Wer ist öer Menöl'eb? Verfahren gegen„Unbekannt". Die gestohlenen Akten, die von der deutschnationalen Partei- leitung nicht nur angekauft, sondern auch weidlich gegen die Sozialdemokratie ausgeschrotet wurden, schienen ins Meer des Dergesiens versunken zu sein. Aber im Stresemann- Prozeß zu Plauen tauchten sie wieder auf. Die jetzigen Koali- tionsgenossen der Stresemann -Partei haben sich nachweisen lassen müssen, daß sie den A k t« n d i e b st a h l begünstigt und gegen Zahlung von mindestens SlXW Mark sich die Stinkbomben ver- schafft haben, die sie, wie früher gegen bekannte Sozialdemokraten, so jetzt gegen Stresemann warfen. Der Staatsanwaltschaft in Berlin sind die Männer hinreichend bekannt, die diese Aktenberge als angebliches.Altpapier" feilboten und kauften. Es ist nichts gegen sie unternommen worden, es sei denn, daß der Assessor Kußmann sie.sicherstellte" in dem Raum, in den sie durch seine deutschnationalen Freunde um Knoll verbracht waren. Nun bekommt aber, wenn der„Iungdeutsche" recht unter- richtet ist, der gestohlene Aktenberg neues Leben. Stresemanns Per- treter im Plauener Prozeß, Rechtsanwalt Dr. Kuntz, hat nämlich bei der Staatsanwaltschaft ein Versahren gegen Unbe- kannt wegen Hehlerei von gestohlenen oder durch Amtsvergehen erworbenen Akten beantragt und dem Justizminister davon Kenntnis gegeben. Als vermutlich bei diesen Dingen beteiligt oder jedenfalls unterrichtet hat der Rechtsanwalt den deutschnationalen Haupt- geschäftsfllhrer Dr. Weiß, den Oberregierungsrat Goebel, den Kapitänleutnant a. D. K a u t t e r von der Deutschnationalen Partei, den Verleger Bacmeifier von der.Bergisch-Märkischen Zei- tung", den Major a. D. S t e i n(Rumpelstilzchm) aus der Zeiwngs- zentrale des Hugenberg-Konzerns, sowie die Herren Kranz und Knoll benannt. Ferner ist beantragt worden, auch die Frage zu klären, woher die 5000 M. und die übrigen Gelder gekommen sind, mit denen die Akten bezahlt wurden. Die Staatsanwaltschaft sollte den früheren Staatsanwalt, jetzigen Landgerichtsrat P e l tz e r, sowie die Assessoren K u ß m a n n und T a s p a r y fragen. Sie sollte sich auch den sauberen Wolf» gang Breithaupt vornehmen, der ihr vielleicht einiges ver- raten könnte. Sie sollte... Aber sie wird kein sonderliches Interesse daran haben, festzustellen, daß ein gut Teil der Hetze, die gegen hervor- ragende Männer des öffentlichen Lebens betrieben ward, aus dem Attenberg gespeist wurde, dessen Hehler der Staatsanwaltschaft seit Jahren bekannt war, ohne daß sie freiwillig nach dem Stehler gesucht hätte. Wenn nicht der Justizminister den Herrschaften dienstlichen Auftrag erteilt, die Nachforschungen sehr gründlich vorzunehmen, wird die Aktion des Rechtsanwalts Kuntz im Sande verlaufen, wie so vieles andere.. Nummer 12. Schkechi aus der KPD. ausgeschlossen. Die Liste der„linken Kommunisten" im Reichstag hat abermals eine Bereicherung erfahren. Sie enthüll nun auch ein Feld für den Abgeordneten Schlecht, der von der KPD. -Zentrale aufgefordert worden war, sein Mandat niederzulegen, dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen war. Von den ursprünglich gewählten 45 gehören jetzt nur noch 33 der kommunistischen Reichstagsfraktion an. Es ist nicht zu erwarten, daß dieser Bestand bis zum Ende der Legislaturperiode erhalten bleiben wird. Der aus der kommunistischen Retchstagsfraktion freiwillig aus- geschiedene Abg. Dr. R o s e n b e r g hat sich n i ch t auf der Liste der„linken Kommunisten", sondern aus einer anderen eingetragen, die den Vermerk trägt„Bei keiner Fraktion". Auf Ihr steht er nun neben Lange-Hsgerrnaim. Ludendorff und Sefffert als vierter.
