llnd noch eine andere Sorte von Berliner Erntefesten gibt es: sie sterben freilich aus, sterben aus mit den alten Häusern, in deren qro�en Höfen noch eine Kinderschar gemeinschaftlich heranwuchs. Kinder, deren Eltern jahrzehntelang im selben Hause wohnten und bei denen die lange Hausgemeinschaft die Trennung zwischen Norderhaus und Hinterhaus fast ganz überbrückt hatte. Ohnehin war ja die Kluft hier nie zu groß, denn diese Häuser stehen alle im Norden, Osten oder Süden— der„noble" Westen wußte nie etwas von diesen kinderfrohen Erntefesten. Zille hat sie geschildert mit oll ihrer Freude, ihrem Uebermut und ihrem Elend, und noch heute kann man sie hier und da erleben. Einhundertfünfzehn Kinder waren wir in dem großes Haus, auf dessen zweitem Hof ein kleines Gärtchen grünte, ein„richtiger" Baum, vier Rhabarberstauden und sechs Rosenstöcke. Einhundcr'tfünfzehn Kinder in einem Haus! Und wenn die Jungens die Drachen hervorholten, dann ging eine Deputation der Kinder zum Hauswirt, der, noch heute sei es zu seiner Ehre gesagt, ein seltenes Juwel unter seinesgleichen war.„Wir möchten ein Ernte- fest machen, bitte schön, erlauben Sie's doch!" Und er erlaubte es nicht nur, nein, er stiftete uns sogar noch die„Dekoration" und die Stocklaternen, unser Bäcker vom Haus gab zwölf große Napfkuchen, in der Kneipe durfte Kaffee gekocht werden, alle Mieter legten zu- sammen für die Musik und das Feuerwerk, und wir feierten Ernte- fest, ein Erntefest, um das uns die ganze Straße beneidete! Es war herrlich, und es dauerte bis zwölf, bis der Ziehharmonika endlich die Puste ausging und mit einem letzten„Dreher" das Fest zu Ende war. Wir Kinder, deren Kenntnisse vom Kreislaus der Natur nur aus dem Friedrichshain stammten, die kaum je Saat und Ernte erlebt hatten, wir hatten doch noch eins: unser Erntefest, ärmlichster Abklatsch, Parodie auf Erntesreude und Ernteglück, und doch, und doch... ein Kinderparadies, ein Stück Freude, von denen die Aermsten unter uns, denen Vaters Arbeitslosigkeit sogar die Weih- nachtsfreude stahl, das ganze Jahr hindurch träumten. Krieg, Not und Elend sind über uns hingegangen, ober eins ist jetzt besser: Ferienkolonien und Heime nehmen doch mehr der Kinder aus. so hoffnungslos eingeschlossen in das Gefängnis des steinernen Berlin wie damals wird fast kein Kind mehr groß. Damals, als die Sechsjährige zum erstenmal einen Kiefernwald erlebte und sich wunderte,„wo hier im Sommer das Eis herkommt, weil der Boden so rutschig ist",--- es waren die Kiefernadeln! * Das sind die Erntefeste Berlins , Erntefeste, ganz oder halb umklammert von dem steinernen Polypen„Großstadt", Ernteseste, in denen die letzte Natursehnsucht und-Verbundenheit des Groß- stadtmenschen sich mit halbem Trotz und Selbstironie noch einmal durchringt...
