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Beilage

Montag, 2. Juli 1928

MAVIC CELLO 3 Der Abend

Das Zündholzwunder

Die Fabriken der GEG. in Riesa  - Gröba.

Unter den Wundern der Technik gibt es zwei verschiedene Arten:| Die einen wirken durch das riefenhaft Große, die anderen burch das erstaunlich Kleine, die einen dadurch, daß die Bewalt des technischen Wunderbaues uns erdrüdt, die anderen da­durch, daß die ungeheure Zahl, mit der das Kleinste auf uns ein türmt, uns zu überwältigen droht. Wenn aber beide Wunder sich meiner Maschine, in einem Arbeitsgang vereinen, dann steigert fich das Staunen des Zuschauenden bis an die Grenzen der Ehr Furcht.

Zerschneiden des Holzes.

Diefes Gefühl überwältigt einen vollständig, men man in der 3ündholzfabrit der GEG. in Riesa  - Gröba die Pro­buftion dieses wohl fleinsten unter den täglichen Gebrauchsgegen

ständen der Menschen betrachtet.

Die Rohstoffe.

sehen von riesigen Bürsten. Eine Stunde braucht jedes Hölzchen, bis es vom Anfang dieser Maschine bis zu ihrem Ende gelaufen ist. Während des Ganges   durch die Komplettmaschine werden die Röpfchen der Hölzer in flüssiges Paraffin getaucht und dann in die eigentliche Zündmasse. Am Ende der Komplett maschine er­scheint das fertige Holz.

Dann tonumen wieder andere Maschinen, die die Hölzchen zu je 60 in die Schachteln füllen, die die Reibfläechn anpinseln und die Schachteln zu je 10 automatisch in die bekannten GEG.- Palete ver­paden.

Das Zündholzkapital.

Die Produktion der Gröbaer und der Lauenburger 3ündholz­fabrit zusammen betrug im Jahre 1927 16 000 Normalfiften im Ge­famtwert von 3,11 Millionen Mart. Es waren das 2098 Normal­Pisten mehr als im voraufgegangenen Jahre, ein Mehrumsatz von 523 025 Mart. Der Umfag würde noch, erheblich größer sein, wenn alle genossenschaftlich organisierten Proletarier tatsächlich nur GEG. Hölzchen brennen würden. Es ist um so unverständlicher, daß dieses Gebot genoffenschaftlicher Klugheit noch längst nicht genügend er fannt wird, als die GEG.- Hölzchen an Qualität alle anderen Marten bei weitem in den Schatten stellen.

Hier erkennt man die Bedeutung des genossens aft­lichen Kapitals für den Proletarier ganz besonders deutlich! Es ist nicht nur die Tatsache der Rückvergütung am Jahresende, die Tatsache einer erheblich besseren Qualität zum gleichen Preise, die ihm den Vorteil bringt, sondern wie das Beispiel der Länder ohne genossenschaftliche Zündholzproduktion beweist das Fortfallen der GEG.- Fabriken würde die Zündholzpreise sofort ungeheuer über das Doppelte hinaus emporschnellen lassen.

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So fezt das Genossenschaftstapital, das Kapital der organisierten Proletarier, dem Ausbeutungswillen bes ripattapitals eine Schranke. Und um so größer wird die Kraft des genossenschaftlichen Kapitals, je mehr der Proletarier sich daran gewöhnt, in den Genossenschaften sich zu organisieren, GEG.- Waren zu verbrauchen.

Niemand wird dem Proletarier zumuten, im Genossenschafts­laden teurer oder schlechter zu kaufen als beim privaten Handel. Aber die große Menge GEG. Produkte, vor allem auch die Zünd hölzer, find heute, bereits erheblich billiger als die des Privatfapitals. 20 in einzelnen Ausnahmefällen dieses Ziel heute noch nicht erreicht ist, betrachtet es die Genossenschaft als ihre wichtigste Aufgabe, an

Spalausgabe des Vorwärts

der GEG. in Gröba  . Ihr Umfag stieg von 2,44 Millionen Mark im Jahre 1926 auf 3,16 Millionen Mark im Jahre 1927. Davon entfielen 2,58 Millionen Mart auf chemisch- technische Produkte. 0,57 Millionen auf kosmetische Artikel: An der Spitze stand die Schuhcreme mit 7,4 Millionen Dosen Umsatz.

