Die/lgrarreform m Vom Feudalismus zv In dem neuen Staate der Tschechoslowakei wurde seit seiner Gründung eine Agrarreform durchgeführt, die in politischer Be- Ziehung einer Agrarrevolution gleichkam, und deren Ergebnisse eine historische und kritische Würdigung vom Standpunkt der Arbeiter- klasse rechtfertigen. Vier Millionen Hektar Boden, 28 Proz. der Landesfläche, wurden einem radikalen Besitzwechsel unterworfen, die Ausrottung des Feudalbesitzes mit äußerster Vehemenz in An- griff genommen. Historische, national« und soziale Kräfte hab«n nach der Gründung der Moldaurepublik diese große Umwälzung ins Rollen gebracht. Das tschechische Volk hat, nachdem es vor LlW Jahren auf dem Weißen Berge der militärischen Macht der Habsburger unterlag, seinen Grundadel verloren, dessen Besitz konfisziert und an die siegreichen Heerführer verschenkt wurde; daraus leitete es den Rechtstitel ab nach wiedergewonnener staat- licher Selbständigkeit den von Gnaden der Habsburger ein- gesetzten Grundadel ebenfalls zu verjagen. Eine gründliche Um- «ignung des Bodenbesitzes schien der kürzeste Weg für den unter der .deutschen ' Donaumonarchie unterdrückten tschechischen Nationalis- nius zur Verschiebung der heihumkämpften tschechisch- deutschen Siedlungsgrenzen. Endlich hemmte der ungewöhnlich hohe Anteil des Großgrundbesitzes am Kulturboden den sozialen Aufstieg einer dicht wohnenden l o n d- armen Dorfbevölkerung. Als der alterstarrte Feudalismus der Sudeten » und Karpathenländer mit dem Zerfall der Habsburger Monarchie feine politische Schutzwehr einbüßte, wurde er von dem durch Krieg und Revolution gesteigerten Bodenhunger der Landoolksmassen einfach überrannt. Die Beseitigung des Großgrundbesitzes war das wirtschaftliche Programm der nationalen Revolution der Tschechen und Slowaken. Sie wurde bereits in der Unabhängigkeitserklärung der Pariser Auslandsregierung am 18. Oktober 1318 verheißen. Eine der ersten Taten der Revo- lulionsregienmg war die Verhängung der Sperre über den landtäflichen(ehemals grundherrschaftlichcn) Großgrundbesitz. Ihr folgte in einigen Monaten die gesetzliche Beschlagnahme. In rascher Folge kam noch eine Reihe von Gesetzen hinzu, betreffend die Art der Bodenzuteilung, die Entschädigungs- und Kreditfrage. Bis zum Frühjahr 1923, also vor dem Einzug der Minderheitsvertreter in die gesetzgebenden Körperschaften, hatte das ernannte tschecho- slowakische Revolutionsparlament alle gesetzgeberischen Vorarbeiten zur Agrarreform unter Dach und Fach. Die eigentliche Durchführung begann im Jahre 1923. B e> schlagnahmt und im Zuge der Aktion enteignet wurde aller privater Grundbesitz über 163 Hektar Acker und 263 Hektar Gesamtboden, einschließlich der damit zusammenhängenden Gebäude sowie Unternehmungen, ausgenommen das lebende und tote In» ventar. Den Großgrundbesitzern verbleiben in der Regel 163 Hektar, in Ausnahmefällen bis zu 633 Hektar Restbesitz. Für die enteigneten Fläcben wird eine Entschädigung ssumme im Durchschnitt der Grundpreise der Jahre 1913 bis 1916 gewährt, was unter Be- rückstchtigung der Geldentwertung ein Fünftel bis ein Sechstel des Realwertes ausmacht. Von dem Entschädigungsbetrag werden die Hypothekenlasten, Steuerrückstände sowie die Versorgungsansprüche der Bedientesten(Angestellte und Arbeiter) gedeckt, der Rest wird dem Enteigneten entweder bar ausgezahlt oder als langfristige Staatshypothek eingetragen. Das Gesetz sieht eine Aufteilung des beschlagnahmten Bodens an Einzelpersonen, landwirtschastliche Bereinigungen, Gemeinden, G«meindeoerbände sowie an den Staat vor. Keiner der Kategorien wurde aber ein fester Anspruch zu- erkannt, die Auswahl der Bewerber vielmehr dem freien