Der Kampf gegen üie Arbeitslosigkeit. Beschäftigung bei Notstandsarbeiten in Preuße«. In Preußen sind im ersten Vierteljahr(Januar bis März) dos Kalenderjahres 1S27 täglich im Durchschnitt 78 000 Rot- standsarbeiter beschäftigt worden, und zwar bei Notstands- arbeiten, die nur mit einer Grundförderung aus den Mitteln der unterstützenden Erwerbslosenfürsorge gefördert wurden. 20 000 Er- werbslose, und bei Nosslairdsarbetten, die neben der Grundfärderung auch«ine verstärkte Förderung aus dem Fonds der produktiven Erwcrbslosensürsorge erhalten, rund 38 000 Erwerbslos«. Bon diesen Notstandsarbeitern wurden im Berichtsmerteljahr insgesamt 3123143 Erwerbslosentagewerke geleistct. Hiervon«nt- fallen auf: Meliorationen........... rund 10D Proz. Straßenbauten........... rund 42,2, Anlage von Sport» und Spielplötzen... rund 1t, 8» sonstige Tiefbauten......... rund 81,3 Baustoffherste llung, Vorbereitung von Sied- lungSgelände usw.......... rund 4,7, Der Rückgang der Beschäftigungsziffer bei Meliorationen gegenüber dem Jahresdurchschnitt von 1026(16 Proz.) ist ausschließlich auf die ungünstig« Witterung der Wintermonate zurückzuführen.
Kommunisten als tzelfer üer Unternehmer. Lammers und Letse in Genf gegen Gewerkschosts» forderungcn. Genf . 10. Mai.(Eigener Drahtbericht.) In der Räch- mittagssitzung der Industriekommission der Weltwirsschoste- konferenz, über deren Vormittagssitzung wir bereits im größten Teil der Abendausgabe berichtet haben, sprachen die Genossen Jouhaux, Pugh und Mertens. Zouhaux wandte sich in sehr»irksamer Weise gegen die wteder- Hollen Angrisse der Sowjetvertreter. Er führte dabei den Nachweis, daß die Amsterdamer Gewerkschaftsinternationale stets für die jetzigen Forderungen der Sowjetdelegierten eingetreten sei. Die V«r> treter Sowjetrußlands aber könnten kaum behaupten, daß in Ruß- land die gewerkschaftliche Freiheit gewahrleistet sei. Pugh(England) und Mertens(Belgien ) setzten in geschickter Weise die Gründe auseinander, welche die Arbeiterschaft veranlassen, die Wirtschaftsrationalisierung zu unterstützen, trotzdem sie in oer- schiedcnen Ländern damit keine guten Ersahrungen gemacht haben. In der Handelskommission sprach Genosse Eggert über das D u m p i n g.«kr schloß sich mit allem Nachdruck der von dem schwedischen Vorsitzenden Zydbeck gegebenen Begriffsbestimmung des Dumping an, wonach vom Dumping nur gesprochen werden kann, wenn eine bestimmte Ware auf den ausländischen Märkten billiger oerkauft werde als auf dem inländischen Ma r k t des Erzeugerlandes. Das Valutadumping könne heute als überwunden gellen. Schlimmer als jede andere Art von
In Kreisen der Kommunisten zirkuliert das folgende Dokument, j für das der ehemals offiziell kommunistische, jetzt linkskommuniftische Reichstagsabgeordnete Schlagewerth verantwortlich zeichnet. (dstener örief an die Arbeiter-Delegationen, die von Amerika und Europa nach Sowjetrußland jähren. Lebt Mjasnikow und seine Genossen noch? Werte Genossen! Da Ihr eventuell nach Sibirien fahren werdet, verlangen wir von Euch, daß Ihr die dort in Gefängmssen schmachtenden