der verfall üer Wohnhäuser. Wer kümmert sich um das Haus Duuckerstrahe 79. Tagtäglich lausen bei uns zurzeit eine Unmenge Anklagen von Hausbewohnern der äußeren Bezirke ein, die nach langen, oergeb- lichen Bemühungen, das Herz des Hauswirts zu rühren, als letzten Versuch den Weg in die Oeffentlichkeit betreten. Auch heute liegt wieder ein besonders krasser Fall vor. Die Bewohner des Hinterhauses Juncker st raße 7g waren durch Verschulden des Hauswirtes, der die Wastergebühren nicht bezahlte, verschiedentlich einen ganzen Tag und darüber ohne Wasser. Durch schadhaste Wasserhähne, die naturgemäß eine überniäßig hohe Wasserberechnung im Gefolge hatten, ist her ganze Keller voll Wasser gelaufen, was sich in un- fingenehmster und gesundheitsschädigender Weise in den darüber liegenden Parterrewohnungen bemerkbar macht. Gerade über diesem durch Pilz und Schimmel verseuchten Keller wohnt eine nerven- und lungenkranke Kriegerwitwe mit ihrem ebensalls kranken achtzehnjährigen Sohn. Beim Eintritt in das Zimmer schlägt einem eine feucht-moderige, an Grabgewölbe mahnende Lust emgegen. Unter dem Fenster, hinter dem Spind, zeigen die Wände deutlich Näsiespuren: die Wäsche- und Kleidungs- stücke jm Schrank ft o ck e n und setzen Schimmel an. Des vielen Ungeziefers(Ratten) wegen gibt es im Haufe eine Unmenge Katzxn, und die Frau ist aus diesem Grunde gezwungen, die Fenster stets geschloffen zu halten. Die Aussicht auf ein richtiges Stückchen Rasen hat man ihr durch Ausbau von Schutt, Ofenabfällen und dergleichen ebenfalls genommen. Nicht genug an dem, hat über- dies der Sohn dieser Frau seit seinem zehnten Lebensjahre ein starkes Darmleiden. Da für die oigs Parterrewohnungen nur ein Abort vorhanden ist, muß die arme Mutter ständig Wohnung und Wäsche des Kranken säubern, und man kann sich vorstellen, ii� welch ungesunder Luft diese Frau, deren Leiden eine besonders reine und reichliche Luftzufuhr erfordert, dahinvegetiert. Ihre Bemühungen beim Wohnungsamt blieben natürlich fruchtlos. Sämtliche Keller- f e n st e r fehlen, die schadhaften Kcllergitter wurden, nachdem erst kürzlich abends ein Kind fast verunglückt wäre, notdürftig zu- fammengepflickt. Die äußere Giebelwand des Hauses ist derart morsch und altersschwach, daß bei heftigem Regen der Kalk heraus- fliegt, und das Wasser mit aller Gewalt angepeitscht wird. Die Fensterkreuze sind in einem solchen Zustande, daß niemand es wagey durfte, sein Gewicht beim Reinigen der Fenster dem Fenster- kreuz anzuvertrauen. Die tollste Verwüstung findet sich jedoch jg einer anderen Parterrewohnung. Dort ist der Fußboden nicht— chie in sämtlichen anderen Wohnungen— bloß schadhaft, sondern im Abort i st er durchgebrochen. Ein Mitglied der Familie fiel auch bereits durch und konnte sich nur mit vieler Mühe vor einem Sturz in den Keller bewahren. Der Hauswirt ist sowohl gegen mündliche wie schriftliche Klagen taub. Als man ihm eine Wohnungskommission auf den Hals schickte, ließ er sich kurzerhand als„verreist" verleugnen, wurde aber durch Hausbewohner als in Berlin anwesend festgestellt. Oer seinerseits beim Wohnungsamt erbetene Aufschub der Hausbesichtigung gewährt ihm natürlich wieder für eine lange Weile Ruhe vor einer Kontrolle. Welcher Weg bleibt nun diesen an Leib und Seele geschädigten Menschen?