Ermessen der Durchführungsbehörd« überlassen. Als Durchsührungsorgon ist ein umfangreicher bureaukratischer Apparat, das Staalsbodenamt, errichtet worden. Ihm steht ein zwölfgliedriger Verwaltungsaus- schütz zur Seite, der im Jahre 1923 von den tschechischen Par- teien gewählt wurde und trotz mehrjährige» Funktionsablaufes bis heute weiter amtiert. Formell untersteht das Bodenamt dem Ministerrat, tatsächlich ist es in seiner Machtvollkommenheit fast unbeschränkt und dem Einfluß des Parlaments weit entrückt. Die bisherigen Resulkate der Agrarreform. So weit sich die Reform auf den landwirtschaftlichen Boden erstreckte, steht sie vor dem Wschluß. Nach Mitteilungen des Bodenamtspräsidenten find bis zum herbst 1926 ins. gesamt 1 389 333 Hektar Boden übereignet worden. Schätzungsweise«in Zehntel davon ist Waldboden, den der Staat an sich nahm. Die gebräuchlichste Zuteilungssorm bei landwirtschaft- lichem Boden war die Anliegersiedlung zur Ergän- z u n g bereits bestehender Kleinbetriebe. Einer bis Ende 1926 grei- senden Statistik zufolge umfaßte sie 77 Proz. des parzellierten Landwirtschaftsbodens. Zur teilweisen weiteren Ausnützung der Wirtschaftsgebäude sind sogenannte R e st g ü t e r geschaffen worden, und zwar von 23 Hektar aufwärts bis zur Enteignungsgrenze. Bis» her gelangten an 1333 solcher Restgüter— 23 Proz. der Zuteilungs- fläche— zur Vergebung, teils an frühere Angestellte des Groß- grundbesitzes, teils an sonstige Bewerber. Einen geringen Anteil hat die VerwendRig von Boden zur Jnnenkolonisation. Es dürsten von den geplanten 7333 neuen Bauernstellen gegen- wärtig etwas über 1333 fertig sein. Mit Ausnahme einiger Pacht- proofforien erhielten die erwähnten Bewerber den Boden in Privateigentum. Der Zuteilungspreis betrug nach Anrech- nung einiger Zuschläge und der Bodenamtsregie 73 bis 133 Proz. mehr als der Entschädigungswert. Von der im Gesetze vorgesehenen Möglichkeit der Errichtung von„Heimstätten" nach Art der deutschen Rentengllter wurde nur in Ausnahmefällen Gebrauch ge- macht. Insofern ist es unrichtig, von einer„Bodenreform" in der Tschechoslowakei zu reden, als keine Veränderung des Bodenrechts erfolgt ist, die der internationalen Geltung des Begriffes entspricht. Was geschah, war eine allerdings sehr weit- gehend« Besitz reform an Grund und Boden, die in ihrer über- stürzten und diktatorischen Durchführung eher den Namen einer Agrar revolution verdient. wirtschaftliche und soziale Wirkungen. Di« wirtschaftlichen Resultate der Besitzteilung sind noch nicht zu übersehen. Tatsache ist, daß mit der Parzellierung keine produktions fördernden Maßnahmen verbunden waren, daß keine Garantien für eine intensivere Bcwirt- s ch a f t u n g verlangt worden sind. Namentlich bei der Vergebung der Restgüter war vielfach Protektion im Spiele. Es wurden in- folgedefsen auch Nichtsachleute sowie Anwärter mit ungenügendem Inventar und Kapital berücksichtigt. Hinsichtlich der Kredit. frage begnügte sich der Staat in den allermeisten Fällen mit der subfidären Haftung für Privatdarlehen der Bodenerwerber, was sich ebenso wie die„freiwilligen Abverkäufe" an kapitalkräftige Käufer zum Nachteil der minderbemittelten Anwärter auswirkte. Die durch die Parzellenzuteilung vor allem im tschechischen Siedlungsgebiet erfolgte Stärkung vieler Kleinbetriebe findet als ein sozialer Aktiv- posten sein Gegengewicht in der Entwurzelung taufender Gutsangestellter und Landarbeiter. Die von der Aufteilung betroffenen Bediensteten des Großgrundbesitzes konnten nur zum geringen Teil durch Bodenzuteilung versorgt werden. Die anderen im Gesetze vorgesehenen Dersorgungsarten: Gcldabsertigung, Zuweisung einer Ersatzstelle und Pensionierung der Hochgealterten sind durchweg sehr problematischer Natur, und so ist die Annahme
