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sämtlicher Anträge, damit der Reichstag   noch vor seinen Sommerferien zu einer Entscheidung fommt. Diesem Antrage wurde entsprochen: der Unterausschuß tagte unter dem Vorsitz des Genossen Aufhäuser und hat in vier Sizungen die ihm gestellte Aufgabe erledigt.

Der Unterausschuß ist zu einstimmigen Bor schlägen gekommen. Man sollte deshalb meinen, daß auch der Reichstag   zu einstimmigen Beschlüssen kommt. Die letzten Vorgänge im sozialen Ausschuß lassen jedoch den Verdacht aufkommen, daß Reichsregierung und bürgerliche Parteien nur Worte aber feine Taten für die Angestellten übrig haben. Die Regierungsvertreter haben erklärt, daß angesichts der prinzipiellen Bedeutung der Be­schlüsse des Unterausschusses das Reichskabinett dazu Stellung nehmen müsse. Ein geradezu toller Vorgang; denn seit vielen Monaten kennt die Regierung die Vorschläge, seit vielen Monaten versichert sie, der Not der Angestellten ihre ange­ſtrengteste Aufmerksamkeit zu schenken. Und die bürgerlichen Parteien? Sie wollen auch erst zu den weittragenden Be­schlüssen des Unterausschusses Stellung nehmen.

Die Sozialdemokratie erweist sich auch in diesem Falle als die einzige zuverlässige Vertreterin der Interessen der Angestellten. Das sollten sich insbesondere die Hunderttausen­den von Angestellten merken, die immer noch den bürgerlichen Parteien nachlaufen und sich durch eine geschickte Mache ein reden lassen, die Sozialdemokratie sei angestelltenfeindlich. Die Pflicht dieser Hunderttausenden ist es, aus ihrer Reserve herauszugehen und deutlich zu befunden, daß sie nicht daran denken, sich ein solch schändliches Spiel gefallen zu lassen. Was der Unterausschuß des Reichstags fordert, ist wirk­lich nicht weltbewegend.

Die Unternehmen und Verwaltungen des öffentlichen und privaten Rechts sollen verpflichtet sein, frei werdende Stellen bei einem öffentlichen oder sonstigen nichtgewerbsmäßigen Arbeitsnachweis anzumelden. Diese Unternehmen sollen weiter verpflichtet sein, von der Kündigung und Entlassung älterer Angestellten( über 40 Jahre) bei diesen Arbeitsnach weisstellen Anzeige zu erstatten.

Für eine durchgreifende und umfassende Arbeitsmarkt politik wäre Anmeldungs- und Benutzungs zwang forderlich. Der Unterausschuß geht leider nicht so weit.

Reform des Vereinsrechts.

Schutz gegen willkürliche Versammlungsverbote.

Der Rechtsausschuß des Reichstages beschäftigte sich heute mit der Schaffung von Rechtsgarantien gegen polizeiliche Uebergriffe auf dem Gebiete des Bersammlungsrechts. Das geltende Reichsrecht weist die unerträgliche Lüde auf, daß für den Fall des Verbots einer erst angekündigten Versammlung ( Präventivverbet) nicht überall in Deutschland   das Recht besteht,| Berwaltungsgerichte zur Nachprüfung solcher Verbote an­zurufen. Insbesondere in Bayern   und Hessen   fehlen solche Garantien. Die sozialdemokratische Fraktion hat daher beantragt, durch ein besonderes Gesetz für das ganze Reich festzulegen: das Verbot oder die Auflösung einer Versammlung fann im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens angefochten werden". Ministerialdirektor Brecht erhob für die Reichsregierung gegen diesen Vorschlag Bedenken, da man nicht aus der großen Materie des Vereins- und Bersammlungsrechts eine Teilfrage herausgreifen dürfe, sondern bis zur allgemeinen Reform des Versammlungsrechts warten solle. Genosse Rosenfeld machte dagegen geltend, daß bis zur Verabschiedung des Vereinsgesetzes noch zu lange Zeit ver. gehen würde und daß man einen einmal erkannten Mangel des geltenden Rechts sofort beseitigen müsse. Genossin fülf wies darauf hin, daß insbesondere das Münchener   Berbot einer Ber­fammlung, die sich mit dem Geburtenrüdgang beschäftigen sollte, Schleuniges Eingreifen des Gesetzgebers erforderlich mache. Die Deutschnationalen, das Zentrum und die Boltspartei ließen dagegen erklären, daß sie sich der Auffassung der Reichsregierung anschlössen. Bei der Abstimmung wurde der sozialdemokratische Antrag mit den Stimmen dieser bürgerlichen Parteien gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Demokraten, der Kommunisten und der Völkischen abgelehnt. Hoffentlich wird nunmehr das Plenum des Reichstages für die Reform des Bersammlungsrechts mehr Verständnis als der Ausschuß aufbringen.