Tparkassendircktor und Geldvermittler. Die Darlehensgeschäfte des Kreises Liebenwerda, die schon einmal/ wie erinnerlich, den Landrat Vogel in Konflikt mit den Strafbehörden brachten, führten gestern den Sparkassendirektor M e r r e s wegen Amtsunterschlagung vor das Große Schöffen- gericht Berlin-Mitte. Als seinerzeit der Kreis Geld brauchte, war Merres mit der Darlehensbefchaffung beauftragt worden und durch Vermittlung des Kaufmanns Bonus mit der„Lujsenstädtischm Genossenschaftsbant" in Verbindung getreten. Es wurde von dieser auch ein Darlehen gegeben, in Höhe von fiMOOM Mk. in bar und 5 000 000 Mk. in sogenannten Gegenwechseln. Dafür sollt« Bonus 3 Proz. bekommen. Wie verlautete, hat nun Merres bei diesem Geschäft auch verdient, und es wurden Ermittlungen angestellt. In den Kreisakten befand sich eine Quittung des Bonus über 30000 Mk. für erhaltene Provision. Während dieser selbst angab, nur 15 000 Mk. erhalten zu haben, und weiter nach Borhatten der Quittung erklärte, diese sei deswegen von ihm unbeanstandet unterschrieben worden, well er zufrieden gewesen sei, wenigstens IS 000 Mk. von Merres bekommen zu haben. Merres stellte dann die Behauptung quf, daß er von Bonus an dem Tage, an dem er die 30 000 Mk. Provision auszahlte, von diesem Gelde IS 000 Mk. als D a r l e h e n bekommen und darüber noch später einen Schuldschein ausgestellt habe. Bonus blieb aber bei seinen wiederholten Vernehmungen dabei, daß ihm hiervon nichts bekannt fei und so wurde Merres wegen lkntcr- schlagung von IS 000 Mk. angeklagt. Im gestrigen Termin be- statlgte dann mit einem Male Bonus die Angaben des Angeklagten. Er erschien dem Gericht jedoch der Teilnahme verdächtig und bkieh deshalb unvereidigt, weiter hielt das Gericht feine neuen Angaben für unglaubwürdig und nahm an. daß vielmehr seine früheren Behauptungen richtig gewesen sind. Nach Ansicht des Gerichtes Sandelt es sich um er« abgekartetes Spiel zwischen Bonus und
Merres, um zwischen ihnen beiden die Provision zu teilen. Zur Täuschung des Kreises hätte dann Bonus die Quittungen über die ganze Summe unterschreiben müssen. Das Urteil lautete auf ein Jahr Gefängnis und drei Jahre Ehrverlust gegen den Sparkassendirektor.
Seginn öer Turn- unü Sportwoche. Die Stadt Berlin unterschlägt Schwarzrotgold. Am Sannabend war der Anstakt zur Berliner Turn- und Spori- woche, bei der Oberbürgermeister B ö ß im L u st g a r t e n die aufmarschierten Vereine aus den verschiedenen Bezirken begrüßte und auf die Wichtigkeit der sportlichen Arbeit hinwies. Auch der Vertreter des Reichsausschuffes.für Leibesübungen, Dr. Kork D i e m, begrüßte die Sportler im Namen des Reichsausschuffes und beglückwünschte die Stadt Berlin zu ihrer außerordentlichen Tätigkeit in der Schaffung der Spiel- und Sportplätze usw.— Bemerkenswert bei der ganzen Veranstaltung im Lustgarten war, daß die Stadt Berlin scheinbar keine schwarzrotgoldenen Fahnen zur Verfügung hat. Es war bezeichnend, daß das Gros der aufmarschierten Sportler sich aus Arbeiterbezirken re- krutierten, während aus den westlichen Bezirken, in denen der bür- gerliche Sport eigentlich zu Hause sein sollte, verhältnismäßig wenige erschienen waren.