itt Tsthechoslowakei tu Agrarkapitalismus. berechtigt, daß von den 133 333 Arbeitern und Angestellten des Großgrundbesitzes bis zur Beendigung des Verfahrens winde- ftcns die Hälfte aus ihrem landwirtschaftlichen Beruf herausgeschleu- dcrt sein und dann die Zahl der Arbeitslosen vermehren werden. Als unbestrittener sozialer Aktivposten der Agrarumwälzung ist die Einlösung der langjährigen Kleinpacht- gründe zu nennen. Ein eigenes Gesetz ermöglicht den Klein- Pächtern, sofern sie nicht niehr als acht Hektar Eigenbesig hatten und die betreffenden Grundstücke ununterbrochen seit 1931 vom be- Ichlagnahmten Großgrundbesitz, Staatsbesitz oder Kirchenbesitz ge- pachtet waren, diese Pachtgründe gegen mäßiges Entgelt in Eigentum zu übernehmen. Damit wurde in einzelnen Gebieten, so im Böhmerwalde, ein uraltes Hörigkeitsverhältnis beseitigt. 128 333 Kleinpächter erwarben auf diese Weise 131 333 Hektar Boden und damit ein Stück wirtschaftlicher Un- abhängigkeit. Bei dieser Aktion wurde allen Jnteresienten ohne Unterschied der Nation Gerechtigkeit, weil ein gerichtlich verfolg- barer Anspruch gegeben war, über den nicht das Bodenamt. sondern die Justizbehörden im normalen Instanzenweg entschieden. Ausschaltung der deutschen Minderheiten. Die Beschwerden der Sudetendeutschen und der übrigen Minder- heitsoölker der Tschechoslowakei richten sich in der Agrarfrage gegen ihre Ausschaltung bei der gesetzgeberischen Vorbereitung und der Durchführung der Agrarreform, gegen die parteiische Bevor» zugung tschechischer Anwärter bei allen Zuteilungen. In der Tat ist die Bodenaufteilung im deutschen Siedlungsgebiet obne die bescheidenste Mitbestimmung der ansässigen Bevölkerung offensichtlich unter antideutschen Gesichtspunkten erfolgt. Laut An- gäbe des Bodenamtspräfidcnten haben die Deutschen , die ein Viertel der Gesamtbevölkerung ausmachen, kaum ein Fünf- zehntel des bisher verteilten Bodens erhalten. Außenminister Dr. Benesch hat bei der Abwehr einer deutschen Beschwerdeschrist vor dem Völkerbunde das Verhältnis aber noch als weit ungünstiger eingestehen müssen. Hervorzuheben ist, daß der Eintritt deutscher Parteien in die Regierung auf die minderheitsfeindlichen Methoden des Bodenamtes bisher keinen Einfluß ausgeübt hat. Ungelöst ist vorläufig die Frage der Wälder re form. Die beschlagnahmten Waldslächen betragen 2 433 333 Hektar, 62,7 Proz. des Forstbestandes der Tschechoslowakei . Darauf erhebt in erster Linie der Staat Anspruch Dem gegenüber vertreten die deutschen Sozialdemokraten die Forderung nach Uebernabe der Wald- wirtschastskomplexe an Zweckoerbände der Gemeinden, weil sie darin eine Möglichkeit zur wirtschaftlichen und kulturellen Emporhebung der übervölkerten Grenzgebiete erblicken. Sieg der agrarkapftaliftischen Tendenzen. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß bei der Agrar- Umwälzung in der Tschechoslowakei die agrar k a p i t a l i st i j ch e n Tendenzen gesiegt haben. Wohl sah das Zuteilungsgesetz indi- viduelle und gemeinnützige Lösungen in ebenbürtiger Wertung v v r. Im Zuge der Besitzauslösung des Großgrundbesitzes drangen die individualistischen, ograrkapitalistischen Lösungen aber immer mehr durch, die genossenschaftlichen und gemeinnützigen Ursprungs- ziele blieben mit kaum nennenswerten Ausnahmen unerfüllt. Dos vorläufige Schluhergebnis ist eine folgenschwer« poli- lisch-soziale Umschichtung der Landbevölkerung. Die Landarbeiter als das verläßlichste klassenpolitische Element im Dorfe wurden d ez i m i« r t, die Reste dieser Berufsgruppe dem durch keine feudalen Hemmungen geschwächten