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Westarp als Börsianer. Oeutschnationale Händlerbetrachtungen über Lorarno. Die Deutschnationale Pressestelle veröffent- licht eine Erklärung, in der zur Frage der Einberufung des Auswärtigen Ausschusses Stellung genom» men wird, und in der es u. a. heißt: Die Opposition spielt zurzeit eine Rolle, die etwa vergleichbar ist mit der Minderheit in einer Attiengesell» s ch o s t.(!) Sie drängt auf eine klare Rechnung?» l e g u n g, nachdem sich die Locarno  -Operation ot? äußerst verlustbringendes Geschäft erwiesen hat. Di« Mehrheit versucht ober durch neue Geschäft« dl« alten Der- luste zu verschleiern. Als Locarno   eingeleitet wurde, sagt« man. e? käme daraus an, die Verhandlungen über die Revision des Dawes- Planes ohne Vesotzungsdruck im Rheinland  « zu führen die Vereint- gung van England-grankrcich zu verhindern usw. Nichts davon ist erreicht worden. Nun aber geht man daran, weiter zu verhandeln, neue Aktionen einzuleiten, ohne daß die deutsche Volksvertretung, die deutsche Oefsentlichkeit die Möglichkeit hätte, sich über den Stand der Dinge zu informieren. Die inoffiziellen Verhandlungen in Genf   gehen weiter. Der Reichstag   soll wieder einmal vor vollendet« Tat- fachen gestellt werden. Das ist offenbar der Sinn der Verschiebung der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses. Gegen diese Methode muß die Deutschnationale Partei Einspruch erheben. Gegen Perhandlungen ist grundsätzlich nichts einzuwenden; aber Verhandlungen, die schon vorher politische Fe st legungen bringen, sind nicht als Derhand- lungen zu bezeichnen. Wie kommt es. daß der französisch« Außen- minister mit Bezugnahme auf den Artikel 2lZ des Derfailler Per- träges schon von einer bestehenden Kontrolle spricht? Stimmt diese Aeußerung mit der amtlichen deutschen   Verlautbarung überein. daß di« Rbeinlandkontrolle im Grundsatze zugestanden wäre und daß nun über ihre Dauer verhandelt werden müsse? Wie steht es mit dem Rechtsanspruch auf die Räumung, der als Folg« von Locarno   bezeichnet wurde? Wenn die Räumung setzt einen Preis hat, dann bedeutet das eine vollständige Kehrtwendung der deutschen   Politik. Daß für die Deutschnationalen die Politik ausschließlich ein Geschäft ist, das wußte man schon ohne diese seltsame parteioffiziöse Verlautbarung. Daß sie aber so unvorsichtig sind, die Lebensfragen des deutschen   Volkes ganz im Stile eines Börsenblattes zu behandeln, hätte man bei ihrer sonst üblichen �eldenpose nicht erwartet. Wir sind ober gern bereit, ihnen auf den Boden dieses Bergleicfies zwischen Außenpolitik uvd Aktiengesellschaft zu folgen. Denn es gibt uns Gelegenheit, daran zu erinnern, daß die Deutschnatio- nalen seinerzeit dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft unter Luthers Vorsitz mit vier Aufsichtsratsmit- gliedern angehört haben, als das.Locarno-Gsschäst" eingeleitet wurde. Sie waren sich über alle Grundbedin- gungen dieses Geschäftes acht Monate lanjj im klaren. Als das Geschäft abgeschlossen wurde, billigten die vier deulschnationalen Aufsichtsratsmitglieder ausdrücklich di« paraphierten Verträge, cherr Schiele sogar mit einem lauten, freudigen Ja!" Dann aber rebellierten die hinter chnen stehenden Klein- aktionäre und zwangen sie zum Austritt aus der Regierung. D e n n o ch sind sie später in den Aufsichtsrat unter Marx' Vorsitz wieder eingetreten und sie haben dabei durch An- nähme von geschäftlichenRichtlinien" alles, was der Aufsichtsrat seit Locarno   zur Fortsetzung und zum Ausbau dieses Geschäftes gemacht hatte, ausdrücklich gutge» heißen. Nach dieser Feststellung kann man den Wunsch nachklarer Rechnungslegung" nur lebhaft unterstützen. So- bald die deutsche Delegation aus Genf   zurückgekehrt sein wird, das heißt, in wenigen Tagen, wird sich alsbald Geleaenhest bieten, im Auswärtigen Ausschuß die Deutschnationalen zu- sammen mit den Kommunisten in eine hoffnungslose Oppo- sitionsminderheit zu versetzen. IrgendwelcheFestlegungen" werden bis dahin nicht erfolgt sein, aber selbst wenn das der Fall wäre, so würde eine Regierung, die außenpolitisch fast zwei Drittel des Reichstages hinter sich hat, das Recht dazu besitzen. Alles in allem kann man von der deutschnationalen Minderheit im Aufsichtsrat" nur sagen: Wenn sie eine chändlerposie aufführen, zeigen sie sich ebenso ungeschickt und lächerlich wie in der Heldenpose.