Die chemische Fabrit steht noch im Anfeng einer aussichtsvollen Entwicklung. Um so bewundernswerter sind die Leistungen, die sie bereits aufzuweisen hat. Im letzten Jahre hat sie sich eine Abtei­lung für Fliegenfängerproduktion angegliedert, in der besonders patentierte Maschinen aufgestellt sind, die auch noch manche Verbesserungsmöglichkeiten für die Zukunft versprechen.

Im übrigen gibt es faum ein chemisches Produkt des täglichen Bedarfs, das in Riesa   nicht produziert wird. Ausgezeichnete Bar­füms der verschiedensten Art, Hautpflegemittel, Mundwasser und

Eineinhalb Millionen stecken in den Bändern.

Bahnpasten werden hergestellt, neben der Schuhcreme auch Lederfett, Bohnerwachs, Ofenpuz, Politurmittel, Maschinenöl, Gardinenfarben, Tinte und vieles andere.

Wenn diese Fabrit mit ihren gemaltigen Zukunftsmöglichkeiten: heute schon jährlich mehrere hundert Millionen Beutel, 30 Millionen Dosen und 20 Millionen Flaschen ausspeit, jo zeigt das, welche Straft dem genossenschaftlichen Rapital innewohnt. Mögen die Bro­letarier nicht nur stolz fein auf das Wert, das sie geschaffen haben, fondern mögen sie auch in diesem Stolz die Verpflichtung füblen,

Schon die Rohstosse, ihre Beschaffung und Lagerung und die Reihenfolge ihrer Berarbeitung bereitet manderlei Stopfzerbrechen. Als Holz ist nur erstklassiges Aspenholz zu verwenden, das in Europa   recht selten iſt. Es tommt nur im Nordosten unseres Erd­teiles vor, in Litauen   und Bolen; das beste Aspenholz aber fommt aus den benachbarten nordöstlichen Bezirken Rußlands  . Jährlich der Berbesserung der Produktionsmethoden mit allem Eifer zu ar fchaftstapitals, um damit ihre eigene Lebenshaltung zu verbilligen

rollen so über diese weiten Entfernungen 8000 Stubikmeter Aspenholz nach dem Stapelplatz der Genossenschaftsfabrit in Riesa  - Gröba,

Das Geheimmis des Zündholzes ist, daß das Reiben der Zünd­masse an der Reibfläche eine fleine Explosion erzeugt, die das Hölz then entzündet. Es ist schon eine ganz hübsche Explosion, die da Durch Anstreichen eines solchen Zündholzlöpfdens erzeugt wird, wie das Geräusch beweist. Run stelle man sich aber einmal vor, baß die filoweis gelagerten Rohstoffe für Zündholzkopf und Reib­fläche mit einander in Berührung fämen und dadurch eine Explo sion entstünde. Welch grauenhaftes Unglück würde das bedeuten! Ist es da nicht ein Wunder zu nennen, daß, solange die GEG.­Fabrit besteht, noch nicht das geringste Unglüd geschehen. ist? Der Meister, der uns führte, erzählte uns, wie er die psycho­Logischen Voraussetzungen dafür geschaffen habe, daß die strengen Borschriften über Lagerung und Handhabung dieser gefährlichen Etoffe auch dann eingehalten werden, wenn das wachsame Auge der Aufsicht fehlt. Er hat allen, die mit den feuergefährlichen Stoffen zu tun haben, einmal eine fleine Explosion mit geringen, in ihrer Birkung noch ungefährlichen, aber immerhin doch recht eindrucks pollen Mengen vorgeführt. Und seitdem meiß jeder, was bei der geringsten Unvorsichtigkeit auf dem Spiele steht und nimmt sich ent­fprechend in acht.

So ist denn in finnreicher Anordnung der Arbeitsgang so ge­regelt, daß zu allererst die vollständig fertige und bereits gefüllte Zündholzschachtel mit der Reibfläche versehen wird.

Das Maschinenwunder.

Ueberhaupt der Arbeitsgang! Er mutet an wie ein Wunder, von feinem Anfang bis zu feinem Ende.