Ausbeutungsdrang einer neuen Erundherrcnklasse ausgeliefert, die aus der Restgüter- Zuteilung hervorging. Die neuen Grundherren entsprossen dem Schöße der tschechischen Agrarpartei, der alte Gegensatz zwischen dem bäuerlichen und dem feudalen Agrariertum ist damit ver- schwunden. Mit dem Großgrundbesitz wurden auch ein halbes Hundert Zuckerfabriken, Hunderte von Brauereien, Mälzereien, Mühlen, Spiritusbrennereien usw. unter dem Schlagwort„Ver- bäuerlichung der landwirtschaftlichen Veredelungsindustrie" dem tschechischen Agrarkapital und dem ihm verbündeten Finanz- kapital in die Hände gespiell. Aus der Verschmelzung des alten Feudalbesitzes mit dem Besitz Hunderttausender kapitalistisch orientierter Bauern ist«ine gewaltige Kapitalsmacht entstanden, die — eine einzigartige Erscheinung in Europa — auch das Industrie. und Finanzkapital des Landes unter seine Botmäßigkeit zu bringen versucht. Politisch ist der Effekt des Dcsitzwechsels dos Emporschnellen der tschechischen Agrarpartei im Jahrfünft 1923 bis 1926 von 633 333 auf 973 333 Wählerstimmen. So ist auch die Ent- Wicklung in der Tschechoslowakei ein Beweis dafür, daß agrarische Revolutionen, die nicht zuletzt von den Vorstößen des Industrie- Proletariats ausgelöst wurden, sich in ihrer Eigengesetzlichkeit schließ- lich gegen das Proletariat wenden können. W. I., Prag .
die Rentabilität üer Wasserstraßen. Unterlassungen der Reichsbahn. Die Ausführungen, die Generaldirektor Paul Silverberg am Freitag vor dem Enqueteausschuß zur Frage„W i r t s ch a s t und Wasserstraßen" gemacht hat, verdienen heute, im Augen- blick verschärften Kampfes um die Kanäle, besondere Beachtung. Nach Auffassung Siloerbergs könnte die Eisenbahn sämtliche von den Kanälen erwarteten Leistungen ohne weiteres ausführen, wenn sie die neue st en technischen Verbesserungsmöglich- leiten voll ausnutzte: den Großgüterwagen, die Schwer- lokomotive und die durchgehende Güterzugbremse. Das setzt freilich voraus, daß auch an dem Oberbau der Eisenbahn gewaltige Ler- stärkungsarbeiten gemacht werden. Demgegenüber würde der Kanalbau unrentabel erscheinen, namentlich, wenn man bedenkt, daß die landläufigen Berechnungen der Kanalbau- kosten die besondere Belastung der Wirtschaft mil dem Bau bzw. der Abschreibung der erforderlichen Be- und Entladevorrich- t u n g e n außer acht lassen. Volkswirtschaftlich gesehen, würde der Kanalbau eine Belastung des anderen Verkehrsunternehmens, näm- lich der Eisenbahn, bedeuten; denn die Kanäle würden in der wasser- reichen Zeit den Eiisenbahnen einen Teil des Verkehrs nehmen, um sie in der Zeit des Frostes und des niedrigen Wasserstandes mit Spitzenbedarf zu belasten. Die Eisenbahn muß also bei einem verringerten Verkehr mit nicht verringerten Anlagetosten rechnen. Da der Kanalverkehr in der Hauptsache nur auf lange Entfernungen in Betracht kommt, würde durch den Kanalbau der von der Wirtschaft augenblicklich geführte Kampf mit der Reichsbahn um die Ermäßigung der Nahtarife aussichtslos werden, denn die Reichsbahn würde sich nicht etwa durch gesteigerte Einnahmen beim Ferntarif entschädigen können. Im einzelnen zeigte der Redner, namentlich an dem Beispiel des Aachen -Rhein -Kanals und des von dem Ruhr-Steinkohlenberg- bau verlangten Hansa-Kanals die Unzulänglichkeit der Argumentation der Kanalfreunde. Etwas freundlicher stellte er sich dem Rhein- Donau-Kanal gegenüber, von dem er sich eine gewisse Ent- Wicklung der bayerischen Elektrizitätswirtschaft verspricht, und dem
