habe ich dann aber eine neue Stadt gesehen, wo die Menschen sich vermehren und sterben wie überall, oder eine Frau gefüßt, die anfangs Verse lieft, dann aber schnarchend einschläft, eine Erzählung geschrieben von einem halben Druckbogen mie tausend andere Erzählungen von Liebe oder Tod, von Weisheit oder Dummheit, fehre ich auf denselben durchgescheuerten Diman zurück und bedaure, daß ich nicht meine Pfeife zu Ende geraucht habe. So hatte ich für zwei türkische Lire einen Gegenstand erworben, der zwischen den Zähnen eines anderen eine Quelle der Seligkeit und Ruhe gebildet, in meinen aber zu einem Tantalusfeld) murde, der neben mir schäumte und doch niemals zu erreichen war.
Vom Pirol.
Er ist einer der farbenprächtigsten Bögel, der Pirol, den der Volksmund zum Pfingstvogel gemacht hat, denn sein Federkleid prangt in grelleuchtendem Gelb, während Schwanz und Flügeldecken tief schwarz glänzen. Aber er ist so scheu, daß er sich nur im dichtesten Laubgezweig der höchsten Bäume aufhält. Man bekommt ihn deshalb nur selten zu Gesicht, obwohl er mit Borliebe in der Nähe des Menschen lebt, besonders dann, wenn im Garten ein paar fruchtvolle Kirschbäume stehen. Seinen Namen Pfingstvogel trägt er deswegen mit Recht, weil er gewöhnlich erst im Laufe des Mai, also etwa um die Pfingstzeit, wieder bei uns eintrifft. Er scheut die Kälte, weshalb die Pfingstzeit, wieder bei uns eintrifft. Er scheut die Rälte, weshalb er auch schon im August, selbst wenn es noch so heiß ist, wieder fortzieht. Der gelbe Birol hat aber auch noch andere Namen, dar unter einige ganz feltfame. Der Zoologe nennt ihn feines gold glänzenden Gefiebers wegen Goldamsel oder Goldbroffel; im Bolt jedoch hat ihm hauptsächlich sein charakteris, her Ruf, der wunder volle Flötenpfiff, der sich in flangschöne Verschlingungen verliert, nerschiebene Namen gegeben. Schon ber Name Birol, wie auch die lateinische Bezeichnung„ oriolus, foll den Flötenton fennzeichnen, der fich ungefähr wie Beripiriol oder wie hüo- hüo" oder Bülom- bulom anhört. In Norddeutschland nennt man den Birol
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deshalb auch häufig den Bogel Bülom" oder scherzhaft Schulz von Bülow" oder„ Herr von Bülow". Luftige Recnamen, die sich auf seinen Pfiff beziehen, find ferner Bierefel“,„ Bierhahn" oder Bierholer", denn in Mitteldeutschland deutet man seinen Ruf als: Pfingsten, Bier holen, aussaufen, mehr holen!" oder ,, Bauer, dein Bier hol'!" Hest Du sopen( gefoffen), so betahl of!" hört der Mecklenburger aus dem Pfingstvogelruf oder auch Wo geiht de Bech nach Zülow?" und Sünd se vielleicht ut Bülow?" Außerdem heißt er auch Kirschvogel wegen seiner großen Borliebe für die füßen Früchte, die er gar zu gern anpidt.
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Auch in anderen Sprachen finden sich übrigens fennzeichnende Deutungen des Birolrufes. So erklärt der französische Birol, daß er die Kirschen liebe, die Nüsse aber verschmähe, oder daß er Gott feine Sünden betenne; der italienische fragt, ob die Feigen schon reif werden, und der koreanische Pirol feufzt nach der Geliebten. Hierzu feinen Ruf fogar antwortet, allerdings in fo häßlichen, frächzenden sei erwähnt, daß beim Liebeswerben des Pirols das Weibchen auf Tönen, daß sie in den melodiösen Ruf des Männchens recht unschön eingreifen.
Eines Kaifers Ansicht über das Duell sollte ja eigentlich als fompetent gelten fönnen. So fei hier ein Brief Kaiser Josephs II. problem ganz eindeutig löft: Herr General! Den Grafen K. und Don Desterreich aus dem Jahre 1771 veröffentlicht, der das Duellden Hauptmann W. Schicken Sie sogleich in Arrest. Der Graf ist aufbrausend, jung, von seiner Geburt und von falschen Ehrbegriffen eingenommen- Hauptmann B. ist ein alter Kriegstnecht, der jede Sache mit Degen und Bistolen berichtigen mill und welcher das Cartel des jungen Grafen sogleich mit Leidenschaft behandelte. Ich will und leide feinen 3weikampf bei meinem Heere, und verachte die Grundsäge Derjenigen, die ihn verteidigen, die ihn zu rechtfertigen suchen und sich mit faltem Blute durchbohren. Wenn ich Offiziere habe, die sich mit Bravour jeder feindlichen Gefahr blos geben, die bei jedem fich ereignenden Falle Muth, Tapferfeit und Entschloffenheit im Angriff und in der Bertheidigung zeigen, so Schäße ich sie hoch. Die Gleichgültigkeit, die sie bei solchen Gelegen heiten für den Tod äußern, dient ihrem Vaterlande und ihrer Ehre, zugleich. Wenn aber hierunter Männer seyn sollten, die Alles der Rache und dem Hasse gegen ihren Feind aufzuopfern bereit sind, so verachte ich dieselben: ich halte einen solchen Menschen für nichts befferes, als einen römischen Gladiator. Eine solche barbarische Gewohnheit, die dem Jahrhunderte der Tamerlane und Bajazete angemessen ist, und die oft so traurige Wirkungen auf einzelne Familien gehabt hat, will ich unterdrückt und bestraft wissen, und follte es mir die Hälfte meiner Offiziere rauben! Noch gibt es Menschen, die mit dem Charakter von Heldenmuth denjenigen eines guten Unterthanen vereinbaren; und es kann nur der seyn, welcher die Staatsgefeße verehrt. gez. Joseph.
Zwei Millionen Blinde. Mehr als 2 Millionen Blinde gibt es in der Welt nach den Schäßungen des Madrider Gelehrten Antonio Bas Hervas, der das Weltproblem der Blindheit in einem Aufsatz der Zeitschrift der Roten Kreuz- Bereine behandelt. Verschiedene zivilifierte Völker", schreibt er, haben es dahin gebracht, 50 Broz. ihrer Blinden eine Erziehung zu geben und 25 Broz. für nügliche Arbeit zu gewinnen. In vielen Ländern aber befinden sich die Blinden in einem Zustand trauriger Vernachläfftgung. Die Berhinderung der Blindheit ist nach den offiziellen medizinischen Statiftifen in mehr als 60 Proz. aller Fälle möglich, wenn die nötigen hygienischen und sozialen Maßnahmen getroffen werden, um die hauptsächlichen Ursachen des Erblindens zu bekämpfen."