Diese Zlusführungn zeigen, daßvomReichsgerichi l er Schutz der Weimarer Verfassung nicht zu erwarten i st. Artikel 48 der Verfassung gestattet dem Reichspräsidenten , wenn im Deutschen Reich die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gK,airt oder gefährdet wird, -die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit'n gen Maßnahmen zu treffen. Diese Vorschrift ist z r in Schn» e der Verfassung erlassen. Hat das Reichsger i: etwa geglaubt, daß es Herrn Claß darum zu tun gewesen ist, den Bestand der Weimarer Verfassung zu garantieren? Er wollte i'nter dem Vorwand einer drohenden Störung der öfsentüchen Sicherheit und Ordnung, die damals von keinem andern als ihm und seinen Spießgesellen bedroht war, in Wirklichkeit den Artikel 48 zur Auslösung des Reichstages und zur Aenderung des demokratischen Wahlrechts der Verfassung mißbrauchen. War dieses Wahl- recht erst durch ein Zensuswahlsystem ersetzt, so konnte das deutsche Kaisertum wieder auferstehen. Wenn das Reichs- gericht den hochverräterischen Charakter solchen Bestrebens leugnet, foermutigtesgeradezuzueinerUeber- tragung in die Wirklichkeit. Es besteht nach Ansicht des Reichsgerichts kein Anhalt dafür, daß Herr Claß die Verwendung der Notverordnung des Herrn o. d. Pforten beabsichtigt hat? Haben die Herren vom Reichsgericht sich nicht gefragt, mit welchen anderen Mitteln als denen der brutalen Gewalt die Minister von Claß' Gnaden im Besitz der Macht sich hätten halten können, angesichts des erbitterten Widerstands, auf den sie bei der deutschen Arbeiterklasse gestoßen sein würden? Wenn Herr Claß es mit seiner Würde vereinbar gefunden hat, die Friedlichkeit als sein Ziel und seine Abneigung gegen die Gewalt als Beschuldigter zu versichern, so hat er das mit sich abzumachen. Ein Tausendstel des Mißtrauens, das das Reichsgericht gegen kommunistische Angeklagte hegt und durch zahllose Urteile bewiesen hat, würde es von seinem einfach unverständlichen Beschluß abgehalten haben. Die Feinde der Weimarer Ver- fassung auf der Rechten und auf der Linken haben das eine miteinander gemein, daß jeder von ihnen nicht gegen die Verfassung, sondern nur gegen den anderen in Aktion treten zu wollen behauptet. Den Kommunisten versagt das Reichs- gericht darin den Glauben, den es den Leuten von rechts schenkt. Die Rechtspresse jubelt, wie sich von selbst versteht. Sie hat allen Anlaß dazu. Ist doch jetzt aller Welt klar, daß ein Rechtsputsch nur einigermaßen vorsichtig angelegt zu sein braucht, damit seine Urheber vom Reichsgericht unbehelligt bleiben. Aber so ernst diese Tatsache auch stimmen muß, man kann sich des Lächelns nicht erwehren, wenn man im deutschnationalen„Lokal-Anzeiger" des Herrn Hugenberg Worte der Entrüstung darüber liest, mit„welcher geradezu verbrecherischen Leichtfertigkeit die schlimmsten Beschuldigun- gen gegen ehrenwerte und hochangesehene Männer des öffentlichen Lebens im heutigen Deutschland zusammen- phantasiert und zusammengelogen werden". In diesen Worten ist wahrscheinlich eine Anspielung auf die Tatsache zu erblicken, daß die Deutschnationale Partei es sich 5000 M. hat kosten lassen, um Material für verlogene» ehrabschneide- rische Angrisse gegen den Koalitionskameraden Stresemann in die Hände zu bekommen. Die Weimarer Verfassung scheint bedroht. Das Reichs- gericht lehnt ihren Schutz ab. Eure Aufgabe ist es. sie zu erhalten gegen Verschwörer und gegen Richter, die, wie wir zu ihren Gunsten annehmen wollen, nicht wissen, was sie getan haben!