er namentlich auch politische Bedeutung behmßk. Wirtschaftlich gesehen dürste man aber, vielleicht nur mit Ausnahme- des Mittelland- kanals, der nun einmal begonnen ist, und den man im gegenwärtigen torsoartigen Zustand nicht belasten kann, das Verlangen nach Ka- nälen ablehnen. Herr Silverberg war in der glücklichen Lage, daß die Interessen der von ihm vertretenen Braunkohlenindustrie sich in diesem Fall mit dem gesunden volkswirtschaftlichen Urteil decken Mag der Kampf um die Nahtarife sowie die besondere Betonung der süddeutschen Elektrizitätsmöglichkeiten eine besondere Angelegenheit der Braun- kohlenindustrie sein, so ist doch die Folgerung, nämlich das Verlangen nach einer technischenSteigerungdesBahnbetriebes und»ach einer Vereinheitlichung unserer Verkehrs- Politik politisch richtig. Es erscheint wirklich unverständlich, daß die bereits vor Monaten oerlangte Zusammenarbeit des Wasserstraßenbeirats-Ausschusses mit dem Reichsbahn-Ausschuß -immer noch nicht zustande gekommen ist. Vielleicht gibt dar- über das Verkehrsministerium bei nächster Gelegenheit Auskunst. Daß aber auch die technische Modernisierung der Reichsbahn in ihrem Tempo durchaus hinter der Theorie zurückbleibt, die die Reichsbahn in der Polemik gegen die Kanalfreunde anführt, haben wir wieder- Holl betont. Auch über dieses Kapitel: die unzulänglichen Neu- lnoestitionen der Eisenbahn, ist das Reichsoerkehrsministerium der Oejfentlichkeit noch Auskunft schuldig.
Nückgang öer Arbeitslosigkeit! Für die zweite Januarhälfte wirt) in den Ziffern der Hauptunter- stützungsempfänger ein leichter Rückgang gemeldet, und zwar von 1 838 333 auf 1 826 333, also eine Verringerung von rund 12 333 oder 3,7 Proz. Bemerkenswert ist, daß dabei die Zahl der m ä n n- l i ch e n Hauptunterstützungsempsänger nicht gesunken, sondern von 1666 333 um 3333 auf 1 668 333 gestiegen, während die Zahl der weiblichen Hauptunterstützungsempfänger von 283 333 u in 16 33 3 auf 268 333 zurückgegangen ist. Die kürzlich für Berlin gemachte Beobachtung steigender Arbeitslosigkeit männlicher Kräfte bei stärkerem Rückgang der weiblichen Erwerbslosigkeit wird damfi für das g e s a m t e R e i ch bestätigt. Es muß allerdings berücksichtigt werden, daß in den Ziffern der Hauptunterstützungs- empsänger die Zahl der A u s g« st e u e r t e n sehll. Gegenüber der entsprechenden Zell des Vorjahres wird also auch jetzt noch wohl kaum ein« Besserung festzustellen sein. Immerhin ist beachtlich, daß der leichte Rückgang mit der noch vorherrschenden Besserungs- tcndenz der Wirtschaftslage übereinstimmt. KGö.-Erfolge im Januar. ZNitglicderzuwachs, Umsatz- und Spareinlagenstelgeruag. Der erst« Monat im Jahre 1927 bracht« der Äonsum-Genossen- schaft Berlin «inen Zugang von 1966 Mitgliedern. Der Mitgliederbestand ist damit auf 146 612 gestiegen. Der Gesamt- Umsatz im Januar belief sich auf 3 133 344.81 M.; gegenüber dem gl«ichen Monat des Vorjahres bedeutet das Januar-Ergebnis eine Steigerung von 574 672,73 M. gleich 22,7 Prozent. Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung der konfumgenossenschaftlichen Sparkasse; 261761 M. Auszahlungen stehen 992 769 M. Einzahlungen gegenüber, so daß eine Vermehrung des Einlagebestandes um 741 338 M.«ingetreten ist und nunmehr die Sparkasse über 13 464 622 M. Spargelder ver- fügt. Vom Januar 1927 ab sind die mit 23 Proz. aufgewerte- t e n Beträge der älteren Spareinlagen für die Rückzahlung frei- gegeben worden; die obigen Ziffern zeigen, daß von dem Recht zur Rückforderung fast kein Gebrauch gemocht wird. Die Aus- Zahlungen sind wesentlich niedriger als im Vormonat, während die Einzahlungen alle bisherigen Monatsziffern weit zurücklassen. Die Spareinlagcnvermchrung um rund 31 Millionen Mark im Januar 1927 ist die höchste seit der Währungsstabilisierung._