NeichsbankpräsiÜent Schacht als Kläger- Aufwerlungsverbäade gegen Reichsbank. Seit geraumer Zeit wird von den sogenannten Aufwertungs- verbänden ein heftiger Feldzug gegen die Reichsbank und ihren Präsidenten Schacht geführt, so daß in mehreren kleineren Fällen die Gerichte sich mit den Behauptungen der Führer dieser Bewegung beschäftigen mußten, wobei die Leiter der Organisationen zu mehr oder minder hohen Strafen verurteilt worden sind. In Berlin be- steht der„Reichsbantgläubiger-Berband", Reichs- zentrale Berlin, eine Bereinigung, die fett Jahren das Ziel verfolgt, von der Reichsbank die Auswertung der rotgestempel- ten Tausendmarkscheine 100prozentig zu verlangen. Das Reichsgericht hat bekanntlich dargetan, daß die Bestrebungen von falschen Voraussetzungen ausgehen und daß an eine derartige Auf- wcrtung niemals zu denken fei, zumal auch die ein- schlägigen Gesetze das verhinderten, selbst wenn überhaupt eine finanzielle Möglichkeit dazu bestände. Trotz alledem bestehen in Deutschland noch eine ganze Anzahl dieser Gruppen und Grüppchen, die von ihren Mitgliedern sehr hohe Beiträge verlangen— eine sächsische Organisation soll nicht weniger als 1,6 Millionen Goldmark von ihren Mitgliedern, meist armen Leuten, zusammengebracht hoben. Die Gründer und Leiter dieser Organisationen begnügen sich offenbar jedoch nicht nur mit den Einnahmen, die sie auf dem Wege der Zahlungen ihrer Mitglieder erhalten, sondern es besteht der Ver- dacht, daß sie mit den rotgestempelten Tausendmarkscheinen im Aus- lande sehr zum Schaden des Reiches finanzielle Transaktionen vor- nehmen, über die noch zu sprechen sein dürfte.— Vom Z6. bis 28. April dieses Jahres hatte der obengenannte Reichsbankgläubiger- Verband eine Anzahl Propagandaoersammlungen in Berlin abgehalten, in denen der Führer, Verlagsbuchhändler und Spielwarenfabrikant Gotthold Roll, sprach. In diesen Versamm- lungen bezeichnete Roll den Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht als „den Henker der deutschen Volkswirtschaft", und erklärte u. a.:„Die Reichsbank ist eine Filiale des internationalen Großkapitals und Dr. Schacht ist ihr Söldner."„Die Reichsbank verübt Betrug gegen- über ihren Gläubigern, sie ist der Henker der deutschen Volkswirt- fchast, Dr. Schacht ist kern Betrüger, sondern ein Schwindler, die Taten Dr. Schachts stinken zum Himmel, Dr. Schacht ist ein reihen- der Wolf." Die Staatsanwaltschaft hat gegen Roll darauf- hin Anklage erhoben und Dr. Schacht hat sich diesem Ber - fahren als Nebenkläger angeschloffen. In der Verhandlung dürfte der Reichsbankpräsident auch noch einmal zu dem Thema der rot- gestempelten Tausendmarkscheine Stellung nehmen. Kritik an den„Ttern"-Tampfern. C■> Die außerordentliche Generaloersammlung der Spree- Havel- Dampfschiffahrts- Gesellschaft„Stern" A.- G. fand gestern statt. Die Kämpfe um den Besitz der Aktien- Majorität, die in dieser Generalversammlung langausgedehnte De- batten unter den Anwälten der beiden Parteien auslösten, sind für die Oeffentlichkeit von sehr geringer Bedeutung. Wohl aber inter- essiert der Vorwurf, der der Leitung der Gesellschaft gemacht wurde. Von der Opposition wurde nämlich die Behauptung aufgestellt, daß die Geschäftsführung u n k a u f m ä n n i s ch und der modernen Zeit durchaus nicht entsprechend sei. SeitSOIahrenseienkeine neuen Dampfer mehr gebaut worden, und außerdem lege die Gesellschaft auf Propaganda viel zu wenig Wert. Der Direktor mußte zugeben, daß Neubauten feit 20 Jahren