Die Zentrumsfraktion des Reichstags trat gestern zu einer Sitzung zusammen. Abg. v. Guerard erstattete Bericht über die Ver- Handlungen, die er und verschiedene andere Mitglieder der Zen- trumsfraktion am 8. Ottober mit den Deutschnationalen über die sogenannten Richtlinien gehabt haben. Eine Diskussion über diesen Bericht fand nicht statt.
das Ergebnis öer tzitler-Untersuchung. Der Ausschuß ist ausgewichen. München , 27. Oktober. Der vom Bayerischen Landtag eingesetzte, aus sieben Mitgliedern bestehende Untersuchungsausschuß hat die Vorgänge vom 1. Mai 1923 in München untersucht und stellt als Ergebnis seiner Verhandlungen folgendes fest: 1. Ein Beweis dafür, daß am t. Mai 1923 ein Staats- st r e i ch geplant war, konnte nicht erbracht werden(6: 1 Stimmen). 2. Am 1. Mai 1923 war mit einem aktiven, über die Gesetze und den willen der Staatsregierung sich hinwegsehenden vorgehen der Sampfverbänd« oder einzelner Teil« von ihnen gegen die von der. Staatsregierung genehmigten Matfeierumzüge zu rechnen (mit allen Stimmen). 3. Gegen dieses Vorgehen hat die Staatsregierung unter Einsetzung der staatlichen Machtmittel die erforderlichen Maßnahmen getroffen, zumal von einzelnen Führern der Kampfverbände die Absicht ausgesprochen worden war, sie auch auf die Gefahr eines blutigen Zusammenstoße» hin zu verhindern. Dank dieser Vorkehrungen ist der 1. Mai 1923 unblutig verlaufen (mit allen Stimmen). 4. Wegen dieser Borgänge hat die Polizei im Einverständnis mit dem damaligen Staatsminister des Innern Dr. Sch weyer unter Vorlage der Akten bei der Staatsanwaltschaft Anzeige er- stattet. Diese hat sogleich das Ermittlungsverfahren eingeleitet (einstimmig). ö. Dieses Ermittelungsverfahren ging nach Art und Umfang unbeeinflußt vor sich und war am 1. August 1923 abgeschlosien(mit allen Stimmen). 6. Die Stellung des Sitzungsantrages zum Zwecke der Durch- führung des volksgerichtlichen Verfahrens wurde au» Rücksicht auf die damalige Lage von der Justizverwaltung zeistich verschoben und das Verfahren nach dem Hitler -Putsch und Hitler-Prozeß auf Grund des§ 134 StPO. neuer Fassung eingestellt(mit allen Sitmmen). 7. E» Ist nicht Ausgabe de« Untersuchungsausschusies, ein Urteil darüber abzugeben, ob diese Rücksicht sachlich berechtigt war oder nicht(4:3 Stimmen). Der Untersuchungsausschuß ist aber der Auffassung, daß es für die Beurteilung der für und gegen die Durchführung des gerichtlichen Strafprozesies sprechenden Gründe zweckmäßiger ge- wesen wäre, neben dem damals für die Ausrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit zunächst zuständigen und verantwortlichen Stoatsminister des Innern das Gefamtstaatsministerium zu hören. 8. Cs haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Justizverwaltung in der Absicht, die Angeklagten der gesetzlichen Strafe rechtswidrig zu entziehen, das ftaatsanwalt- fchaftliche oder gerichtliche Verfahren beeinflußt oder eine solche Beeinflusiung versucht hat. Das Gerücht, als ob der bayerische I u st i z m i n i st e r die Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Verfahrens gegen Hitler und Genossen wegen der Vorfälle vom 1. Mai 1923 vor dem Inkrafttreten der neuen Strafprozeßordnung in der Fassung der Verodnung vom 4. Janua 1924 angewiesen habe, ist als unwahr erwiesen. Cine Verurteilung Gärtners. Mönchen. 27. Oktober.