Britisches Arbeiterprogramm. Äergesellfchaffung der Aotenbont gefordert. Conbon, 20. September.  (Eigenbericht.) Als Ergänzung des Pragrammentwurss der Arbeiterpartei hat die Exekutive nunmehr den Bericht einer zum Studium von Bank- und Wöhrungsfrogen eingesetzten Kommission veröfsentlicht. Im Mittelpunkt dieser Vorschläge steht die Forderung nach einer U m- bildung der Dank von England in ein» unter der Kon- trolle der Allgemeinheit stehende Gesellschaft, deren oberste Leitung Vertreter des Schatzamtes(Finanzministerium), des Handels- amtes(Wirtschaftsministerium), der Industrie, der Arbeiter- organisationen und der Genossenschaftsbewegung ausüben sollen. Die Erörterung dieser Vorschläge wird zugleich mit dem übrigen Progrommentwurf den Ansang Ottober in Birmingham  zusammentretenden Partettag der Arbeiterpartei beschäftigen. pilsudski reformiert. Großer Ministerschub. Warschau  . 20. September.(Eigenbericht.) Wie ziemlich bestimmt behauptet wird, soll Ministerpräsident Darthel zurücktreten und durch den gegenwärtigen Unter- richtsminister und Vertrauten Pilsudskis. S w i t a l s k y. ersetzt wer- den. Ferner soll die Ernennung des Außenministers Z a l« s k I zum Botschafter in London   Tatsache werden. An dessen Stelle soll F ü r st IanuszRodziwill treten, der Vorsitzende des parlamentarischen Auswärtigen Ausschusses und Außenpolitik« des Regierungsblock».
Renaissance-Theater. Dreiser: Ton in des Töpfers   Hand. Die Tragödie einer gestrasten Iudenfamilie: der Sohn ist Lust- Mörder. Ein ausregendes Stück mit nevvenpeitschenden Sensationen und stark betonten Gefühlswerten. Hermann Vallentins tief innerlich empfunden«? Spiel formt aus dem Reißer ein«grei- fendes Lied der Elternliebe. Dgr.
Störende Nebengeräusche.
Zeiiunosnoti,: Die Affäre Stinne» nimmt immer größeren ilmfang an.
Gespräch in einer deutschnationalen Redaktion: ,Mein Artikel über sozialdemokratische Korruption schreitet nicht fort. Mich stört so ein merkwürdiges Summen im Ohr.. Krisenfürsorge und Begriffskrise. Kommunistische Karbenblindheii.
