(31. Fortsetzung.) Hilde sah. wie sich die Menschen um ihr so schlecht, so selbst- süchtig, so unflätig gemein gaben, als sie waren, eine infernalische 'Vision, eine wirtlich atembeklemmende Gegenwart. Sie hörte von Pfund und Dollars flüstern, hörte Namen von Börsenpapieren mit Verzückung aussprechen und junge Mädchen, die es gar nicht nötig hatten, weil ihr« Väter und Brüder am gleichen Werk« waren, nur weil sie es für die letzte Mode hielten und weil sie es amüsant fanden, wie Schmuggler und Schieber im Schmutz der aktuellen Geschäfte wühlen. Es war wie eine Tollheit, die über die Bewohner des Schlosses gekommen war! Und Hilde steckte drin, oerwundert und immer fremder und allein, ganz allein. Edi? Der tat, wie er alles mittot, um seiner Umgebung zu gleichen. Sie dachte daran, Tante Hedwig zu schreiben, aber die hatte ihr gleichsam spontan, aber sicherlich, weil sie die seelische Not ihres Hildekindes ahnte, mitgeteilt, daß sie jetzt nicht einmal mehr Geld für die Reise nach Wien habe. Hilde ließ die Mutter wissen, daß sie vorzeitig nach Hause kommen wolle. Die Antwort klang formlich erschrocken: Hilde möge doch ihres gesicherten und wien - fernen Aufenthaltes froh sein. Was wolle sie jetzt in der Not der Hauptstadt? Die Meisterin? Die hatte sie um Protektion bei Mama Gruber gebeten, es gehe so nicht mehr weiter, sie und ihre Schülerinnen seien am letzten. Immer dichter wurde die Wirrnis, in der sich Hilde allein sah wie in einem Zauberwold. Und sie wollt« sich nicht sürchten, wollte noch weniger nachgeben. Sie war sonst, weiß Gott , mit den Klein- lichkeiten des Alltags sehr vertraut. Man kennt das Leben, wenn so ein kleines Mädel oft monatelang einen Haushalt mit seinen Einkünften ernähren soll, und wenn es dabei noch für ein Buch Geld haben will und für eine Iausenreoanche, bei der man der Butter gerade so viel Margarine beimengt, daß«s die Gäste unmöglich merken können. Aber hier war sie ganz Jdealistiin. Je mehr um sie der Tanz des Geldes losging, um so mehr schien sie durchaus uninteressiert, sprach nur von geistigen Dingen und ver- stand nichts, gar nichts, von den Gemeinheiten, die jedes Beisammen- sein mit den Menschen hier zu einer tropisch raschen und üppigen Blüte brachte. Di« Proben für das Aostmnfest wie für das Singspiel gingen weiter. Es war ein endloses Spiel vor dem Spiele, und es mutet« lächerlich an, daß es die Arrangeure so blutig ernst nahmen, wo doch die Hauptakteure es nur als Gelegenheit und Vorwand für leichtere Amüsements betrachteten. An dem großen Abend selbst war Hilde reizender als je, sie war Marquife und Schäferin: was an ihrem Kostüm einst, in Aussee , improvisiert gewesen war, das war nun echt und von Künstlerhänden geordnet, und sie war älter und ihre Schönheit reifer geworden. Sie spielt« und sang ihre Rolle mit meisterhafter Vollendung inmitten der Dilettanten, denen keine Leitung künstlerische Kräfte oerleihen konnte, die nicht in ihnen logen. Di« Namen berühmter Vorgängerinnen, die sie bald verdrängen müsse, wurden von Mund zu Mund getragen, und die Zuschauer hatten das Gefühl, dabei gewesen zu sein, als die Laufbahn einer großen Schauspielerin oder Sängerin begann, und Mama Gruber thronte stolz in ihrem Fauteuil des angeblich rasch ausgestellten, in Wirklichkeit lange vorbereiteten Parketts der Gäste, eine fesch«, riegelsame Marquise.vom Grund, die geradezu, als ob sie der kleinen