nicht mehr vor. genommen worden seien. Krieg und Inflation und außerdem die Behauptung, daß die liquiden Mittel des Vorjahres durch die Aus- Zahlung der zehnprozentigen Dividende aufgebraucht seien, sind vielleicht eine Erklärung dafür, daß in den letzten zehn Jahren keine Einstellung von neuen Dampfern in den Dienst erfolgt ist. Aber in den vorhergehenden zehn Jahren hätte doch auch etwas geschehen müssen. Hierfür hat die Direktion keine Erklärung gefunden. Die Fahrpreise auf den Dampfen« sind, trotzdem man sie volkstümlich nennt, doch so, daß die Gesellschaft in der Lage war, 10 Proz. an die Aktionäre zu oerteilen. Im Zeitalter der Rationalisierung ist es vielleicht nicht unangebracht, daran zu erinnern, daß mit niedrigeren Fahrpreisen und neueren Dampfern die Gesellschaft ein besseres Geschäft inachen würde als jetzt bei hohen Fohrpreisen und schlecht ausgestatteten Dampfern._
Eröffnung der Ausstellung„Nadel und Schere". Im Saalbau am Friedrichshain wurde gestern in Anwesenheit von Vertretern der staatlichen und städtischen Behörden, befreundeter Verbände und der Tages- und Fachpresse die 7. Ausstellung„Nadel und Schere" eröffnet. In seiner Begrüßungsansprache wies der Borsitzende der Schneiderinnung, Obenneister Max Hgke, auf die Schwierigkeiten hin, die sich der Ausstellung diesmal entgegengestellt hätte». Er gab der Hoffnung Alisdruck, daß diese Ausstellung zum Wohle der mit Nadel und Schere arbeitenden Berufe dienen, und daß sie nach den schweren Jahren des wirtschaftlichen Niederganges zum allgemeinen Aufstieg beitragen werde. Stadtrat Ahrens über- brachte die Grüße des Berliner Magistrats. Den Ansprachen schloß sich ein Rundgang durch die Ausstellung an, die«ine außerordent- tich reichhaltige Schon aller Schneidereiartikel bringt Sie zeigt alles, von der Nähnadel bis zum fertigen Stück. Auf der Bühne haben die Berliner Städtischen Elektrizitätswerke einen Bau er- richtet, auf den» unter anderem auch ein Riesenmodell des größten Kraftwerkes der Welt in Berlin-Rummelsburg gezeigt wird. Be- fonderes Interesse erwecken ferner die Arbeiten der Kürschner-Fach- schule mit der neuesten Pelzverarbeitung. In einem besonderen Räume werden chemische Stoff- und Moterialuntersuchung-n vor- gcnommmen. In dem neueröffneten Gortensaale werden täglich um 4 Uhx und um 7 Uhr Modevorsührungen der neuesten Modelle und Pelzsochen veranstaltet. Die Ausstellung ist bis zum Dienstag, den 3l. August, täglich von 10 Uhr vormittags bis 10 ilhr abends ge- öffnet. � Vermißte Faltbootfahrcr. Arn Freitag wurde auf der Hovel bei Eladow ei» unbemanntes Faltboot treibend aufgefunden. Dem Re'chbwasserschußpolizei. koinmqnds Spandau ist ce gelungen, die Personen festzustellen, die das Faltboot benutzt hotten. Es handelt sich um den Turn- und Sportlehrer Max R e i ch in u t h aus Spandau , bekleidet mit hell. braunem Sportanzug, braunen Schnürschuhen, weißem Oberhemd, Armbanduhr, und um den Kausmang Fritz � i e g o st aus Span- bau, bekleidet mit srhParzem Anzug mit Hetzen seineu Stseifcu,