linken Arbeiter-Kommunisten(Arbeiter- gruppe) und vor allen den Genossen Gabriel Mjasnikow (Tomjk), Nikolai Kusnezow (Barnaul ) und Genossen P o r e st a- t o w(Semipalatinsk ) aufsucht, nüt ihnen persönliche, ausführliche Aussprache haltet und uns Eure Meinung und Eindruck über ihren Zustand und den ihrer Familie sofort berichtet. Ferner bitten wir Euch, folgendes in Rußland zu kontrollieren: 1. Am 27. Dezember 1S24 wurde ein Teil der verhafteten Arbester- kommunisten von Moskau nachts um 3 Uhr in einem Sonderzug unter verstärkter Bewachung der GPU. in die nordischen Wälder Rußlands (Tscherdinsk-Bezirk) verbannt. Was ist mit diesen Genossen weiter geschehen? Verlangt von der GPU. ein genaues namentliches Verzeichnis und die Gründe zu dieser brutalen Maßnahme. 2. Ein illegales Flugblatt der Moskauer „K o m m u n i st i s ch e n Arbeitergruppe" vom 8. Dezember 1924 benachrichtigte davon, daß die 11 verhasteten Mitglieder der Permer(Ural ) Arbeiter- gruppe einen Hungerstreik begonnen hätten mit der Forde- rung eines Gerichtsverfahrens in der O e f f e n t l i ch t e i t. Fordert die Motivierung ihrer Verhastung und forscht nach ihrem Schicksal, denn feit dieser Notiz herrscht volles Schweigen über st«. 3. Weiter bitten wir Euch, bei der Zentral« der GPU. in Moskau unbedingt nachzufragen, was mtt all den anderen ver- folgten Mitgliedern der Arbeitergmppe geschehen ist. Aus den vielen heben wir hervor: Alexander Medwedjew(Moskauer Elektrotrust), K o t s chn o w, Tiunow, Jl i n, Ssorwin, Moissejew, Michailow, Versina, Demidow, Po- l o so w, M a t r o s o w, B a r a n o w. Die Genossen Demidow und Derssna sind, trotzdem st« Mitglieder des Sowjets (Moskau ) waren, ohne Gerichtsverfahren ins Gefängnis geworfen, und auch Medwedjew, gegen den man kein authentisches Anklage- Material finden konnte, wurde trotz schwerer Tuberkulose und siebentägigem Hungerstreik in Hast gehalten. 4. Nikolai Kusnezow sitzt seit Januar 1924 in Sibirien (Barnaul ) im Gefängnis. Während dieser Zeit hat er, soweit die Nachrichten zu uns gelangten,� drei große Hungerstreiks gemacht, wovon der eine 13, ein anderer 1» Tage gedauert hat. Wenn Genosse Kusnezow zu dieser schaurigen Hungerwasse greift, so müssen wir daraus schließen, daß er im Kerker aufs grausamste unterdrückt wird und durch den Hungerstreik einen glühenden Protest in die Welt hinausschreit. Was ist jetzt mit diesem ehrlichen long- jährigen Kommunisten geworden? 5. In Uljanowsk (Simbirst) sind 17 Mitglieder der Arbeiter- opposition verhastet und verurteill worden: B a r i n o w und K o l z o w zu Gefängnishast in Tobolsk (Sibirien ), die anderen in verschiedene entlegene Ortschajten zur Verbannung. Der Arbeiter- kommunist K a p u st i n, der während der Arbeiterunruhen im Don-Bezirk im Jahre 1924 nach Tscheljabinsk (Ural ) zur Verfügung der Partei— angeblich— versetzt wurde, ist jetzt dort als Mitglied der linken Opposition verhastet worden. Tichelsadinsk ist überhaupt der Konzentratianspunkt aller Verhasteten und fast oller verurtcllten Oppositionellen Kommunisten. Besucht sie doch!
