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Bürgerblock gegen Reichseinheit

Politische Bedeutung des Finanzausgleichs.

Die Reichstagsmehrheit des Bürgerblods hat unter dem Drud Bayerns   den Finanzausgleich unverändert an genommen. Die Bayerische   Boltspartei bildet innerhalb einer Rechtsregierung im Reiche das Bünglein an der Wage. Sie tann deshalb mit der Drohung, die Regierungstoalition zu sprengen, einen weit über ihre zahlen mäßige Stärke hinausgehenden Einfluß ausüben.

Es kommt hinzu, daß alle bürgerlichen Parteien des ewigen Streites zwischen Reich und Bayern   müde find. Man anerkennt zwar, daß die Konflikte der letzten Jahre faft immer von Bayern   hervorgerufen worden sind und das Reich im Recht war. Aber man fühlt sich nicht start genug, den Konflikt auszutragen. Ebenso, wie man die Deutschnationalen mit der Republit auszuföhnen trachtet, indem man sie zur Herrschaft in der Republik   zuließ, will man die Banern mit dem Reich ausföhnen, indem man ihnen den stärksten auf die Reichs­geschäfte einräumt.

Der Kampf um die Arbeitszeit.

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Fortsetzung der Debatte im Reichstag. Eine Zierde der Scharfmacher.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns

Der Reichstag   fette heute vormittag die erste Beratung des gegen die Regierungsvorlage, die den bisherigen Bu Arbeitszeitnotgefeßes fort. Es ist fennzeichnend für den Charakter stand noch verschlechtere. Auch der sozialdemokratische Entwurf bringe der Deutschen Volkspartei  , daß sie nicht einen ihrer zwei| teine wesentlichen Besserungen. oder drei Konzessionsschulzen aus den Reihen der Arbeiter und Angestellten als Redner vorschickt, sondern Herrn Dr. Pfeffer, laut Reichstagshandbuch Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes und anderer Verbände in Gotha  ". Haben diese Arbeitervertreter" freiwillig aufs Bort verzichtet, oder sind sie von den in der Deutschen  Boltspartei übermächtigen Unternehmeranwälten an die Wand ge­quetscht worden?

Abg. Pfeffer( D. Vp.) behauptete, daß von den Gewerkschaften unnötige Erbitterung in den Streit um die Arbeitszeit­frage hineingetragen worden sei. Auch der Abg. Graßmann habe aus einer wirtschaftlichen Frage eine parteifanatische Frage, ein Dogma gemacht. Die Deutsche   Boltsparter wolle fich den vom Gesetz­entwurf vorgeschlagenen Maßnahmen fügen, weil sonst zu befürchten fei, daß nachteilige Eingriffe in die deutsche   Wirtschaft vorgenommen werden würden. Unter Heiterfeit der Linken verliest der Redner den Brief eines Arbeiters, der behauptet, er wisse nicht, wie er seine freie Zeit bis zum Schlafengehen zubringen jolle, und er möchte gern länger arbeiten.

Schließlich hat Bayern   auf der ganzen Linie geliegt. Alle feine Münsche sind erfüllt worden. Durch die Erhöhung seiner Entschädigung aus der Bierfteuer erhält es fünftig eine Subvention von 45 Millionen Mart fährlich. Das ist eine Erhöhima um 28 millionen: für das Jabr 1927 fogar um 37 Millionen. Durch die Aufrecht: Die Bolkspartei stimme der Vorlage zu, wenn sie auch für erhathing des 8 35 des Finanzausgleichsgefekes wird Banern größere Freiheit in der Bemessung der Arbeits. im Jahre 1927 aus Reichsmitten einen Rufchuk von mindezeit sei. Vor allem müsse man einen unterschied zwischen den ftens drei Millionen erhalten. Meitere drei Millionen erhält Bedürfnissen der großen und fleinen Betriebe machen. Wenn dieser es auf Roften der Industrieftaaten durch eine auf die bayerischen Gefeßentwurf erledigt jei, müffe man auch einer Neuregelung der müniche zugeschnittene Verteilung der Reichssteuern. Ins Arbeitszeit im Bädereigewerbe nähertreten und dabei den Bedürf­gefamt alfo trägt Bayern   eine Beute von niffen der großen und Pleinen Meister mehr Rechnung 43 millionen davon. tragen. Mit der jezigen Vorlage gehe Deutschland   über es sei zu befürchten, das Washingtoner Abkommen hinaus, eine meitere Berkürzung der Berteuerung der Warenpreise führen Arbeitszeit zu einer werde. Ohnehin feien doch in der letzten Zeit Lohnerhöhungen bewilligt worden, daß Bebenten entstehen, daß die deutsche Industrie ihre Wettbewerbs fähigteit auf dem Weltmarkt einbüße. Die Deutsche   Bolkspartei bemühe fich, einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen der Unternehmer und der Arbeiter zu finden.