schwarzen Schnürschuhen, weißem Oberhemd, schmalem Ledergurtel, ohne Kopsbeoeckung. Die beiden hatten gemeinsam am 27. August vormittags 11 Uhr eine Faltbootpartie von Pichelsdorf nach Wann- fee machen wollen. Sie beabsichtigten, um 4 Uhr wieder zu Clause zu sein. Bis zur Stunde fehlt von ihn«n jede Spur. Bei dem böigen Wind sind sie wahrscheinlich ertrunken. Bei Auffinde« der Vermißten erbittet das Reichswafferschutzpolizeikommando Spandau (Telephon 2591) Nachricht. _ Wieder ein Darlehnssthrvinöler. 40 Anzeigen von Betrogenen. Ein gefährlicher Darlehnsschwindler, den die Kriminalpolizei bereits seit geraumer Zeit vergeblich suchte, tonnte jetzt von Bqamten der Dienststelle v 1 in Woltersdorf bei Berlin ermittelt und festgenommen werden. Der 43 Jahre alte frühere Tischler Paul W i e b r i n g machte bekannt, daß er k u r z s r i st i g e D a r l e h e n von Selbstgebern suche und versprach 40 bis 50 Mark monatliche Zinsen und entsprechende Sicherheiten. Geldgebern, die sich mit ihm in Verbindung setzten, bot er Wechsel als S i ch e r h e i t an. Wurden sie abgelehnt, so suchte er das Mißtrauen der Leute dadurch zu beseitigen, daß er ihnen seine Wohnungseinrichtung in Moabit zum Pfände gab. Andere führte er nach Wannsee hinaus und zeigte ihnen dort ein schönes Segelboot, das er als sein Eigentum bezeich- nete. Nachdem er die Geldgeber so sicher gemacht hatte, verschwand er mit den Darlehen und dachte natürlich nicht ap das Zurückzahlen. Die Getäuschten mußten später erfahren, daß weder die Wohnungs- einrichtung noch ein Boot ihm gehörten. Die Möbel waren viel- mehr Eigentum seiner Wirtsleute, bei denen er als Untermieter wohnte.'Die Ermittlungen der Kriminalpolizei, bei der die Ge- schädigten Anzeige erstatteten, ergaben, daß Wiebring, der sich auch „Wiener-Winsberg" nannte und aus Oesterreich stammen wollte, sich jetzt in Woltersdors aufhielt, wo er bei einer Freundin Unter- schlupf gefunden hatte. Dort wurde er f e st g e n o m m e n. Bisher sind etwa 40 Anzeigen von Betrogenen eingegangen. Es ist aber anzunehmen, daß der Schwindler noch weit mehr Leute ausgeplündert hat. Wer mit ihm zu tun hatte und noch keine Anzeige gemocht hat, wird ersucht, sich bei Kriminalkommiffar Linne- mann im Polizeipräsidium zu melden. Nachweislich hat Wiebring mit seinen(Schwindeleien wöchentlich etwa 700 bis 800 Mark erbeutet._ Zuchthaus für ein paar gestohlene Konservenbüchscn. Ein kleiner Diebstahl, der mit einer geringfügigen Straie ge- sühnt worden wäre, war der Anlaß, daß der Händler Gustav i. wegen Verleitung zum Meineide vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte stand und statt für kurze Zeit ins Gefängnis, für ein Jahr ins Zuchthaus muß. Der Angeklagte hatte einem Bekannten eine Anzahl Konservenbüchsen entwendet und war von diesem dafür angezeigt worden. Da setzte sich K., der kein un- beschriebenes Blatt mehr war und deshalb wohl einige Bedenken hatte, hin und schrieb dem Besitzer der Konservenbüchsen eine Post- karte, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Mtt dürren Warten ersuchte der Schreiber ihn, möglichst nur auszusagen, daß er, der Angeklagte, ihm einen Schaden verursacht und diesen bereits zum Teil ersetzt habe. Ausdrücklich betonte er dann noch auf der Karte, daß er.' wie er wohl wisse, seine Aussoge werde beschwören müssen. Der Adressat hielt es nun für ratsamer, statt dem Wunsche des Angeklagten nachzukommen, der Polizei die Karte zu über- geben. So kam K. auf die Anklagebank. Bor Gericht konnte er nicht angeben, was dagegen spräche, daß die Karte lediglich zur Ber- schleierung der Wahrheit dienen sollte. Das Gericht konnte daher nicht anders als zu einem Schuldig kommen. Es oerurteilte den An- geklagten zu der Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus bei so- fortiger Verhaftung. Ob es wirklich nötig war, wegen ein paar Konservenbüchsen sofort zur Polizei zu laufen mit dem für den An- gezeigten vernichtenden Erfolg?