Wann gedenkt der sozialdemokratische Reichsarbcttz» minister die Reichstogscntfchließung vom 11. Juli d. I. endlich voll zur Durchführung zu bringen?" Dies« Frage richtet das B«- liner Kommunistenblott an denVorwärts", nachdem wegen seiner plumpen Hetze gegen den s ozi aldem otratis che n Reichsarbeitz- minister schon einige Mole von uns zurechtgewiesen wurde. Aus die neueste dummdreist« Frage eine sachliche Antwort, di« unseren Lesern, nicht ober denen, die aus Lüge. Verheimlichung und Leni- n istisch«Schlauheit" parteimäßig verpflichtet sind, die tatsächliche Lage in der Arbeitslosen- und Krisenfürsorg« schildern soll: Wenn die ,Mote Fahne", bevor sie sich auf ein bestimmtes Fach- gebiet begab, wenigstens die wichtigste Fachliteratur nachgeblättert hätte, so wäre ihr nicht«ntgar�en, daß ihr« Frage im Reichsarbeits- blatt vom 5. d. Mts. bereits von Ministerialrat Dr. Lehseldt in dessen Artikel:Personenkreis und Dauer der Krifenunterstützung" be- antwortet worden ist. Lehseldt beweist a.a.O., daß der sozialdemo- krattsche Reichsarbeitsminister den Reichstagsbcschluß vom 11. Juli d. I. längst voll zur Durchführung gebrocht hat. Durch diesen Beschluß ersuchte der Reichstag den Reichsarbeits- minister: 1. zur Krifenunterstützung allgemein solche Fabrikarbeiter (aus der Berussgruppe:.Lohnarbeit wechselnder Art") zuzulassen, die gewohnheitsmäßig mit Angehörigen der sechs zugelassenen Berufsgruppen: Gärtnerei, Metallverarbeitung und Industrie der Maschinen, Lederindustrie, Holz- und Schnitzstoffgewerbe, Beklei- dungsgewerbe und der Angestelttenberuie zusammcnarbetten: 2. seine Bereltschast zu erklären, Anträgen auf weitere Einbeziehung neuer Berufsgruppen alsbald stattzugeben, soweit die Lage des Arbeitemarktes es erfordert; 3. be! weiterer Verschlechterung des Arbeitsmarktcs die Krisen- fürsorge auf siüntliche Berufsgruppen auszudehnen: 4. die Unterstützungsdauer in der Krisenfürsorge allgemein von 26 Wochen auf 39 Wochen zu verlängern mit der Maßgabe, daß sie für Arbeitnehmer, die das 40. Lebensiahr überschritten haben, um weitere 13 Wochen bis zu einer Gesamtdauer von 52 Wochen ausgedehnt werden kann. Soweit Arbeitslos« infolge Erschöpfung der bisherigen Bezugsdauer bereits aus der Krisen- fürsorge ausgeschieden sind, ist ihnen die Krisemmterstützung noch bis zur Erschöpfung der verlängerten Dauer zu gewähren: S. die Bedürstigkeitsprüjimg In der Krissnfürsorqe. soweit sie sich als ungerecht erwiesen hat. neu zu regeln, insbesondere durch Erhöhung des in Artikel S Abs. 3, Satz 2 der Verordnung vom 28. September 1927 vorgesehenen Bedarfssatzes für SlngehLrige des Ärisenunterstützten." In diesem Beschluß waren gewisse Vorbehalt« gemacht. So ist Punkt 2 an den Vorbehalt gebunden:soweit die Lag« des Arbeitsmorktes e s erfordert". Punkt 3 setzt die Bedingung voraus, daß«in« weitere Verschlechterung dez Arbeitsmarktes eingetreten sei. Der Retchsarbeitkminister ordnet« die allgemeine Aus- d« h n u n g der K r! s e n u n t e r st ii tz u n g auf Fabrikarbeiter in dem Umfange, wie sie unter Punkt 1 vorgesehen ist, sofort an, und er bezog gemäß Punkt 2 der Entschließung als neue B e. rufsgru ppen in die Krisenfürsorg« ein: die Arbeitnehmer der Glosindustvie, die der Theater, und Lichtspielunternehmungen(so- weit es sich um darstellerisches Personal handelt) und. nach Au- lossung durch die Landesarbeitsämter auch die Arbeitirehmer des Spinnstossgewerbes. Die nach Punkt 3 der Entschließung mir unter der Voraussetzung einer weiteren Verschlechterung des Arbeitsmarl- tes gewünscht« Ausdehnung der Krisenuntsrstützung auf sämtlich« Derufsgruppen. wurde durchaus in Einklang mit dem Vorbehalt der Reichstagsentschließung zunächst nicht für nSiig befunden. Entsprechend der Forderung unter Punkt 4 der Entschließung ordnete der Reichsorbeitsmimster an. daß die Höchstdauer der Unterstützung für Arbaitslose über 40 Jahr« auf S2 Wochen verlängert werden kann. Er rief, in Hinblick auf die be- dingungsweise Formulierung von Punkt 4 bezüglich der Per- längerung der Höchstdauer für jüngere als vierzigjährige Ar- bsitslose, die Entscheidung de s R« i ch s ka b! n« t t S an. Das Kabinett stimmte grundsätzlich der Verlängerung auf 39 Wochen