Banern befindet sich in aroßer Finan not, in weit größerer als irgendein anderes Larh. Es hat ein moedectes Deficit von etwa 100 Millionen Mart. Seine Staats­nerwaltung ist gewaltig aufaebläbi umd überaus to ft. fpielia. Sie stammt zum Teil noch aus der Reit der franzöfifchen Herrichaft und ihre Reorganisation begegnet arokem Widerstand. Sie toftet deshalb ungebeure Summen. Als Agrarftant aber besikt Banern gegenmärtig eine geringere Steuertraft als das übrige Reich, zumal die Banerische Volkspartei affes aetan bat. um aroße Teile der häuerlichen Bevölkerima vollständig von der Einkommensteuer 211 befreien und auch die banerischen Landesftenern niedrimer find als in anderen Reichsteilen. Beraenenmärtigt man sich ferner. dak Banern an die Kirche jährliche Subventionen in Höhe von 32 Millionen zahlt, so hat man einen Ueberblick über die michtiaften Urfachen seiner schlechten Finanzlage. Daher erzwang und nahm Bayern   gerne die Hilfe des Reiches in Anspruch, zumal ohne sie die Herrschaft der Banerischen Boltsrartei auch in Banern erschüttert worden wäre. Wenn aber jedes Land so unbekümmert um das Reich feine Ansprüche durchsehen würde, dann wäre das Ende des Reiches bald erzielt. Bayerns   Forderungen fonnten mur erfüllt werden durch eine Schmälerung der Intereffen des Reiches und auf Roften anderer Länder. In den Debatten im Reichstag haben Breuken   und Sachsen   deshalb aegen Banern Stellung genom men. Aber nicht nur um Brevken und Sachfen willen, sondern im Intereffe des Reiches. Das Reich ist in erster Linie gefchädigt. Es hat den Gedanken der gleichmäßigen Behands nna affer Länder preisgegeben, es hat parteipolitischer Intereffen halber den hohen Geb anten der Reidys

einheit fdymer erschüttert.

Diese Folgen des Finanzausgleichs bebrüden uns weit mehr als feine ungünstigen materiellen Wirkungen. Der Gedante des Einheitsstaates ist im Madsen begriffen ge­mesen und zu ihm bekennen sich heute Kreise. die ihn noch in der jüngsten Vergangenheit heftig bekämpft haben. Aus parteinolitischen Gründen ist in diefe Entwicklung störend ein. gegriffen worden. Der Rechtsblod, aus der Furcht vor den fozialen Ansprüchen der schwachen unteren Boltsschichten entstanden, fann feine Herrschaft nur aufrecht erhalten, wenn er an die rückständigen politifchen Strömun gen Ronzeffionen macht. Herrschaft des Rechtsblocks bedeutet alfo nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch poli tischen Rüdschritt.

Zentrum und Preußenregierung. Die Weimarer Koalition in Preußen bleibt. Anläßlich des Rededuells zwischen dem preußischen Ministerpräsidenten Braun und dem Führer der Reichstags: fraktion des Zentrums, Abg. Guérard, erschienen in einem Teil der Bresse   über die Aussichten der Regierungs toalition in Preußen die verschiedensten Mutmaßungen. Es gab Blätter, die das gegenwärtige Roalitionsverhältnis in Breußen bereits an ihrem Ende fahen und mit einem halbigen Eintritt der Deutschnationalen rechneten. All das find wie der Barlamentarische Dienst" des Zentrums in feiner jüngsten Ausgabe erklärt banale Phantasien. Es ist nach der gleichen Quelle auch falsch, daß der Reichs­fanzler Marg selbst einen Schritt unternommen habe, um dem preußischen Zentrumsminister und der preußischen Land­tagsfraktion des Bentrums zu bedeuten, daß die politischen Richtlinien des Zentrums in Preußen und im Reich harmonieren müßten. Börtlich heißt es dann in dem Barlamentarischen Dienst" des Zentrums:

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,, Richtig ist vielmehr, daß sich die preußische Zentrumsfraktion mit den in der Reichspolitik gegenwärtig schmebenden Fragen des Finanzausgleichs überhaupt noch nicht be schäftigt hat. Mit feinem einzigen Wort und mit teiner einzigen Handlung ist von seiten des preußischen Bentrums irgendwie eine Einwirkung auf das Reichstagszentrum und seine politische Einstellung unternommen oder auch nur versucht worden. Daß die preußische Staatsregierung die jetzt vollzogene Regelung des Finanzausgleichs nicht in allem billigt, ist eine schon längst be­tannte Angelegenheit. Die Stellung der preußischen Staatsregierung in diesen Dingen ist ja auch vor kurzem erst ganz offen im Haus haltsausschuß des Preußischen Landtags   besprochen worden. Richtig ist allerdings auch weiterhin, daß die vom preußischen Minister präsidenten im Reichstag abgegebene Brotesterklärung der preußischen Landtagsfraktion des Zentrums nicht vor­gelegen hat, deshalb auch gar nicht Gegenstand irgendeiner Stellung nahme bilden tonnte und daß die Formulierung in der von preußischen Ministerpräsidenten schließlich vorgenommenen Art auch den beiden preußischen Zentrumsministern nicht bekannt war.

Es trifft allerdings zu, daß im Zusammenhang mit biefen aus der Erklärung des preußischen Ministerpräsidenten sich ergebenden

daß

Brief wohl in irgendeinem Unternehmerverband Abg. Rädel( Komm.) meint, daß der vom Abg Pfeffer verlesene fabriziert worden sei. Die beutsche Arbeiterschaft sei jetzt bereit, ben Rampf auf einem Gebiet aufzunehmen, das von jeher eines ihrer wichtigsten Kampfgebiete war.

Der Kampf um den Achtstundenfag fei ein Stüd kulfurfampf. Daß der nach der Revolution errungene Achtstundentag wieder verlorengegangen sei, daran trage die Sozialdemokratie mit Schuld. Auf eine Zwischenbemerkung des sozialdemokratischen Abgeordneten Lipinsti ruft der Redner: Sei ruhig Lipinski. Du bist einer der größten Reaktionäre!( Stürmische Zustimmung der acht Kom­munisten, die gelangweilt dem Vortrag ihrers Vertreters zuhören und Heiterfeit bei den wenigen sonst noch anwesenden Ab. geordneten). Der Redner wendet sich dann in längeren Ausführungen

Meinungsverschiedenheiten eine gemeinsame Be­fprechung der Mitglieder des Vorstandes der Reichstagsfraktion des Zentrums wie des Borstandes des preußischen Landtagszentrums ftattgefunden hat. Man hat bamit lebiglich die vor einiger Zeit mit außerordentlichem Rugen aufgenommenen gemeinsamen Be­fprechungen zur gegenseitigen 3nformierung mit dem 3wede der Erzielung einer einheitlichen Stellungnahme fortgeführt. Die Parteileitung, insbesondere der Parteichef und Kanzler Marg haben damit nur pflichtgemäß und im Intereffe der Partei gehandelt. Bon Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Reichstags. zentrum und dem preußischen Landtagszentrum fann gar keine Rede sein."

Mit diesen bestimmten Erklärungen dürften die Mut maßungen, wonach das Zentrum die preußische Koalition sprengen will, wohl erledigt sein.

Stresemanns Klage.

Beklemmungen wegen des drohenden Konkordats.

Die Deutsche   Boltspartei hat dieser Tage eine sogenannte Kulturtagung abgehalten, bei der auch ihr Führer, der Reichsaußenminister Dr. Stresemann erschien und das Wort zu einer Ansprache nahm, die nach mehr als einer Seite Intereffe verdient. Stresemann   beschäftigte sich hauptsächlich mit der Frage des drohenden Konkordats mit dem Batikan. Er befürchtet, daß neben den Vereinbarungen Bayerns   mit der Römischen Kirche   jetzt auch noch eine ähn liche Vereinbarung mit Breußen zustande käme. In diesem Busammenhange gab er seinem besonderen Bedauern darüber Ausdrud, daß sein Parteifreund Dr. Boelig nicht mehr an der Spiße des preußischen Kultusministeriums stehe:

Wenn unsere Partei in der Lage gewesen wäre, im Ber­lauf der letzten Jahre auf die Entwicklung praktisch stärkeren Einfluß zu nehmen, so wäre die Lage in bezug auf das preußische Ron forbat eine andere als jetzt. Denn wegen diefer Frage die Bolts partei auszuschalten, hätte eine ganz andere Bedeutung in der Deffentlichtelt gehabt als jetzt, wo die preußischen Koalitionsparteien unter sich find. Es fragt sich noch das eine, was von unserer Seite aus geschehen tann, um diese Entwicklung zu hemmen, die vielleicht für eine ganze geschichtliche Periode unseres Geiftes lebens bestimmend ist. Ich möchte das eine sagen: Daß diese Fragen aufgetaucht sind, bedauere ich dann nicht, wenn sie auch ausgefochten worden. Es ist auch für die deutsche politische Erziehung ein Plus, wenn einmal der deutsche Bürger erfährt, daß es noch andere Dinge als Handelsverträge, Hauszinssteuer usw. gibt.( Lebhaftes Sehr richtig!) Ich glaube, hier bietet sich für uns ein sehr großes Feld der Betätigung. Ich weiß nicht, ob wir parlamentarisch start genug sind, diese Dinge zu hindern. Aber ich entsinne mich aus der Ge­schichte der nationalliberalen Partei, daß einmal ein Schul gefeß gefallen ist, trotzdem die Mehrheit dafür war. Das war, als Bennigsen dazu aufrief, die liberalen Parteien zu einigen und alles zurückzustellen gegenüber dieser Frage. Damals ist die Bewegung weit über die Meere gegangen, das Auslandsdeutschland hat sich daran beteiligt und wurde hingerissen durch die Bewegung in Deutschland  . So sollten wir auch jetzt andere Fragen geringer schäßen und die Parteiarbeit einmal ganz bewußt auf diese Frage hinlenken. Ich bin der Ueberzeugung, daß unser Einfluß in diesen Fragen weit hinaus geht über die Grenzen der Partei. Wir werden durch unsere Stellung beftimmen fönnen, was andere große Parteien in diesen Fragen tun. Es gibt große bürgerliche Parteien, die es nicht wagen fönnen, in dieser Frage reaffionäre Wege zu gehen, wenn wir dagegen proteffleren, weil dann Millionen ihrer Wähler

zu uns fommen.

Diese Stellungnahme Stresemanns hat ihre besonderen Reize. Sein Bedauern über das Ausscheiden des Dr. Boeliz

wirft dem kommunistischen   Redner vor, er habe sich bei der be sprechung der Vorlage Uebertreibungen zu schulden fommen lassen. Seinen Angaben sei fein voller Glaube zu schenken, enthalte doch auch ein von der kommunistischen   Fraktion zu dem im Ruhrkohlen­bergbau gefällten Schiedsspruch erst vor wenigen Tagen ein­gebrachter Antrag falsche Angaben. Herr Rüdel habe auch die Berbesserungen verschwiegen, die der Schiedsspruch bringe. Im Bergbau hätten die Arbeiter bisher lieber zweimal pier anstatt vier mal zwei oder gar sechs mal eine Ueberstunde in der Woche ent­schieden und das werde jetzt gesetzlich geregelt.

Die Berbindlichkeitserklärung sei oft deshalb ausgesprochen wor den, weil sie mehr gebracht habe, als wenn der Streit durch Kampf ausgetragen worden wäre. In den Jahren 1923 und 1924 sei gerade durch die Verbindlichkeitserklärung verhindert worden, daß die Lage der Arbeiter sich noch mehr verschlechtere. Gegenüber dem Abg. Graßmann behauptet der Minister, für die Ausführung des Washing­toner Abkommens lägen die Hemmungen jetzt viel mehr auf eng­lifcher als auf deutescher Seite, e wie besonders der Kohlenbergbau

zeige, will Deuetschland die Arbeitszeit verkürzen, während sich in England die entgegengesezte Entwicklung zeige.

Dem Abg. Pfeffer hält der Minister vor:

Die Rationalisierung hat bisher noch nicht erfenenen lassen, daß die Unternehmer auch die Arbeiter durch Berkürzung der Arbeits­zeit an ihren Ergebnissen teilnehmen lassen wollen, daher müsse die gesetzliche Regelung fommen.

Die Unternehmer lassen sich noch viel zu sehr von der Auffassung leitene, daß sie den Schwierigkeiten in der Produktion durch über. lange Arbeitszeit und geringe Arbeitslöhne beikommen fönnten. Der Minister sprach schließlich den Wunsch aus daß die Vorlage noch vor dere efterpause verabschiedet werde.