Hilde Fernleltner das Talent oererbt hätte, die Ehren ihres Debüts für sich in Anspruch nahm. Applaus, Jubel und Hervorrufe und Komplimente ohne Zahl. Da die Schauspielerinnen sich nicht umzukleiden brauchten, weil sie und das Publikum eine Nacht lang in gleicher Zeit und gleicher Tracht lebten, waren sie mit heißen Wangen von der Bühne weg in der Menge der Zuschauer untergetaucht, jede und jeder wieder von einem Schwärm Verehrer und Verehrerinnen gefolgt. Hilde fühlte e», daß Schubert ihr nahe war, wenn sie den Weg durch das Gewog« der Kostümierten nahm. Er war bei ihr, als sie in einem Zelt ein kühlendes Getränt verlangte. Sie spürt« seinen Atem, alz sie für einen Augenblick, um zu sehen, was da vorging, vor einer kleinen Tribüne stehen blieb. Daß diese Beharrlichkeit nicht einmal seinen eigenen Wünschen entsprach, sondern daß er sie „in höherem Auftrag" anwendet«, war ihr lästig und unerträglich. Sie wendete sich brüsk um und machte halt. „Was wollen Sie denn, daß Sie mir so beharrlich folgen?" „Sie wissen's ja: da sein, wenn man zum Souper geht." „Ich Hab' es Ihnen verweigcrt." „Ach, Sie werden sich schon eines Besseren besonnen haben." „Nein, nein, nein!" schrie jetzt Hilde wütend. „Oho, Primadonnenlaunen? Schon jetzt? Zu früh, verehre Künstlerin." „Darf, ich Sie bitten, mir nicht auf Schritt und Tritt zu folgen?" „Jedem Ihrer Wünsche würde ich bedingungslos gehorchen, ober g'rad bei dem ist's mir unmöglich. Warum wünschen Sie nicht was anderes?" „Wollen Sie mir den heutigen Abend verleiden?" „Im Gegenteil, ich will ihn für Ihr Leben denkwürdig machen, .s Ausgangspunkt Ihrer Karriere in jeder Hinsicht." Hilde wendete sich wortlos ab. Kavaliere nehmen sie mit und hinter ihnen schwankte(Schubert einher, der den alten Des Grieux vorgestellte, den Vater des Liebhabers, der sich der leichtsinnigen Manon Lescaut , die sich in Roman und Oper zu Tode liebt, auf- geopfert hatte. Hilde tanzt« und verspürte den lauernden Blick, der sie anzulocken suchte. Sie war auf eine der kleinen au» dem Gebüsch hcrausragenden Bühnen gesprungen und hatte ein Scherzgedicht rezitiert, mit dem sie schon bei Frau Neumann-Norrek die Zuhörer hingerissen hatte— und sie sah in der ersten Reihe den Schubert und diesmal neben ihm den Baron, die beide sich im Applaudieren und in jubelnden Zurufen nicht genug tun konnten. Es war un- leidlich! Die Bühne in der Lichtung war rasch hinweggeräumt worden und an ihrer Stelle war ein Feldlager von Tischchen erstanden, jedes mit einem Lichtlein, und die Dielfarbigkeit der Schirme, die bunten Linien, die bis in den Wold hinein nach ollen Richtungen zogen, das Gewirr der Lampions, die aus dm Zweigen leuchteten— die Gäste blieben mit bewundernden Rufen stehen und für einen Augen- blick glaubten sie sich in ein« andere, noch zauberhafte Welt gehoben, als diese der Wunder aller Welt ohnehin war. Aus der Fern« er- tönten Waldhörner, die die Domen und Herren zum Mahl« riefen. Und wenn man vom Lichte auf zum Himmel blickt«, sah man den
Dollmond, der auch beim Feste dabei sein wollt« und die Szene, die sich unter ihm breitete, mit Ström«n silbernen Licht«? übergoß. Und Gestalten aus früherer Zeit wanderten dahin, Damm im R«isrock mit hoher, weißgepuderter Perücke und vornehme Frauen und Mädeln aus dem Volke und Typen aus dem alten Poris, bebrillte Winkelschreiber und dann weiter eine Marie Lntoinette, Königin von Frankreich , die den Kopf noch recht hoch und hochmütig trug, und da wieder ein zahnloser, grinsender Voltaire und der österreichische