6. In der ausländischen Presse war veröffentlicht, daß in Riko» laijew am Schwarzen Meer der Vorsitzende der ukrainischen Räte. P e t r o w s k y, von 46 verhafteten Mitgliedern der Arbeiterkomnm- nisten 26 befreien ließ. Stimmt diese Meldung? Was geschah mit den übrigen 20 verhafteten Kämpfern? 7. Weller verlautbart die ausländische Presse, daß vier Genossen der Arbeilergrnppe im Uralgebiet und vier Genossen in Baku erschossen wurden, weil sie sich, als sie mißhandelt wurden, handgreiflich ver- teidigt haben. Grund ihrer Berhaftung war: man unterschob chnen die Inszenierung von großen Arbeiterunruhen und Streiks. 8. In einer am 17. Februar dieses Jahres von der Opposition der kommunistischen Arbeiter illegal in Iekaterinoslaw heraus- gegebenen Broschüre wird unter anderem die tierische Roh- heit der Ickaterinoslawschen(Swerdlowlk) GPU. beschrieben, die man gegen den Vertreter der dortigen Arbeitcraruppe Nilow an- wandte, welcher unter dem Verdacht stand, sich aktlv in dem illegalen verfolgten Aktionskomitee betätigt zu haben, welches mehrere Streiks in dem Bezirk durchgeführt hat. Nach der Auslieferung an die GPU. verlangte man von Nilow, der sich zurzeit in Einzel- hast im Gefänanishosoital befindet, das Einverständnis der gegen ihn erhobenen Änschuloigung. Auf Nilows entschiedene Weigerung, die ihm gestellten Fragen zu beantworten, ordnete der Untersuchungs- lichter an, ihn nackt anszuziehen und ihm 20 Peitschenhiebe zn geben.! Diese bestialische Handlung ließ man von baschkirischen Rotarmisten ausführen(Mongolen). Nach dieser schrecklichen Mißhandlung führte man den schwerverletzten Nilow, der unter den Armen ge- halten werden mußte, wieder vor den Untersuchungsrichter. Auch diese Peinigung hatte Nilows Schweigen nicht gebrochen. Wut- entbrannt über die Aussageverweigerung stieß der Untersuchungs- lichter ihm mit seinem Gewehrlaus ein Auge aus, und blutüberströmi brachte man Nilow in seine Einzelzelle zurück, wo ihm erst nach zwei Tagen etwas Hilfe gebracht wurde. Die Flugschrift oerlangt die un- verzügliche Verhaftung dieses Untersuchungsrichters der GPU. sowie die Auslieferung des gesamten GPU. -Vorstand«s von Swertlowft an das Gericht. 9. Ueber den Genossen G. Mjasnikow geht unter den aus- ländischen Arbeitern und in der ausländischen Presse das Gerücht umher, daß er von der GPU. Tomsk erwürgk ist, was unter den westeuropäischen Arbeitern große Empörung gegen die Terror!- sterung der linken Proletarier Rußlands hervorruft. Werte Genossenl Wir bitten Euch, gerade aus diesem Grunde unsere Anfragen, die wir ganz brüderlich an Euch richten, nicht mit der üblichen Demagogie und Spitzfindigkeit abzutun, sondern ehrlich als Brüder der gleichen Klasse mit diesen ausgebeuteten russischen Arbeiterkommunisten die Dinge ehrlich zu prüfen, die Tatsachen der Ungerechtigkeit zuzugeben und Euch als Proletarier und Kämpfer für die Befreiung der schmachtenden Genossen einzusetzen und gegen alle anderen wiloeren Repressalien gegen die linken Kam- munisten ebenfalls Front zu machen. Dadurch, werte Genossen, werdet Ihr wirklich mehr Vertrauen und Sympathie bei der Welt- arbeiterschaft gewinnen und tatsächlich einen Schrttt zur Sache der revolutionären Einheitsfront gegangen sein. Internationale linkskommunistische Föderation. Für Deutschland : Lauterbach . E. G nillisch. Für Frankreich : F. D u p o n t. Für England und Schottland : Guy Aldred . Für Rußland : Iwan Karpelansky, Ehruschenko. Für die Tschechoslowakei : Anton Johann S w e t l i k. - Für den Orient: Ali A k b a r(Indien . N a m a d a(Iapan). Für Polen : W. M u s z y n s ki.