Das Arbeitsgerichtsgeseh.

Beratung im sozialpolitischen Ausschuß des Reichstage. er= Der sozialpolitische Ausschuß des Reichstags hat am Mon­tag mit den Beratungen des Entwurfs über das Arbeitsge. richtsgesetz begonnen. Chiffrerichtsgeset Am ersten Tage schon versuchten die Rechtsparteien durch eine lange Generaldebatte die Erledi gung des Gefeßes wieder zu verschleppen. Abg. Thiel( D. Bp.) und Dr. Rademacher( Dnat.) waren bei diesen Obstruttions. biefes Berschleppungsmanöver und ließ durch den Abg. Auf reden besonders leistungsfähig. Die Sozialdemokratie durchkreuzte häuser erflären, baß fie an diesen Redeübungen fich nicht zu be teiligen beabsichtige. So fonnte wenigstens am zweiten Bera­tungstag der§ 1 des Entwurfs in Angriff genommen werden. Während die Regierungsvorlage selbständige Arbeitsgerichts­behörden vorsieht, steht an der Spize eines ven den Rechts par­leien eingebrachten Antrages folgender Grundsatz:

Für das vollständige Verbot der Chiffre anzeigen waren nur die Vertreter der SPD.   und KPD  . Die Haltung der bürgerlichen Angestelltenvertreter steht im Widerspruch zur Stellung ihrer Berbände, die vor einiger Zeit gemeinsam mit dem AfA.- Bund von der Reichsarbeitsverwaltung das vollständige Berbot von Chiffreanzeigen gefordert hatten. Nach den Beschlüssen des Unterausschusses soll eine Chiffreanzeige nur aufgenommen werden dürfen, wenn der Auftraggeber dem Verleger eine Be­scheinigung über die erfüllte Meldepflicht vorlegt.

Die Gerichtsbarkeit in Arbeitsfachen liegt den ordentlichen Gerichten ob."

Aehnlich wie bei den Schwerbeschädigten ist der Unter­ausschuß zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Verpflichtung zur Beschäftigung älterer Angestellten auszusprechen ist. Wer mindestens fünf Angestellte beschäftigt, ist gehalten, auf je fünf Angestellte einen Angestellten über 40 Jahre zu beschäf­tigen. Kommt der Arbeitgeber dieser Berpflichtung nicht nach, so hat der Vorsitzende des Landesamts für Arbeitsvermittlung die zwangsweise Einstellung zu veranlassen. Mit der Zustellung der Einstellungsverfügung gilt der Anstellungs pertrag als abgeschlossen. Der Arbeitgeber muß zur Durchhäuser( S03.) dahin charakterisierte, daß man im Begriff stehe, führung dieser Maßnahmen die nötigen Auskünfte geben.

Die Antragsteller wollen also die Arbeitsgerichte lediglich als eine Art Interabteilung bei den ordentlichen Gerichten gelten laffen. In der ausgedehnten Debatte brachte Abg. Lambach von den Deutschnationalen offen zum Ausdruck, daß man sich bei seinen Frenuden gerade in der neueren und durch die Umwälzung ver. änderten Zeit nur noch von den ordentlichen Gerichten eine ge wisse Stetigkeit verspreche. Der reaktionäre Vorstoß, den Abg. A u f= überhaupt die Sondergerichte aufzuheben, wurde auch von dem rechten Flügel der Demokraten, dem Abg. Rasch, unterſtügt, während sich außer den Sozialdemokraten das 3entrum entschie den für die Ablehnung des Antrages einsetzte.