(Eigenbericht.) Die Z w i t t e r st e l l u n g, in der sich die Mitglieder der Bayerischen Voltspartei im Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtages infolge ihrer koalitionspolitischen Bindungen befinden, verhindert klare Schlußfolgerungen aus den durch die Beweis- erhebung erhärteten Tatsachen. Zustizminister Gürtner hat sich aus diesen Gründen vor der ihm drohenden Katastrophe retten können. Daß man aber doch in den Kreisen der Bayerischen Volks- parket die Dinge richtig beurteilt, um zunächst die politischen Konsequenzen zu ziehen, beweisen die Ausführungen, die am Donnerstag das offizielle Parteiorgan der Bayerischen Bolkspartei. die„Bayerische Voltspartei-Korrefpondenz" zu dem bisherigen Ergebnis des Untersuchungsausschusses macht. Die Korrespondenz schreibt:
„Es muß mit aller Eind-inglichkeit vor dem Versuch gewarnt werden, die damaligen Maßnohmen der Justizverwaltung, di� zum Ruhen des Verfahrens führten, etwa als h o r m l o s oder alltäglich hinzu st eilen. Es handelt sich vielmehr um- einen außergewöhnlichen Vorgang in der Justiz. Die Verantwortung, die der Justizminister damals auf sich lud, war die drückendste, die er auf sich nehmen konnte. Die Justizverwaltung hat sich damit auf das Gebiet des Möglichen begeben, selbst wenn man die außergewöhnlichen Zeitumstände in Rechnung stellt. Rück- schauend kommt man über das Gefühl nicht hinweg, daß es im Jnteresie der Justiz wohl besser gewesen wäre, wenn man damals die politischen Erwägungen rücksichtslos dem Bestreben untergeordnet hätte, alles zu vermeiden, was sich später einmal als justizpolitischer Fehler rächen könnte. Dia schwerste Belastungsprobe für die bayerische Justiz stand ja noch bevor. Bald sollte sie sich einer geteilten öffentlichen Meinung und einer Angeklagtenschar gegenübersehen, denen alle Begriff« über das Wesen der Justiz abhanden gekommen waren. Die Zeit der Vorbereitung und der Durchführung des Hitler-Prozesse» war eine Zeit unerhörter Zumutungen an die Justiz. Das Verholten der Justiz in der Behandlung der Maioorgänge mußte als Schwäche in den rechtsradikalen Kreisen ausgelegt werden. Immer mehr lebte sich von da ab die Meinung dieser Kreise in die Vorstellung hinein, die Proklamierung nationaler Motive genüge, um aus Unrecht Recht zu machen."
Preußen im Reichsrat. Auf dem Wege zur einheitlichen Stimmabgabe. Zwischen dem preußischen Ministerpräsidenten und den preußischen Prooinzialbevollmächtigten fand gestern im Reichsrat eine Besprechung statt. Der preußische Ministerpräsident legte den Provinzialvertretern die Wünsche der preußischen Staatsregierung über eine einheitliche Stimmabgabe der preußischen Stimmen im Reichsrat dar. Er versprach den geäußerten Wünschen der Provinzialvertreter, die das gleiche Ziel im Auge haben, gerecht zu werden. Das Ergebnis der Aussprache war, daß die Bor- besprechungen, die regelmäßig vor den Plenarsitzungen des Reichsrats im Staatsministerium mit den Prooinzialbevollmächtigten stattfinden, wieder aufgenommen werden.
der tzanfabunü läßt erkläret!. Der Finanzdiktator nur ein Privatprobukt. Der Präsident des Hansabundes, Hermann I i f ch e r. erklärt. die unter der Firma dieses Bundes segelnde D ezr k s ch r i s t über den Segen einer Finanzdiktatur sei nicht als offiziell zu betrachten. Sie sei eher eine Privatarbeit des Generalsekretärs Mosich. Doch sei er persönlich mit ihrem Inhalt einver- standen und decke sie.