Erft werden die Aspenstämme in Stücke von bestimmter Länge geschnitten. Diese Stücke werden in eine Art Drehbant. eingespannt, in der während der raschen Drehung ein über die ganze Breite reichendes Messer sie abschält. Erst fallen bei der ungleichmäßigen Form der Stämme rohe Späne, bis dann das Messer so meit vor­gedrungen ist, daß der ganze Stamm gleichmäßig zylindrische Form hat. Dann wird in endlosem Band das weiche Holz des Aspen­Stammes abgerollt und die von der Maschine in bestimmter Länge abgeschnittenen Bandstücke aufeinandergeschichtet, wie unser Bild es zeigt.

In das 0,8 Millimeter starbe Band hat das Messer schon beim Abschälen vom Stamm Ruten eingeferbt, die die Breite der Deck­und Seitenflächen der äußeren Schachtel martieren, so daß es der nächsten Maschine eine Reinigkeit ist, das Band in diese Ruten zu falten und zur Schachtel zusammenzufügen.

Währenddessen werden die Häuschen selbst fabriziert.

21 Millionen an jedem Zag!

Auch sie werden aus breiten Aspenbändern gefdynitten, die 2,2 Millimeter did von gleichen Maschinen vom Aspenstamm ab. geschält werden, wie wir fie schon bei der Schachtelfabrikation fennen lernten. Die Bänder werden erst in Holzdraht von quadra tischem Querschnitt gespalten, und dann wieder wird dieser Holzdraht in 50 Millimeter lange Stüde   geschnitten.

Die Hölzchen werden imprägniert, damit fie nicht nachglühen, werden getrocknet und dann zu Behntausenden gleichzeitig von be fonderen Maschinen geradegerichtet und geordnet.

Und dann geschieht das größte Bunder: dann vereinigt sich bie erdrückende Gemalt der Unzahl des Kleinen mit der Gewalt der riefigen Maschine. Millionenweise werben die Hölzchen in die genau paffenden Löcher von 2300 Rettenftäben geftedt, die in vier Etagen übereinander in langer Reihe durch die Komplettmaschine mandern. Die Maschine ist 11 meter lang, 4 meter breit und 3 Meter hoch. Eineinhalb Millionen Hölzchen find in jedem Augen bid gleichzeitig in die Bänder geftedt und verleihen ihnen das Aus

beiten.

Die chemische Fabrit.

Zu den unbestreitbar die Konkurrenz weit überragenden Pro­butten gehören auch die Erzeugnisse der chemisch technischen Fabrit

unermüdlich zu mirten an dem weiteren Ausbau des Genossen­und zu verbessern, gleichzeitig aber auch dem Privatfapital Macht­pofitionen aus der Hand zu nehmen, die in dem Entscheidungskampf zwischen Proletariat und Kapital einmal von nicht zu verachtender Bedeutung sein tönnen! Klaus Zweiling  .

Silberberg und Fritz Reuter  . 90 Zum 150 jährigen Jubiläum der Veste.

Auf den Bergen wohnt die Freiheit- aber zahlreiche Gipfel in den deutschen Landen sind mit Gefängnissen bedeckt gewesen, die oft genug Männer der Freiheit in sich aufnahmen. Man braucht nur an den Hohenasperg   bei Ludwigsburg   zu denken, mo der Dichter Schubart eingesperrt mar. Und in Gilberberg hat Frig Reuter gesessen, der von sich selber ironisch fagte, als er auf seiner zweiten Station über einem zur Hinrichtung verurteilten Mörder wohnte: wi hadden beid' gerugliche Verbreken begahn; hei hadd en por Minschen ümbröcht un id hadd up eine dütsche

Phot. Karl Arit, Silberberg

Reuterzelle auf Festung Silberberg Hier saß Fritz Reuter   gefangen vom November 1834 bis Februar 1837

Uneversetät an den hellen lichten Dag de dütschen Farwen dragen! eine Betrachtung, die er dann weiter zu einer Kritik der Todes­strafe ausspinnt, die noch heute- oder sollen wir fogen: erst recht heute zeitgemäß ist.

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Um dieses Freiheitshelden willen wird auch der heutige deutsche Republikaner   für einen Augenblic sein Intereffe der ehemaligen - Festung Silberberg zuwenden, die am 1. Juli das 150jährige Jubiläum begeht. Wohl verstanden: die Feftung, jenes hoch über dem am Bergauslauf gelegenen Städtchen sich erhebende Maffio von befestigten Bergtuppen, die vom Donjon" beherrscht werden. In die Felsen gehauene Wege verbinden diese seiner Seit für un einnehmbar gehaltenen Baftionen und Rebouten das ganze ein Bert Friedrichs II.. der auch Glaß ausbaute, nachdem er in den letzten Jahren des Siebenjährigen Krieges die Defterreicher nicht immer von diesem füdlichen Teil des Eulengebirges abhalten fonnte. Von 1765 bis 1778 wurde diese gewaltige Festung auf dem Bergfamm erbaut mit einem Kostenaufwand von Millionen Talern...