Der Unterausschuß hat in detaillierten Vorschlägen Aus bau des allgemeinen Kündigungsschutzes und erhöhten Schutz für die älteren Angestellten, ebenso die Einführung von Abkehrgeldern beschlossen. Auch das ist sozialpolitisch nichts un­erhört Neues, es besteht schon längst in Desterreich und Luxemburg  . Ebenso begrüßenswert ist die Forderung nach reichsgefeßlichen Vorschriften über die Höchst zahl von Lehrlingen im Handelsgewerbe wie für die übrigen Ansicht zugemutet. Der Entwurf fann sozialpolitisch kaum ernst ge­gestelltenberufe. Der Freistaat Hamburg   ist hier bereits mit gutem Beispiel vorangegangen.

Die Welt, in der man sich langweilt."

Staatstheater.

Die Damen auf der Bühne tragen den Pariser Cul, der zwischen Rücken und Fortsetzung einen Ramelhöcker plaziert. Die Röcke werden aufgerafft, damit sie nicht allzu begierig den Staub der Salons und den Sand der Gärten ansammeln. Und die köstlichen Hütchen, die einem Blumenboot glichen!

War unser Großtante blond und blauäugig, dann sah sie auch in dieser Verpackung entzückend aus. Unsere Großtante, die damals brillierte und von sehr verliebten, durch tausend Farben impressio­nistisch berauschten Künstlern gemalt wurde, hat um diese Zeit( um 1880) gefüßt, für Schopenhauer geschwärmt, sich ein bescheidenes Legifon von Emanzipationsworten zugelegt und schließlich in Ge­sundheit und Geduld ein Dutzend Kinder geboren. Unfer Großtante hatte Schwestern in Berlin   und Paris   und sogar auf französischem Adelssiz. Hier in der hübschen Welt der Faulheit, der Intrige und der Kastenborniertheit, ist ihr Eduard Bailleron begegnet. Er ent­nahm dieser Welt den Stoff zu seiner unterhaltenden Komödie von der Welt, in der man sich langweilt. Die deutsche Komödie und Posse dieser Zeit ist etwas gröber, umwegiger und Kyriß- Pyriter. Das Staatstheater mottet im Sommer nicht ein, sondern diese Komödie aus. Das Staatstheater darf sich eben jeden Lurus ge­statten, da es keine Lugussteuer zu zahlen hat.

Aber in dem Bailleronschen Lustspiel ist nur noch eine ge deihliche Antiquität vorhanden. Berdeutscht übrigens, so wie jetzt verdeutscht, ist diese Antiquität eine nicht mehr erfreuliche Schar. fete. Die närrischen Blaustrümpfe und die aus Süßholz geschnit­tenen Professoren und der Tragödiendichter als Idiot und die Eng länderin mit dem Spleen und die schrullige Gräfin und selbst die fröhliche Herzogin, die die jungen Leute ins Bett helfen möchte, all diese Menschlein sind nur noch Theatergespenster, sind nur noch Ideengespenster, die nicht mehr wach zu fiheln sind. Man gerät nicht in Jubiläumsfreude, sondern nur in Grabesstimmung.

Die Aufführung schlecht und recht, improvisiert, sogar in einem etwas verfalften Stil, erledigt. Einzelleistungen von Rosa Ber. tens, Karl Ebert  , Lucie Mannheim   und Maria Paudler  erluftigen, doch über der Bühne, die allzu prächtig aufgemacht war, und über dem nur notdürftig durcheinandergesprengten Ensemble lag Hundstagsstaub.

Mar Hochdorf.

Bezirksbildungsausschuß Groß- Berlin. Der Spielplan für die Volts. vorstellungen für Minderbemittelte in der Städtischen Oper ist wie folgt geändert: Connabend, den 12. Juni Das Rheingold  ", 19. Juni Der fliegende Holländer  ", 26. Juni Das Rheingold  ", 3. Juli Die Zauber flöte. Preis der Starte einschließlich Garderobeablage und Theaterzettel 1,50 W. Starten sind zu haben im Bureau des Bezirksbildungsausschusses Lindenstr. 3, 2. Hof 2 Trp., in der Vorwärtsbuchhandlung Lindenstr. 2 und in allen bekannten Verkaufsstellen.