die Sozialrentner auf üer Saar . Stuhrs verantwortungsloser Einspruch unwirksam gemacht. In der Reichstagssitzung vom 22. Oktober, der letzten vor der Vertagung, hatte der nationalsozialistisch« Abgeordnet« Stöhr durch seinen Einspruch vereitelt, daß ein Gesetzentwurs, durch den etwa 4l>l)l>l> bis 30000 Sozialrentner des Saargebiets ein« bedeutende Derbefierung ihrer Bezüge erfahren, noch in dritter Lesung erledigt wurde. Die Regierung Hot daraus jetzt die Angelegenheit aus dem Verordnung«- weg« erledigt und der Reichsrat hat dem zugestimmt, so daß der Schoden , der durch das eitle Verhalten Stöhr» den notleidenden Saarbewohnern zugefügt worden wäre, abgewendet worden ist.
Der«agarische Polizeiches Schweiniher schwor als Zeuge im Kommunistenprozeß die fürchterlichen Mißhandlungen, denen die Angeklagten nach ihrer Angabe von i h m(Schweinitzer) überant- wartet worden sind, damit sie die Lügenprotokoll« unterschreiben, für seinen Teil glatt a b I
Herbsttag. von Else Feldmann . Nach der milden, sternenklaren Nacht ein warmer, sonniger Morgen. Die Sonne strahlt nicht verschwenderisch wie im Sommer. und doch ist sie da: uiüer der dünnen, weißgrauen Wolkenschicht hat sie sich versteckt und macht die Luft lau wie im Süden. Plötzlich kommen von der einen Seite dunkelgraue, fast schwarze Wolken: es wird finster, wie vor einem Gewitter oder vor einem Schneefall. Der Himmel zieht sich zusammen. Von überall her kommen wie groß« Tücher die Wolken: eine deckt die ander«: die Sonne ist spurlos weg. In den Straßen erhebt sich ein kalter, starker Wind. Nun steht man, daß auch die grünen Blätter nur Täuschung waren, denn sie waren schwach und welk, und wenn man eines vom Boden aufhebt, sieht man, daß es schon lange ohne Leben hing, dürr und alt und nur die Farbe erhalten hat. In wenigen Minuten werden die Bäume vom Winde kahl- gefegt—, und die Vögel fliegen verzweifelt umher. Auf der Erde liegt die„Herbstsymphome", gelbe und braune vertrocknete Dinger, die einmal Blätter waren. Es ist plötzlich kalt geworden. Um dies« Zeit wurden im Wohnzimmer die Fenster geschlossen, »md zwischen die Fenster kamen die roten, frischen Winteräpfel. Und wir Kinder bekamen warme Unterkleider und lange, wollene, schwarze Strümpfe. Wenn wir noch Hause kamen mit roten Backen, ein wenig gefrorenen Händen, roch es wunderbar noch den Aepfeln. Und wir saßen und tranken heißen Milchkaffee und aßen Weiß. Prot, fühlten uns wohl in unserem geschützten Zimmer, lasen mit glühendem Kopf die schöne Erzählung von Robinson, während draußen schwer und hart das Leben ging. Jeder sucht zur kalten Herbstzeit Zuflucht im Heim, jeder sucht Frieden, und wir wußten es noch nicht, daß Ruhe und Frieden des Heims davon abhängen, ob da draußen auf den Straßen Ge- rechtigkeit herrscht. * In die Straßenbahn stieg ein« Frau ein. Sie mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein, kam aus der Gebärklinik und hatte den Säugling auf dem Arm. Sie sah nicht aus wie«ine verheiratete Frau der wohlhabenden Stände. An ihrem Finger fehlte der Ring: und auch sonst merkte man es ihr an, daß sie vielleicht nicht immer getan hatte, was„recht und billig" war. Sie war noch ärmer als die Frauen aus dem Volke, die es zeigen und mit der Armut ihres Lebens bekleidet gehen. Sie hatte einen alten, verblaßten Sommer- strohhut auf, der zu der Herbstkälte nicht paßt«. In einer alten, abgenützten, grünen Decke war das Kind verpackt: neben sich hatte sie in Zeitungspapier«in Bündel mit Wäsche oder dergleichen. Dos Kind schrie Näglich, lebensschwach. Wie verlassen mußte die Fnvz jsw, wem niemand sie abgeholt hatte. Ihr Gesicht war