Dumping sek das soziale Dumping, durch das Länder mit niedrigem Lebensstandard die in Ländern mit höherem Lebensstandard er- zeugten Waren auf Kosten der Arbeitsbedingungen und Lebens- hallung dieser Länder unterbieten. Aber auch das Dumping, so wie es vom Vorsitzenden definiert worden sei. sei schädlich und wirke Handels störend. Man werde sich aber überlepen müssen, ob eine Antidum- pinggesetzgebung«irklich das Ucbel an der Wurzel treffe. da sich nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch wiederholt erkennen liehe, daß die Antidumpinggesetzgebung häufig zum Pro- tektionismus führe, während in Wirklichkeit ein Land, das eine Antidumpinggesetzgebung erlasse, doch auch die moralssch« Ber- pflichtunz habe, das Dumping im eigenen Lande zu bekämpfen. Auch fei eine Antidumpinggesetzgebung nicht mit dem Begriff der Meistbegünstigung vereinbar. Schließlich erinnerte Eggert an das Dumping, das aus gewissen politischen Bedingungen heraus einem Lande ausgezwungen werden kann, wodurch gewisse Staaten genötigt find, auch unbedingt mit ihren Waren auf den Weltmarkt zu komme«. Der Vertretar des Reichsverbandes der deutschen In» dustrie, Dr. L a m m e r s, hat sich mit seinen Ausführungen in Genf ähnlich wie früher Herr von Siemens zum Sprecher jener Unternehmerkreise gemacht, die mit ihrer Ablehnung einer Kaufkrasterhöhung und einer Wirtschasts- demokratie sich in st ä r k st e n G e g e n s a tz zu den berechtigte« Federungen der Arbeiterschaft stellen. Die Be- hauptung, daß eine Mitwirkung der Arbeiter bei der Kon- trolle der Kartelle preiserhöhend wirken könne, ist geradezu absurd. Wenn hohe Löhne die Konkurrenztraft der Exportindustrie einschränken, so ist es unverständlich, warum die deutschen Unternehmer gerade die Konkurrenz A m e- rikas, des Landes der höchsten Löhne fürchten. Lammers setzte sich in Widerspruch mit seinen eigenen An- schauungen, wenn er die Mitwirkung der Arbeiterschaft für die Kartellpolitik als bedenklich ablehnte und gleichzeitig an- erkennend hervorhob, daß die Arbeiterschaft bei der R a- tionalisierung in Deutschland mit großen Opfern mit- gewirkt habe. Den Unternehmern kommt es offenbar darauf an, auch die Tribüne der Weltwirtschaftskonferenz dazu aus- zunutzen, um ihre«irtschaftspolitischen und sozial reaktionären Auffassungen auf breitester Basis zu»er- treten, anstatt unter Hintansetzung der Gegensätze zunächst einmal die Stimmung der Welt in»inem für Deutsch land günstigen Sinne zu beeinflussen. Ihre Taktik dabei wird nur übertroffen von dem Kommuni st e n L e t s e, der nicht nur in russischer Sprache, son- dern auch mit russischen Verhandlungsmethoden operierte. Nachdem sich noch am Montag der Russe Sokolnikow in heißem Liebeswerben um die Gunst der kapitalistischen Re- gierungen anderer Länder bemüht hat, sah sich Letse gestern veranlaßt, eine kommunistische Radaurede zu halten, die die Sache Rußlands vor der Weltwirtschaft höchstens lächerlich machen kann. Anders ist es nicht zu verstehen, wenn Letse ausgerechnet das von den Kapitalisten der Welt stark besuchte Genfer Forum dazu benutzte, um gegen die Gewerkschaften
zu polemisteren und den Sozialdemokraten Sympathien mit dem Bürgertum vorwarf, dem sich vorgestern Sokolnikow an den Hals geworfen hat. Aber es kam den Kommunisten nur darauf an, die Sache der Arbeiterschaft schlecht zu machen, und deswegen wirkte seine Rede als eine Unterstützung der Lammers, Siemens und Genossen, die sicherlich dem Sowjetvertreter dafür dankbar � sein werden. Die organisierte Arbeiterschaft außerhalb Sowjetrußlands jedoch wird sich mit Entrüstung gegen das bolschewistische Clownspiel wenden, das in Genf aufgeführt wird, und sie wird daraus lernen, wie wenig Förderung sie von derartigen Kom- munistenhelden zu erwarten hat.