Die Kommunisten hatten einen besonderen Gesezzentwurf eingebracht, in dem sie den Arbeitsgerichten die Aufgabe geben, phantastisch gehaltenen Entwurf wird den Arbeitsgerichten in völliger zum Schuße der Arbeitskraft zu wirken. In diesem teilweise recht Berkennung ihres Zweckes etwa die Tätigkeit der Gewerbeauf. nommen werden. Die grundsätzliche Abstimmung über§ 1 ist am Mittwoch zu erwarten.

Briand  - Anekdoten.

Léon Treich, der maliziöfe Chronist des parlamentarischen Française eine neue Sammlung seiner" Bolitischen Geschichten". Frankreich   unserer Tage, veröffentlicht in der Nouvelle Revue Einige der besten, die auf Briand   zielen, dessen galliger Wit bei zeiten Anekdoten um sich häuft, wollen wir unseren Lesern nicht verenthalten:

Briand  , das ehemalige Mitglied der sozialistischen   Kammer. fraktion, und Bandervelde, der Borsitzende der II. Internationale,

vertraten ihre Länder in Locarno  .

Man macht Briand   auf diesen Umstand aufmerksam, der darauf folgende Anekdote beisteuerte:

Unter der Präsidentschaft Millerands wurde ich als Minister. präsident beauftragt, das Oberhaupt der polnischen Republit in Paris   zu empfangen- Marschall Pilsudski  . Mit äußerster Würde begrüßten wir uns auf dem Bahnhof. Im offiziellen Gefährt wechselte der Marschall mit mir faum ein Wort. Einmal indessen hörte ich ihn murmeln:

Bist du es auch?"

Mit einem Seufzer gab ich zurüd: Ja!"

Abends großes Diner im Elysée, Toafte, Ansprachen. Die Später nähert sich mir der Marschall und fragt mich mit unauf Feiden Präsidenten beglückwünschten sich nach den Redeprotokollen. fälligem Hinweis auf Millerand  :" Sag, ist es noch derfelbe?" Seufzend antwertete ich wiederum: Ja!"-

Was wollen Sie, schloß Briand  , wir waren alte Bekannte. Bilsudski vertrat Bolen auf dem Amsterdamer Sozialistentongreß, Millerand und ich vertraten Frankreich  ."

Das war während einer der vielen delikaten franto- britischen Verhandlungen. Nach einem der allzuhäufigen Ausbrüche feines Temperaments fuchte Lloyd George   wie gewöhnlich feinen schlechten Eindruck wieder wettzumachen und wollte Briand   fchmeicheln. Raffe zählen Sie. Ich meine die Bretonen. Und was für prächtige Ah, mein lieebr Präsident, zu was für einer großartigen Soldaten gaben sie im Kriege ab!" Hm ja.." machte Briand  .

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I

Staatssekretär Schmid.

Die Geschichte seiner plöglichen Ernennung.

Der Ausschuß für den Reichshaushalt verhandelte in der Sigung von Mittwoch zunächst die Ernennung des bisa herigen Generalfommissars für die besezten Ge biete Schmid zum Staatssetretär. Reichskanzler Marg, dem das Reichsministerium für die besetzten Gebiete noch unter Grund eines am 26. März von den vier Regierungsparteien zum steht, wohnte den Verhandlungen bei. Die Beratung erfolgte auf Haushaltsplan für 1926 gestellten Antrages, nachdem nicht die Stelle eines Staatssekretärs, sondern nur die eines General­fommissars in den Etat eingestellt werden sollte. Dieser Antrag war vom Plenum nicht erledigt, sondern an den Haushaltsausschuß zurückverwiesen worden.

Als erster Redner legte Abg. Effer( 3tr.) dar, daß nach An­ficht seiner Freunde die Regierung bis zur Erledigung dieses An trages die Ernennung eines Staatssekretärs nicht Dornehmen dürfe. Es fehle dieser Ernennung jede etats­rechtliche Grundlage. Für das Zentrum sei die Frage nicht nur eine etatsrechtliche, sondern eine politische. Der Schwerpunkt im Kabinett sei erheblich verschoben, denn jetzt wäre die Ernennung eines Ministers ausgeschlossen, da nur eine der beiden Stellen besetzt werden dürfe.