Einbrechergesellschaft„Kolonne Miksit". Von der„Kolonne Miksik", wie eine gefährliche Einbrecher- gesellschaft genannt wird, waren fünf„prominente" Mitglieder in dem Händler Willy Malchin, dem Kaufmann Karl Miksik, dem Monteur Karl F u e ch t, r. dem Heizer Otto Wiese und eine.» gewissen Willi Peters vor dem Großen Schöffengericht Berlin- Mitte oertreten. Acht vollendete und zwei versuchte schwere Diebstähle, die ihnen zur Last gelegt werden, und der Bande etwa 70 000 M. in bar einbrachten, legten Zeugnis ab von ihrer umfangreichen Tätigkeit, bei der sie von der Frau des Malchin unterstützt wurden. Alle Angeklqgten find schon erheblich vorbestraft und bestreiten ihren Lebensunterhalt ausschließlich aus ihren Diebstählen. Die Kolonne Miksik führte nach dem jüngsten aber„tüchtigsten" Mitglied den Namen. Hat sie einmal unliebsame Begegnungen mit der Polizei, so sucht einer den anderen durch falsche Angaben zu decken, und infolgedessen war es bisher immer sehr schwer, die Ge- sellschaft zu überführen. Ihre Spezialität sind Einbrüche in große meistens im Zentrum gelegene Kaufhäuser durch Fußböden oder Decken, die sie mit eigens dazu hergestellten kunstvollen Werk- zeugen zu durchbohren pflegen. Wie geschickt sich hierbei, insbe- sondere der Angeklagte Malchin zeigt, ist daraus ersichtlich, daß er falsche Schlüssel nachdem Gedächtnis ansertige» kann, wenn er einmal die richtigen gesehen hat. Stoffe, Hemden, Decken, Strümpfe, Textilwaren, Leinewand u. a. m. waren gewöhnlich die Beute, die zum Teil an einen Galizier mtt dem Spitznamen Fischet verkauft oder in einem Schuppen in der Grenadierstraße unter- gebracht wurde, wo sie dann zweimal von anderen Spitz- buben gestohlen wurde. Jetzt waren die Angeklagten im wesentlichen geständig, und das Urteil war deshalb verhältnismäßig milde. Die Ehefrau Malchins und der schwer an Rückenmarks- schwindfucht leidende Fuechter kamen mit sechs Monaten Gefängnis davon, Malchin erhielt zwei Jahre drei Monate Gefängnis, Miksik zwei Jahre sechs Monate Gefängnis, Peters ein Jahr drei Monate Zuchthaus und Wiese, der augenblicklich im Sonnenburger Zucht haus sitzt, sechs Monate Zuchthaus zusätzlich. Außerdem erhielten alle süns Jahre Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaussicht.
Anregunge« und Wünsche für den Reiseverkehr! Das reffende Publikum, das aus der Sommerfrische zurück. kehrt, hat oft manche Wünsche und Anregungen auf dem Herzen. Solche Wünsche, die aus eigenen Erfahrungen entstanden sind, werdxn zwar in mündlichen Unterhaltungen oft lebhaft erörtert. geraten aber dann nach einiger Zeit gewöhnlich in Vergessenheil. Dadurch gehen oft Angelegenhetten von prinzipieller Bedeutung für den peulsche» Reiseverkehr verloren. Die Reichszentrale für deutsche Verkehrswerbung. Berlin W 35, Potsdamer Privatstr. 121b. die Zentralstelle für die Förderung des Fremdenverkehrs nach und in Deutschland und der Allgemeine Deutsche Bäderverband, Berlin 6W. 11. Königgrätzer Str 29/30, als Spitzenorganisation der Deutschen Heil- bäder und Luftkurorte, würden es begrüßen, wenn Anregungen, Wünsche und Vorschläge in sachlicher Form ihnen.zugelettet werden. Derartige Zuschriften werden gern eingehend geprüft und ihre Vor- schläge sollen nach Möglichkeit durchgeführt werden.
Ei« weiteres Wohnhaus in Berlin-Mitte. Ivos Bezirksamt Mitte hat in der Gormann« st r a ß e 6. Ecke Eteinstraße, aus Mitteln des Wohnungs- a m t e s wiederum ein Wohnhaus errichtet, das am 1. September dieses Jahres seiner Bestimmung übergeben werden soll. Dos Haus ist auf einem bisher brachliegenden städtischen Gelände erbaut und schließt eine häßlich wirkende Baulücke. Es enthält 2 2 W ö h- n ii n g e n von zwei bis drei Zimmern mit Badezimmer und elek- txischem Licht und ist zu einem die Friedensmiete kaum übersteigen- deg Petrgze an WohnungsjMxiche xexAebxz Atz tzkiv