Vas Schicksal öer flmerlkaflieger. Ernste Besorgnisse in Paris . Pari». 10. Mai. (MTV.) Ueber da» Schicksal der beide» französischen Flieger Rungejser und Coli ist noch nicht» bekannt. Da» französische Marineministerium hat den Marinebehörden in Brest und Cherbourg Anweisung gegeben. Schisse und Flugzeuge zu entsenden, die Nachforschungen nach dem Verbleib der Flieger an- stellen und Nachrichten übermitteln sollen. Ein Aviso, ein Torpedoboot, zwei Unterseeboole sind bereit» von Eherbourg in See gegangen. ferner sind drei Wasserflugzeuge aufgestiegen. Pari», 10. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Bis �12 Uhr nachts lag hier überhaupt teineneue Nachricht vor. Am Nachmittag war eine Meldung aus London eingetroffen, wonach der Kapitän eines amerikanischen Dampfers„Republic", der sich unterwegs nach Bremen befand, einen Funkspruch aufgegeben hätte des Inhalts, daß er das Flugzöug Nungessers und Collis am Sonntag mittag 320 Kilometer westlich der irischen Küste gesichtet hätte. Das fron - zvsische Lustfahrtministerium setzte sich sofort mit diesem Dampfer funkentelegraphisch in Verbindung und erhielt von dem Kapitän die kategorische Antwort, daß er n i e ein derartiges Funkentele- gramm aufgegeben und das vermißte Flugzeug überhaupt nicht gesehen hätte. Die einzige amtliche Mitteilung, die das Luftfahrt- Ministerium am heutigen Tag« herausgegeben hat, besagt lediglich, daß Nungesser am Sonntagvormittag Z�ll Uhr ander irischen Küste gesichtet worden sei. Ueber das Schicksal der beiden Vermißten herrscht jetzt in Paris ausgesprochener Pessiimsmus, zumal, wie jetzt hervorgehoben wird, ihr Flugzeug eigentlich gor kein Wasserflugzeug war, sondern lediglich mit einer Notvorrich. wng zum Schwimmen oersehen war. Ein Niedergehen auf hoher See müßte daher auch unter normalen Umständen für die Flieger sehr schwierig gewesen sein, um so schwieriger bei dem in den letzten Tagen herrschenden schlechten Wetter. Auch von dem Flugzeug Saint Romane» und seiner zwei Begleiter, das den Atlantischen Ozean von Afrika nach Brasilien erfolgreich überquert, aber sogleich die Rückreise angetreten hatte und seitdem vermißt wird, liegt keinerlei Nachricht vor. Wäh- rend im Falle Nungessers noch nicht alle Hoffnung aufgegeben ist. gelten Saint Romanes und sein« Begleiter schon jetzt als ver- loren, da ihr Flugzeug trotz der eindringkicheii Warnung des Marineministeriums überhaupt keine Schwimmvorrichtung besaß.