Starke Devisenabslüsse der Reichsbank. Der Ausweis der Reichs- dank vom Ende der ersten Februarwoche zeigt einen Rückgang in der Anlage der Reichsbankmittel um 73,6 auf 1616,1 Millionen. Die Kapitalanlage der Reichsbank ist damit wieder aus den Stand vor der ersten Dezemberwoche 1926 zurückgegangen.(1632,1 Millionen). Der starke Aufschwung, der für das Jahresende zu verzeichnen war, ging also trotz der Diskontsenkung verloren. Die Wechselbcstände sind um 36,7 auf 1378,3 Millionen gesenkt, womit der Stand der ersten November woche 1926 nur um 33 Mil- lionen überschritten und gegenüber der ersten Januarwoche 1927 ein« Senkung von über 315 Millionen zu verzeichnen ist. Die Lombarddarlehen sind um 33,8 auf 47,8 Millionen Zurück- gegangen. Beachtlich ist, daß die auf Girokonto angelegten Gelder auch bis zum 7. Februar weiter zurück gingen, und zwar um 31,2 auf 543,4 Millionen. Der Umlauf an Rcichsbanknoten senkte sich um 136,9 auf 3273,7 Millionen, derjenige an Rentenbank- scheinen um 37,2 auf 1373,9 Millionen. Die Goldbestände bliebe» mit 1834,6 Millionen-'fast unverändert. Dagegen ist sehr auffällig die starke Abnahme der Bestände an deckungssähi- gen Devisen. Nachdem diese in der letzten Januarwoche schon um 83,4 Millionen gesunken waren, ist in der Woche zum 7. Februar eine weitere Senkung um 127.7 auf 293,4 Millionen erfolgt. Dieser starke Rückgang hat bei der Deckung der Noten zunächst die Folge aehabt, daß die Golddeckung infolge der sonstigen Entlastung der Reichsbant zwar von 63,3 auf 66 Proz. gestiegen ist, diejenige durch Gold und deckungsfähige Devisen zusammen dagegen in der gleichen Woche von 66,2 auf 65 Proz. sank; eine entgegengesetzt« Tendenz in der Deckungsbewegung also, die noch selten zu verzeichnen war. Heber die G r ü n d e dieser großen Devisenabgaben saat die Reichsbank leider nichts, obwohl es notwendig ge- wesen wäre. Man wird aber annehmen dürfen, daß die geringe Neuaufnahme von Auslandsanleihen im Zusammenhang mit der Bewegung des Außenhandels, der niedrige Zinsfuß und fällige Zahlungen an das Ausland den Devisen zu f l u ß mit der Devisen- nachfrage in ein Mißverhältnis gebracht haben wird. Die Maschinenindustrie im Iannar. Wie vom verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten gemeldet wird. Hot der Monat Januar wie in der Gesamtwirtschaft, so mich in der Maschinenindustrie keine wesentliche Aenderung der Lage gebracht. Der Auf- tragsein gang erfuhr im ganzen kaum eine Veränderung. Besonders im Auslandsgeschäft scheinen im allgemeinen keine weiteren Fortschritte erzielt worden zu sein, wo die Abschlüsse leicht an den von der Ausland-kundschaft geforderten Zahliinaserle'chte- rungen und weitgehenden Krediten scheitern. Der Beschäftigungsgrad der deutschen Maschinenindustrie war im Berichts- monat etwa der gleiche wie am Ende des vergangen«» Jahres. Wo in den letzten Monaten übernommene Austräge in Arbeit genommen werden konnten, wurden auch mancherorts die Belegschaften in engen Grenzen durch Neu- oder Wiedereinstellungen verstärkt. Ein gewisser Rückgang der Kurzarbeit ist zu verzeichn«», von der aber immer noch etwa 15 Proz. der Gesammrbeiterbelegschaften der Maschinenindustrie betroffen werden. Die Aussichten für die nächsten Monate werden im allgemeinen nicht ungünstig, wenn auch nicht optimistisch beurteilt. Zum Schluß betont der Bericht, daß Erhöhung der Rohstoffpreise, Lohn- und Gehaltserhöhungen und ander« Einflüsse die leichte Geschäftsbelebung wieder zum Stillstand bringen könnten. So wenig wir die besondere Lage der Maschinen- industrie verkennen, so haben wir aber doch den Eindruck, daß der Bericht di« Lage schwieriger erscheinen läßt, als si« nach den nicht unerheblichen Auflragszugängen der letzten Monat« sein kann.