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Abg. Schneider- Berlin  ( Dem.) verweist auf die Berichte der Gewerbeaufsichtsbeamten für 1925, aus denen fich zahlreiche Ueberschreitungen der Arbeitszeit ergeben. Jahre 1926, über das die Berichte noch nicht vorliegen, seien die Berhältnisse gewiß nicht besser geworden. Erst als die Gewerk Schaften ihren Vorstoß gegen das Ueberarbeitsunwesen unternommen hatten, fanden sich die Unternehmerorganisationen zu tariflichen Vereinbarungen bereit. Die jetzige Borlage zeige, daß die ver­schiedenartigsten Kräfte daran mitgearbeitet hätten und

daß darin die Forderungen der christlichen Arbeiter, bei denen außerordentlich große Unzufriedenheit über die bisherigen Zu­stände herrsche, am wenigsten berücksichtigt worden seien. Die Angestellten sollen überhaupt nicht in die Regelung der Arbeitszeitbestimmungen einbezogen werden, trotzdem das vorher mit den Demokraten vereinbart worden sei.

aus dem preußischen Kultusministeriums fommt reichlich spät. Denn die Volkspartei hat ihre Stellung in Preußen freiwillig aufgegeben, um der noch reattionäre. ren deutschnationalen Bruderpartei die Bahn zu öffnen. Es war feine Rede davon, daß etwa wegen ihres fulturpolitischen Standpunktes die Bolkspartei ausgeschaltet worden wäre, wie man aus den Aeußerungen Stresemanns entnehmen tönnte. In Preußen begann nur das Spiel, freilich ohne Erfolg, das Herr Scholz in Insterburg   dann um so erfolg reicher für das Reich einleitete.

Jezt ist Stresemann   den innersten Neigungen folgend, mit den Deutschnationalen zusammen in der Reichsregierung, wobei sein Einfluß rein zahlenmäßig allerdings um ein Drittel perfürzt worden ist. Und die Volkspartei siẞzt jetzt auf den Scherben ihrer Politit fest, wie Marius auf den Trümmern von Karthago  .

Es ist ein nedisches Spiel des Zufalls, daß Stresemann für seine Partei jezt feinen anderen Ausweg sieht, als eine neue große ,, Kulturaftion" mit dem Ziele, den deutsch­nationalen Verbündeten ihre Wähler abzu= jagen. Das mag von seinem Standpunkte aus eine Not­wendigkeit sein, dem Außenstehenden aber erscheint es als ein fehr durchsichtiger Versuch, die Aufmerksamkeit von der arbeiterfeindlichen Wirtschaftspolitik der Boltspartei abzulenten und die Fahne des Kulturkampfes zu schwenken.

Stresemann beim Bismarcktag."

anjage gegen Zentrum und Deutschnationale ertönen ließ, sprach Am gleichen Sonntage, an dem Stresemann die Kampf.

er dann noch in Hannover   als Vertreter der Reichsregierung auf

einem von deutschnationaler Seite veranstalteten Bismardtage". Daß die Reichsregierung fich bei dieser Beranstaltung vertreten ließ, bezeichnete er als ein Symbol". Das scheint uns auch so. Es ist sicher nicht ohne Interesse, daß der 3entrumstanzler Marg seine Zustimmung zu einer solchen Rundgebung für den gleichen Bismard gibt, ber den Rulturtampf in Deutschland  einleitete, zahlreiche fatholische Geistliche einsperren ließ, und das 3entrum Bindthorsts als Reichsfeinde zu behandeln pflegte.

Und es ist weiter amüsant zu beobachten, wie Bismard gerade von dem Führer der Nationalliberalen gefeiert wird, denen er zu seinen Lebzeiten mit Vergnügen attestierte, daß er sie an die Wand quetschen wolle, daß sie quietschen!

Bravo  , Herr Polizeipräsident!

Der Boche" aus dem Film verbannt. Der Polizeipräsident von Paris   hat eine Verfügung erlassen, daß in Zukunft auf Filmen, die in der französischen   Hauptstadt laufen, das Wort Boch e" nicht mehr auf der Leinwand erscheinen darf, sondern durch das Wort 211emand" zu ersetzen ist. Diese Berordnung trifft vor allem die leider noch immer nicht ausgerotte­ten Kriegsheßfilme, die hauptsächlich amerikanischer Herkunft find, wie Die große Parade", die deutsche Skriegsverbrechen" in verhetzender Beise darstellt.

Es braucht kaum gesagt zu werden, daß dieses begrüßenswerte Borgehen des Pariser Polizeipräsidenten den französischen  und deutschen   Nationalisten gleich unangenehm ist. Denn alles, was zur Bölferversöhnung beiträgt, ist bekanntlich ver­dammenswert. Immerhin zeigt sich die Parifer Polizei in diesem Falle bedeutend verständiger, als bie deutsche Filmober. prüfstelle, die Hugenbergs Tendenzfilm Band unterm Kreuz" zugelassen hat, und die deutsche Bürgerblod. regierung, die feierlich an der Erstaufführung dieses schädlichen Filmes teilgenommen hat.