Reichskanzler Marg und Ministerialdirektor Lotholz be mühten fich in längeren etatsrechtlichen Darlegungen, die Ernennung als zu Recht erfolgt hinzustellen. Demgegenüber hob Genosse Soll mann in längerer vom Ausschuß mit größter Aufmerkjamfeit ver folgter Rede hervor, daß alles, was bisher gesagt sei, die Tatsache nicht aus der Welt schaffen könne, daß mit diesem Antrag eine willenskundgebung von vier Regierungsparteien gegen diese Er­nennung vorliegt. Er weise ferner darauf hin, daß die Frage bei Gelegenheit des Nachtragsetats für 1926 zusammen mit der Rege lung einer anderen Stelle erfolgen sollte. Es sei deswegen nicht zu verstehen, weshalb diese Ernennung jet fo urplöblich erfolgt sei, nachdem sie jahrelang zurüdgehalten worden war. Die Ernennung erfolgte in einem Augenblid, als Herr Schmid in denkbar schroffster Weise gegen die Sozialdemokratie Stellung genommen hat. In einer Rede in Essen   am 28. Mai hatte nach der Kölnischen Zeitung  " Herr Schmid u. a. ausgeführt, es handle sich bei der Fürstenabfindung gar nicht um diese selbst, son. dern um die große Auseinandersehung zwischen bürgerlicher Rechtsordnung, Eigentum und chriftlicher Moral auf der einen und Rechtsbruch, Raub und Bolschewismus auf der anderen Seite.

Keinem deutschen   Beamten bestreite er das Recht der freien Meinungsäußerung, aber der leitende Beamte des Reichsministe= riums für die besetzten Gebiete müsse, wenn er zu seinem Amt quas lifiziert sein wollte, größere 3urüdhaltung üben als andere Beamte. Sein Streben müsse dahin gehen, die Parteien des besetzten nicht aber sie gegeneinander zu heben. Herr Cemis befize Gebietes zusammenzuführen und zusammenzuhalten, nach seiner Auffassung nicht die dazu nötigen geistigen und mo­ralischen Qualitäten. Der leitende Mann des Rheinministeriums müsse aus nationalen Gründen ein Mann sein, der ge­tragen würde vom Vertrauen aller Kreise der Bevöl ferung. Dieses Vertrauen fehle Herrn Schmid nach der Ueber­zeugung der Sozialdemokratie durchaus.

Unmittelbar nach dem Genossen Sollmann nahm Reichss tanzler Mary wieder das Wort, um zu versichern, daß die Cra nennung des Herrn Schmid bereits vor seiner angefochtenen Rede erfolgt jei. Herr Schmid bestreite Angriffe und Beleidigungen der Sozialdemokratie. Dr. Marg sagt zu, daß die Angelegenheit aufs forgfältigfte untersucht werden würde!

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Abg. Erfing( 3tr.) unterstrich die Ausführungen des Gen noffen Sollmann nach jeder Richtung. Die Lasten des Ab mehrtampfes feien in erster Reihe von den Anhängern des 3entrums und der Sozialdemokratie getragen worden und er müsse erklären, daß auch in den Kreisen der Zentrumspartei des Rheinlandes diese Ernennung außerordentlich schlecht gewirkt habe.

In längerer Rede bemühte sich der Abg. Dr. Cremer( Dt. Bp.), feinen Parteifreund( Schmid' ist 1924 zum volksparteilichen Mit­glied des Preußischen Landtages   gewählt worden) reinzuwaschen und betonte vor allen Dingen, daß die angegriffene Rede nicht in einer öffentlichen, sondern in einer geschlossenen Sißung gehalten worden sei.

Gegenüber den Versuchen Dr. Cremers, Schmid reinzuwaschen, hielten Abg. Esser und Genoffe Sollmann ihre Kritif voll aufrecht. Die Abstimmung über den Antrag der Regierungsparteien wurde auf Wunsch der Antragsteller ausgesetzt.