Asche gelegt, die die Huffitentriege und das dreißigjährige. Morden hier nicht verschonten. 1633 war Wallenstein   eingezogen; 125 Häuser brannten nieder. Seit dem Dreißigjährigen Kriege ging auch das Bergwert ein, in dem, wie schon der Name sagt, auf Silber ge­schürft wurde. Ein Pendant in Gold   bietet die im Kazbachtal ge legene Stadt Goldberg  - das moderne Gold und Silber: die Kohle und das Erz, haben sich dauerhafter gezeigt.

Daß die schöne Aussicht, die man von der Höhe hat, für die Gefahren an Leib und Seele, denen der dort unfreiwillig Beilende ausgesetzt war, nicht entschädigen fonnte, hat Friz Reuter in seiner ..Festungstid" geschildert. Aus der Erinnerung an das, was er durchgemacht hat, tamen ihm folgende Säße in die Feder im Hin blick auf die Bekanntschaft jenes Mörders: Jd was nich gruglich; id hadd up de Festung, von wo id famen was, Johre lang in' ne duft're Kasematt jeten, unner mi brus'te un hulte de Stormwind dörch den langen, unnerirdischen Gang, da dörch de ganze Festung güng, lints von mi was de Festungsfird), hinner mi en düft'res Loc ic hadd mi nich grugt, ich mir oftmals des Nachtens dörch de Kirch gahn, de in Fredenstiden fau' ne Ort Mondierungskamer brutt würd. Dor hungen de Wän'n entlang olle witte öftreichsche Mantels, äwer jeden hung en Schado, unner jeden stun'n en por Staweln, de Finstern wiren utnamen, dormit dat Tüg hübsch luftig hängen füll, un nu wewten un swemten de witten Mantels unner den Schado un äwer de Stäpeln de Wand entlang, un' t was, as wenn de Geister von de ollen Desterreicher, de bi Prag   un Leuthen follen wiren, noch einmal in Reih un Glied stün'n un noch einmal in'n Stormschritt Dörrüden müßten. Ick hadd dat üm Midder. nahf feihn, äwer grugt hadd id mi nich."

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Der Aufenthalt zwischen den salpeterhaltigen Wänden, den un­genügend geheizten Räumen führte Friz Reuter dazu, in der Flasche einen Trost zu suchen und da ihm nur geringe Mittel zur Ver­fügung standen, fonnte er sich nur geringerer Sorgenbrecher be­dienen. Wer ihn später fannte, hat bezeugt, daß er star? gegen die Leidenschaft anfämpfte, aber das lebel wurde in jenen langen Jahren von 1834-1837 erzeugt. Heute ist die Belle eine Sehens würdigkeit.

Die vielen Besucher, die von Hirschberg aus das Riesen. gebirge erflettern, und auch die große Zahl derer, die über Glog in die Heilbäder Landed, Altheide, Reinerz  , Rudowa fahren, wissen nichts von Silberberg, das wie ein Beilchen im Berborgenen blüht. Und doch ist schon die Fahrt dahin eine Ueberraschung. Anfang dieses Jahrhunderts wurde im Anschluß an die von Reichenbach aus­gehende Talbahn( die Eule" genannt) die Bergbahn Mittelsteine­Silberberg erbaut, der noch ein zweiter Anschluß durch die furze Strede Silberberg Frankenstein gegeben wurde. In einer Zwei­Stunden- Fahrt es geht auf den Haltestellen etwas güterbeförde rungsmäßig zu erreicht der vom Riefengebirge Kommende die Stadt, auf luftigen Viadukten, mit Schleifen und schließlich durch eine Zahmadftrede die Höhe überwindend. Eine Fahrt, die wenn fie in der Schmeis absolviert würde, in allen Führern zwei Sterne Paul Dobert.

Die Stadt Silberberg selbst ist eine alte Siedlung, oft in betäme...

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