zu, hielt jedoch den Zeitpunkt für ein« solche Maßnahm« noch nicht für gekommen und dehielt sich Entscheidung hierüber vor. Die abwartende Haltung, die wohlgemerkt, die Reichs- regierung, nicht der sozialdemokratische Reichsarbeitsminister in der Frage der Verlängerung der Uitterstützungshöchstoauer für jüiigcre als Vierzigjährige eingenommen hatte, rief sowohl bei den Arbeiinehmervrganisationen als auch bei einigen Ländern Wider-' spruch hervor. Infolgedessen beschästigle sich das Reichskobinett noch einmal mit der Frage und stimmte am 22. August 1928 der Verlängerung der llnterstützungshöchstdouer für die jüngeren Arbeitslosen aus 39 Wochen mit Wirkung vom 17. Sep- tember 1928 zu. Daraufhin hat der Reichsarbeitsminister die nun- mehr maßgebend« praktische Anordnung getroffen. In der Frage der Bedürftigkeitsprüfung(Punkt ö der Reichstogsentschließung). die ja ebenfalls nursoweit sie sich als ungerecht erwiesen hat" neu geregelt werden sollte, ver- anlaßt« der Reichsarbeitsminister«in« gutachtliche Aeußerung de? Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Diese hat sofort die ersorderlichen Erhebungen eingeleitet. Das Ergebnis dürfte baldigst zu erwarten sein. Neue Steuerpolitik. Die steuerlichen Gesehentwürfe im neuen Reichstag. Dieberusenen Vertreter der Wirtschaft" sorgen sich um die kommend« Steuerpolitik fast mehr als der Fiskus selbst. Mit gutem Grund, denndie Wirtschaft" möchte, daß die unvermeidlichen neuen Steuern vanden anderen" getragen werden. Auf der heutigen öffentlichen Mitgliederversammlung des Reichsverbandes des Deut- scheu Groß- und Ueberscehandels wird auch Professor S ch u m- peter aus Bonn   sprechen. Schumpeter hat sicher auch den Herren des Deutschen Großhandels aus der Seele gesprochen, als er vor drei Tagen auf der Z e m e n t t o g u n g i n Köln«in Steuer- system gesordert hat, das den D e r b r a u ch besteuert, um dos Sparen, d. h. die Kapitalbildung zu prämiieren und den Gemeinden die finanzielle Selbswerantworttmg wiedergibt, die das steuersreie Existenzminimum praktisch beseitigt. So fröhliche Steuerabwälzung konnte Ministerialdirektor Dr. Dorn vom Reichsfinanzmini st eriu m dem Großhandel in München   gestern nicht verkündigen, als er überDie kommenden steuerlichen Gesetzentwürfe im neuen Reichstag" referierte. Er stellte fest, daß für 1929 318 Millionen neue Reparationslasten dem Reichehaushalt zuwachsen und 302 Millionen einmalige Einnahmen aus dem Münzgewinn wegfallen. Ein Mehrbedarf von 614 Millionen sei also auf alle Fälle zu decken. Gegenüber den Wünschender Wirtschaft" nach Steuer- s e n t u n g in dieser Lag« verhielt sich Dorn natürlich steptifch. Die Senkung der Einkommensteuer für die veranlagten mittleren und kleineren Einkommen sei noch umstritten. Bedenklich sei, daß England den von der Privatwirtschaft so nachdrücklich ge- forderten dreijährigen Durchschnitt bei der Veranlagung nach 80jähriger Geltung im Jahre 1926 abgeschafft habe. Beim Steuerabzug vom Kapitalertrag sei zwischen Erträgen aus festverzinslichen und Dividendenwerten zu scheiden, wo» unter Umständen eine abweichende Behandlung rechtfertige. Die Bei- dehattüng als Quellensteuer sei polstisch bedeutsam. Für das Steuermilderungsgesetz, das der Ratio, nolisierung dienen solle, scheine nach den parlamentarischen Derhäll- nissen Verlängerung bis 1. Oktober 1929 gesichert. Bei der zwei» prozentigen Wertpapier st euer auf Schuldverschreibungen könne an ein« zeitweise Senkung auf 1 Proz. gedacht werden, bei Auslandskrediten auf H Proz. Ohne Festlegung folgten dann em Hinwels auf die Bestrebungen zum Ausbau der G e t r ä n k e st e u« r n und zur Herabsetzung der L u st b a r k e i t s st e u e r be! Filmvorführungen, ebenso em« Erwogung der Möglichkeiten zur Durchführung des Finanzaus« g k e i ch s.