�7 �/ Vi, � / �
Kaiser Josef, der bei seiner königlichen Schwester gerade zu Gaste war und«ine Lady Hamilton , deren Schönheit und Dummheit im Gesicht ein«r Nachfolgerin auferstanden waren. Die Domen hatten gelernt, lange Schleppen nachzuziehen und mit tiefer, höfischer Der- neigung zu grüßen, und einige Herren bewegten sich, den Zweispitz unter dem Arm, wahrhaftig so. als hätten sie Zeit ifyc«, Lebens den Degen an der Seite getragen. Dann war das Staunen und das Entzücken vorüber und die Menge, die stumm geworden war, schwätzte und lachte wieder und suchte, je nach den Plätzen, die ihnen am meisten behagten. Drei und
drei, die Tischchen boten nicht für mehr Raum und die meisten waren damit zufrieden. Aber in einsameren Nischen hatten sich wohl auch nur zwei niedergelassen und hie und da saß nur einer an seinem Tischchen allein, so der Voltaire, der, wohl wegen der Gestalt, die er verkörperte, Menschenfeindschoft zu posieren für ange- messen hielt, oder weil die höhnische Maske, die er sich zurechtgelegt hatte, zu seinem wirtlichen Gesicht besser paßte. D«r Voltaire saß ohne all« Begleitung und beobachtet« das festliche Treiben, stand auf und kam wieder, und verschwand von neuem, ein schweigsamer und nervöser Gast. Edi, der einfach in seinem Reitkostüm erschienen war und jedem, der ihn deshalb fragte, erwiderte, daß die Leute im 18. Jahrhundert im selben Anzug geritten feien wie heute und daß ihn die Der- anstalter nicht zugelassen hätten, wenn das nicht so wäre, Edi bat Hilde, an seinem Tische mit ihm zu sein, und sie hatte es ihm zu- gestanden. „Und wer ist mit uns?" fragt« Hilde. „Braucht? denn an Dritten?" antwortete Edi, und als Hilde dies bejahte, meinte er mit komischem Seufzer:.Also wähl' ma uns gleich einen Hausfreund." „Meinetwegen kann's auch eine Hausfteundin sein," rief ihm Hilde zu und bemüht« sich lustig zu sein, obgleich sie den Blick Schuberts im Rücken spürte. Sie zählten nun einander die Namen jener Bekannten auf, die sie zur Tischgenossenschaft auffordern könnten, und bei jedem, den der eine vorbracht«, hatte der andere was auszusetzen. „Sehen S', daß wir beide für die Zwcisamkett geboren sind?" sagte Edi, und Hilde wies nun auf mehrere Erscheinungen hin, die ihnen zwar nicht persönlich bekannt seien, die man aber nach dem Gebot der Maskenfreiheit einladen dürfe, doch wieder hotten sie bei jeder«ine Kritik vorzubringen, und ganz geschmeichelt konsta- tierte Edi. und angeblich ganz trübselig erklärte Hilde, daß nun einmal kein Dritter und keine Dritte zu finden möglich sei. Sie schritten also einem Tischchen zu, da? abseits der großen Menge von Tischen auf einem Nebenwege stand, als ihnen der Schubert den Weg vertrat. „Zwei? Das ist nicht erlaubt, drei müssen'» sein!" „Aber was Ihnen nicht einfällt!" sagte Edi gemütlich.„Wo haben S' denn das Housgesetz her? Im Gegenteil, Freiheit in allem! Das wär' gor gut auf einem Maskenfest, wenn man gerade das Zweisein verhindern mächt'. Platz da, Monsieur!— Wer san denn Sä überhaupt?" „Ich bin..." .halben S". das nicht früher bedacht? Ich lveiß, ich bin der Eduard Gruber, Sohn des reichen Steuerpächters usw. Die Haupt- jach' ist, daß ich in dieser Gestalt wie in der Autodreß der Sohn des vieux Gruber bin, der sich was leisten känn."(Forts, folgt.)