totenblaß. Die mageren, entkräfteten Hände konnten kaum Kind und Bündel halten. Ihr Gesicht mit den traurigen Augen hatte etwas Entrücktes, war von einem Zug« unendlicher Liebe verklärt, wenn sie aus das Geficht des Kindes hinobblickte. Was sind da» gegen die Madonnen der großen Maler, was ist die sixtinische des Rafsael? Wer vermag es, diesen Schmerz- und Glücksausdruck einer verlassenen Mutter wiederzugeben? Büchner hat es getonnt. In„Woyzet" läßt«r Marie sagen: „Bist nur ein arm' Hurenkind und machst deiner Mutter doch soviel Freud ' mit deinem unehrlichen Gesicht." An einer Haltestelle steigt die Frau um. Sie fährt in die Vor- stadt, in die Hölle der Armut. Ihren wunden, schwachen Leib muß sie weiterschleppen: keine liebende Hand hilft ihr. Dort geht sie, überquert die Straße. Der kalt« Herbstwind zaust ihr Haar. Ihr Gesicht ist medergebeugt auf das Gesicht ihres Kindes. So geht sie... Wohin?... ♦ O, wie lange sind sie vorbei, die ruhigen Tage in geschützten Zimmern. Der Kampf der Straße trägt den Kampf in die Häuser und nimmt den Herzen ihren Frieden und sogt: Nie sollst du Ruhe finden, solange es draußen Ruhelose gibt...
Einzeltanz und Gruppentanz. Ihre im Auftrage der Volksbühne veranstastete Vortrags- serie über den modernen Kunsttanz schloß Margarete Wallmann , die Leiterin der Berliner Wigman -Schule, an zwei sehr interesianten Abenden in der Aula des Grauen Klo st er s. Die Entwicklung des modernen künstlerischen Einzeltanzes geht aus von den„Sechs Schwüngen" Labans(hoch, tief, rechts, links, vor, zurück), in die sich alle Bewegungen einordnen lassen. Sie entsprechen ungefähr den„Paraden" der Fechtkunst. den Angrisf- und Abwehrbewegungen der alten Zweikämpfe. Während Laban sich in der Folgezeit überwiegend der wissenschaftlichen und theoreti- schen Ausgestaltung d«s Tanzes widmete(Tanzschrift usw.), arbeitet« Mary Wigman am praktischen Ausbau aus Grund der neuen Lehre. Die beim alten Ballett übliche Ausbildung beruhte auf einem tech- nische» Drill, dem sich alle Schüler ohne Rücksicht auf die persönliche Note des Einzelnen unterwerfen mußten. Die moderne Tanzschule stellt ihren Unterricht von vornherein individuell ein, indem sie— nach Laban— die natürlichen Typen des Hoch-, Mittel- und Ties- tänzers unterscheidet. Die Musik wird der choreographischen For- mung untergeordnet, dient nur zur Unterstützung des tänzerischen Rhythmus und Ausdrucks. Der moderne Tanz bevorzugt, wie es der Tanz der primitiven Völker tut, das Schlagzeug: der Gong begleitet fließende Schwünge, die kleine Trommel stark rhothmisierte, die große Trommel dumpf«, tiefe Bewegungen, das Becken gibt heroischen oder phantastifch-spukhaften Themen die tönende Fär- bung. Di« reinste, absolute Formung der tänzerijchen Vision sieht die moderne Schule im musiklosen Tanz, der sein höchstes Ziel, die rhythmisch bewegt« Gestaltimg de» Raum», M klarer, durch keine