Ein Jahr später, während einer der Sizungen des Obersten Rates in Cannes  , ließ Lloyd George   wieder einmal das britische Phlegma fallen und wandte fich unvermittelt an einen der franzö fichen Minister:

Bon der Eitelkeit zum Lächerlichen ist nur ein Schritt!" " Ach, ihr Franzosen, was seid ihr eitel.. Aber gebt acht! fra. Schritt; Pas de Calais= Meerenge von Calais.) " Ja, der Pas de Calais  !" sagte Briand   so nebenbei.( pas

Paul Whiteman   über den Jazz. Der amerikanische   Jazzband­fönig" Paul Whiteman  , der nach Berlin   gekommen ist, um mit seiner Truppe drei Konzerte im Großen Schauspielhaus zu geben, äußerte sich zu einem Bressevertreter über die Geschichte und Zu­funft des Jazz wie folgt: Die einzige Form der amerikanischen  Boltsfunft ist bisher der Jazz. Alle anderen Kunstformen, beson ders in musikalischer Beziehung, hat Amerika   von Europa   über­nommen. Die Indianermusik hat feinen Boden gefunden, nur der Rhythmus der Negermusit hat auf den lebensbejahenden Ameri­faner einen großen Einfluß ausgeübt. Damals, in den Anfängen des Jazz, der schon nach furzer Zeit in seiner Berspieltheit alle musi talischen Formen vollkommen aufzulösen drohte, griff ich, angelodt durch die neuen Tonfombinationsmöglichkeiten, diefen Jazz, der sich felbft zu zerjazzen drohte, auf und disziplinierte ihn. Ich suchte aus ganz Amerita die besten Solospieler heraus und feftigte im Berlaufe geführt werden, die bei den gewöhnlichen Orcheſtern nie erreicht von mehreren Jahren Tonbilder, die nun mit einer Eraftheit aus­werden konnte. Daß ich gern einfache Themen wähle, einfache Tanzthemen, darf mir der Deutsche   nicht vorwerfen, denn schließlich hat Bach auch französische Tänze geschrieben. Es kommt ja doch nur darauf an, was ich mit Hilfe eines neuen Instruments, als Ganzes genommen den Jazz, für neue Wirkungen heraushole.

Automatische Luftpost. Im franzöfifchen Luftdienst ist jetzt erstmalig eine automatische Einrichtung zur Beförderung der Luft. poft probeweise eingerichtet worden. Bon einer großen drahtlosen Sendestation aus merden die Boftflugzeuge in der Form eines Stromlinienzylinders dirigiert, ohne eines Führers zu bedürfen. Stand und die Geschwindigkeit jedes Flugzeuges an. Die einzelnen Eine beleuchtete Kontrolltafel in der Zentrale gibt jederzeit den Batete Expreßpoft follen im Stahlförper des fliegenden Postboten in je einer besonderen Abteilung, mit einem Fallschirm versehen, den es Post mit sich führt, so gibt der Kontrolleur in der Zentrale ein drahtloses Signal, eine fleine Tür am Körper des fliegenden 3ylinders öffnet fich und das betreffende Briefpaket fällt heraus, ohne daß das Flugzeug auch nur seine Geschwindigkeit vermindert.

" Ja, wissen Sie, ich spreche als Renner. Einmal, an der angebracht fein. Ist das Flugzeug über einen Ort angelangi, für Front, habe ich sie zum Angriff gehen sehen!" " Ah!" sagte Briand  .

Tat, es war wunderbar!" " Welche Siegesgewißheit! Welcher Enthusiasmus! In der ,, Nein," sagte Briand  , da war garnichts Wunderbares da­bei, sondern nur ein ganz natürlicher Ingrimm, der in ihnen seit Jahrhunderten mach ist

" Nanu, nanu," machte Lloyd George  . ,, Sie glaubten, mein lieber Premier, daß sie sich mit den Engländern herumschlügen!" Dhh!"

Sie waren felsenfest davon überzeugt, und man hat nichts getan, es ihnen auszureden." Der Gallier strich fich pergnügt jchmunzelnd den Schnurrbart,

Theaterchronit. Im Theater i. d. Königgräger Straße beginnt die Sommerspielzeit am Donnerstag unter der Leitung von Emil Berisch mit dem Lustsp. Gefallene Engel" von Noel Coward  .

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Ende der Kirchentänze. Der Bapst bat durch einen Erlah an den fbanischen Klerus die liturgischen Tänze, die in einigen spanischen Städten feit Jahrhunderten gepflegt werden und die einen der Hauptanziehungs puntte der Reisenden bilden, verboten. Die berühmtesten dieser Tänze find die von der Kathedrale in Sevilla  , wo Knaben in goldgeftidten Theater toftümen Zanzvorführungen an jedem dritten Tage der Bode veranstalten