Rät sei= Ecke des„Abend". unminiiiiiiiiiiimnniniinimiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiniimiimiimnimnninimnniimniiiumiiinnninnniMmimmimninniiiiinimiiniiiiniiinniiinunimuiiiiiiiiiiiiiiiniiininiiia
Kreuzworträtsel.
W a g e r e ch'n 3. Stadt in Griechenland : 10. Teil des Segel- bootes: 12. Freiherr : 13. kinderfressender Riese im Märchen: 14. tschechischer Komponist: 15. Präposition: 18. Name vieler Päpst«: 20. ägyptischer Sonnengott: 21. Gattung: 23. griechischer Buchstab«: 24. Klebemittel: 27. elektrisches Urteilchen: 28. Titel eines Romans von Meyrinck: 30. Ueberbleibsel: 31. alte Münz«: 33. norwegischer Dichter; 34. Teil Jugoslawiens.— Senkrecht: 1. ehemalige deutj che Stadt: 2. Zauberkunst: 4. Faultier: 5. Teil des Vergröße- rungsapparates: 6. Nebenfluß der Donau : 7. Teil des Auges: 8. Küchenchef: 9. Präposition: 11. Vulkan: 16. Apostet der Preußen und Polen : 17. Bundeslied des Freistaates Oesterreich: 19. Euro- päer: 22. Teil der Pflanze: 25. roter Farbstoff: 26. Ballspiel mit Schlägern zu Pferde: 28. gekocht: 29. biblische Gestalt: 32. italienische Tonsilbe,(ch— 1 Buchstabe, i— j.) Zahlenrätsel. 1234 5 6357536 Opfer der Inflation 2 3 4 5 3 Fluß in Hannover 3 5 7 3 Schwimmvogel 4 6 3 5 Volksstamm 5 4 2 Fluß in Afrika 6 3 5 6 3 6 Sportpferd 3 6 2 3 Baum 5 3 2 1 3 Blume 7 6 4 3 6 Siadt an der Mosel 5 3 4 5 Oppositionswort 3 4 5 3 6 Rechenfaktor 6 4 7 7 3 6 Edelmann des Mittelalters Die Zahlen find durch Buchstaben zu ersetzen: die Anfangsbuch- stoben, nacheinander gelesen, ergeben wieder das erste Wort.
Oiamanträtsel.
Die Buchstaben in der Figur sind so zu ordnen, daß die wagerechten Reihen nennen: 1. Mittaut: 2. Farbe: 3. Kör- perorgan: 4. König von Tro a-, 5. Stadt in Westfalen: 6. Ge-
n i I I I I I I L I L I L I L biet im ewigen Eis«: Tt Mäd- jN 1 N| N| O O oi7r[oTÖ| ch-nnäm«: 8. Truppenteil:
p|p!p|p|r'|rIr�
rIr|r Ir rI
9. Schriftstück: 10. altes Gewicht: 11. Mitlaut.— Die mittelste senkrechte Reihe lautet ebenso wie die mittelste wage- rechte.
Auflösung der Aufgaben nächsten Mittwoch.
Auflösungen der Rätsel aus voriger Nummer. Zusammensetzausgabe: XV? Silbenrätsel: 1. Elias: 2. Seerose : 3. Gallensteine: 4. Ingenieur: 5. Breisgau : 6. Taifun: 7. Ilse: 8. Natter: 9. Darwin: 10. Elefant: 11. Rcisckorb: 12. Wacholder: 13. Elektro: 14. Langen- salza: 15. Toska; 16. Aachen : 17. Lawine: 18. Liebermonn: 19. Zwickau : 20. Ursula: 21. Desuo.(Es gibt in der Welt allzuviel geistreichen Schweiß. Spruch von Gerhart 5)auptmann.)
Silbenkreuz:
Wort-Einfetzfätfel: Wachs— Licht— Blick. Post Amt— Mann, Tanz— Saal— Feld, Koch— Salz— Burg, Fluß— Arm— Bond, Ur— taub— Frosch, Ruß— Land— Schaft, Kunst— Eis— Lauf(Lassalle). Befuchskartenrätfel: Durch Umstellung der Buchstaben ergibt sich als Beruf: Schornsteinfeger. Buchstabenrätsel: Regent— Regen.