außertänzerischen Eleniente beeinflußter Form zur Erscheinung bringt. Wie der modern« Einzeltanz hat auch der Gruppentanz sich im Gegensatz zum Ballett entwickell, dessen Ensembletänze nur eine Mosaik nebeneinander geordneter Einzelbewegungen sind. Heute herrscht wie in den Tänzen der primitiven Völker der Wille zur Tanzgemeinschaft, in der«in einheitliches Fühlen nicht nur die äußere, sondern auch die innere Präzision der Bewegung schafsl. Die Hingebung an ein« gemeinschaftliche Sache hat zur Folge, daß ein einheitlicher Geist in der modernen Tanzgruppe lebendig ist, der ein körperliches Zusammenklingen aller Gruppentänzer bewirkt. Der moderne Gruppentanz ist ein Orchester der bewegten Körper. Die Inhalte seiner Tänze lassen sich mit Worten nicht wiedergeben: das, was in ihnen zum Ausdruck kommt, ist nur durch tänzerische Mittel zu gestalten. Der Unterschied zwischen einem rein mecharn- schen und einem auf innerer Uebereinstimmung beruhenden Zu- sommengehen wurde durch Mitglieder der Wallmannschen Tanz- gruppe deutlich gemocht. An den Themen„Trauer",„zzreude", „Kampf",„Sieg" lernte man das Wesen der alten starren Pose und deren Umsetzung ins modern Tänzerisch« kennen. Man sah an einfachen Beispielen der Raumgestaltung, wie eine tänzerische Dia- zonale entsteht, wie sich die Gruppe um einen Kern kristallisiert. wie sie sich schließt und öffnet usw. Zum Schluß gab es— als Ueberraschuntf— einen auserlesenen Kunstgenuß: Lilian Es per» n a k, die Assistentin der Berliner Wigman -Schule, sowie Pella S ch i r m e r und Guri T h o r st e i n s s o n, die bekannten Mit- glieder der Wigman -Gruppe, führten, begleitet von Willi G o e tz e. dem genialen musikalischen Mitarbeiter der Wigman , einig« Einzel. und Zweitänze vor. Die an beiden Abenden sehr zahlreich erschienene Zuhörerschaft spendete sowohl der Vortragenden wie den Künstlerinnen lebhaften Beifall. Der Zweck, den die Volksbühne mit der Veranstaltung dieser Vorträge erstrebt hat, ist— dank Margarete Wallmanns gehallvollen, klaren und fesselnden Ausführungen— vollkommen erreicht. Wer diese Abende besuchte, der hat nicht nur für sein Tanzverständnis, sondern für seine allgemeine künstlerische Kultur eine Fülle von Belehrung und Anregung gewonnen. I. S-
Busoni» nachgelassene Oper„Doktor Zaust" fand in der gestrigen Erstaussührung anderStaotsoperamPlatzderRepublit eine achtungsvolle Ausnahme beim Publikum, das am Schluß den Darstellern und Leitern de» Werkes lebhosten Beifall spendete. Die sehr würdig« Aufführung wurde von der genialen Orchesterleitung Leo Blechs sowie der Darstellung der Houvtpartien durch Friedrich Scharr(Faust) und Fritz S o o t(Mephistophele«) getragen. Näheres morgen._ H. X.
3m ArchUektur-Mvseum der Technischen Hochschule besinden siS zurzeit soTgenbc JiuällcDimflcn: Earl Koltiiord llanaban» und?l u g u<t Slueler. Slu>!ccdcin sind lic Re9elk!zze» des ReichsbaiübniirolS ivi. Grand ausgeslclll. Besuchszeit wochentags 10- 15 Uhr. Der Eintritt t st frei. Harald ttreutzderg»ad Ivona« Georgi geben am 30. w der Pitcator« Süh»e eioe Tauzmati»««.